Читать книгу Tödliche Mutterliebe - Kirsten Sawatzki - Страница 6

Kapitel 1

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Sie ruft schon wieder, ständig höre ich ihre schwache, jammervolle Stimme.

„David, David!“

Ich liege auf meinem Bett und starre zur Zimmerdecke. Versuche, ihre Stimme zu überhören. Durch das geöffnete Fenster höre ich den Lärm der belebten Straße. Irgendwo bellt ein Hund. Autos fahren vorbei. Menschen unterhalten sich. Menschen, die an meinem Fenster vorbeigehen. Menschen, die nicht ahnen, wer ich bin. Menschen, die nicht wissen, wer in diesem Haus lebt. Welches Grauen sich hinter diesen Mauern verbirgt. Sicher, der eine oder andere Nachbar wird sich schon gefragt haben, wer hier wohnt. Welche Leute hier eigentlich leben. Vielleicht haben sie auch schon mal die Köpfe zusammengesteckt und hinter vorgehaltener Hand über uns getuschelt. Über die Leute in dem alten Haus mit dem verwilderten Vorgarten, der bröckelnden Fassade und den verwitterten Holzfenstern, die schon lange einen neuen Anstrich benötigt hätten. Leute, die nur selten das Haus verlassen und die man eigentlich nie sieht. Und doch sind wir da.

„David, David, wo bist du?“

„Ich bin doch hier, du alte Schabracke“, murmle ich.

Ich drehe mich mit dem Gesicht zur Wand und betrachte die vergilbten Farben der alten Tapete. Ich möchte nicht aufstehen! Ich will nicht zu ihr! Ich will nicht in dieses Zimmer gehen!

Ich schließe die Augen und versuche, ihre quengelnde Stimme zu ignorieren. Aber ich höre sie. Ihre Stimme wird immer fester und lauter. Wie ein Mantra.

„David! David!“

Immer lauter. Bis sie nur noch ein Dröhnen in meinem Kopf ist. Ich stehe auf, gehorche. So wie ich es immer getan habe. Ich gehe den Flur entlang. Gehe über denselben alten Teppich wie schon vor vierundzwanzig Jahren. Das geometrische Blumenmotiv des abgetretenen Persers ist kaum noch zu erkennen, aber ich weiß, dass es da ist. Es ist in meine Netzhaut eingebrannt. Die rote Grundfarbe ist einem schmutzig-gelben Braunton gewichen. Das blaue Muster gleicht eher schwarzen Farbklecksen. Ich gehe weiter. Ich zähle die Schritte.

Dreizehn.

Immer sind es dreizehn Schritte. Schon vor vierundzwanzig Jahren waren es dreizehn Schritte. Ich kann noch so langsam gehen, es sind immer dreizehn Schritte von meinem Zimmer bis zu ihrem. Ich komme näher, nähere mich der Tür zu ihrem Zimmer. Sie ist nur angelehnt und ich kann ihre Atemgeräusche hören. Ich höre, wie sie gierig die Luft einsaugt, als gehöre sie nur ihr allein. Ich gehe auf die Tür zu. Meine zittrige Hand greift nach der Türklinke. Sie ist schweißnass und doch drücke ich die Klinke nach unten. Die Tür öffnet sich mit leichtem Quietschen.

Ich weiß, dass sie weiß, dass ich es bin, und doch fragt sie: „David, bist du es?“

„Fahr doch, Mann, ich komme zu spät!“, zischte Laura durch zusammengebissene Zähne. Sie umklammerte das Lenkrad ihres alten Golfs, sodass sich ihre Fingerknöchel weiß abzeichneten. Sie wusste, dass der Fahrer des Mercedes vor ihr sich an die zugelassene Höchstgeschwindigkeit hielt, aber heute konnte sie das kaum aushalten. Zudem beschlich sie das Gefühl, dass der Wagen immer langsamer wurde. „Typisch Mercedes-Fahrer“, fluchte sie und nestelte mit der rechten Hand am Sendersuchlauf des Radios herum. Vielleicht würde bessere Musik ihre Stimmung heben. Erfreut hörte sie die Stimme von Phil Collins aus den Lautsprechern. Genesis, Land of Confusion, das war genau das, was sie brauchte. Als hätte der Fahrer vor ihr gemerkt, dass es hinter ihm jemand eilig hatte, machte er nun endlich Anstalten, die Fahrbahn zu wechseln und sie vorbeizulassen.

