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Оглавление„Wenn du mir noch einmal mit deinem Giftzeug an meiner Grundgrenz’ herumsprühst, dann kannst’ was erleben! Hast du mich verstanden?“ Der Birnbacher Josef hat einen hochroten Schädel, als er seinen Nachbarn anschreit. Die beiden haben schon länger Streit, mal mehr, mal weniger. Meist ignorieren sie sich, gehen sich aus dem Weg. Aber manchmal lässt es sich halt nicht vermeiden, dass man dort, wo die Obstwiese vom Birnbacher an den Kürbisacker vom Haslinger grenzt, aneinandergerät. So wie jetzt, wo der eine den Zustand seiner Mostobstbäume kontrolliert, während der andere gerade irgendein Insektenschutzmittel über seinen Kürbissen ausbringt. Und weil der Wind auch noch ungünstig steht, kommt es natürlich zum Streit.
„Das werden s’ schon noch aushalten, deine sauren Birn’! Außerdem ist es bio, mein Spritzmittel.“
„Bio, dass ich nicht lach! Ich sag’s dir noch einmal, schleich dich mit deinem Gift, sonst vergess ich mich!“
„Vergessen? Ja, das kannst du gut. Aber merk dir eins, ich vergess nie etwas!“ Mit diesen Worten packt der Haslinger Alois seinen Spritzapparat zusammen und lässt seinen Nachbarn stehen.
„Jetzt reg dich halt nicht so auf, Sepp.“ Karin Birnbacher versucht, ihren Mann zu beruhigen. Die beiden sitzen am Ofentisch in ihrer kleinen Mostschänke. Heute ist Ruhetag und die Wirtin hat sich die Buchhaltung vorgenommen, während ihr Mann den Heurigen verkostet und sich dabei Notizen macht. Demnächst hat er vor, verschiedene Cuvéetierungen auszuprobieren.
„Schau, bei uns läuft’s nicht so schlecht“, dabei deutet sie auf das Kassajournal vor sich, „und dem Alois steht sicher wieder mal das Wasser bis zum Hals.“
„Du weißt genau, dass es einen ganz anderen Grund hat, warum mich der Depp hasst!“
„Ach, bin ich jetzt wieder schuld?“
Damit spricht Karin Birnbacher die Tatsache an, dass sie vor gut zehn Jahren noch auf dem heruntergekommenen Nachbarhof daheim war. Und damals noch Karin Haslinger geheißen hat. Der Alois hat ihr bis heute nicht verziehen, dass sie, wie er sich ausdrückt, „die Seiten gewechselt hat und dem Geld nachgelaufen ist“. Damit hat sie sich abgefunden. Aber dass bei ihrem jetzigen Mann immer ein leicht vorwurfsvoller Ton in der Stimme mitschwingt, wenn es um den eigentlichen Grund für die Feindschaft zwischen den beiden Bauern geht, das kränkt sie schon. Trotzdem setzt sie jetzt ein Lächeln auf und legt ihrem Mann die Hand auf den Unterarm.
„Komm, ich räum jetzt das Bürozeug weg und mach uns eine Jause. Dazu trinken wir ein Glaserl von dem neuen Most und du erklärst mir, warum der heuer so besonders gut geworden ist, gell? Damit ich ihn dann morgen unseren Gästen auch g’scheit servieren kann.“
Die Woche darauf, Dienstagabend. Stammtisch beim Egger-Wirt, wie immer. Der Onkel Franz ist da, der Albert sowieso, der Hans auch und natürlich der alte Egger. Der ist, könnte man sagen, ein Hybrid. Einerseits Wirt, der Seniorchef, um genau zu sein, andererseits aber auch Stammtisch-Vollmitglied. Die Leitung des Wirtshauses hat er schon vor ein paar Jahren an seinen Sohn übergeben, nachdem der von seiner letzten Saison am Arlberg zurückgekommen ist. Und der tritt nun eben gerade an den Tisch mit einem Tablett voller Bier. Die erste Bestellung des Abends, die übernimmt der junge Egger gern selbst, bevor er an die Kellnerin, die Resi, übergibt. Um die „Honneurs“ zu machen, wie er sagt. Das Wort hat er am Arlberg in irgend so einem Fünf-Sterne-Bunker gelernt und er benutzt es gern. Überhaupt zeigt der als Innviertler Bauern- und Wirtsbub aufgewachsene Junggastronom, seit er in Lech war, ab und zu Verhaltensauffälligkeiten. Vor allem in der Sprache. Da springt er. Vom breiten Dialekt seiner Heimat urplötzlich in ein leicht nasales Schönbrunnerdeutsch, gespickt mit allerhand Küchenfranzösisch. So wie jetzt.
