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Einleitung

Das Leben in unserer heutigen Welt scheint eine schmerzhafte Angelegenheit zu sein, denn nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation klagen ganze zwanzig Prozent der Erdbevölkerung über chronischen Schmerz. In Deutschland spricht man von zwölf bis fünfzehn Millionen Betroffenen, dazu kommen Menschen, die von der Statistik unerfasst bleiben, weil sie sich selbst verarzten, durchhalten oder privat zahlen. Rund eine Million von ihnen gelten als therapieresistent. Weise Sätze wie „Versuchen Sie, damit zu leben“ oder „Lernen Sie, damit umzugehen“ sind mittlerweile gängig. Schmerzbewältigung wird der therapeutisch zu beschreitende Weg genannt.

Dass dieser kein Spaziergang ist, weiß ich aus meiner Arbeit mit unzähligen Klienten, deren Körper in einer Dauerrevolte steckt. Bei vielen rumort er seit Jahren, er schmerzt und sticht und stellt sich quer. Meine Arbeit überschreibe ich mit dem Begriff „BodyWareness“, dessen Wurzel in „Körperbewusstheit“ liegt. Achtsamkeit gegenüber dem Körper entwickele ich mit Schmerzgeplagten zuallererst. Es ist der Blick nach innen, aus dem die Chance auf Schmerzfreiheit erwächst.

Dieses Vorgehen passt zu der Tatsache, dass die Bereiche der Innenschau, der Applikation von Achtsamkeit und meditativer Wachheit momentan zu den Topthemen der Schmerzintervention zählen. Und sogar die Wissenschaft nickt. Neuroexperten beraten auf Kongressen, was den Wert von Meditation für unsere Gesundheit ausmacht. Studien zu den positiven Effekten von Achtsamkeit im Hinblick auf chronische Beschwerden bereiten den Rückenwind dafür, dass Meditationspraxis auch in medizinischen Einrichtungen salonfähig wird. Endlich haben wir schwarz auf weiß, was die Pioniere der Hirnforschung bereits seit mehr als fünf Jahrzehnten wissen: Das Gehirn als Chefdirigent des psychophysischen Orchesters „Mensch“ verfügt über grenzenlose Potenziale, seine Arbeitsweise zu revidieren und in Wohlbefinden zu übersetzen. Und Meditation ist der Motor dazu.

Doch es gibt ein Aber. Meditation als Schmerzmittel zu verabreichen, ist ein zweischneidiges Schwert. Wieder sehe ich meine Klienten vor mir. Ich höre ihre Worte, ich verstehe ihre Zweifel und sehe ihren inneren Zwist. Viele sind von Pontius zu Pilatus gereist, haben den diagnostischen Marathon durchlaufen und das Feld der Privatkuren durchkämmt. Ihre Körper sind müde, der Schmerz okkupiert ihre Wahrnehmung, ihr Gefühl für sich selbst ist massiv reduziert. „Da ist nichts anderes als Schmerz“, fasst Nadine nach zwölf Jahren Migräne zusammen. „Der Schmerz regiert mich. Anderes hat daneben keinen Platz.“

Genau hier entbrennt der Konflikt. Für Schmerzerfahrene ist es auf den ersten Blick nicht naheliegend, sich der Meditation zu nähern, wenn sich der Körper wehrt. Wer Schmerzen hat, zuckt schon bei der Vorstellung zusammen, mit überkreuzten Beinen regungslos zu verharren und frei von Gedanken zu sein. Und das mit Recht, denn sobald Schmerzerfahrene sich zur Ruhe setzen, nehmen die Beschwerden nicht automatisch ab, sondern oftmals sogar zu und mitunter unerträgliche Maße an.

Wenn wir die Brücke vom Schmerz zu Meditation schlagen wollen, müssen wir genauer hinsehen, wo ein Link besteht und wie wir diesen nutzen können. Bevor wir auf den Wagen der Fast-Food-Meditation, von „McMindfulness“ und „YoutubeMed“ aufspringen, sollten wir begreifen, welche Mechanismen Dauerschmerz innewohnen und was es genau ist, das ihn beim Meditieren zur Umkehr bewegt.

Deshalb lade ich Sie ein, mich auf dem Weg durch das komplexe Thema „Meditation“ zu begleiten und praktische Erfahrungen zu sammeln. Während ich Ihnen im ersten Kapitel aufzeige, wo die Knackpunkte in der konventionellen Schmerztherapie liegen und wo sich folglich der Einflussbereich von Meditation aufspannen kann, erkläre ich Ihnen im zweiten Kapitel, warum der menschliche „Mind“ als der Produzent nervaler Reaktionen sowohl in der Schmerzintervention als auch in der Meditationspraxis die Hauptrolle spielen muss. In Kapitel drei werden Sie konkrete Hinweise dazu erhalten, wie Sie Ihr „meditatives Warm-up“ gestalten und wie Sie Achtsamkeit schrittweise in Ihr tägliches Leben integrieren können. Währenddessen arbeiten Sie bereits Ihre persönlichen Präferenzen heraus, sodass Sie gut vorbereitet sind, wenn ich Ihnen die Vorteile bewegungsorientierter Meditationsmethoden aufzeige. Auch hier dürfen Sie augenblicklich in die Meditationspraxis eintauchen und erfahren, worin der Unterschied zum konventionellen stillen Meditieren besteht. Ausgewählte passive Meditationstechniken stehen im fünften Kapitel im Mittelpunkt. Praktische Tools helfen Ihnen auch hier beim Sammeln neuer Erfahrungen, sodass Ihnen die Einkehr nach innen problemlos gelingt.

Nach diesem Exkurs in die Innenwelt Ihres Organismus verfügen Sie über vielfältige Erfahrungen mit verschiedenartigsten Meditationsformen. Mittlerweile zum „Meditationsexperten“ avanciert, können Sie außerdem auf ungezählte Tipps und Tricks zurückgreifen, mit denen Meditationspraxis vor dem Hintergrund von Schmerzen funktioniert.

Ein wasserdichtes Versprechen auf Schmerzfreiheit kann ich Ihnen nicht geben, aber viele praktische Erfahrungen, körpernahe Alternativen und vielleicht den alles revidierenden Moment, einen Moment, der Ihr Empfinden verändert, einen, durch den sich ihr Leben dreht.

Meditation heilt

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