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10. November 2320 – UMS Ortega (Orbit Werft Erde):

Vor Kate schwebte eine gewaltige Käfigähnliche Konstruktion wie ein Satellit um die bläulich schimmernde Erde. Im Inneren befand sich ein längliches silbernes Objekt. Es hatte einen länglichen Rumpf mit zwei rot und blau schimmernden Gondeln an den Seiten. Auf dem Rumpf schloss sich nahtlos eine langgezogene Scheibe an. Ein wunderschönes Schiff. Anmutig und elegant schien es nur auf ihre Ankunft gewartet zu haben.

„Unglaublich!“

„Wunderschön, nicht wahr?“ Kate bemerkte erst jetzt, dass Captain Daniel Hogan neben sie getreten war und mit einem gewissen Anflug von Erstaunen auf das Schiff blickte. Er schien es selbst das erste Mal zu sehen.

„Es war das Schiffdesign ihrer Schwester, nicht wahr?“, ertönte die Stimme von Admiral Lew direkt hinter den beiden.

Kate drehte sich um und starrte Lew unvermittelt und mit wachsam funkelnden Augen an.

„Woher…?“

„Woher ich das weiß?“, fragte er und lächelte leicht bekümmert. Dabei legte er eine Hand auf die Schulter seiner ehemaligen Schülerin.

„Ich habe die Konstruktionszeichnungen beim Durchgehen des Nachlasses deiner Schwester gesehen und ihr Name stand darunter. Sorenity Morgan.“

Er wirkte aufrichtig, als er dies sagte. Der Admiral hatte wohl wirklich eine tiefere Verbindung mit Kate Morgan, als Hogan zunächst gedacht hatte.

„Es hat mich sofort begeistert. Ich beneide sie um dieses Schiff, wenn ich ehrlich sein soll, habe ich bereits selbst mit dem Gedanken gespielt das Kommando über die Last Hope zu erhalten, doch meine Zeit ist vorüber. Dieses Schiff braucht einen Captain, der mit dem neuen Antriebssystem klarkommt und auch etwas jünger ist als meine Wenigkeit.“

Kate musterte die rot und bläulich schimmernden Gondeln und glaubte zu wissen, worum es sich handelte.

„Ist es dass, wofür ich es halte?“, fragte sie und erinnerte sich dabei an eine Unterhaltung mit ihrer Schwester, bevor sie krank geworden war. Viele ihrer Gedankenspiele hatte man als undurchführbar eingestuft, doch sie erinnerte sich lebhaft an die Skizzen ihrer Schwester, die einen Antrieb darstellen sollten, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen sollte. Sie war so stolz auf Sorenity gewesen. Denn sie selbst wäre nie auf diese Idee gekommen. Sie musste zugeben dass sie sogar selbst ein wenig daran gezweifelt hatte, ob diese Idee wirklich umsetzbar sein würde.

Lew blickte sie ernst an.

„Ja. Das ist das erste Raumschiff, das mit einem Materie-Antimaterie-Reaktor ausgestattet ist. Es kann mit bis zu tausendfacher Lichtgeschwindigkeit fliegen.“

Kate konnte es kaum fassen. Das entsprach in etwa einem Lichtgeschwindigkeitsfaktor von neunkommasieben auf der Skala. Die UMS hatte es tatsächlich geschafft die Idee ihrer Schwester eines Materie-Antimaterie-Antriebs umzusetzen. Und sie hatten sogar Sorenitys Schiffskonzept benutzt. Trotz ihrer eigenen Zweifel an dieser Idee ihrer Schwester, stand sie nun dem Wirklichkeit gewordenen Traum Sorenitys gegenüber.

„Durch Zufall entdeckten wir ein Erzvorkommen auf einem unserer verbliebenen Kolonialwelten, in dem Kristalle vorhanden waren, welche die unglaubliche Energie, die bei der Reaktion von Antimaterie mit Materie freigesetzt wird, eindämmen und lenken kann. Nur durch diesen Fund war es möglich dieses Schiff zu bauen. Die Last Hope ist das beste Schiff der Flotte. Und leider das einzige seiner Art, denn durch die Verluste im Krieg und unsere eingeschränkten Ressourcen haben wir keine Möglichkeit mehr weitere Schiffe dieser Art zu bauen.“

Kate blickte noch immer wie gebannt auf das schlanke Schiff im Innern der Werft.

