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Schritte zur Erleuchtung
ОглавлениеIch glaube, dass wir einen Funken jenes ewigen Lichtes in uns tragen, das im Grunde des Seins leuchten muss und das unsere schwachen Sinne nur von Ferne ahnen können. Diesen Funken in uns zur Flamme werden zu lassen und das Göttliche in uns zu verwirklichen, ist unsere höchste Pflicht. (Johann Wolfgang von Goethe)
Alle paar Jahre wird uns suggeriert, dass es wieder einmal um die ›entscheidende Wahl‹ geht. Als wenn wir dann wirklich eine Wahl hätten – da lachen ja sogar die Hühner. O.K., wir können wählen, ob wir die Bohnen mit Speck oder mit Zwiebeln mögen.
Aber einmal Spaß beiseite: Sie haben tatsächlich eine Wahl – immer – nicht nur alle vier Jahre. Ihr Leben hat nämlich immer nur den Sinn, den Sie ihm geben.
Wenn Sie mit Ihrem Leben zufrieden sind, werden Sie mir wahrscheinlich zustimmen; sind Sie aber unzufrieden, wird Ihr Verstand protestieren, wenn Sie hören, dass Sie sich dieses Leben ausgesucht haben, dass Sie es genau so gewählt haben, wie es ist. Sie haben es gewählt, um erleuchtet zu werden.
Sie kamen auf diese Welt, um sich zu entwickeln, um zu entdecken, dass Sie erleuchtet sind. Um dieses Ziel zu erlangen, erhielten Sie einen Körper, oder besser gesagt, Sie suchten sich einen aus. Vorher waren Sie reines Bewusstsein, unkörperlich, eine Seele. Diese Seele trägt die Erfahrungen aller vorherigen Inkarnationen in sich. Sie ›weiß‹, was sie gelernt hat und was sie noch lernen muss, um ihr Ziel zu erreichen. Die Menschheit ist in ihrer Entwicklung an einem entscheidenden Punkt angekommen. Der Weg, auf dem wir gehen, gabelt sich in zwei Richtungen, und wir haben die Wahl. Entweder gehen wir den Weg in den globalen Selbstmord oder wählen den Weg zu einer Veränderung des Bewusstseins.
Die Welt steckt in einer Energie-Blockade, die sich in der Verknappung der Rohstoffe auch im Außen zeigt. Alle schauen auf das Symptom und die Folgen, aber kaum jemand sucht die Ursache dort, wo sie ist: Im menschlichen, schöpferischen Bewusstsein selbst.
Wir können den Weg der Symptombehandlungen und vermehrten Ausbeutung, den Weg immer zahlreicherer und härterer Konflikte weitergehen. Wir können beschließen, noch mehr Leid in dieser Welt zu verbreiten und die wenigen Reichen noch reicher werden zu lassen. Wir können noch mehr Armut produzieren, weiterhin Menschen verhungern lassen – und das bei einem täglichen Militärbudget von mehreren hundert Millionen Dollar! Wir können diese Erde weiterhin als unser Eigentum betrachten, mit dem wir machen können, was wir wollen, oder wir können sie als eine wunderschöne Leihgabe für unsere gewählte Daseinsform ansehen.
Zwar führen viele Wege nach Rom, aber wir haben leider nicht so viele Wahlmöglichkeiten.
Der Weg, den wir gehen können – und wir haben das Potenzial dazu –, ist der des Friedens und der Liebe, der Erleuchtung und des Wissens. Erleuchtung ist das eigentliche Ziel unseres Seins. Wir sind auf dieser Welt, um unser gesamtes Potenzial kennen zu lernen und daraus zu schöpfen. Die Schritte dahin sind so simpel und so klar. Es sind nur wenige. Sie sind wirkungsvoll, weil sie so einfach sind. Die Lösungen für die schwierigsten Probleme sind meist einfach.
Zufällig waren meine Frau und ich zum Zeitpunkt der Papstwahl in Rom. Als Kardinal Ratzinger als Papst auf den Balkon trat, konnte man sehen, dass er angekommen war. Ich bezweifle allerdings, ob die katholische Kirche weiß, dass sie einen Erleuchteten zum Papst hat, und ich hoffe, dass er sich gegen die konservativen Politiker, von denen er ja auch einer war, durchsetzen kann, um der Kirche die Reformen zu bescheren, die notwendig geworden sind. Ein schönes Wort: notwendig. Es heißt nichts anderes, als dass man aus einer Not heraus eine Wende nehmen sollte. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob seine Erleuchtung ausreicht, Jahrtausende alte Machtstrukturen derart aufzuweichen, wie dies nötig wäre. Derjenige, auf den sich die Kirche aufbaut und beruft, Jesus Christus, hat es ja auch nicht geschafft. Auch er fiel diesen Strukturen letztlich zum Opfer.
Kennen Sie den?
Der Papst stirbt und kommt an das Himmelstor, um Einlass ins Paradies zu erlangen. Petrus kommt an die Tür und fragt nach seinem Begehr. »Ich möchte ins Paradies, denn ich bin der Papst.«
»Papst?«, überlegt Petrus. »Das sagt mir jetzt im Moment nichts. Wer oder was soll das sein?«
»Ich bin das Oberhaupt der katholischen Kirche«, antwortet der Papst.
»Katholische Kirche? Sagt mir auch nichts, tut mir wirklich Leid. Aber warten Sie bitte einen Moment hier, ich muss den Chef fragen.«
»Draußen steht jemand, der behauptet, Papst und Oberhaupt der katholischen Kirche zu sein. Sagt dir das etwas?«, fragt Petrus den Lieben Gott. Gott überlegt und sagt: »Tut mir Leid, habe ich noch nie gehört. Aber lass uns Jesus fragen, immerhin war der schon einmal auf der Erde, vielleicht weiß er etwas.« Jesus wird gerufen und mit dem Auftrag zum Himmelstor geschickt, doch nachzusehen, ob er etwas herausbekomme.
Nach zehn Minuten kommt Jesus laut lachend zurück, sich die Tränen aus den Augen wischend. »Was ist los?«, fragen Petrus und der Liebe Gott wie aus einem Munde. Nachdem er nach Luft geschnappt hat, kann Jesus endlich sagen: »Erinnert ihr euch an den Fischerverein, den ich vor ungefähr 2000 Jahren gegründet habe? Den gibt es immer noch.« Wie viel wurde und wird in Jesus hineininterpretiert! Es wird noch lange Zeit dauern, bis die Menschen die Wahrheiten um und über diesen Mann erfahren dürfen. Was in seinem Namen geschaffen wurde – dieses heute so mächtige und reiche Kirchengebilde – resultiert nicht aus seinem Wirken und lag sicher nicht in seiner Absicht. Jesus, der gekommen war, den Menschen Licht zu bringen, wurde missbraucht, um ein Trugbild aufzubauen, das Trugbild einer Märtyrerschaft und des Leids. Jesus wird in der Regel in seiner wohl leidvollsten Stunde angebetet, am Kreuze hängend, und es wird erzählt, dass er für uns dort auch gestorben sei. Kann man jemandem ein schlechteres Gewissen machen als mit solch einer Aussage?