„Geht doch“, murmelte Laura, „wurde aber auch Zeit.“ Während sie an dem neuen silbernen Mercedes vorbeifuhr, sah sie zu dem Fahrer hinüber. Der ältere Herr blickte sie grimmig an, während sich ihr klappriger Golf an ihm vorbeischob. Er machte eine Geste, als wenn er sagen wollte: „Nun mal langsam mit den jungen Pferden!“ Sie würdigte ihn keines weiteren Blickes. Ihre Gedanken waren immer noch bei der vergangenen Nacht. Sie hatte kaum geschlafen. Aber als der Wecker wie jeden Morgen um halb sieben geklingelt hatte, war sie glockenwach gewesen. Schon während sie ins Bad gegangen war, um zu duschen, hatten ihre Gedanken wieder um die Ereignisse der letzten Nacht gekreist. Um den neuen Fall. Lange hatte sie sich von dem heißen Wasser berieseln lassen, und als sie endlich aus der Dusche gestiegen war, hatte sie gedankenverloren vor dem großen Badezimmerspiegel gestanden und sich selbst angestarrt. Sie war jetzt dreiunddreißig Jahre alt und hatte braunes, schulterlanges lockiges Haar. Wie fast jede Frau hatte sie Probleme mit ihrer Figur, sie fand sich zu dick und hätte viel dafür gegeben, etwas größer zu sein. Ihre männlichen Kollegen sahen auch so schon auf sie herab. Laura bildete sich ein, dass dies anders wäre, wenn sie nur zehn Zentimeter größer wäre. Aber sie hatte gelernt, so viel Autorität wie möglich in ihr Auftreten zu legen, um ihre Körpergröße zu überspielen. Für gewöhnlich war ihre Stimme fest und sie verfügte über einen messerscharfen Verstand. Sie war noch nicht lange bei der Truppe. Vor drei Monaten war sie vom Sitten- und Rauschgiftdezernat zur Mordkommission versetzt worden. Ihr Partner Falk Ackermann behandelte sie respektvoll. Er war Anfang dreißig, wirkte aber mit seinem widerspenstigen, kurzen blonden Haar, den Sommersprossen, der schlaksigen Figur und seinem breiten Grinsen, das sehr ebenmäßige Zähne zeigte, wie ein großer Lausbube. Die meisten Kolleginnen himmelten ihn an. Laura nicht. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie ihn mochte. Seine ständige gute Laune ging ihr einfach nur auf die Nerven. Sie war ein Morgenmuffel und brauchte morgens erst einmal einen anständigen Kaffee, um auf Touren zu kommen. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum sie immer noch Single war. Sie wollte morgens ihre Ruhe, und Typen, die sie vor dem Frühstück schon totquatschten, konnte sie überhaupt nicht gebrauchen. Ihre Beziehung zu Ackermann war rein dienstlich und das war ihr mehr als recht. Sie war ihm zugeteilt worden und sie hatten damals beide keine Wahl gehabt. Einige Kollegen hatten schon die Bemerkung gemacht, dass sie nur zur Mordkommission hatte wechseln können, weil der Leiter des Dezernates der Meinung war, dass es zu wenige Frauen in der Abteilung gab. Sie hatte das Gefühl, dass jeder ihrer Schritte gnadenlos beleuchtet und jede Niederlage sofort registriert wurde. Wenn es nach ihrer Mutter ginge, dann gäbe es sowieso keine weiblichen Polizeibeamten. Als sie ihr damals mitgeteilt hatte, für welchen Beruf sie sich entschieden hatte, hatte sie angestrengt versucht, Laura von dieser Idee abzubringen. Sie war der Meinung, dass eine Frau einen so gefährlichen Beruf nicht ausüben sollte. Außerdem würden die meisten Frauen ohnehin heiraten und Kinder bekommen und dann zu Hause bleiben, da wäre eine langjährige Ausbildung nur Zeitverschwendung. Sie sollte doch lieber gleich arbeiten gehen und Geld verdienen. Aber Laura hatte sich durchgesetzt. Allen Widerständen zum Trotz hatte sie die Ausbildung bei der Polizei absolviert.

Nun fuhr sie mit ihrem alten Golf über die A 656 nach Heidelberg zum rechtsmedizinischen Institut. Die Obduktion der Leiche war für acht Uhr angesetzt. Sie musste sich sputen, um nicht die Letzte zu sein, denn sie wollte auf keinen Fall in der hintersten Reihe stehen müssen. Entschlossen drückte sie das Gaspedal durch. Dabei dachte sie an die junge Frau, die nun auf dem Obduktionstisch lag und in ein paar Minuten alle Blicke auf sich ziehen würde. Auch die Bilder vom Fundort der Leiche schoben sich immer wieder vor ihr inneres Auge.

Auf dem Parkplatz des Instituts für Rechts- und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg ergatterte sie die letzte freie Parklücke. Sie stieg schnell aus dem Auto und zog den Reißverschluss ihrer Jacke zu. Für Mitte März war es definitiv zu kalt. Die Wettervorhersage hatte Schnee angekündigt und Laura hoffte, dass die Meteorologen sich irrten. Schnee im März hatte sie schon seit Jahren nicht mehr erlebt. Ihr Atem bildete weiße Dampfwolken, während sie zum Gebäude eilte. Froh, im Warmen zu sein, winkte sie im Vorbeigehen dem Portier zu. Ein bekanntes Gesicht. Er hob die Hand und grüßte zurück.