„Ein frisch gezapftes Jahrgangs-Märzen für den Herrn Franz sowie ein Knacker-Carpaccio avec Oignon á la bonne heure, bitt’schön!“
„Sag, Bub, kannst du dem Franzl sein Bier und die Essigwurscht servieren wie ein normaler Mensch? Das kommt davon, wann man d’ Kinder fortschickt, da lernen s’ lauter Blödsinn!“
Ein altes Spiel zwischen Vater und Sohn. Je mehr der eine den bodenständigen, grantelnden Innviertler gibt, umso mehr fällt der andere ins Weltmännische.
„Aber, ich bitt dich, Vater, ein bisserl mehr Contenance vor der geschätzten Kundschaft.“
Dabei hält er den Kopf etwas schief, aber leider auch das Tablett. Sodass sich eines der Biergläser selbstständig macht und zu Boden kracht. Worauf der junge Egger augenblicklich in seine Muttersprache zurückfällt.
„Zefix, ein so ein Schmarrn ein blöder, Resi, geh her und nimm an Fetzen mit! Himmelherrschaftnochamal, a so a Sauerei!“
Noch mehr als das verschüttete Bier und die Scherben ärgert ihn dabei freilich die Schadenfreude der Stammtischler. Die lachen ihn jetzt natürlich aus und geben Wortspenden ab wie „Anfängerpech“ oder „Na, das musst halt noch üben“. Und als ob das noch nicht genug wäre, kommt jetzt auch noch die zu Hilfe gerufene Resi, bewaffnet mit Kübel und Putzlappen und schimpft ihn wie einen Schulbuben.
„Ja, sag, was hast den schon wieder ang’stellt? Und ich kann’s wieder z’ammwischen. Zwei linke Händ’, der Bub, schon als Kind!“
Jetzt ist die Autorität als Chef und Gastgeber dahin, der junge Wirt versucht, das Thema zu wechseln.
„Ist ja nicht so schlimm, macht ja keine Rotweinflecken, gell? Apropos Getränk. Ich hab grad gestern den heurigen Most vom Birnbacher reingekriegt. Da lad ich euch jetzt alle auf eine Kostprobe ein.“ Das wirkt. Das Missgeschick ist vergessen, es gibt etwas gratis. Kommt nämlich nicht so oft vor.
„Nicht schlecht“, sagt der Onkel Franz nach einem Schluck vom jungen Birnenmost. Und, um den Spender doch noch ein bisserl zu ärgern, „was meinst, Albert, da müss ma gleich einmal hin die Woche. Soll auch eine sehr gute Jause dort geben, in der Mostschänke. Und gar nicht teuer.“
„Zwei Halbe Most und zweimal die große Jause, Karin, sei so gut.“ Der Albert hat es übernommen, die Bestellung bei der Frau Birnbacher zu machen. Er kennt sie von früher, noch aus der Schulzeit, wie er dem Onkel Franz noch auf dem Heimweg vom Egger-Wirt erzählt hat. Überhaupt führt er sich ein bisserl auf wie ein Fremdenführer. Erklärt seinem Freund Verschiedenes über die Mostschänke, deren Besitzer und über Obstanbau an sich. Der Onkel mag das eigentlich nicht, er bestellt sich seine Jause gern selbst und braucht als Einheimischer auch keine Erklärungen. Andererseits war er tatsächlich schon ewig nicht mehr hier. Der Betrieb an sich gefällt ihm zwar schon, aber dessen Lage ist es wohl, die ihn nicht so hierhergezogen hat in den letzten Jahren. Von da, wo die beiden sitzen, an der Hauswand des urigen Bauernhäusls, unter einem großen Kastanienbaum, hat man zwar einen wunderbaren Ausblick auf die Streuobstwiese vom Birnbacher, aber sobald man den Kopf dreht, bricht das Idyll. Schaut man nach rechts, sieht man hinter einem schmalen Rapsfeld die Rückwand eines riesigen Supermarktes, der von vorne schon nicht schön ist. Linkerhand, hinter einer weiteren Obstwiese und dem Grundstück vom Haslinger, erhebt sich eine mit Wellblech verkleidete Messehalle. Hier, vor den Toren der Bezirkshauptstadt am Inn, gab es noch in den Siebzigerjahren eine Vielzahl kleiner Bauern. Ausgedehnte Wiesen und Äcker erstreckten sich damals hier, heute sind der Birnbacher und der Haslinger die Letzten, die ihre Gründe noch nicht an die Immobilienentwickler der großen Handelsketten verkauft haben.