Wer ein schlechtes Gewissen hat, wird sich immer schuldig fühlen und wird gerne alles tun, was angeblich nötig ist, um von seiner Schuld befreit zu werden.
Es gibt genügend Hinweise darauf, dass Jesus nicht dort auf Golgatha am Kreuz gestorben ist. Den Menschen aber wurde gesagt: »Leiden sind Lehren«, und man predigte ihnen Entsagung. Damit konnte man sie ausbeuten und unterjochen – zu allen Zeiten. Die Prachtbauten der Kirche wurden nur dadurch möglich, und niemanden kümmerte es, wenn bei diesen Bauten Hunderte von Arbeitern ums Leben kamen und viele ihr letztes Hemd gaben, damit die Kuppeln auch noch mit Gold verkleidet werden konnten. Das hätte dem Mann, der die Händler aus dem Tempel vertrieb, sicher nicht gefallen, das hätte er nicht gewollt. Kein Religionsgründer hätte so etwas gewollt. Und wer Jesus so versteht, hat ihn nicht verstanden.
Er kam, um die Liebe zu bringen und uns erkennen zu lassen, dass Gott auch in jedem von uns ist, dass der Schöpfer und sein Geschöpf Eins sind – er kam, uns zu erleuchten. Er wollte sicher nicht, dass wir ihn anbeten. Er hätte gewollt, dass wir ihn in uns selbst finden.
Wie weit der Weg zur Erleuchtung ist, bestimmt jeder ganz allein für sich. Es ist ein Weg mit vielen großen und kleinen Stationen.
Manchmal halten wir uns länger auf, wie in einer erfüllenden Beziehung, die manchmal sogar ein Leben lang dauern darf. Oder wir verweilen kürzer, zum Beispiel in einem Job, den wir nur machen, weil wir eine Fähigkeit lernen müssen, die wir gerade dort lernen können. Jede dieser Stationen ist wichtig auf dem Weg zu Ihrer Erleuchtung – auch die Stationen, die sie nicht so mögen. Aber auch diese haben Sie sich – meist unbewusst – ausgesucht, um aus ihnen zu lernen. Dass diese Behauptung wahr ist, können Sie daran erkennen, dass so genannte ›negative‹ Umstände sich oft im Nachhinein als durchaus ›positiv‹ herausstellen. Wenn wir zurückblicken, sagen wir oft: »Damals war es schlimm, aber heute kann ich das Gute darin sehen und bin im Nachhinein froh, dass es genau so passiert ist.« Der bekannte deutsche Fußballtrainer, der wegen seiner Kokainaffaire hierzulande keinen Job mehr bekam, ist nach eigener Aussage in dem Land, in dem er heute zu den erfolgreichsten Trainern gehört, sehr zufrieden. Sicherlich muss man aber kein Kokain nehmen, um sein Glück zu finden – wenn auch viele das zu glauben scheinen.
Das, was Sie am meisten daran hindert, erleuchtet zu sein, ist einesteils Ihre Vorstellung davon, was Erleuchtung ist, und auf einer anderen Ebene Ihre Angst davor. Wie bei vielen Ihrer Vorstellungen handelt es sich auch hierbei um übernommene Darstellungen eines anderen Menschen, dem Sie glauben. Eine Vorstellung oder Erwartung ist immer auch ein Hindernis, was in dem Wort ›Vorstellung‹ schon zum Ausdruck gebracht wird. Die Vorstellung ist Ihre Idee von etwas, das Sie vor Ihr Erleben stellen. Vorstellungen können aber immer nur begrenzt sein. Jetzt frage ich Sie: Kann man das Grenzenlose eingrenzen?
Sie gehen beispielsweise zu einer Party, machen sich vorher eine Vorstellung von der Party, haben vielleicht Erwartungen an jemanden, den Sie dort treffen werden, usw. und können dadurch die Party nicht mehr so erleben, wie sie ist. Ihre Vorstellungen verhindern ein direktes Erleben von dem, was ist.
Es gibt drei Worte, die den Zustand der Erleuchtung am besten charakterisieren: Liebe, Akzeptanz und Einssein.
Je unnatürlicher Ihr Bild von Erleuchtung ist – sofern Sie überhaupt eines haben –, desto weiter schieben Sie diesen Zustand von sich weg. Selbstverständlich haben Sie einen guten Grund, das zu tun; denn erleuchtet zu sein heißt, die Verantwortung für sein Erleben zu übernehmen und zu erkennen, dass man sie immer hatte.
Mit unserer Erleuchtung gehen wir so um wie die Bürger von Schilda, die Licht in Säcken in ein dunkles Haus bringen wollten.
Wir versuchen mit Hilfe aller möglichen Techniken, unter Anleitung von Gurus, Übungen, Ernährungsplänen und vielem anderem mehr, das Licht von draußen hereinzuholen. Der Gipfel von allem sind eloquente Motivationstrainer, die von Firmen und sogar Fußballvereinen für viel Geld engagiert werden. Es hat sich scheinbar noch nicht herumgesprochen, dass man niemand anderen motivieren kann. Die andere Seite der Medaille ist: Was ist das für ein Unternehmen, das seine Mitarbeiter derart ›motivieren‹ muss? Man kann ganze Abteilungen über Feuer oder Glasscherben laufen lassen, man kann sie mit dem Hals Eisenstangen verbiegen lassen.
Man kann sie auch pausenlos ›Jacka‹ rufen lassen. Dies alles wird, außer natürlich für den Motivationstrainer, nichts bringen. Solange die Mitarbeiter nicht wirklich ›in der Firma sind‹, solange Respekt und Achtung im Unternehmen keinen Platz haben und Geben und Nehmen nicht im Ausgleich sind, ergeben solche Aktionen keinen Sinn – aber wenn diese Voraussetzungen geschaffen sind, gehen die Leute auch so für ihr Unternehmen durchs Feuer.
Und was die Fußballvereine angeht: Sind ein paar Millionen Euro Jahresgehalt nicht Motivation genug?
Wir übersehen, dass der Schalter zur Erleuchtung in uns ist. Es genügt, diesen einen, alles entscheidenden Lichtschalter umzulegen. Finden müssen und können Sie diesen nur selbst. Jetzt sagen Sie vielleicht: »Nur die Meister konnten das.« Dann frage ich Sie: »Warum beanspruchen Sie die Meisterschaft nicht für sich? Warum stellen Sie ihr Licht unter den Scheffel?«
Die Qualität Ihres Lebens wächst direkt proportional zur Anzahl der Lehrer und Lehrerinnen, die Sie in Ihrem Leben haben. (Ron Smothermon)
Es ist vollkommen in Ordnung und wichtig, Lehrer zu haben, denn warum soll man durch den Fluss schwimmen, wenn man ebenso gut eine Brücke benutzen kann. Es ist auch sicherlich sinnvoll, Übungen oder Techniken anzuwenden oder seine Ernährung umzustellen, weil es uns diszipliniert, und Disziplin ist notwendig. Im Denken und im Tun. Aber kein Guru, keine Technik, keine Ernährungsweise wird Sie erleuchten. So wie auch niemand einen anderen heilen kann. Heilung geschieht nur von innen, aus einer tiefen Bereitschaft heraus, das anzunehmen, was von außen angeregt wird, und in das eigene Leben zu integrieren.
