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Wie Sie Ihre Entscheidungen und Handlungen rechtfertigen
ОглавлениеUnser Gehirn steht auf Logik. Es gefällt ihm, wenn wir vernünftige, logische Entscheidungen treffen. Es gefällt ihm sogar so gut, dass es unsere Entscheidungen vernünftig begründet – nachträglich –, um die Wahl zu rechtfertigen, die wir getroffen haben. So etwas wird Post-hoc-Rechtfertigung genannt.
Hier ein Beispiel dafür, wie so eine Post-hoc-Rechtfertigung funktioniert. Eine Studie von Forschern der Yale University1 ergab, dass Personen, die Einstellungen vornahmen, tatsächlich nachträglich die Kriterien für die Stelle veränderten, damit sie zu dem Kandidaten/der Kandidatin passten, den/die sie einstellen wollten. In der Studie wurden die Teilnehmer*innen aufgefordert, einen neuen Polizeichef bzw. eine neue Polizeichefin für eine hypothetische Polizeidienststelle einzustellen. Sie begutachteten die beiden Bewerbungen eines männlichen (Michael) und eines weiblichen (Michelle) Bewerbers. Der männliche Bewerber wurde so dargestellt, dass er mehr lebenspraktische Erfahrung habe, und die Bewerberin so, dass sie eine bessere formale Ausbildung habe. Die Bewertenden kamen nun bei der Bewerberin zu einem negativen Eindruck. Dieser negative Eindruck war zwar unterbewusst, aber sie fanden dennoch logische Gründe zur Rechtfertigung dieses Eindrucks, nachdem sie beschlossen hatten, den männlichen Bewerber einzustellen (post hoc).
Die Studie ergab, dass die Bewertenden entschieden hatten, »lebenspraktische Erfahrungen« seien das wichtigste Charakteristikum für die Position eines Polizeichefs/einer Polizeichefin, als sie beschlossen, den männlichen Bewerber einzustellen. Als dann aber in diesem hypothetischen Beispiel die Namen in den Lebensläufen ausgetauscht wurden und die »formale Ausbildung« als die Stärke des männlichen Bewerbers aufgeführt wurde, entschieden die Bewertenden auf einmal, dass die »formale Ausbildung« das wichtigste Charakteristikum für die Position sei, und das war dann auch die Begründung, die für die Einstellung des männlichen Bewerbers gegeben wurde. Die Schlussfolgerung der Studie war, dass Menschen bei Einstellungsentscheidungen die Leistungskriterien so konstruieren, dass sie zu ihrer Voreingenommenheit passen. Und dass sie die Kriterien so verändern, dass sie zur Entscheidung passen, die letztlich getroffen wird. Das ist eigenartig. Und mit Sicherheit voreingenommen. Sie sehen, wie unbewusste Voreingenommenheit zu einer Entscheidung führt und sich anschließend eine Post-hoc-Rechtfertigung einstellt, die die getroffene Wahl bestätigt.
Jetzt könnten Sie denken: »So etwas würde bei uns mit Sicherheit nicht passieren. In unserem Unternehmen geht es bei Einstellungen und wichtigen Entscheidungen ziemlich objektiv zu.« Tja, vielleicht.
Aber dann sehen Sie sich einmal Folgendes an: Dieselbe Studie der Forscher*innen von der Yale University ergab, dass eine Selbstwahrnehmung, der zufolge die eigene Person als objektiv betrachtet wird, tatsächlich damit korreliert, dass mehr Voreingenommenheit gezeigt wird. Diejenigen Teilnehmer*innen, die am stärksten das Gefühl hatten, sie seien objektiv, erwiesen sich als die voreingenommensten. Äußerst eigenartig! Aber das ist genau die Art von blindem Fleck, die Voreingenommenheit hervorbringen kann.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Schlussfolgerung der Studie lautet, dass allein der Wunsch, uns als unvoreingenommen zu betrachten, nicht ausreicht, um Jahrzehnte kultureller Konditionierung zu überwinden. Der Wunsch kann sogar zu noch mehr Post-hoc-Rechtfertigung führen. Wir möchten uns gern als unvoreingenommen sehen, daher sehen wir uns dann auch so. Das heißt aber nicht, dass wir es auch wären.
Die meisten Menschen sind gut. Wenn Sie zugeben, dass es bei Ihnen Voreingenommenheit gibt, die im Widerspruch zu Ihren Werten steht, sind Sie nicht gleich ein schlechter Mensch. Sondern es macht Sie normal. Das Ganze ist das natürliche Ergebnis unserer Kultur und es ist ein Grundzug, der schlicht unser Überleben als menschliche Wesen gewährleistet hat. Erinnern Sie sich, selbst Babys sind voreingenommen! Das Wichtige ist, Mittel und Wege zu finden, um solche Voreingenommenheit zu umgehen und sie zu eliminieren, wo immer es geht. Einfach nur blind daran zu glauben, dass es in Ihrem Unternehmen oder in Ihrem Team rein nach Leistung gehe und jede Person nur nach ihrer Leistung beurteilt werde, führt noch nicht zu diesem Ergebnis. Im Gegenteil, das macht es nur viel schwerer, implizite Voreingenommenheit anzusprechen, weil dann erst einmal niemand zugeben wird, dass sie überhaupt existiert.
Die besten Unternehmen und Führungskräfte haben keine Angst davor, zuzugeben, dass es in ihren Reihen unbewusste Voreingenommenheit gibt. Im Gegenteil, sie suchen und ermitteln diese Voreingenommenheit und blinden Flecken, damit sie sie angehen und korrigieren können.