10. November 2320 – Hauptquartier der UMS Washington D.C. (Erde):

Admiral Fuller saß gelassen vor Kate, die vor wenigen Sekunden sein Büro betreten hatte. Zufrieden hatte er von Admiral Lew erfahren, dass sie sich an Bord befand und das Angebot, das Kommando über die Last Hope zu übernehmen, angenommen hatte. Das waren wirklich gute Neuigkeiten gewesen. Eine enorme Last war ihm vom Herzen gefallen. Er wusste, dass er bei den meisten als ein harter Bursche galt, den so schnell nichts erschütterte. Doch niemand außer ihm selbst wusste, dass dies alles nur Fassade war. Wie jeder andere Mensch fürchtete er sich davor, was passierte, wenn die letzten Verteidigungslinien durchbrochen und die drei Sternensysteme von den Invasoren überrannt werden würden. Kate schien ihn sofort zu durchschauen. Er hatte von Lew bereits gehört, dass sie eine Bedingung gestellt hatte. Fuller wäre es lieber gewesen, wenn er seinen Standpunkt durchsetzen hätte können. Doch, wenn er Kate Morgan als Captain gewinnen wollte, musste er zumindest Kompromisse eingehen. Schließlich wollte er auch jegliche Bedenken Seitens Kate Morgan gegen die UMS ausräumen, um möglichst wenig Konfliktpotential zu erzeugen, welche die Mission der Last Hope gefährden könnten. Er hatte keine andere Wahl, auch wenn er ihr zumindest ein Crewmitglied dennoch ans Herz legen musste. Immerhin war dieser Mann derjenige, der das Schiff am besten kannte.

„Guten Tag. Ich begrüße sie herzlich im Hauptquartier der UMS. Es freut mich zu sehen, dass es ihnen gut geht Miss Morgan.“

Sie hielt sich nicht lange mit einer Begrüßung auf.

„Wie ich bereits zu Admiral Lew sagte, Sparen wir uns die Höflichkeiten. Sie wollen, dass ich das Kommando über die Last Hope übernehme? Ich bin einverstanden, möchte aber gerne meine Crew selbst zusammenstellen, wenn dies kein Problem für den Rat darstellt. Immerhin reicht nur ein erfahrener Captain allein nicht aus, er muss sich auf die Crew verlassen können.“

„Was die Crew angeht haben sie freie Hand, mit Ausnahme des ersten Offiziers, da dieser über den Bau des Schiffes informiert ist und sämtliche Systeme gut kennt. Ich hoffe, dass dies kein Problem darstellen wird.“

Fullers Antwort schien Kate nicht besonders zu begeistern, dennoch war sie bereit sich den Vorschlag genauer anzuhören.

„Wer ist der erste Offizier?“

„Commander William Sloane.“

Kate stockte der Atem. Der Name Sloane hatte sich tief in ihr Gedächtnis eingegraben. Sie hatte sie bereits während des Fluges hier her versucht sich mental vorzubereiten auf das was sie erwarten würde, wenn sie an ihre alte Wirkungsstätte zurückkehren würde. Doch darauf hatte sie sich nicht vorbereitet.

„Vergessen sie’s! Sie können doch nicht im Ernst von mir erwarten…“

„Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass der Vater des Commanders an der Entscheidung beteiligt gewesen war, die den Tod ihrer Schwester verursacht hat.“, unterbrach der Admiral Kates Ausbruch.

Kate schnaubte abfällig.

„Beteiligt?“

Dass sie nicht lachte. Gerald Sloane war derjenige gewesen, der den gesamten Ausschuss davon überzeugt hatte, dass es Verschwendung gewesen wäre ihrer Schwester ein Medikament zu verabreichen, das ihr das Leben gerettet hätte.

„Sie neigen wohl dazu ein wenig zu übertreiben, oder?“

In ihren Worten schwang deutlicher Sarkasmus mit. Der Admiral räusperte sich.

„Nun ja. Ich weiß, dass sie eine schwere Zeit durchgemacht haben. Und ich möchte sie auch nicht mit fadenscheinigen Entschuldigungen abfertigen. Fehler sind gemacht worden und lassen sich nicht mehr ungeschehen machen. Ich hatte gehofft diese ganze Angelegenheit beiseitelassen zu können. William Sloane ist ein guter Commander und NICHT sein Vater. Ich bin sicher, dass sie beide sich irgendwie zusammenraufen werden. Im Übrigen ist er der Einzige, der sich mit den Neuerungen des Schiffes auskennt. Er wird an Bord bleiben, um sie zu unterstützen.“

Kate wusste, dass es keinen Sinn mehr hatte über diesen Punkt zu diskutieren. Auch wenn der Name ihres ersten Offiziers unangenehme Gefühle in ihr weckte, die sie lieber weiterhin ignoriert hätte, so musste sie zugeben, dass es durchaus Sinn machte, wenn er mit an Bord war.