Sokrates empfahl den Ärzten, jedem seiner Patienten zunächst die Frage zu stellen, ob dieser bereit sei, das Verhalten, das zu seiner Krankheit geführt hatte, in Zukunft zu meiden.
Wenn Sie das Licht angemacht haben, werden Sie selbstverständlich die Dinge ändern, die geändert werden müssen. Selbstverständlich: aus dem Selbst heraus verstanden.
Den ›guten‹ Lehrer oder Meister erkennen Sie daran, dass er Ihnen nicht bei der Suche, sondern beim Finden Ihres Lichtschalters behilflich ist. Er weiß, dass man einen anderen Menschen nicht ›verbessern‹ kann, weil ja jeder Mensch schon vollkommen erschaffen ist. Ein guter Lehrer wird ein Klima erschaffen, in dem es dem Schüler möglich wird, sich an seine eigene Vollkommenheit zu erinnern. Er wird Sie also nach Innen begleiten, weil er weiß, dass Ihre Wahrheit nur dort zu finden ist – und er wird sich im rechten Moment von Ihnen verabschieden. Denn die Wahrheit ist individuell. Sie liegt nicht in Schriften und Büchern, sondern im tiefsten und innersten Selbst eines jeden Menschen.
Die meisten Menschen aber wollen gar nicht finden, sondern suchen. Wir sind in der Regel problemorientiert und nicht lösungsorientiert.
Es lebte einmal ein Mann, der sein Leben der Suche nach Gott gewidmet hatte. Viele Jahre hatte er gesucht. Eines Tages gelangte er zu einem Haus, an dessen Türschild der Name ›Gott‹ geschrieben stand. Leise zog er seine Schuhe aus und schlich davon.
Vor einem Lehrer, der Ihnen erzählt, er wisse genau, was für Sie richtig ist, sollten Sie schleunigst die Flucht ergreifen. So läuft es aber in unserer Welt. Ständig werden wir ›verbessert‹, erzogen und geformt. Uns wird vor Augen gehalten, wie unvollkommen wir sind und welchem Trend wir nun wieder nachzulaufen haben. Allen voran tun dies die Medien, wenn es um Äußerlichkeiten geht. Aber auch die großen Religionen, deren ursprüngliche, reine Lehren von ihren Anhängern dogmatisiert wurden, führen uns unsere Unvollkommenheit vor Augen. Es wurden Regeln aufgestellt, Formen erfunden und uns wurde genau gesagt, was getan werden muss, um auf den ›rechten Weg‹ zu kommen. Dass da irgendetwas falsch läuft, beweisen die Kirchenaustritte und die seit Jahrhunderten stattfindenden Religionskriege.
Dass die Menschen aber gerade bei der Kirche etwas suchen, beweisen die über eine Million jugendlichen Besucher beim Weltkirchentag im Jahre 2005 in Köln. Es war ermutigend, anzuschauen und mitzuerleben, mit welcher Freude und mit welchem Enthusiasmus all die jungen Menschen aus der ganzen Welt friedlich und singend zusammengekommen waren, um die Antworten auf ihre vielen Fragen zu finden.
Ich bezweifle allerdings, dass sie von den Kirchen ihre Antworten erhalten, und sie werden dort auch nur finden, was sie suchen, wenn sie sich auf ihre eigene Reise nach innen begeben.
Rief die Jugend der 68er, zu der ich auch gehöre, noch den Slogan: »Unter den Talaren der Mief von tausend Jahren« und »Weg mit dem Establishment. Wir brauchen keine Autoritäten!«, so wies am 30. September 2005 der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber anlässlich der Verleihung des Franz-Josef-Strauß-Preises der Hans Seidel-Stiftung an den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl mit eindringlichen Worten darauf hin, dass unsere Jugend nach Führung und Autorität rufe und man sie ihr auch geben müsse. Da kann man sich doch nur fragen, warum sorgt er nicht dafür? Als langjähriger bayrischer Ministerpräsident und Minister hätte er doch sicherlich so manche Möglichkeit. Man kann darüber nachdenken, ob es eine Ironie ist, dass Helmut Kohl den Franz-Josef- Strauß-Preis bekommen hat, aber auch Edmund Stoiber hat sicherlich beobachtet, wie orientierungslos das Gros der heutigen Jugend ist und dass die Führung durch RTL, SAT1, Viva und VOX nicht ausreichen kann, einen mündigen Staatsbürger zu formen. Als wenn das wirklich jemand wollte – mündige Staatsbürger! Die Jugend braucht keinen Führer, das hatten wir schon. Die Jugend der 68er hatte die Wahrheit erkannt, aber eben nur die halbe. Deswegen haben die meisten ja auch aufgegeben, weil sie in der falschen Richtung suchten und sich in Schuldzuweisungen verausgabten.
Was die Jugend braucht – und sicher nicht nur die Jugend – , ist das Wissen darum, dass sie in dem Moment geführt wird, in dem sie sich darüber klar werden darf, dass die größte Führung in jedem Menschen wohnt.
Sagt ein bekanntes Sprichwort nicht: »Jeder ist seines Glückes Schmied«? Also fangen Sie damit an, Ihr Glück zu schmieden – heute noch! In dieser Volksweisheit steckt doch der Hinweis, dass genau dies möglich ist. Erkennen Sie, was für Sie Glück bedeutet, und lassen Sie sich nicht von anderen sagen, was Glück ist. Glück ist so individuell, so vielfältig! Wie kann es sonst passieren, dass Menschen, die einen großen Lottogewinn erhalten hatten, damit sehr unglücklich wurden, andere dagegen sich und ihrer Familie damit die Bedingungen für ein glückliches Leben schaffen konnten?
Vor einiger Zeit lehnte ein Mann seinen Lottogewinn von mehreren Millionen Euro ab, weil er befürchtete, dadurch unglücklich zu werden. Er begründete seine Haltung mit der Aussage: »Ich habe alles, was ich brauche.« Dieser Mann war sicher in einer gewissen Art erleuchtet.
Sie sehen, es geht kein Weg an der Selbsterkenntnis vorbei, und Sie werden nicht darum herumkommen, sich einige grundlegende Gedanken über sich zu machen. Schauen Sie in den Spiegel, und betrachten Sie sich selbst, mit allem, was Sie getan und unterlassen haben. Kunst kommt von Können, erinnern Sie sich?
Der Grad der Kunst hängt ab von der Art und Weise, in der Sie etwas tun. Ein Spiegel ist die Meditation – und dies ist der nächste Schritt zur Erleuchtung.
Neben einem meditativen Menschen haben Waffen keinen Platz. Alle Weisheitslehrer und Erleuchteten dieser Welt, ob sie Sokrates, Jesus, Buddha, Lao-Tse, Mohammed, Osho oder Gurdjeff hießen, haben uns aufgefordert, nach innen zu gehen und uns selbst zu erkennen.