„Zweimal Most und Jause, bitt’schön.“ Nicht gerade überfreundlich sagt die Wirtin das, als sie den beiden das Bestellte serviert. Auch ihr Gesichtsausdruck ist alles andere als fröhlich und ohne jede weitere Konversation mit ihren zurzeit noch einzigen Gästen an diesem Abend macht sie auf dem Absatz kehrt und verschwindet wieder im Haus. „Charmant, deine Schulfreundin“, sagt der Onkel Franz darauf auch zum Albert, „gar so gut befreundet seid’s anscheinend nicht, was?“
„Ich weiß auch nicht, was’ hat. Sonst ist sie eigentlich recht gesellig.“
„Was ja auch nicht schad’t, wenn man ein Wirtshaus hat.“
„Aber die Jausen schmeckt und der Most auch. Prost, Franzl.“
Die beiden machen sich über Bauernbrot, Geselchtes, kalten Braten und Käse her. Die Brettln sind mehr als reichlich bestückt, das verlangt nach weiteren Begleitgetränken. Mittlerweile sind auch andere Gäste eingetroffen, die Wirtin hat nun alle Hände voll zu tun. Die Mostschänke ist ein Familienbetrieb und die Familie Birnbacher besteht halt nur aus zwei Personen. Während ihr Mann drinnen einschenkt und die wenigen kalten Speisen herrichtet, die angeboten werden, ist sie es, die Bestellungen an die Tische bringt, abräumt und sich dabei mit den Gästen unterhält. Normalerweise. Heute ist sie einsilbig und reserviert, und zwar zu allen gleich. Liegt’s also doch nicht am Albert.
Der versierte Mosttrinker wird’s wissen, wenn man drei oder gar mehr so Krügerl – jedes fasst einen halben Liter – zu sich genommen hat, spürt man nicht nur die Umdrehungen, die der Landessäure innewohnen, es treibt einen auch mehr als einmal auf das stille Örtchen. Und wer jetzt glaubt, es wäre reine Frauensache, dieses gern zu zweit aufzusuchen, der irrt. Auch der männliche Innviertler neigt ab einem gewissen Grad der Gemütlichkeit zu derartigem Verhalten. So stehen sie nun also nebeneinander am blechernen Urinal, der Onkel Franz und der Albert. Und beklagen angesichts des doch sehr improvisierten Verschlags auf der Rückseite der Schänke eine gewisse Geschlechter-Ungerechtigkeit. Die Damentoilette, weiß der Albert aus zweiter Hand zu berichten, ist im Haus und weit schöner und komfortabler.
„Aber gut durchlüftet ist es wenigstens“, merkt er an.
Die Bretterwand, an der die Blechrinne befestigt ist, reicht nämlich nicht bis hinauf zum Wellblechdach, sondern lässt in Augenhöhe einen breiten Spalt frei, durch den die beiden bei ihrer Verrichtung freie Sicht auf den Hintereingang des Hauses haben.
Und eben dieser öffnet sich nun gerade äußerst schwungvoll. Heraus kommt die Birnbacherin, gefolgt von ihrem Mann. Und die Szene, die nun zu beobachten ist, ist keine angenehme. Worum es genau geht, können der Onkel und der Albert nicht immer verstehen, die Stimmen der Wirtsleute kommen oft nur in Form eines Zischens bei ihren Ohren an. Es klingt paradox, aber man könnte sagen, die beiden schreien sich im Flüsterton an. Dem Onkel ist das unangenehm. Er belauscht nicht gern fremde Leute. Was geht’s mich an, denkt er sich und möchte das Klohäusl am liebsten verlassen. Doch dann würde man hineinplatzen in den Streit, das würde das Ganze noch peinlicher machen. Also bleiben sie stehen und verhalten sich leise.
Wohl oder übel werden sie dadurch Zeugen eines Streitgespräches, welches von heftigem Gestikulieren begleitet wird. Lediglich einzelne Wörter sind daraus verständlich zu entnehmen, worum es geht, bleibt schleierhaft. Zweimal meint der Onkel Franz „verkaufen“ zu hören, von „Russen“ ist die Rede und das Wort „Supermarkt“ fällt. Einen Reim können sich die unfreiwilligen Zuhörer nicht darauf machen, klar ist einzig, dass die Wirtsleute über irgendetwas offensichtlich vehement verschiedener Meinung sind. Und worüber wohl auch keine Einigung erzielt werden kann. Denn als Sepp Birnbacher nach einer abfälligen Handbewegung wieder im Haus verschwindet und die Tür hinter sich ins Schloss krachen lässt, bleibt seine Frau zurück und bricht in Tränen aus. Nachdem sie sich wieder halbwegs gefasst hat, strafft sie sich und verlässt ebenfalls die Bühne. Zurück bleiben zwei etwas peinlich berührte Herren, die nach ein paar Minuten taktischer Wartezeit an ihren Tisch zurückkehren, um bei einer nun noch grantigeren Wirtin ihre Zeche zu begleichen.
