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Barba non facit philosophum. «Der Bart macht (noch) keinen Philosophen.» Vielleicht nach Plutarch, Über Isis und Osiris 3. 352 C: Οὔτε γὰρ ϕιλοσόϕους πωγωνοτροϕίαι … καί τριβωνοϕοίαι ποιοῦσιν …, «Denn das Lange-Bärte-wachsen-Lassen und das Abgewetzte-MäntelTragen macht (noch) keinen Philosophen …» Vgl. Gellius, Attische Nächte 9, 2, 4: Video … barbam et pallium, philosophum nondum video, «Ich sehe wohl … den Bart und den Mantel, den Philosophen sehe ich noch nicht». Der ungeschorene, ungepflegte Bart und der «abgewetzte», löcherige Mantel, zur Schau getragene Symbole einer aufs Äußerste getriebenen Bedürfnislosigkeit, gehörten nach dem Vorbild des Erzkynikers Diogenes von Sinope zur Tracht der kynischen Bettelphilosophen.

Beati possidentes. «Glücklich die Besitzenden.» Der Ursprung der lapidaren Prägung ist nicht nachgewiesen. Zugrunde liegt vielleicht ein Vers aus der «Danaë» des Euripides (bei Stobaios, Anthologie 4, 31, 29, in: Nauck, Tragicorum Graecorum Fragmenta, Fragment 326, 8): Κακὸς δ' ὁ μὴ ἔχων, οἱ δ' ἔχοντες ὂλβιοι, «Übel dran ist der nicht Besitzende, die Besitzenden dagegen sind glücklich dran». Ein jeder, heißt es da zuvor, sei doch eher bereit, einem neureichen Taugenichts etwas zu geben als einem verarmten Tüchtigen. Bei Horaz, Oden 4, 9, 45f., ist der Gedanke in Epikureischem Sinne in sein Gegenteil verkehrt: Non possidentem multa vocaveris/recte beatum, «Nicht den, der vieles besitzt, kannst du mit Recht glücklich nennen»; eher könne der als glücklich gelten, «der die Gaben der Götter vernünftig zu gebrauchen und harte Armut zu ertragen» wisse. Mit Bezug auf den Vorrang des Besitzers, nun im besonderen juristischen Sinne, ist das Wort auch als Rechtsregel gebräuchlich geworden; vgl. Ulpian im Corpus iuris civilis, Digesten 50, 17, 126: Cum de lucro duorum quaeratur, melior est causa possidentis, «Wenn über den Gewinn zweier verhandelt wird, ist die Sache des Besitzenden die bessere»; vgl. Digesten 50, 17, 128 und 154.

Beatus ille, qui procul negotiis,/(ut prisca gens mortalium,)/paterna rura bobus exercet suis/(solutus omni faenore). «Glücklich der Mann, der fern von (städtischen) Geschäften, (wie das alte Geschlecht der Sterblichen,) die väterlichen Felder mit seinen eigenen Ochsen bestellt, (frei von jeglichem Zins).» Horaz, Epoden 2, 1ff.

Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube!/(Nam quae Mars aliis, dat tibi regna Venus). «Kriege mögen andere führen, du, glückliches Österreich, heirate! (Denn die Mars anderen gibt, die Königreiche gibt dir Venus.)» Das humanistisch geschliffene Epigramm eines unbekannten zeitgenössischen Autors ist auf die erfolgreiche Heiratspolitik Kaiser Maximilians I. (1459–1519, Kaiser seit 1493) gemünzt. Der erste Halbvers des Hexameters ist Zitat aus Ovid, Heroiden 13, 82 (Laodamia an Protesilaus): Bella gerant alii, Protesilaus amet, «Kriege mögen andere führen, Protesilaus möge lieben!» Der thessalische Heros Protesilaus ging im Trojanischen Krieg als erster an Land und wurde sogleich danach das erste Opfer des Krieges. Eine entsprechende Gegenüberstellung findet sich im gleichen Werk, Heroiden 17, 256 (Helena an Paris): Bella gerant fortes; tu, Pari, semper ama!, «Kriege mögen die Tapferen führen; du, Paris, liebe nur immerfort!»