Im Vorraum zum Sektionssaal wühlte sie in den Regalen nach passender Schutzkleidung. Sie erschauderte bei dem Gedanken an das, was jetzt kommen würde. Als sie einen Anflug von Übelkeit verspürte, wünschte sie sich, sie hätte doch schnell an der Tankstelle gehalten, um sich ein Croissant zu kaufen, das sie während der Autofahrt hätte essen können. Sie hatte keine Zeit zum Frühstücken gehabt und außerdem war sie viel zu aufgeregt gewesen. Zum ersten Mal hatte man ihr die Leitung eines Mordfalles übergeben, sie musste das einfach gut machen.

Ihr erster großer Fall.

Vor der Tür des Autopsiesaales atmete sie ein paarmal durch. Während ihrer Zeit beim Drogen- und Sittendezernat hatte sie durchaus hin und wieder Leichen gesehen. Die irgendeines Junkies, der sich zu Tode gespritzt hatte, oder die eines Obdachlosen, der im Winter keine andere Zuflucht gefunden, deshalb Schutz unter einer Brücke gesucht und die eisigen Temperaturen unterschätzt hatte.

Aber das hier war etwas anderes, hier ging es um Mord.

Als sie gestern Abend zum Tatort in der alten Hildebrandschen Mühle in Weinheim gekommen war, war ihr erster Blick auf zwei junge Kollegen gefallen. Sie standen fröstelnd vor dem ehemaligen Fabrikgebäude. Ihre aschfahlen Gesichter wirkten durch das Flackern der Blaulichter der Streifenwagen noch bleicher. Gespenstisch. Der Kleinere von beiden hatte den Kragen seiner Jacke hochgeschlagen und trat von einem Bein auf das andere, um sich warm zu halten. Der Größere rauchte. Sie sah, wie er zittrig die Hand hob, um den nächsten Zug zu nehmen. Sie wollte gerade an ihnen vorbeigehen, als ein Fahrzeug hinter ihr hielt. Sie drehte sich um. Ackermann stieg aus seinem Wagen.

„Ich hoffe, es ist wichtig, ich hatte ein verdammt heißes Date“, grunzte er, während er die Tür seines schwarzen BMWs zuschlug. In dem langen schwarzen Wollmantel, mit dem roten Wollschal und den schwarzen Lederhandschuhen wirkte er noch adretter als in der Kleidung, die er im Dienst normalerweise trug, befand Laura, als er auf sie zukam. „Schauen wir mal, was die Kollegen gefunden haben!“ Sie hatte sich den Abend auch anders vorgestellt und sich auf einen gemütlichen Fernsehabend mit ihrer Katze gefreut. Emma war eh schon sauer, weil ihr Frauchen so selten zu Hause war. Meistens rächte sie sich damit, ihr Geschäft auf Lauras Lieblingsteppich zu machen. Heute wäre Emma glücklich gewesen. Kuscheln mit Frauchen auf der Couch. Sicherlich wäre für sie etwas von Lauras Thunfischsandwich abgefallen. Nun, der Kuschelabend fiel aus, ebenso das Thunfischsandwich. Laura würde vorsichtshalber erst einmal den Teppich untersuchen, wenn sie nach Hause käme.

Ihr Blick wanderte an der historischen Fassade des Haupthauses der Mühle hoch. Aus dem angrenzenden Siloturm mit seinen Zinnen und den vier Ecktürmchen wuchsen junge Birken. Einige Gebäude waren verfallen und sahen aus, als drohten sie jeden Moment einzustürzen. Der Zahn der Zeit, Wind und Wetter hatten die einst so beeindruckende Fassade der schon seit Jahrzehnten leer stehenden Mühle stark beschädigt. Hier und da hatten sich Graffitikünstler verewigt. Viele Türen oder Fenster waren mit groben Steinen zugemauert worden und in den wenigen noch verbliebenen Glasscheiben spiegelte sich das pulsierende Blaulicht der Einsatzfahrzeuge.

Laura erinnerte sich, in der Zeitung gelesen zu haben, dass einige Teile der Mühle in den nächsten Monaten abgerissen werden sollten und dass das ganze Areal zu modernem Wohnraum umgebaut werden würde.

Ackermann blieb kurz vor dem Gebäude stehen.

„Wer hat eigentlich die Leiche gefunden?“

„Ein paar Jugendliche fanden, dass die Mühle ein toller Ort für eine Party wäre. Sie haben die Leiche gegen zweiundzwanzig Uhr entdeckt, sind dann zu einem der umliegenden Häuser gelaufen und haben von dort aus die Kollegen verständigt.“

Sie zeigte auf die Häuser an der Hauptstraße. In vielen Fenstern brannte noch Licht, manche waren bereits mit Osterdekoration geschmückt. In dem einen oder anderen Fenster sah Laura die Silhouetten von Anwohnern, die neugierig aus dem warmen Haus heraus hinüber zur Mühle starrten. Passanten und Nachbarn standen in Grüppchen auf der Straße, angelockt durch das Blaulicht der Einsatzfahrzeuge. Hier war etwas Schreckliches passiert, das wusste nun auch die Nachbarschaft.