Auf dem Weg nach innen werden Sie Facetten entdecken, die Sie entweder nie für möglich gehalten hätten oder die Sie vielleicht immer schon erahnt haben. In jedem Fall ist es ein interessanter Weg, und Ihre erwachte Neugierde wird Sie immer weiter vorantreiben. Dieser Weg ist eine Einbahnstraße.
Meditation ist der ehrlichste Spiegel, den es gibt, und wird vielleicht gerade deshalb von so vielen Menschen gemieden wie eine ansteckende Krankheit. Die Rationalisierungen und Ausreden, die Menschen finden, um nicht zu meditieren, sind enorm. Ein Grund dafür ist Angst.
Der Mensch hat ein Leben lang gebraucht, zu glauben, dass er fehlerhaft, schlecht, nicht liebenswert sei, und natürlich hat er Angst, diesem Wesen zu begegnen. Intuitiv weiß er, dass er sich in der Meditation selbst begegnet, also meidet er sie.
»Erkenne dich selbst, dann erkennst du das Universum und die Götter«, mahnte schon das Orakel von Delphi.
Wenn Sie in den Spiegel der Meditation schauen, begegnen Sie sich ›pur‹, ohne Wenn und Aber, ohne psychologische Erklärungsmodelle, ohne religiöse oder gesellschaftliche Raster und Muster. Sich ›pur‹ begegnen heißt, dem göttlichen Kern in sich nahe zu sein; am Ende dieses Weges stehen – wie Buddha sagte – Licht und Ekstase.
Es gibt viele Gründe, diesen Weg zu meiden. Beispielsweise kann es unangenehm sein, sich selbst genauer zu betrachten, die Dinge zu sehen, die man für Fehler oder Schwäche hält. Das hatte ich vorhin mit der Angst auf einer tieferen Ebene gemeint. Denn das könnte Abstriche an einem Perfektheitsanspruch machen, der uns vermittelt wurde, oder uns aus unserer ach so geschätzten Bequemlichkeit herausreißen.
Meditation bedeutet auch, ›sich leer zu machen‹. Dieser Moment der Leere ist unendlich wichtig. Fast alle Meditationstechniken zielen auf diesen Zustand ab.
Meditation ist in ihrer höchsten Stufe ein Zustand jenseits des Denkens, ein Zustand reinen Bewusstseins ohne Inhalt. Das Ziel sollte sein, in einen Zustand der Akzeptanz des eigenen Lebens und das aller anderen Wesen zu gelangen. Meditation ist keine Geheimwissenschaft und ist alleine für sich genommen noch nicht einmal unbedingt ein spiritueller Vorgang. Das Wort kommt aus dem Lateinischen: meditari = nachsinnen. Meditation ist also erst einmal eine besinnliche Betrachtung.
Wissenschaftlich ist die positive Wirkung der Meditation längst bewiesen, und jeder, der meditiert, braucht diesen Beweis sowieso nicht mehr. Als Meditation werden Techniken bezeichnet, die von Heiligen aller Länder und Religionen entwickelt wurden, um seelische Leiden zu heilen und psychische und spirituelle Befreiung zu erlangen. Die Techniken variieren, doch sind die darunter liegenden Prozesse, die sich auf die spirituelle und psychische Entwicklung richten, mehr oder weniger gleich. Meditation kann eindrucksvolle Veränderungen im Bewusstsein auslösen. Sie wird als Kern der mystischen Wissenschaften angesehen, und Menschen, die meditieren, halten sich oft allein wegen dieser Praktik für ›spirituell‹.
Seit den frühen 60er Jahren erfreut sich die Meditation auch bei uns eines zunehmenden Zuspruchs und ist inzwischen bis in manche Vorstandsetage großer Firmen ›salonfähig‹ geworden. Sie wurde außerdem zum Forschungsgegenstand, und den Wissenschaftlern ist es auch mit ihren Methoden gelungen, festzustellen, dass sie wirksam ist (hört, hört!). Das hat unsere moderne Wissenschaft herausgefunden: Meditation bewirkt physiologische Veränderungen im Zusammenhang mit Entspannung und psychologischen Erfolgen wie größere Ruhe und mehr Entspanntheit. Weiter führt Meditation zur Verbesserung des Allgemeinzustandes bei Bluthochdruck, Ängsten, Suchtverhalten und Phobien.
Allerdings kommen solche Wirkungen nur denjenigen zugute, die über einen längeren Zeitraum meditieren, und die meisten Menschen tun das nicht.
Die große Bedeutung der Meditation liegt darin, dass sie den Meditierenden allmählich die Wirklichkeit anders erfahren lässt, weil sich dessen Wahrnehmung und Verstehen durch sie verändert.
Sicherlich ist Meditation als größter Beitrag der mystischen Traditionen zur heutigen Psychotherapie zu verstehen. Die Techniken der Meditation, die einer viel älteren Wissenschaft entspringen, erscheinen dem Verstand zunächst vielleicht sinn- oder bedeutungslos und erweisen sich erst nach jahrelanger Praxis als die ausschlaggebenden Dinge im Leben. Über eine der Funktionen des Verstandes sagte ich ja schon etwas.
Der indische Meister Osho hat einmal gesagt, dass Meditation das Ziel sei und jede Form von Therapie lediglich eine Vorbereitung sein könne. Einige Lehrer alter Traditionen sagen, dass Meditation eine Therapie allein für sich ist und dass mit gezielten Praktiken gewisse Zustände geheilt werden können. Durch Meditation kann man sicherlich inneren Frieden und Harmonie finden, es braucht oft allerdings Jahre an Training. Leider verbinden wir in unserem Kulturkreis den Begriff ›Meditation‹ oft mit den bisweilen zu Unrecht negativ belegten Begriffen ›Sekten‹ oder ›Gurus‹ und Menschen, die meditieren, werden von den ›Toughen‹ belächelt oder als ›esoterische Spinner‹ bezeichnet. Dadurch werden viele Menschen von einer sinnvollen Technik ausgeschlossen. In unseren Selbst-Erfahrungs-Seminaren erlebe ich Meditation immer wieder als eine der effektivsten Methoden.
Das wichtigste Ziel der Meditation besteht in der Entwicklung des beobachtenden Selbst. Und dieser Punkt stellt sicherlich eine der größten Herausforderungen dar, weil Sie doch immer wieder dahingehend beeinflusst werden, die Dinge im Außen zu verändern.
In der Meditation können Sie erleben, wie wichtig es ist, still zu werden, nach innen zu gehen und dort die Zeichen zu erkennen.
