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Der Lacus Curtius: Von den Mythen zur aktuellen Geschichte

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In die Reihe dieser ländlichen Kultbauten gehört auch der Lacus Curtius (Abb. 6. 10). Ursprünglich handelte es sich um einen geweihten Teich auf dem Forumsplatz. Wie die anderen kleinen Heiligtümer im Forumsbereich, so fungierte auch der Lacus Curtius als ein mit Mythen verbundener Ort der Erinnerung. Die Gründungssage wird von den antiken Autoren in drei Versionen überliefert: Das Monument wurde errichtet im Andenken an den zwischen den Römern und Sabinern geschlossenen Frieden. Die zweite Bedeutung besagt, dass der Bau an ein unheilvolles Zeichen der Götter erinnert, welches durch den Mut des jungen Römers M. Curtius gesühnt wurde. Beide Varianten sind vermutlich auf einem marmornen Relief aus dem 2./1. Jh. v. Chr. dargestellt, das in augusteischer Zeit wiederverwendet wurde, als man auf dessen Rückseite die Inschrift des L. Naevius Surdinus anbrachte (Abb. 10). Der Text memoriert eine Neupflasterung des Forums unter der Leitung des L. Naevius Surdinus im Jahre 10 v. Chr., bei deren Ausführung auch die Kultmale auf dem Forumsplatz eingefasst wurden. Dazu gehören die Statue des Marsyas, der Feigenbaum, der Olivenbaum und der Weinstock. Wahrscheinlich war die marmorne Reliefplatte eine Schranke der Einfassung des Lacus. Der dritten Variante zufolge ließ der Konsul des Jahres 445 v. Chr. nach einem Blitzeinschlag die Stelle des Lacus Curtius umfrieden. In der Kaiserzeit erhielt das Kultareal eine weitere Bedeutung: Am Geburtstag des Prinzeps warfen die Bürger Roms eine Münze in den Lacus Curtius und baten dabei um Wohlergehen und Gesundheit für den Kaiser (Suet. Aug. 57, 1). Der traditionsreiche Erinnnerungsort wurde nun auch zur Stätte der Kaiserverehrung. Als Kaiser Galba im Jahr 69 n. Chr. am Lacus Curtius seinen gewaltsamen Tod fand, wurde der Ort gar zu einer Wallfahrtsstätte. An dieser häuften die Pilger Kränze zu einer Art Grabhügel auf, nachdem sie seine mit Blumen und Lorbeer geschmückten Bildnisse um die Tempel herumgetragen hatten (Tac. hist. 2, 55). Auf diese Weise erinnerte das Monument nicht mehr nur an mythologische, sondern auch an aktuelle historische Ereignisse.


Abb. 9 Heiligtum des Mundus oder des Umbilicus Urbis.

All diese kleinen Heiligtümer, die im Bereich des Volcanal und des zentralen Forumsplatzes liegen, haben eine lange Tradition, die sich bis in das 7. oder gar 8. Jh. v. Chr. zurückverfolgen lässt. Sie gewannen durch ihre Verankerung in der Geschichte und ihre Verbindung mit mythologischen Ereignissen und Personen eine enorme Bedeutung. Über Generationen hinweg blieben die Sakralbauten in Erinnerung, worauf die mehrfachen Restaurierungen und Verschönerungen sowie ihre bis in die Spätantike währende Nutzung verweisen. Nicht die Form und Ausstattung waren für den Stellenwert der Heiligtümer ausschlaggebend, sondern ihre Verbindung mit geschichtsträchtigen Orten und Personen. Die große Konzentration dieser Kultbauten im Bereich des Forumsplatzes verlieh diesem Ort nicht nur eine hohe Bedeutung für das politische, wirtschaftliche und soziale Leben der Stadt, sondern auch einen symbolischen Wert, der sich vor allem in dem rituellen und juristischen Geschehen auf diesem Platz manifestierte.

Der Zusammenschluss der um das Forumsgebiet niedergelassenen Gemeinwesen bewirkte ein starkes Anwachsen des Siedlungsareals, das nun auch auf die Talsenke übergriff. Die Folge davon war die Aufgabe ihrer Nutzung als Begräbnisplatz, wobei eine neue, entschieden größere Nekropole auf dem Esquilin gegründet wurde. Um das Gelände im Forumstal bebauen zu können, mussten zuerst die sumpfigen Bereiche trockengelegt werden. Während der Herrschaft des ersten etruskischen Königs Tarquinius Priscus wurde ein System von Abwasserkanälen angelegt, die das stehende Wasser auf der Oberfläche ableiteten und zum Tiber führten. Diese Baumaßnahmen markierten den Beginn des Ausbaus eines großen Abwassersystems, dessen Endprodukt die spätere Cloaca Maxima wurde. Nach der Trockenlegung galten die ersten urbanistischen Arbeiten dem Ausbau von Straßen und Plätzen. Um die Mitte des 7. Jhs. v. Chr. erfolgte die erste Pflasterung des Forumsplatzes mit einem Belag aus Schotter und Kieselsteinen. Gleichzeitig nahm man die erste Pflasterung des Comitiums, des Platzes der Volksversammlung, in Angriff. Im zentralen Abschnitt des Forums, zwischen der Zone der Regia (Abb. 12; vgl. Abb. 16 [8]) und des Comitiums (vgl. Abb. 16 [28]), finden sich die ältesten bekannten Spuren gemauerter Gebäude. Die Fundamente sind aus Stein, das aufgehende Mauerwerk aus Rohziegeln, bedeckt mit Dachziegeln. Die Existenz anderer gemauerter Bauwerke aus der orientalisierenden Epoche ist bezeugt durch ein im Bereich des Lacus Iuturnae aufgefundenes Depot, das Fragmente eines Akroterion enthält, welches mit entsprechenden Produkten aus Murlo, Acquarossa und Tuscania (Ara del Tufo) vergleichbar ist.


Abb. 10 Lacus Curtius, Relief. Auf der Rückseite befindet sich die Inschrift des L. Naevius Surdinus.


Abb. 11 Tempel der Vesta.


Abb. 12 Regia, aktuelle Ansicht.

Das einst von Sümpfen beherrschte Velabrum wurde ein neues Wohnquartier, dessen Hauptachse der Vicus Tuscus war. Das ganze Gebiet zwischen dieser Straße und dem Vicus Iugarius wurde bewohnbar gemacht, ebenso das Areal auf der Nordseite des Forums zwischen dem Argiletum und der Straße westlich des Tempels des Antoninus Pius und der Faustina (Abb. 14; vgl. Abb. 1 [11]).

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