Gemeinsam liefen sie über den Parkplatz, der mit Müll und Glas übersät war, überall wucherten Pflanzen aus den Rissen im Asphaltboden.

„Die Natur holt sich ihr Terrain zurück“, dachte Laura.

Vor dem Eingang der ehemaligen Mühlenvilla stand ein weiterer Beamter, der wie seine Kollegen die Gesichtsfarbe gewechselt hatte.

„Hallo, Kollegen“, sagte er.

Mit vielsagendem Blick sah er sie an: „Wollt ihr euch mal so richtig gruseln? Dann geht die Treppe rauf und dann rechts, die Spusis sind schon da. Aber vorher zieht die Überschuhe an!“ Laura hatte die Fahrzeuge der Spurensicherung und das mit der Aufschrift „Rechtsmedizin“ schon vor dem Fabrikgebäude stehen sehen.

Als sie hinter Ackermann die marode Treppe hochstieg, fragte sie sich, was sie wohl erwarten würde. Was die jungen, sonst so flapsigen Kollegen derart hatte verstummen lassen. Sie spürte den kalten Luftzug, vermischt mit dem Geruch von Blut. Sie hörte das Stimmengewirr der Beamten, die schon dabei waren, den Tatort zu inspizieren. Als ihr Vordermann das Stockwerk erreichte, stoppte er so abrupt, dass sie beinahe auf ihn aufgelaufen wäre. Ackermann schnaufte geräuschvoll aus und streckte die Schultern, bevor er weiterging. Oben angekommen spürte Laura, wie sich die Härchen in ihrem Nacken stellten und Gänsehaut ihre Arme überzog. Sie hörte, wie die Kollegen von der Spurensicherung Fotos schossen. Ein Kollege filmte den Tatort und kommentierte ihn entsprechend. Ihr selbst verschlug das Bild, das sich ihr bot, die Sprache. Während ihrer Zeit beim Drogen- und Sittendezernat hatte sie nicht allzu viele Leichen zu Gesicht bekommen. Auch während ihrer Ausbildung, wo sie, wie jeder andere Polizeianwärter, für ein paar Monate bei der Mordkommission eingesetzt worden war, hatte man zwar Bilder von grotesken Leichenfunden gezeigt, aber das vor ihren Augen ging weit über die Fotos im Lehrsaal hinaus. Laura blieb stehen. Geschockt rang sie nach Atem.

Im Scheinwerferlicht der Spurensicherung hing eine Frau an Seilen mitten in dem ansonsten leeren, kahlen Raum. Es wirkte, als würde sie schweben. Wäre da nicht der Flaschenzug gewesen, der an einem rostigen Stahlträger hing. Ihre Arme und Füße waren zusammengebunden und so an einem Haken aufgehängt, dass sie zur Decke zeigten. Ihr Körper war nackt und mit groben Seilen geschnürt wie ein Paket. Der Kopf baumelte schlaff und überdehnt Richtung Boden. Ihre langen braunen Haare hingen blutverklebt herunter. Unter der Frau hatte sich ein gefrorener See aus Blut gebildet. Man hatte ihr vermutlich die Kehle durchgeschnitten. Sie ging näher heran, hörte wie Ackermann tief einatmete. „Scheiße, wer macht denn so was?“

„Bondage-Liebhaber“, erwiderte Laura, ohne den Blick von der Frau zu nehmen. Der Körper war übersät mit blutigen Striemen, die aussahen wie Kratzer von riesigen Krallen. An ihrem linken Oberarm war ein großer, blutverkrusteter Fleck zu sehen.

„Hä?“, Ackermann schaute sie verwundert an.

„Woher weißt du denn so etwas?“ Laura ging weiter, versuchte jedes Detail zu registrieren. „Na ja, bei der Sitte habe ich schon den einen oder anderen Fall gehabt, wo Leute ihren Fetischismus ausleben wollten und es zu Unfällen kam, die sie nicht überlebt haben.“

„Fetisch? Aber das hier war doch eindeutig kein Unfall.“

„Stimmt“, sagte eine Frau im weißen Overall der Gerichtsmedizin. Sie drehte sich zu ihnen um. Ihre schwarzen langen Locken hingen über ihre Schultern und verdeckten das Namensschild. Laura war der Frau mit dem mediterranen Teint und der offensichtlich griechischen Nase noch nie begegnet. Ihre Wangen waren von der Kälte gerötet. Mit Blick auf das Opfer erklärte sie: „Diese unglückliche Frau wurde zuerst stranguliert, dann schnitt ihr der Täter oder die Täterin die Kehle durch.“

„Hatte sie Sex?“, fragte Laura. „Ja, sieht ganz danach aus. Ob einvernehmlich oder nicht, kann ich derzeit noch nicht sagen. Alles Weitere erfahren Sie dann bei der Obduktion. Ich sehe Sie morgen früh um acht in meinem Obduktionssaal.“

