Читать книгу Tal der Hoffnung - Kendran Brooks - Страница 3

Vorgeschichte

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Mitternacht war längst vorbei und die Party kam nun so richtig in Schwung. Der Disc Jockey heizte den Tänzern mit immer härteren Beats ein, ließ sie mit hämmernden Basstönen begeistert auf und ab hüpfen, ihre Arme in die Luft recken, toben, schreien und lärmen. Immer wieder torkelten einzelne Männer aus dem Pulk der vielen Körper. Sie warfen sich ausgepumpt und nach Atem ringend auf eines der breiten Sofas, stierten mit glasigen Augen auf das flackernde Stakkato der farbigen Scheinwerfer, als begriffen sie nicht, was sie dort drinnen, in diesem Hexenkessel der Leiber, eben erlebt hatten. Aber glücklich sahen sie alle aus, abgekämpft und trotzdem voller Wonnen. Einige öffneten ungeniert ihren Hosenschlitz, holten ihren Penis hervor und begannen ihn steif zu reiben. Bald einmal knieten andere vor ihnen, bedienten sie mit ihren Lippen und Zungen, gerieten gemeinsam in Ekstase.

Immer mehr Tänzer lösten sich nun aus dem Pulk auf der bunt wirbelnden Fläche in der Mitte der riesigen, ehemaligen Fabrikhalle, strebten Händchen haltend oder eng Umschlungen den dunkleren Ecken zu, wo Liegeflächen bereitstanden, um Paare, Trios oder ganze Gruppen aufzunehmen. Die Frauen, allesamt grazile Dinger in hochhackigen Pumps und mit langen Haaren, entpuppten sich hier ebenfalls als junge Männer, sobald man ihnen die Röcke und Slips vom Becken gestreift hatte. Manche dieser Transgender besaßen sogar künstliche, meist aber kleine und sehr feste Brüste, andere trugen nur gestopfte Büstenhalter über ihrer haarlosen Hühnerbrust. Dem Vergnügen und der Leidenschaft taten die fehlenden weiblichen Rundungen keinen Abbruch. Eher das Gegenteil schien der Fall, so wie die jungen Männer, die sich als Frauen fühlten, von den anderen begeistert und ausdauernd umworben und begattet wurden.

»Tal der Hoffnung« hieß das Schwulen-Tanzlokal an der Westland Road in Nairobi, der Hauptstadt Kenias. Es hatte erst vor wenigen Wochen eröffnet, war seitdem Abend für Abend voller Männer, die ihre Leidenschaft auslebten, ja austobten. Aids schien keine Rolle mehr zu spielen, wenn man die geringe Anzahl der Kondome, die jeden Morgen von der Putzequipe zusammengekehrt wurden, als Maßstab nahm. Oder entsprach die Suche nach dem Risiko einem neuen Zeitgeist? Die Wirtschaft schwächelte, wieder einmal. Die alten Familien-Strukturen, die Halt versprachen, gab es kaum noch. Bedrohungen im Inland durch Extremisten und Separatisten, aus dem Ausland durch Terroristen und Gotteskrieger der al-Shabaab-Miliz verbreiteten im Land eine Stimmung des schleichenden Niedergangs oder gar ein Gefühl einer unmittelbar bevorstehenden Apokalypse, vor allem, seitdem Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA gewählt und vor einigen Monaten inauguriert war. Doch in dieser Nacht kümmerte die Männer alle diese wirtschaftlichen und politischen Sorgen wenig. Es zählte nur der Leib des anderen und das Auskosten des eigenen Lebens.

In den Online-Touristenführern war das Lokal bereits zur Nummer eins für schwule Stadtbesucher erkoren worden. Der Eintritt betrug bloß 50 KES, was keine 50 amerikanischen Cent entsprach. Die Barkeeper schoben die Getränke sogar für coole 20 KES pro Shot und 100 für einen Longdrink über die Theke. Entsprechend reichlich wurde der Alkohol in die Kehlen gekippt, als gäb's nach dieser einen Nacht keinen nächsten Morgen mehr.

Manche der Besucher bezogen das Tal auf die Po-Spalte der Gäste und die Hoffnung auf den zur Lust bereiten Anus. Das sahen die Betreiber des Tanzlokals allerdings völlig anders, von den Eigentümern und Investoren gar nicht zu reden. Die blieben allerdings über ihren vorgeschobenen Trust mit Sitz in San José auf Costa Rica vollständig im Hintergrund, konnten so ihre Pläne und Ziele unerkannt vorantreiben.

Tal der Hoffnung. Der Name war weder als Witz, noch als Anspielung gedacht, sondern entsprach einer äußerst brutalen Realität.

Tal der Hoffnung

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