„Wenn ich ihre Bedingung akzeptiere, bekomme ich dann mehr Handlungsfreiheit? In diesen Zeiten ist zwar eine klare Hierarchie von Nöten, dass sehe ich ein, aber der Formale Weg über das Oberkommando ist in vielen Situationen dann doch etwas zu langsam.“

„Ich denke, dass sich da auch eine Lösung finden wird.“ „Gut dann werde ich nun damit beginnen die Crew auszuwählen.“

„In Ordnung, sie können wegtreten Captain Morgan.“

Damit wandte sie sich um und verließ das Büro.

12. November 2320 – Last Hope (Flaggschiff der UMS):

Status: Zu 98% fertiggestellt (Voraussichtliche Fertigstellung: 14. November 2320)

Aufgabe: Schutz der Vereinigten Streitkräfte der drei Sternsysteme UMS

Besatzung: Keine

Kate befand sich nun seit zwei Tagen auf diesem Schiff. Es war eine absolute Katastrophe, denn die Pläne ihrer Schwester schienen tatsächlich nur grob umgesetzt worden zu sein. Vieles befand sich nicht dort, wo es hätte sein sollen und tatsächlich gab es ein paar Gerätschaften und Vorrichtungen die ihr Rätsel aufgaben.

„Das müssen absolute Vollidioten gewesen sein, die dieses Schiff zusammengeschraubt haben!“, rief sie aus als sie gerade aus der Krankenstation gekommen war. Die letzten Tage hatte sie versucht sich mit dem Schiff vertraut zu machen und auch ein wenig sich von Commander Sloane zu lösen. Dieser folgte ihr auf Schritt und Tritt. Der einzige Ort, an dem sie vor ihm sicher war, war ihr eigenes Quartier, wo sie jedoch gerade nicht hinein konnte, da dort noch Reparaturen in den Stromkreisen nötig waren. Es war beinahe zum Verzweifeln.

„Es gab Schwierigkeiten bei der Installation einiger Komponenten, die nicht zu den ursprünglichen Plänen gehörten. Allerdings bekommen wir das Problem mit der Energierückkopplung noch nicht in den Griff. Deshalb auch dieses Durcheinander.“

Kate hatte sich bereits gefragt, wann Sloane darauf zu sprechen kam.

„Danke, aber ich denke das ist offensichtlich.“, erwiderte sie knapp.

Sie hatte jetzt nicht die Nerven dazu, sich mit Sloane näher auseinanderzusetzen. Sie hatte den ganzen ersten Tag damit verbracht und verspürte jetzt noch leichte Kopfschmerzen. Dieser Mann wirkte arrogant und unkooperativ auf sie oder es lag vielleicht auch an ihrer eigenen Einstellung zu dem Mann, doch auch das war etwas, was sie momentan nicht wirklich zugeben wollte.

„Man sollte meinen, dass die UMS einige der besten Techniker der Galaxie beschäftigt. Einem von ihnen müsste es doch aufgefallen sein, dass die Energieleitungen völlig falsch verlegt wurden. Außerdem hat man auch noch die energetischen Kupplungen vergessen, die eben eine solche Rückkopplung der Energie verhindern sollten. Es wundert mich, dass dieses Schiff nicht ständig einen roten Alarm auslöst.“

„Was sind energetische Kopplungen?“, fragte der erste Offizier sichtlich verwirrt. Kate hatte Mühe damit ein leichtes schmunzeln zu unterdrücken. Es war in den letzten Tagen selten vorgekommen, dass es etwas gab was ihr neuer erster Offizier nicht wusste. Daher genoss sie diese seltenen Gelegenheiten, immerhin war sie selbst auch nicht gerade perfekt.

Allerdings war dieses Schiff fast schon in einem schlimmeren Zustand, als das Wrack, an dem sie auf Teutonis II gearbeitet hatte.

„Ist mein Quartier inzwischen fertig?“, fragte sie Sloane, welcher kurz mit den Schultern zuckte. „Ich frage mal nach Captain“, meinte er und zog seinen Kommunikator, um die Techniker zu kontaktieren. Kurz darauf nickte er zufrieden.

„Sie sind soeben fertig geworden“, meinte er und lächelte leicht. Kate hatte das Gefühl, dass er ebenfalls ein paar Schwierigkeiten erwartet hatte. Aber alles in Allem kamen sie bisher zumindest ohne große Zwischenfälle miteinander zurecht.