Mit diesen Worten wandte sich die Pathologin ab, nahm ihre Tasche und verließ den Tatort. Der Beamte, der die ganze Szene fotografierte, fragte: „Wieso liegt da ein Lolli?“

Bevor Laura den Türöffner an der Wand betätigte, warf sie einen schnellen Blick durch das eckige Glasfenster in der Tür. Zu ihrer Erleichterung war die Leiche noch mit einem Tuch abgedeckt. Eine kurze Gnadenfrist, bevor die grausigen Einzelheiten der Tat zum Vorschein kämen. Sie grüßte kurz in die Runde. Die Pathologin von gestern Abend hob den Kopf, um zu sehen, wer durch die Tür getreten war. Sie überprüfte gerade die Instrumente, die ihr ein Mitarbeiter auf einem Tablettwagen bereitgelegt hatte. Heute konnte Laura das Namensschild erkennen. „Dr. Elena Salonis“ las sie. Nun wusste sie, wer diese Ärztin war, denn von der zierlichen Pathologin mit griechischen Eltern hatte sie schon gehört.

Dr. Salonis war bekannt für ihre Präzision und Rationalität. Sie duldete keine Fehler, weder bei sich noch bei anderen. Ebenso duldete sie keine Witze in ihrem Sektionssaal. Sie behandelte die Toten mit Respekt und sollte jemand auf die Idee kommen, in ihrer Gegenwart einen dummen Kommentar über ihre Patienten zu machen, würde diese Person ihr griechisches Temperament zu spüren bekommen. Auf der anderen Seite des Tisches stand ihr Partner Falk Ackermann. Daneben Christian Sommer, der ebenso zu ihrem Ermittlungsteam gehörte. Laura schätzte ihn auf Ende dreißig. Er war ein richtiger Sherifftyp, groß, durchtrainiert, muskelbepackt mit Stiernacken, der meistens mürrisch dreinschaute, was sich heute verschärfte, da er wie alle Anwesenden die vorgeschriebene Schutzkleidung trug. Seine Augen wirkten zwischen dem Saum der OP-Haube und dem Rand des Mundschutzes noch verkniffener als sonst. Laura wusste, dass er sie nicht leiden konnte. Er wollte keine weitere Frau im Dezernat. Dass sie nun die Leitung in diesem Fall hatte, gefiel ihm gar nicht. Sie grüßte ihre Kollegen mit einem kurzen Nicken. Ein weiterer Mitarbeiter betrat mit einem Stapel Röntgenbilder den Raum. Die Aufnahmen machten ein schwirrendes Geräusch, als er sie an den Betrachter hängte. Sofort ging Dr. Salonis zu den Röntgenbildern und studierte eingehend die Gebissaufnahmen der unbekannten Toten.

„Wissen wir mittlerweile, wer sie ist?“

Ohne den Blick von dem Pantomogramm zu nehmen, griff sie nach einer Lupe vom Tablettwagen. Es hatte den Anschein, als fixierte sie eine bestimmte Stelle auf der Röntgenaufnahme. „Nein“, sagte Laura. Dabei versuchte sie auszumachen, was die Ärztin an dieser Aufnahme so interessierte. Für Laura schienen es ganz normale Gebissaufnahmen zu sein.

Die Pathologin wandte sich einer weiteren Aufnahme zu: „Es könnte sein, dass unsere Unbekannte aus der ehemaligen Sowjetunion stammt.“

„Wie kommen Sie darauf?“, fragte Laura überrascht. Dr. Salonis drehte sich zu Laura um. „Schauen Sie mal hier.“ Sie zeigte auf eine Stelle an einem Backenzahn im Unterkiefer. Laura ging näher heran, um besser sehen zu können. Dr. Salonis reichte ihr die Lupe. Es dauerte einen Moment, bis Laura sah, was die Frau neben ihr meinte. Ein Backenzahn sah aus, als hätte er eine Art hauchfeine Ummantelung.

„So, wie es aussieht, handelt es sich um eine Scharpey-Krone. Das ist eine Zahnkrone, wie sie vor einigen Jahren noch in Teilen von Russland gefertigt wurde. Im Gegensatz zu in Deutschland hergestellten Vollgusskronen ist dies eine sogenannte gestanzte Krone. Sie ist günstig und ohne viel Aufwand herzustellen. Schauen wir uns das doch einfach mal an!“

Sie trat an den Sektionstisch und hob das weiße Laken an. Sie deckte die Leiche nur bis zum Hals auf, sodass Laura lediglich den Kopf der Toten sah. Auf ihrem Gesicht waren noch Reste von Make-up zu erkennen. Die mit schwarzem Kajal betonten Augen starrten leblos zur Decke und hatten ihren Glanz verloren. Ihr Gesicht hatte die Farbe von grauem Marmor angenommen. Die blauen Blutgefäße schimmerten durch ihre blasse Haut. Die Lippen waren blau und leicht geöffnet. Laura konnte sehr weiße Zähne und ein Lippenbandpiercing erkennen.