Nach Ansicht vieler Mystiker sind andere Nutzen der Meditation wie größere Ruhe, bessere Gesundheit oder vermehrte Kreativität allerdings unbedeutend und können sogar zum Hindernis werden, wenn sie als Ziel definiert werden. Durch eine solche Zieldefinition würde die Wirksamkeit der Meditation für den eigentlichen Zweck abgeschwächt, sagen sie und sprechen von einem Missbrauch und einer Vergeudung des ihr innewohnenden Potenzials. Das sei, als faste man in erster Linie, um abzunehmen. Demnach sollte man also Meditation zu therapeutischen Zwecken allerhöchstens begleitend einsetzen. Einen feinen Holzmeißel zum Dosenöffnen herzunehmen, ist ja auch nur dann sinnvoll, wenn man damit nicht mehr schnitzen möchte.
Wenn man Meditation nur für die Psychotherapie einsetzt, ist das, als sammle man Austernschalen und werfe die Perlen weg. Man neigt dann leicht dazu, von den relativ unwesentlichen Resultaten auf die mystische Wissenschaft zu schließen und man schaut nicht weiter. Der psychotherapeutische Nutzen der Meditation liegt sicher darin, dass der Meditierende allmählich seine Wirklichkeit anders erfährt, weil sich seine Wahrnehmung und sein Verstehen verändern. Man kann durch Meditation zum Beispiel mehr Distanz zu seinen Symptomen bekommen und aufspüren, was wirkt.
Wenn Ihnen gesagt wurde, Meditation sei gefährlich oder Spinnerei, und Sie glauben das, dann nennen Sie das Ganze einfach beten. Dieser Begriff ist uns in der Regel geläufiger, obwohl ›Beten‹ eigentlich das Gegenteil von Meditation ist, weil Beten bitten heißt und ›meditari‹ nach Innen gehen. Damit meine ich nicht, dass Beten wertlos ist. Medizinische Forschungen haben inzwischen gezeigt, dass Gläubige, die beten, eher und schneller geheilt werden als Menschen, die das nicht tun. Was aber meiner Meinung nach den Wert des Betens ausmacht ist der Glaube der Betenden. Auch Jesus hat gesagt: »Steh auf, dein Glaube hat dir geholfen.« Wenn Sie beten, brauchen Sie in keine Kirche und keinen Tempel zu gehen, obwohl diese Orte als Raum der Kontemplation durchaus dienen können. Das eigene Selbst ist der göttliche Tempel. Wenn Sie beten wollen, gehen Sie in Ihr eigenes Inneres, wo immer Sie gerade sind, und sprechen Sie mit Ihrer inneren Macht. Dies wird Ihnen Kraft und Frieden geben.
Das herkömmliche Beten ist für viele zu einer geistlosen rituellen Handlung geworden, die nach Dogmen praktiziert wird. Uns wurde gesagt, dass wir unvollkommen und klein seien und dass wir außerhalb von uns jemanden anbetteln müssten, der uns vergibt und errettet.
Wenn Sie jemanden anderen um Vergebung Ihrer Sünden bitten, werden Sie diese nie erhalten; denn niemand außer Ihnen selbst hat die Macht, Ihnen zu vergeben. Vertrauen Sie darauf, dass der Gott, der Sie führt, in Ihnen wohnt, und werden Sie sich bewusst, dass Sie, wenn Sie beten, eigentlich ein Selbstgespräch führen.
In der Regel setzen sich die Menschen im Gebet nieder und präsentieren Gott eine Liste von dem, was nicht in Ordnung ist. So als wollten sie sagen: »Nun, lieber Gott, da haben wir dieses und jenes, bitte bring das doch in Ordnung ...« Sie verstehen nur selten, dass Gott die ganze Zeit über bei ihnen gewesen ist, weil er ja in ihnen ist. Sie sind ein Teil von ihm. Er ist doch alles, oder? Wenn Sie also das nächste Mal beten, dann sagen Sie nichts. Seien Sie still, und wissen Sie, dass Sie Gott sind. Das ist Meditation. Meditation holt sich Hilfe von innen.
Meditation kann zunächst einmal heißen, täglich für eine gewisse Zeit, die Sie erübrigen können (können Sie?), an einem schönen Ort (nicht im Bett!) die Augen zu schließen, die Gedanken schweifen zu lassen und so zur Ruhe kommen – innerlich still zu werden.
Lassen Sie die Gedanken einfach wie weiße Wolken am Himmel vorüberziehen, die Sie als stiller Zeuge lediglich beobachten.
Sie werden wahrscheinlich am Anfang viel Unordnung vorfinden, die Sie dazu verleiten wird, damit aufzuhören. Mit Unordnung meine ich eine pausenlose Flut von Gedanken aus Ihren unterschiedlichsten Lebensbereichen. Akzeptieren Sie diese Unordnung, und genau das wird Ihnen helfen weiterzumachen. Wenn Sie sich wehren, geben Sie Ihrem Verstand Energie, und damit haben Sie schon verloren. Sie stärken das Objekt Ihrer Abwehr.
Siegmund Freud, der ›Vater‹ der Psychoanalyse, hat dies erkannt: Impulse, die aus unbewussten Schichten nach außen drängen und von uns abgewehrt werden, weil wir sie uns nicht erlauben zu leben, gewinnen mehr und mehr Macht über uns. Wir benötigen mehr Energie, um diese Impulse abzuwehren.
Seien Sie also lediglich Zeuge und Beobachter Ihrer Gedanken. Das ist der Anfang. Mit der Zeit werden Sie einfach meditativer in allem, was Sie tun. Ob Sie Geschirr waschen, Auto fahren oder in einer Konferenz sitzen. Bedenken Sie: Meditation heißt nicht abschalten, sondern ganz im Gegenteil: total bewusst in der eigenen Mitte ruhen, ganz im Hier und Jetzt.
Sie können aus einer Vielzahl unterschiedlicher Meditationstechniken auswählen. Es gibt stille Formen der Meditation, aber auch sehr dynamische, die den ganzen Körper miteinbeziehen. Zu Beginn sind die dynamischen Formen sehr zu empfehlen, da sie erst einmal den Körper anstrengen und es dadurch später leichter wird, zu entspannen.
Meditation ermüdet nicht, sondern ist die reinste Form der ›wachen Entspannung‹.
Irgendwann werden Sie dann für Meditation keine gesonderte Zeit mehr einräumen müssen, sondern Sie sind einfach zu einem meditativen Menschen geworden: ausgeglichen, in sich ruhend, liebevoll und friedlich.
Ein anderer Schritt zur Erleuchtung ist: Loslassen.
Der Spatz in der Hand ist uns oft lieber als die Taube auf dem Dach, von der wir genau wissen, dass sie da ist. Um diese Taube in die Hand nehmen zu können, müssen wir den Spatz loslassen, und vor diesem Moment der Leere in unserer Hand haben wir Angst.
Lassen Sie mich dazu eine kleine Geschichte wiedergeben:
Es lebte einmal ein Mann, der aß mit Leidenschaft Nusskuchen. Die Nüsse hierzu waren in einem Krug aufbewahrt. Eines Tages wollte seine Frau ihm Nusskuchen backen. Der Mann nahm den Krug vom Schrank, griff gierig hinein, packte eine Handvoll Nüsse, und als er seine Hand herausziehen wollte, blieb er stecken. Er zog und zerrte, es nutzte nichts, die Hand steckte fest. Als er um Hilfe rief, kam seine Frau herbeigelaufen und zog an dem Krug. So sehr sie sich auch bemühte, die Hand steckte fest. Inzwischen hatten sich, angelockt durch das laute Gezeter der beiden, einige Nachbarn und andere neugierige Zuschauer eingefunden. Immer mehr Ratschläge und Spott kamen aus der Menge, aber nichts half.