Bellum omnium contra omnes. «Der Krieg aller gegen alle.» Nach Thomas Hobbes, De cive (1642/1647) 1, 12 (bellum omnium in omnes), 5, 2 und sonst mehrfach. Der englische Philosoph kennzeichnet mit der Formel vom «Krieg aller gegen alle» den natürlichen Zustand der menschlichen Gesellschaft vor der Einführung einer vertraglichen Staats- und Rechtsordnung. Zugrunde liegt vielleicht Lucilius, Fragmente der Satiren, Vers 1234 Marx: … ut si hostes sint omnibus omnes, «… wie wenn alle für alle Feinde wären». Vgl. Homo homini lupus, unten S. 82.

Bene vixit, qui bene latuit. «Gut hat der sein Leben geführt, der sich gut verborgen gehalten hat» (in dem Sinne: «… der zurückgezogen gelebt hat, in der Öffentlichkeit nicht hervorgetreten ist»). Nach Ovid, Tristien 3, 4, 25: Bene qui latuit, bene vixit, «Der sich gut verborgen hat, der hat sein Leben gut geführt». Vgl. die Epikureische Maxime Λάεϑ βιώσας, «Lebe zurückgezogen!» (oben S. 20) und Horaz, Episteln 1, 17, 10: … nec vixit male, qui natus moriensque fefellit, «… und nicht schlecht hat der sein Leben geführt, der unbemerkt geboren und gestorben ist» (in dem Sinne: «dessen Geburt und dessen Tod in der Öffentlichkeit nicht vermerkt worden ist»).

Bis dat, qui cito dat. «Doppelt gibt, wer schnell gibt.» So lapidar verkürzt bereits bei Erasmus, Adagia 1, 8, 91, nach Publilius Syrus, Sentenzen I 6: Inopi beneficium bis dat, qui dat celeriter, «Dem Bedürftigen gibt der doppelt seine Wohltat, der sie schnell gibt». Vgl. auch Sentenzen D 19: Duplex fit bonitas, simul accessit celeritas, «Verdoppelt wird die Hilfsbereitschaft, wenn noch die Schnelligkeit hinzukommt». Der Gedanke begegnet bereits bei Ennius, Fragmente der Satiren 2 Vahlen: Dum quidquid, des celere, «Wenn (du) irgend etwas (gibst), gib es schnell!», und kehrt später bei Ausonius, Epigramme 17, 1, wieder: Si bene quid facias, facias cito, «Wenn du (einem) etwas Gutes tust, tu es schnell!» Vgl. auch das voraufgehende Epigramm 16; beide gehen vielleicht auf ein anonymes griechisches Epigramm in der «Anthologia Palatina», 10, 30, zurück.

Bonus vir semper tiro. «Ein gutmütiger Mensch bleibt immer ein Anfänger» (eigentlich: «… ein Rekrut»). Nach Martial, Epigramme 12, 51: Tam saepe nostrum decipi Fabullinum/miraris, Aule? Semper homo bonus tiro est, «Daß unser Fabullinus so oft betrogen wird, das wundert dich, Aulus? Ein gutmütiger Mensch bleibt immer ein Anfänger». Die «geflügelte» Fassung des Wortes erscheint zuerst bei Julius Wilhelm Zincgref, Der Teutschen scharpfsinnige kluge Sprüch, oder: Apophthegmata (1626/1631), später bei Goethe, Maximen und Reflexionen, Nr. 283 Hecker, Hamburger Ausgabe Nr. 1343.

Brevis esse laboro,/obscurus fio. «Ich bemühe mich, kurz zu sein, dunkel werde ich» (in dem Sinne: «Ich bemühe mich um Kürze, und unversehens geht darüber die Klarheit verloren»). Horaz, Ars poetica 25f.

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