Der Assistent, der schon am Tisch bereitstand, öffnete den Mund der Toten. Dr. Salonis nahm eine Sonde und eine kleine Taschenlampe, mit der sie in die Mundhöhle leuchtete. Innerhalb weniger Sekunden fand sie den überkronten Zahn. „Sehen Sie die glatten Flächen der Krone?“

Laura erkannte eine metallische Zahnverblendung, die aussah, als hätte jemand eine glatt-glänzende Hülse über den Zahn gestülpt.

„Sie hat nur ein sehr geringes Kauflächenprofil. Dies entspricht nicht dem heutigen deutschen Standard“, fuhr die Pathologin fort. „Auch die angrenzenden EU-Staaten verwenden seit Jahrzehnten keine Stanzkronen mehr. Aber die noch in Massen von russischen Spätaussiedlern getragenen Goldkronen deuten auf diese Herstellungsart hin. Diese Kronen haben eine nur schwach angedeutete Modulation der Kauflächen und oft einen großen Randspalt. Da diese Goldkronen meistens aus einem sehr dünnen Goldblech gefertigt werden, sind sie auf Röntgenbildern teilweise nur schwer zu erkennen.“ Dr. Salonis nickte ihrem Assistenten zu. Dieser entfernte das Leichentuch und warf es in einen bereitstehenden Metallcontainer.

Nun sahen alle Anwesenden, was der jungen Frau angetan worden war. Laura bemerkte, wie Sommer schluckte, und sie selbst spürte, wie ihr Magen zu rebellieren begann. Sie straffte die Schultern und starrte auf die Leiche.

Die Seile waren entfernt und das Blut war größtenteils abgewaschen worden. Die Frau lag ausgestreckt auf dem Rücken. Ihr Hals zeigte zum einen eine klaffende Wunde und zum anderen bläuliche Flecken, die wie Würgemale aussahen. Ihr Körper war übersät mit roten Striemen und Blutergüssen. Die Hand- und Fußgelenke ließen Spuren von Fesseln erkennen. Laura stellte erschrocken fest, dass es sich bei der blutverkrusteten Wunde am Oberarm nicht, wie vermutet, um eine normale Wunde handelte, sondern unverkennbar um die eingeritzte Zahl Dreizehn. Dr. Salonis dokumentierte in sachlichem Ton die äußere Besichtigung. Ihrer Stimme konnte man keine Gefühlsregung entnehmen. Laura musterte die elegante, schlanke Frau. Einige ihrer schwarzen Locken lugten unter der OP-Haube hervor. Sie beobachtete, wie die Pathologin den Hals intensiv untersuchte und sich die Strangulationsmale ansah, bevor sie die Schnittwunde am Hals ausmaß.

„18,4 cm, Carotis rechts an der Bifurkation durchtrennt, Schildknorpel angeritzt, offensichtlich die Todesursache. Die Wundränder sind glatt. Sieht nach einem einzigen Schnitt mit einem sehr scharfen Messer mit glatter, einschneidiger Klinge aus.“ Dr. Salonis sah Laura direkt in die Augen.

„Der Täter hat nicht gezögert und wusste genau, wie er das Messer führen musste, um effektiv zu sein. Hier können Sie einen rechtwinkligen Einschnitt am Wundrand sehen“, sie zeigte auf ein Ende der Wunde. „Das ist ein Hinweis darauf, dass der Täter von links nach rechts geschnitten hat.“

„Er ist Rechtshänder?“, fragte Sommer. Die Pathologin nickte. „Ja, eindeutig.“

„Aber sie wurde auch stranguliert“, meinte Ackermann mit Blick auf die dunklen Flecken am Hals der Toten.

„Ja“, erwiderte Dr. Salonis, „eine Kompression der Halsweichteile ist deutlich zu erkennen.“ Sie griff erneut nach der kleinen Taschenlampe. „Aber wie Sie hier sehen“, sie öffnete noch einmal den Mund des Opfers und leuchtete in die Mundhöhle, „ist das Zungenbein nicht gebrochen.“

„Wieso hat der Täter sie dann vorher noch gewürgt?“, warf Sommer ein.

„Atemkontrolle“, meinte Laura. Dr. Salonis nickte bestätigend.

„Ja, das könnte passen. Für manche Menschen ist es beim Sex stimulierend, wenn sie die Kontrolle über sich abgeben.“

„Asphyxiesex ist relativ häufig. Der Wunsch, den Orgasmus durch den Sauerstoffmangel zu verstärken, hat in der Vergangenheit immer wieder zu Todesfällen geführt. Da gab es sogar schon den einen oder anderen Prominenten, der daran verstorben ist.“

„Ehrlich?“, staunte Ackermann. „Ja, Michel Hutchinson zum Beispiel, der Sänger der Gruppe INXS. Er wurde nackt mit einem Gürtel um den Hals in einem Hotelzimmer gefunden. Und das ist kein Einzelfall. Da gibt es einige. Die Leute legen sich einen Strick um den Hals, den sie zuvor beispielsweise an einem Heizkörper oder Türknauf befestigt haben, und lehnen sich zurück, um dabei zu masturbieren.“

„Aber, wenn er sie doch umbringen wollte, warum hat er dann die Schlinge nicht einfach weiter zugezogen? Er hat sich die Mühe gemacht, die Schlinge von ihrem Hals zu nehmen, um ihr anschließend die Kehle durchzuschneiden.“

„Ich denke, das ist Teil seines perversen Spiels, sein Opfer so lange wie möglich zu quälen“, meinte Laura.