Endlich trat ein Fremder aus der Menge hervor und verschaffte sich Gehör: »Willst du genau befolgen, was ich dir sage, so werde ich dir helfen, deine Hand zu befreien.«
»Oh, ich tue alles, was du mir sagst, wenn ich nur meine Hand wieder losbekomme und endlich meinen Nusskuchen essen kann«, erwiderte der Mann.
»Gut, dann lasse die Nüsse, die du in der Hand hast, los.«
»Aber warum denn das, ich möchte sie ja herausholen?«, jammerte der Arme.
»Da du versprochen hast, meinen Rat zu befolgen, tue, was ich dir gesagt habe«, antwortete der geduldige Fremde.
Der Mann tat es, die Nüsse fielen in den Krug zurück, und er konnte seine Hand ganz leicht aus dem Krug herausziehen. Daraufhin nahm der Fremde den Krug, kippte ihn so, dass genau die richtige Menge an Nüssen herausfiel, und verabschiedete sich mit folgenden Worten:
»Siehst du, so einfach ist Loslassen.«
Wie oft geht es uns wie diesem Mann! Mit aller Macht wollen wir etwas erreichen, setzen unsere ganze Energie daran und müssen bald merken, dass wir festsitzen. Wohl dem, zu dem dann jemand wie in der kleinen Geschichte kommt, mit dessen Hilfe aus der Distanz heraus die Lösung ganz einfach gefunden werden kann. Diese Helferlein gibt es aber nicht wie Sand am Meer. Wenn Sie also wieder einmal an solch einem Punkt in Ihrem Leben angekommen sind, entspannen Sie sich, lassen Sie los, treten Sie ein Stück zurück und betrachten die Situation, als seien Sie ein Fremder – sozusagen aus der Vogelperspektive. Sie werden erstaunt sein, wie viele Lösungen Ihnen einfallen.
Ein sehr erfolgreicher Unternehmer, der öfter meine Seminare besucht, sagte einmal: »Meine Geschäfte gehen am besten, wenn ich hier bin. Wenn ich abschalte, mich ganz um mich selbst kümmere, etwas für meine Entwicklung tue, wenn ich loslasse. Dann kommen zu Hause in der Firma die größten Aufträge herein.«
Wenn Sie jetzt allerdings zu einem Seminar kommen, damit zu Hause die Geschäfte besser laufen, wird es nicht funktionieren, weil Sie ja nicht wirklich loslassen, sondern mit einer Absicht da sind.
Loslassen bedeutet: Absichtslosigkeit.
In einer Garnisonsstadt gab es ein Offizierskasino, in dem eine sehr attraktive junge Frau die Gäste bediente. Jeder der Offiziere wünschte sich, zumindest einmal mit ihr auszugehen. Alle Avancen, ob indirekter oder aufdringlicher Art, scheiterten. Es gab unter all diesen Männern einen, der sie nie angeschaut hatte und der sich immer mit dem Rücken zur Theke gesetzt hatte. Den, der so offensichtliches Desinteresse gezeigt hatte, den hat sie letztendlich geheiratet.
Das, was Sie halten wollen geht, das, was Sie loslassen kommt.
Im Besonderen gilt dieser Satz für Beziehungen. Ein Mensch, den ich halten möchte – oft mit allen Mitteln –, wird gehen (und sei es auch nur innerlich), ein Mensch, den ich frei sein lasse, kann bleiben, denn Liebe ist ein Kind der Freiheit. Der schlimmste Satz, den man einem anderen Menschen sagen kann, lautet: »Ohne dich kann ich nicht leben.« Damit sagen Sie dem anderen nichts anderes, als dass Sie sich abhängig machen von ihm und ihm die Verantwortung für Ihr Wohl übergeben. Einen Menschen, der das sagt oder einen das auch nur spüren lässt, kann man aber nicht lieben, den muss man eigentlich hassen.
Woran es hier hapert, wird manchmal in einer dramatischen Weise klar. Dramatisch deswegen, weil es nicht wenige Menschen gibt, die Suizid begehen, wenn sie verlassen werden. Anstatt den Umstand des Verlassenwerdens und der damit erlebten Kränkung als Chance zu sehen, um an sich zu arbeiten und den Eigenanteil zu betrachten, bringt man sich um und gibt dem anderen die Schuld daran. So ist dessen Leben in einer auch für ihn oft unerträglichen Weise belastet.
Schauen Sie sich einmal um. Wie viele Menschen bleiben in Beziehungen oder an ihrem Arbeitsplatz, weil sie nichts Besseres in Aussicht haben oder nicht glauben, dass es etwas Besseres für sie gibt? Das Bessere kann aber erst in Ihr Leben treten, wenn Sie das Alte losgelassen haben. Und wirklich besser ist es erst, wenn Sie gelernt haben, wofür das Alte gut war, und wenn Sie es gewürdigt haben. Sonst erleben Sie das gleiche Drama in der neuen Beziehung oder am neuen Arbeitsplatz. Wir bekommen nämlich so lange das Gleiche vorgesetzt, bis wir unsere Lektion gelernt haben. Dies gilt, wie schon gesagt, im Großen wie im Kleinen, innen wie außen. Zu diesem Lernprozess gehört auch, dass Sie schließlich die Bewertungskriterien ›besser‹ und ›schlechter‹ loslassen und wertfrei das sehen können, was Ihrer Entwicklung dient.
Das größte Loslassen ist der ›Tod‹. Ich setze das Wort Tod in Anführungszeichen, weil es in Wirklichkeit keinen Tod gibt. Vielleicht ist das unsere größte Illusion: glauben, dass es den Tod gibt. In diesem Universum kann nichts ›sterben‹. Fragen Sie einen Physiker. Nichts kann vernichtet werden, sondern es erfolgt nur eine Zustandsänderung. Der geschmolzene Eiswürfel, ist ja auch nicht tot. Die äußere Form des Eiswürfels existiert zwar nicht mehr, aber das, was ihn ausmacht, das, was er ist, seine Essenz also, existiert weiter.
Dieses Universum besteht aus Energie in unterschiedlichsten Schwingungsmustern und Formen. Der Tod bringt uns in eine andere Schwingung, in einen anderen Seinszustand. Selbst unser Körper, egal ob er begraben oder verbrannt wird, verwandelt sich lediglich in eine andere Materie. Das was wir sind, unsere Seele, unser Geist – ganz wie Sie wollen –, wandert weiter zu neuen Aufgaben und neuem Lernen.
