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2Andere biologische Therapieverfahren 2.1Elektrokrampftherapie (EKT)

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Die im Jahre 1938 eingeführte Elektrokrampftherapie basiert auf elektrischer Stimulation des Gehirns mit Auslösen eines generalisierten epileptischen Anfalls. Die Erwartungen an die auch als „Elektroschockbehandlung“ oder „Heilkrampftherapie“ bezeichnete Methode waren durch die bis dahin fehlenden erfolgreichen biologischen Therapieverfahren in der Psychiatrie derart hoch, dass es in den ersten Jahren zu einer raschen Verbreitung und unkritischen Anwendung kam (siehe Kapitel I, 2). In der Nachkriegszeit kam es durch Einführung der Psychopharmaka und später durch den Einfluss der 68er-Bewegung zu einem Rückgang von Elektroschockbehandlungen. Die „Anti-Psychiatrie“ betrachtete die Elektrokrampftherapie als grausame, menschenverachtende Behandlungsmethode und bewirkte in einigen Ländern auch ein Verbot. Die Kritik ist teilweise berechtigt, da bis in die 70er-Jahre der „Elektroschock“ ohne Narkose und ohne Verabreichung von muskelrelaxierenden Medikamenten zu großen epileptischen und schmerzhaften Anfällen mit Zungenbissen und zu Knochenbrüchen führte. Darüber hinaus wurde die Methode in totalitären Staaten auch als politische Folter bei Regimegegnern eingesetzt. Heutzutage gilt jedoch in der modernen Psychiatrie die korrekt durchgeführte Elektrokrampftherapie paradoxerweise als eines der effektivsten, sichersten und nebenwirkungsarmen biologischen Therapieverfahren. Die Behandlung wird mit Einverständnis des Patienten und nur bei wenigen psychischen Störungen durchgeführt. Als Hauptindikationen gelten schwere Depressionen mit psychotischen Symptomen oder akuter Suizidalität, therapieresistente Depressionen und eine Sonderform der Schizophrenie, der „perniziösen Katatonie“, die mit Fieber und Stupor einhergeht und lebensbedrohliche Ausmaße annehmen kann. Die Ansprechrate ist bei depressiven Störungen hoch (zwischen 75% und 95%); selbst bei therapieresistenten Depressionen lässt sich bei 50% der PatientInnen eine deutliche Verbesserung zeigen. Somit kann Erkrankten mit schweren Verläufen auf diese Weise noch geholfen werden. Der Wirkmechanismus basiert auf Beeinflussung der Neurotransmittersysteme, ähnlich der durch Psychopharmaka. Die nur auf einige spezialisierte Kliniken beschränkte Durchführung erfolgt in Kurznarkose und nach Verabreichung von muskelrelaxierenden Medikamenten. Dadurch werden Muskelkrämpfe verhindert, da sich der Anfall nicht im gesamten Körper ausbreiten kann. Die Elektroden werden an den Schläfen platziert, wobei der Patient den Stromimpuls durch die Narkose nicht spürt. In zwei- bis dreitägigen Abständen werden in der Regel sechs bis zwölf Behandlungen durchgeführt. Die Nebenwirkungen sind gering, das größte Risiko birgt die Kurznarkose. Gelegentlich treten Kopfschmerzen oder Gedächtnisstörungen auf, die jedoch vorübergehend sind und durch neuere Techniken (unilaterale Applikation der Elektroden, Kurzimpulse) seltener geworden sind (siehe Kapitel VII, 1.5.1.2).

Grundlagen der Psychiatrie

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