Sie sah, wie sich die Pathologin nun der Untersuchung des Oberkörpers zuwandte.

Dr. Salonis Blick verweilte an den langen Striemen. „Scheint so, als hätte man sie ausgepeitscht“, sagte sie, während sie auf einige besonders dunkle Male an Oberkörper und Extremitäten zeigte. Dann wandte sie sich dem Oberarm zu, der vom Mörder mit der Zahl Dreizehn versehen worden war. Sie maß die Tiefe der Wunde aus.

„Soweit ich das sehe, hat das Opfer noch gelebt, als der Mörder ihr diese Wunden beigebracht hat. Sehen Sie die unsauberen Wundränder? Das Opfer hat sich gewehrt, als er mit der Klinge ihre Haut ritzte. Außerdem“, sie zeigte auf die ringförmigen roten Streifen um die bläulich verfärbten Brüste der Frau, „wurden ihre Brüste so stark abgebunden, dass sich das Seil tief in die Haut geschnitten hat.“

Laura starrte auf die Brüste und versuchte sich vorzustellen, welche Schmerzen so ein Abbinden des Busens verursachte. Sie fragte sich, worin der Reiz des Schmerzes lag. Für sie kam so etwas nicht in Frage. Sie sah die Männer im Raum an. Ackermann, dessen Augen zornig funkelten. Sommer, der grimmig der Pathologin zusah, die sich soeben dem Schambereich der toten Frau zuwandte.

„Wurde sie vergewaltigt?“, fragte Laura mit Blick auf die Hände des Opfers. Die Fingerkuppen waren noch geschwärzt von der Tinte, mithilfe derer man ihre Fingerabdrücke genommen hatte. Einige Fingernägel waren abgebrochen, was ein eindeutiger Hinweis darauf war, dass sich die Frau gewehrt haben musste. Sicherlich hatten sich die Kollegen von der Spurensicherung die Finger genau angesehen und entsprechende Spuren, wenn vorhanden, gesichert.

Dr. Salonis sagte: „Sie hatte auf jeden Fall sehr heftigen Geschlechtsverkehr. Es ist natürlich schwer zu sagen, ob einvernehmlich oder nicht, da Menschen mit Fetisch oft auf Vergewaltigungsspiele stehen.“ Sie machte einen Abstrich in der Hoffnung, Sperma und somit DNA sichern zu können. Ihr Assistent half ihr, die Frau umzudrehen, damit sie auch eventuelle Spuren im Analbereich nicht übersahen.

Wieder auf dem Parkplatz des gerichtsmedizinischen Instituts angekommen, atmete Laura die frische, saubere Luft ein, bevor sie in ihren Wagen stieg. Trotz der Kälte fuhr sie mit geöffnetem Fenster zum Präsidium. Sie kam sich vor wie jemand, der kurz vor dem Ertrinken gewesen war und nun endlich wieder Luft bekam. Gierig sog sie die klare Luft ein, um den Geruch des Obduktionssaales in ihrer Lunge zu verdünnen. Sie hatte sich nichts anmerken lassen; während der ganzen Prozedur hatte sie aufmerksam zugehört. Nicht ein einziges Mal hatte sie weggesehen, aber als Dr. Salonis mit einem Y-Schnitt den Brustkorb geöffnet hatte, war es ihr doch anders geworden.

Sie lief zum Besprechungszimmer. Schon im Flur hörte sie die Stimme des Polizeipsychologen. Als sie eintrat, blickte sie in die müden Gesichter der Kollegen. Sommer und Ackermann waren schon da, ebenso Armin Elszer von der Spurensicherung, der sich an einem Becher Kaffee festhielt. An einer Wand des Raumes war ein Whiteboard aufgestellt, an dem Fotos vom Tatort und dem Opfer hingen. Sie setzte sich auf den einzigen noch freien Stuhl am Kopfende des Tisches. Einige Köpfe hatten sich kurz zu ihr umgedreht, doch dann hatten sich alle wieder Dr. Gerhard Adam zugewandt, der mit ruhiger, fast hypnotisierender Stimme sprach.

