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Vorgeschichte

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Juni 2006 / Indischer Ozean, vor dem Horn von Afrika

Edward Hunter, von allen nur Eddie gerufen, hetzte die eisernen Treppenstufen hoch. Er war nur mittelgroß, aber sehr schlank, hatte dunkelbraunes, kurzes Haar und ein hübsches Gesicht. Der Dritter Offizier des Supertankers Daisy verspürte den starken Harndrang schon seit über einer Stunde. Bis zuletzt hatte er ihn unterdrückt, während er die Mannschaft beim Auswechseln der Temperaturfühler im Heizungsraum und bei den Unterhaltsarbeiten an der Liftanlage anwies und überwachte. Doch nun wurde es höchste Zeit für ihn und sein drängendes Bedürfnis.

»Das Bier vom Abendessen, verdammt«, knurrte er durch seine zusammengepressten Lippen. Ein Krampf im Unterleib ließ ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht verharren. Sein Oberkörper krümmte sich, gleichzeitig wippte er auf seinem linken Bein, überstand so den stechenden Schmerz. Erst als auch der Drang seiner Blase sich sogleich zu entleeren abgeklungen war, stieg Eddie weiter die Stufen hoch.

»Warum hat der Kapitän bloß diese verdammte Nachtarbeit befohlen? Morgen früh hätte auch noch völlig ausgereicht. Die alten Fühler zeigten bisher noch keinen Aussetzer und auch der Lift hat immer funktioniert. Der Alte spinnt doch.«

Der Heizungsraum lag zwei Stockwerke unter dem Deck und die Wohnräume der Mannschaft zwei darüber. So musste Eddie vier Treppen hochsteigen, solange der Lift außer Betrieb war. Erst dort würde er die nächstgelegene Toilette finden. Doch als er auf Höhe des Decks angelangt war, erblickte er Scheinwerferlicht von draußen durch die Bullaugen einfallen und verharrte.

»Seltsam. Heut Nacht sind doch keine Arbeiten auf dem Vorschiff geplant? Welcher Trottel hat denn die Flutlichtanlage eingeschaltet?«

Trotz seiner körperlichen Not ging er zur Außentür, stieß sie auf, trat hinaus und blieb nach zwei Schritten überrascht stehen. Vor ihm wimmelte es von dunkelhäutigen Afrikanern, die mit langen, dicken Schläuchen beschäftigt waren, die sie mit vereinten Kräften über die Bordwand auf das Deck des Tankschiffs heraufzogen.

»He!«, rief Eddie halb erschrocken, halb ärgerlich aus, »was zum Teufel...?«

Dann traf es ihn von hinten so hart am Kopf, dass der Dritte Offizier des Supertankers Daisy augenblicklich zusammenbrach und wie ein nasser Sack zu Boden fiel. Endlich durfte sich sein gequälter Blasenverschluss entspannen. Der Urin nässte den Stoff seiner hellblauen Jeans dunkel und der Fleck wuchs rasch zwischen seinen Beinen an. Aus seinem eingeschlagenen Schädel sickerte derweilen unaufhörlich sein Blut, bildete eine dickflüssige Lache auf dem stählernen Boden des Decks. Seine Augen starrten jedoch gebrochen hinauf in den dunklen Nachthimmel und zu den unerreichbaren, kalt funkelnden Sternen.

Ein hochgewachsener Schwarzer beugte sich über ihn, begutachtete die hässliche Kopfwunde mit einem zufriedenen Lächeln. Dann rief er ein paar bellende Befehle zu den anderen Afrikanern hinüber. Sogleich setzten sich drei von ihnen in seine Richtung in Bewegung. Zwei packten wortlos den Toten an den Armgelenken und schleiften ihn zur Reling hinüber, wo sie ihn achtlos mit ihren Füssen über die Bordwand schoben. Der dritte Mann war bereits dabei, mit einem Eimer Wasser und einem Schwamm die Blutspuren zu beseitigen. Nichts würde am nächsten Morgen von diesem Mord berichten.

In Rotterdam aber würde Sally, die Freundin von Edward Hunter, in zwei Wochen vergebens auf ihren Liebsten warten.

Nur ein Auftrag

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