Ich habe einige Menschen sterben sehen, und immer hatte ich das Gefühl, es war letztlich ein freudiges Loslassen, auch wenn das Ego manchmal bis kurz vor diesem Moment heftig und im Schmerz gekämpft hat. Oft können sich die Sterbenden nicht lösen, weil sie die Trauer und den Schmerz der Angehörigen nicht ertragen können oder weil sie glauben, nicht alles Irdische geregelt zu haben, oder denken, die anderen könnten ohne sie nicht klarkommen.
Alles in diesem Universum verläuft zyklisch, alles ist ein großes Ausatmen und Einatmen. So auch unser irdisches Leben, das wir bei der Geburt einatmen – manchmal unterstützt durch einen Klaps auf den Hintern – und im Moment des Sterbens ausatmen. Das Trauern um einen Verstorbenen ist natürlich und gewollt. Aber an der Art und Weise des Trauerns können die Hinterbliebenen auch feststellen, wie leicht oder schwer ihnen das Loslassen fällt. Für sie ist der Tod eine Prüfung und gleichzeitig eine Chance.
Schauen Sie einmal genau hin. Sehr oft ist es so, dass die Hinterbliebenen betrauern, dass sie verlassen wurden, sie versinken in Selbstmitleid und spüren ihren Schmerz. Dass dies über einen gewissen Zeitraum passiert ist normal, nicht umsonst spricht man von einem Trauerjahr. Alles, was darüber hinaus geschieht, ist dem Entwicklungsprozess sowohl für die Hinterbliebenen als auch für den Toten hinderlich. Der Tote kann nicht ›gehen‹, er kann nicht in die nächste Stufe seiner von ihm geplanten universellen Entwicklung eintreten, und die Hinterbliebenen können sich schlecht auf ihre eigenen Aufgaben und Entwicklungen konzentrieren.
Oft verlieren sie dabei sogar die, die noch leben, aus den Augen und verpassen die Chance, das zu lernen, was durch den Tod zu lernen ist. Alle Menschen, deren Eltern ein Kind verloren haben, können sicher ein trauriges Lied davon singen. Eine über einen ›gesunden‹ Zeitraum hinaus andauernde Trauer kann sich sogar zu einer schweren Depression entwickeln. Dann nimmt man das eigene Leben nicht mehr, das einem ja einmal geschenkt wurde – meist in einem Akt der Liebe. Der Tod ist das große Loslassen – für den Sterbenden wie für die Lebenden.
In Griechenland kommen heute noch in einigen Dörfern nach dem Tod eines geliebten Menschen die so genannten Klageweiber in das Haus der Hinterbliebenen und helfen, zu trauern. Sieben Tage wird gewehklagt und damit den Betroffenen geholfen, ihrem Schmerz Raum und Zeit zu geben, sich auszudrücken. Danach kann diese Energie sich umwandeln in Freude und Dankbarkeit darüber, dass man mit dem Menschen, der gegangen ist, eine gewisse Zeit verbringen durfte.
Es gibt Kulturen, in denen ein großes Fest gefeiert wird, wenn jemand stirbt, weil man weiß, dass seine Reise weitergeht, und man ihn dazu beglückwünscht, seine Aufgaben in diesem Leben erfüllt zu haben. Schon die alten Ägypter wussten, dass die Reise nach dem Tod weitergeht, was die zahlreichen Grabbeilagen in den Pyramiden deutlich beweisen. Neuere Ausgrabungen zeigen, dass sogar die Menschen der Steinzeit rituelle Bestattungen kannten und den Toten Gegenstände mit ins Grab legten. Durch die Entdeckung sehr alter Stämme in Neuguinea, die in ihrer Entwicklung sich selbst überlassen waren, also keinem Einfluss von außen erlagen, kam zu Tage, dass auch diese Menschen an ein Leben nach dem Tod glauben.
Jetzt könnte man behaupten, dass es sich dabei um ein Wunschdenken handelt, um etwas, das sich entwickelte, um mehr aus dem Leben zu machen als es eigentlich ist. Auch, dass es sich bei diesem Glauben um ein Mittel handelt, sich den Umgang mit dem Tod erträglicher zu machen, wird ins Felde geführt. Bei dem Leben nach dem Tod scheint es sich aber vielmehr um ein intuitives Wissen der Menschheit zu handeln, denn die meisten Menschen (85 %) auf diesem Planeten glauben daran. Ob es nun ein Leben nach dem Tod gibt, mag dahingestellt sein, viel wichtiger ist jedoch die Frage: Gibt es ein Leben vor dem Tod?
Richard Bach, der Autor vieler Bücher, unter anderem des Titels ›Die Möwe Jonathan‹ sagte einmal: »Ein Beweis dafür, ob deine Mission auf dieser Erde erfüllt ist: Wenn du noch lebst, ist die es nicht.«
Ein weiterer wichtiger Schritt zur Erleuchtung ist neben dem Loslassen das Nehmen der Verantwortung. Erinnern Sie sich an das Hermetische Gesetz ›Innen wie außen‹, alles, was im Kleinen ist, hat seine Entsprechung im Großen wie auch umgekehrt.
So gesehen, ist die Erde der symbolische Körper des Bewusstseins all derer, die auf ihr leben. Demzufolge sind die Erscheinungen, die die Erde zeigt, Symptome, Signale und Hinweise darauf, wie sich unser Bewusstsein zu verändern hat.
Die Symptome, die uns unsere ›Umwelt‹ zeigt, werden zurzeit mit Methoden der Schulmedizin behandelt. Das heißt, es wird geflickt und repariert. Lediglich das Symptom wird behandelt.
Symptome haben aber die Tendenz, sich zu verlagern, das heißt, an einer anderen Stelle wieder aufzutauchen. Es ist so ähnlich, als wenn man versucht, ein Stück Seife in einer Badewanne zu fassen. Was diese Erde braucht, ist eine Veränderung des Bewusstseins.
Schon der Begriff ›Umwelt‹, der so häufig in Zusammenhang mit Verschmutzung und Klima gebraucht wird, führt in die Irre, weil er uns von der restlichen Welt trennt. Er absorbiert den Einzelnen und vollzieht eine Trennung. Diese Welt besteht aber nicht aus Einzelteilen.
Niemand ist eine Insel, alles ist miteinander verwoben, man kann es gar nicht oft genug sagen: nicht nur der Mensch mit dem Menschen, sondern Tiere und Menschen, Pflanzen und Tiere, Steine, Luft und Wasser. All das sind Teile dieses großen Systems Erde, die wiederum ein Teil des Systems ›Universum‹ ist.
Wie groß die ›Innenweltverschmutzung‹ ist, lässt sich nur sehr ungenau anhand der Suchtstatistiken, des Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs, der zunehmenden Verrohung unserer westlichen Gesellschaften, dem Werteverfall, den jeder beklagt, aber niemand stoppt, ablesen. Dass aber auch dies alles System hat, dazu komme ich später noch.
Eine Behandlung mit Katalysatoren und verschärften Gesetzen kann nur dann wirklichen Erfolg haben, wenn auch gleichzeitig das Bewusstsein der Verursacher in die Behandlung miteinbezogen wird.