„Natürlich liegt es im Auge des Betrachters. Fetisch kann viele Formen haben. Für manche Menschen ist es ganz natürlich, vom Partner dominiert zu werden. Andere wiederum möchten dominieren. Dann gibt es Leute, die möchten einfach nur zusehen.“

„Wie?“, fragte Sommer. „Die wollen zusehen, wie jemand vergewaltigt wird?“

„Ja“, Adam nickte bestätigend mit dem Kopf. „Und das Geschlecht spielt dabei keine Rolle.“ Laura wandte sich an Elszer: „Was habt ihr gefunden?“

„Na ja, das Seil kann man in jedem Baumarkt kaufen. Die Karabinerhaken auch. An der Leiche selbst haben wir Fasern gefunden.“

Er zog einen Bericht aus der Mappe, die vor ihm auf dem Tisch lag, und reichte ihn Laura. Zuoberst lagen Aufnahmen eines Elektronenmikroskops.

„Die Kollegen vom Labor sagen, dass es sich hier um graue Velourfasern eines Kofferraumteppichs von einem Mercedes Benz Coupé handelt. Das deckt sich mit den Reifenspuren, die wir auf dem Gelände der Mühle gefunden haben.“

Laura überflog den Bericht. „Somit wissen wir, dass der Täter sein Opfer mit solch einem Fahrzeug zu der alten Mühle transportiert hat.“

„Das Einzige, was mich stutzig macht“, warf Elszer ein, „ist der Lolli. Wieso hinterlässt jemand an einem Tatort einen Lolli?“

„Wie, so ein richtiger Lolli?“, fragte Sommer.

“Ja!“, Elszer reichte ihm das Foto, auf dem ein gelb-weißer, kegelförmiger Lutscher mit einem kleinen roten Rennauto als Griff abgebildet war. Sommer reichte es an einen Kollegen weiter und meinte: „Der ist ja richtig oldschool, die habe ich als Kind auch gerne gegessen.“

Laura schaute auf das Bild. Sie erinnerte sich, dass auch sie als Kind solche Lollis von ihrer Mutter geschenkt bekommen und diese immer toll gefunden hatte. In einer Zeit, in der Kinder nicht täglich Süßigkeiten bekommen hatten, war so ein Lolli schon etwas Besonderes gewesen. Sie überlegte, ob es diese Art Lolli überhaupt noch zu kaufen gab. „Gibt es die heute noch?“

Elszer antwortete: „Ich hab mal im Internet recherchiert, die kann man online bestellen und sie sind gar nicht mal günstig.“

„Meint ihr, der Mörder isst diese Lutscher und hat den verloren?“

„Das glaube ich nicht“, warf Dr. Adam ein. In einer Hand hielt er das Foto, das die Runde gemacht hatte und nun bei ihm gelandet war. Alle schauten den Psychologen an, der die letzten Minuten ruhig und unscheinbar am anderen Tischende gesessen hatte.

„Für den Mörder ist dieser Lolli ein Symbol.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dieses Sinnbild auch ein Zeichen an uns sein soll. Er will uns etwas mitteilen, sonst hätte er den Lutscher nicht so drapiert, dass wir ihn garantiert nicht übersehen.“

„Haben Sie auch eine Theorie, was er uns sagen will?“

Die Frage kam von Sommer, und der leichte Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören. Der Psychologe ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Unbeirrt fuhr er fort: „Ich bin der festen Überzeugung, dass der Mörder in seinem Wesen noch kindlich ist. Er möchte sich beim Opfer mit einem Lolli entschuldigen.“

„Von einem Lolli wird die Frau auch nicht wieder lebendig!“, sagte Ackermann sarkastisch. „Was hat es mit der Zahl auf sich?“ fragte Laura.

Der Polizeipsychologe sah Laura fest in die Augen.

„Die Zahl ist sehr wichtig für unseren Täter, sonst hätte er sein Opfer damit nicht markiert.“

„Aber warum die Dreizehn?“, fragte Elszer.

„Die Dreizehn gilt in vielen Kulturen als Unglückszahl. Die irrationale Furcht vor der Zahl Dreizehn wird Triskaidekaphobie genannt. Menschen mit dieser Phobie meiden Räume oder Stockwerke mit dieser Zahl oder die Dreizehn allgemein. Diese weitverbreitete Phobie beziehungsweise dieser Aberglaube geht so weit, dass in Gebäuden oftmals der dreizehnte Stock fehlt oder nicht ausgeschildert wird. In Flugzeugsitzen wird des Öfteren die dreizehnte Reihe in der Nummerierung ausgelassen. Auch in vielen Krankenhäusern oder Hotels wird auf ein Zimmer mit der Nummer dreizehn verzichtet, in vielen Motorsportserien auf die Startnummer dreizehn. Ich denke allerdings, die Dreizehn hat für unseren Täter eine hohe Symbolkraft. Vielleicht ist er Esoteriker. Im Tarot ist die Dreizehn dem ‚La Mort‘, dem Tod, zugeordnet. Vielleicht ist die Unbekannte aber schon sein dreizehntes Opfer oder er zählt rückwärts, dann werden noch zwölf weitere Opfer folgen.“

Tödliche Mutterliebe

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