„Gut dann gehen wir dort hin und ich zeige Ihnen was ich meine“, sagte sie und ging direkt voraus.

Im Quartier nahm sie eines der Tablets in die Hand, auf denen die Technischen Zeichnungen und Pläne ihrer Schwester gespeichert waren. Sie suchte die richtigen Skizzen und Beschreibungen heraus und reichte Sloane das Tablet.

„Geben sie das ihren Technikern. Wir brauchen ungefähr 150 Stück davon.“

„Verstanden“, Der Commander nahm das Tablet entgegen, warf einen Blick darauf und nickte anerkennend, bevor er schließlich wegtrat.

Erleichtert sah sie, wie Sloane das Quartier verließ. Sie wusste, dass sie nicht lange ihre Ruhe haben würde, aber vielleicht war eine Zusammenarbeit gar nicht so abwegig, wie sie zunächst gedacht hatte. Er schien tatsächlich nur wenig mit seinem Vater gemein zu haben.

Sie versuchte gelassen zu wirken, als sie sich der Tür zum Maschinenraum näherte. Sie begann sich zischend zu öffnen, stockte jedoch und blieb schließlich stehen. Kate verzog das Gesicht und begann die Türhälften ganz auseinander zur drücken. Der Maschinenraum sah noch schlimmer aus, als ihr Quartier. Überall hingen Kabelenden und Einzelteile von Konsolen herum.

„Von wegen 98%.“, brachte sie entrüstet hervor.

„Es freut mich auch Sie zu sehen Captain.“

Ein junger Mann, etwa um die zwanzig, wandte sich grinsend von einer der offenen Konsolen ab. Das Lächeln wirkte ansteckend. Zumindest ein Teil ihrer Anspannung begann sich zu verziehen.

„Guten Morgen Quinn.“

Quinn Joung war ein Junge, den sie seit ihrer Kindheit kannte. Sie war quasi mit ihm aufgewachsen, da er die meiste Zeit nicht zu Hause bei seinen Eltern, sondern lieber bei ihr verbracht hatte, wenn sie nicht gerade lernte. Quinn war ein guter Freund und ein noch besserer Mechaniker. Er war am Vortag eingetroffen.

„Gleich, als ich deine Botschaft gelesen habe, konnte ich nicht anders, als herzukommen.“, hatte er gesagt, als er breit grinsend vor ihr stand.

Er hatte langes braunes Haar und aufgeweckte grüne Augen. Genauso, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Er war der erste, der auf ihre Anfragen reagiert hatte und sie war froh darüber. Sie wusste, dass sie ihm vorbehaltlos vertrauen konnte und er die Konstruktionen ihrer Schwester verstehen würde.

„Wie sieht es aus? Bekommst du das wieder hin?“

„Kitty, du kennst mich doch. Es gibt nichts, was ich nicht reparieren könnte.“, meinte er lachend und Kate musste schmunzeln.

Kitty hatte sie seit Jahren keiner mehr genannt. Es war ihr Spitzname gewesen, als sie noch jünger gewesen war. Es stimmte sie fröhlicher, wenn sie an diese Zeit zurückdachte.

„Freut mich zu hören. Bis wann sind die Systeme einsatzbereit.“

Quinn zuckte mit den Schultern.

„Wenn ich die energetischen Kopplungen bis morgen Früh bekomme, würde ich sagen, dass die Systeme spätestens bis morgen Nachmittag online gehen können. Die Zusatzsysteme und Sicherungsprogramme bis zum Abend.“

„Gut, dann möchte ich dich nicht länger von der Arbeit abhalten. Sag mir Bescheid, wenn ich etwas tun kann.“

„Geht klar.“

Kate entfernte sich vom Ingenieur, der bereits wieder dabei war Verbindungen zu losen Kabeln herzustellen.

„Kitty?“

In der noch immer offen stehenden Tür zum Maschinenraum stand Sloane und sah Kate mit einem schelmischen Lächeln an.

„Für sie immer noch Captain!“, funkelte sie ihn an.

„Haben sie meinen Befehl ausgeführt?“

„Aber sicher, Captain. Die Techniker meinten, dass die Kupplungen bis Morgen bereit stehen dürften.“

„Gut.“

Dann drehte sie sich noch einmal um sah Sloane direkt an.

„Danke für die Unterstützung“, meinte sie dann und machte sich auf den Weg zu ihrem nächsten Checkpoint. Sloane grinste kurz und folgte ihr dann.

INVASION

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