So wie jede Krankheit ein Hinweis auf eine Disharmonie im Gesamtsystem ist, so sind auch unsere großen Krankheiten und Seuchen Hinweise für uns alle. Jede große Seuche, die besiegt wurde, zog auch ein verändertes Bewusstsein nach sich. So trat zum Beispiel nach der Pest ein anderes Hygienebewusstsein auf. Es ist sicherlich auch kein Zufall, dass eine große Seuche unserer Zeit den gleichen Namen hat wie das englische Wort für Hilfe, nämlich Aids.
Jede Krankheit, jede Katastrophe hat aber ihren tieferen Sinn, den es zu entschlüsseln und zu verstehen gilt. Warten wir es ab, was uns die Vogelgrippe bringt, durch die wir ja erleben, wie eng wir weltweit miteinander verwoben sind und dass sich niemand wirklich abgrenzen kann. Der Himmel entzieht sich noch unserer Kontrolle. Es kann wohl schon als Ironie bezeichnet werden, wenn am 20. Oktober 2005 ein Professor im Fernsehen vor Panikmache warnte mit dem Hinweis, dass die Vogelgrippe ja weit weg sei, und am 25. Oktober in Deutschland die ersten verendeten Zugvögel gefunden wurden.
In der Regel sehen wir in Krankheiten etwas Feindliches, das es zu bekämpfen gilt. Zwei Behandlungsmethoden stehen sich gegenüber.
Die eine behandelt das Symptom und lehnt einen Zusammenhang zwischen psychischem Verhalten, der Lebenssituation und -einstellung des Kranken ab. Die Krankheit ist hinderlich und muss so schnell wie möglich weg. Davon lebt eine ganze Industrie sehr gut. Die Errungenschaften und Entwicklungen unserer modernen Medizin haben vielen Menschen das Leben gerettet und verlängert, doch das Bewusstsein vieler Mediziner ist nicht mitgewachsen. (Ich weiß, dass es Ausnahmen gibt.) Der Fortschritt der Technik ist sehr gut, doch er wird nicht viel nutzen, wenn der Geist sich nicht mitentwickelt.
Die andere Methode beruht auf der Ansicht, dass der Mensch selbst die Ursache seines Leids ist und dass die Krankheit ihm lediglich etwas aufzeigen möchte. Sie sieht die Krankheit als einen Freund und Wegbegleiter. Immer, wenn man seinen Weg verlässt, wird sich dieser Freund melden. Dadurch wird man wieder an seine Verantwortung erinnert. Der erleuchtete Mensch wird die Verantwortung für sein Leben nicht in die Hände eines fremden Arztes geben, mag er noch so einen guten Ruf haben, sondern er wird sie selber nehmen.
Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern, dass wir in einem Kosmos leben. Kosmos bedeutet Ordnung. Wir sind lediglich ein Teil dieser Ordnung. Der Begriff Ordnung kann hier allerdings in die Irre führen, wenn Sie darunter ›aufgeräumt‹ verstehen. Ordnung meint hier eine Gesetzmäßigkeit, nach der sich die Existenz richtet.
Dieser Kosmos, oder anders ausgedrückt: diese Existenz, wird dafür sorgen, dass alles in seinem Gleichgewicht bleibt. Genau das, was für den Kosmos gilt, gilt auch für den kleinen Kosmos, nämlich für Sie. Jeder Mensch ist ein eigenes Universum, ja sogar jede Zelle ist ein eigenes Universum. Sie sind der Schöpfer Ihres Universums. Im Kleinen wie im Großen. Im Grunde ist es ganz einfach, weil die Gesetzmäßigkeit immer und überall die gleiche ist.
Das, was nicht immer das gleiche ist, ist unser Erkennen dieser Gesetzmäßigkeiten. Darum kümmern sich diese Gesetze aber nicht. Sie sind unabhängig von den Bewertungen unseres Verstandes.
Mit zunehmendem Erkennen dieser Gesetzmäßigkeiten wird es immer weniger ›Wunder‹ in Ihrem Leben geben. Wunder sind nämlich lediglich Dinge, die wir uns nicht erklären können, oder Dinge, von denen andere nicht wollen, dass wir sie erkennen.
Unsere Aufgabe ist es, Harmonie herzustellen. Wenn wir dies nicht schaffen, müssen wir gehen. Chancen hatten wir genug.
Das Spiel, das Adam und Eva im Paradies begonnen haben, nämlich das der Schuldzuweisung, ist, wie bereits gesagt, bis heute noch sehr aktuell. Schuld geben heißt Verantwortung abgeben. Auch in den eindrucksvollsten Begegnungen unseres Lebens, in unseren Liebesbeziehungen, geben wir die Schuld für das Nichtfunktionieren gerne dem Partner. Indem wir aber die Verantwortung abgeben, nehmen wir uns auch gleichzeitig die Möglichkeit, etwas zu verändern. Wir werden immer darauf warten müssen, dass der andere etwas ändert, und das kann sehr lange dauern.
Verantwortung abgeben heißt, das Erleben seines Lebens in die Hände eines anderen legen.
Sie sind für Ihr Erleben des Lebens verantwortlich, ob Sie das so sehen oder nicht. Natürlich sind Sie versucht, für Ihre ›schlechten‹ Gefühle andere verantwortlich zu machen, ja, sogar das Wetter muss zuweilen herhalten. Sie sind aber für all ihre Gefühle verantwortlich.
Lassen Sie es mich an einem Beispiel deutlich machen:
Sie fahren morgens mit Ihrem Auto zur Arbeit. Sie fahren auf einer Vorfahrtstraße, den Weg, den Sie immer fahren. Ihre Geschwindigkeit ist den Umständen angepasst, alles ist in Ordnung. Vielleicht freuen Sie sich sogar auf Ihre Arbeit. Bis zu dem Moment, in dem aus einer Einfahrt ein Auto herausgeschossen kommt, Ihnen direkt vor den Kühler. Sie machen eine Vollbremsung und verhindern knapp den Auffahrunfall. Wahrscheinlich werden Sie sehr schimpfen und den anderen mit allen möglichen Namen bedenken. Sie ärgern sich – und bitte –, bekommen Sie mit: Sie ärgern sich. Ihre gute Laune ist weg, der Blutdruck ist erhöht, und Sie nehmen den Ärger vielleicht noch bis zur Arbeitsstelle mit. Es dauert jedenfalls seine Zeit, bis er verraucht ist.
Sie hätten aber auch so reagieren können: Nachdem Sie durch die Vollbremsung einen Unfall verhindert haben, loben Sie sich innerlich, weil Sie so hervorragend reagiert haben, zudem noch in einem Moment, in dem Sie nicht mit so etwas gerechnet hatten. Sie bedanken sich bei sich selbst für all das, was Sie sich erspart haben: Unfallschaden, Versicherung, eventuell sogar Verletzungen. Mit dieser Reaktion werden Sie Ihren gut begonnenen Tag ungehindert fortsetzen und sogar Ihren Kollegen stolz davon berichten.
Keine Sache und kein Ding enthält Freude in sich, es sind immer Sie, der sich darüber freut. Und mit dem Ärger ist es ganz genauso.