Auf dem Nachhauseweg haben der Onkel Franz und der Albert noch versucht, ihre Beobachtung zu analysieren. Was aufgrund der vier Krügerl Most, die ein jeder zu sich genommen hat, nicht von scharfer Logik allein geprägt war. Aus selbigem Grund haben sie dabei ihre Räder auch geschoben auf dem schmalen Weg, der durch das kleine Waldstück führt, welches hinter der Schänke liegt. Am Hof vom Haslinger vorbei erstreckt es sich bis zum Beginn jener Ansiedlung, in der der Onkel wohnt. Dort hat er ein kleines Häuschen, das vom Albert steht ein paar Straßen weiter. Mittlerweile ist die kleine Ortschaft aufgrund der regen Bautätigkeit der letzten Jahrzehnte mit der Bezirkshauptstadt beinahe zusammengewachsen. Bereits im Jahr 1938 wurde sie dieser eingemeindet, was die Stadtväter freut, da diese Tatsache der Gemeinde bis heute erhebliche Einnahmen an Kommunalsteuer beschert. Damals wurde nämlich am Ortsrand ein Metallwerk gegründet, das sich mittlerweile zu einem der größten Arbeitgeber der Region entwickelt hat. Auch der Onkel und der Albert waren vor ihrer Pensionierung dort tätig.
„Was hat der Birnbacher bloß mit ‚Russen‘ gemeint?“, grübelt der Albert tags drauf im Gastgarten vom Egger-Wirt. Stammtisch ist heute nicht, er hat den Onkel Franz um ein außerordentliches Treffen gebeten. Der hat die Ereignisse des Vorabends eigentlich schon wieder ad acta gelegt, und zwar unter „G“ wie „Geht mich nix an“. Ganz anders sein Spezi. Von Natur aus neugierig und in seinem Pensionisten-Alltag anscheinend nicht ausgelastet, lässt ihm die Sache keine Ruhe.
„Vielleicht was zum Essen?“, schlägt der Onkel eher scherzhaft vor.
„Wie bitte, was meinst?“
„Na, einen Russen halt. Einen Gabelroller. Rollmops sagen d’ Preussen.“
„Glaubst?“, zieht der Albert den Vorschlag ernsthaft in Betracht und geht weiter darauf ein. „Ja, warum nicht, das könnt sein. Dass sie vielleicht sowas auf die Karte setzen wollt, er war dagegen. Oder, anders: ‚Supermarkt‘ und ‚verkaufen‘ hat er ja auch gesagt, gell. Dann war er wahrscheinlich dagegen, dass man die Russen im Supermarkt kauft, im Glasl, wo man doch nur Eigenproduziertes verkaufen darf als Mostschänke und …“
„Geh, so ein Blödsinn“, unterbricht ihn der Onkel Franz in seinem Wortschwall, „wegen so was streitet man sich doch nicht derartig. Und außerdem geht’s uns nix an. Aber ist trotzdem eine gute Idee.“
„Was?“
„Na, so ein Russ’. So einen bestell ich mir jetzt, der richt’ den Magen wieder ein, heißt’s.“
Nachdem die Resi diese Bestellung aufgenommen hat – der Albert hat sich angeschlossen – betritt ein neuer Gast den Biergarten. Er grüßt freundlich, man kennt sich. Es ist der Hausleitner Thomas, Gruppeninspektor der örtlichen Polizeiwache. Allseits beliebt, weil nicht besonders streng in der Auslegung der Gesetze. Gemütlich halt. Ähnlich flexibel ist auch sein Zugang zur dienstlichen Verschwiegenheit. Diese Richtlinie hat der Hausleitner schon immer eher für einen Vorschlag gehalten. Er nimmt am Nebentisch Platz und bestellt sich ein Seiterl Bier. Prostet den beiden Freunden zu und sagt: „So, das brauch ich jetzt. Den ganzen Vormittag hat mich der Mostbauer sekkiert wegen seiner Frau.“
Der Albert spitzt die Ohren. „Mostbauer? Welcher? Der Birnbacher?“
„Ja, genau, der. Eine Vermisstenanzeige wollt er aufgeben. Weil sie verschwunden wär, seine Gattin. Wann, hab ich g’fragt. Sagt er: Letzte Nacht. Sag ich: Wird halt bei einer Freundin sein oder sonst wo. Er soll morgen wieder kommen, wenn’s dann immer noch nicht da ist. Morgen hab ich nämlich keinen Dienst, verstehst?“
Dabei zwinkert er dem Onkel Franz zu. Nach einem Schluck Bier berichtet er weiter.
„Der Birnbacher aber gibt keine Ruh. Sagt, er glaubt, es wär ihr was passiert, sie war noch nie weg. Frag ich: Habt’s vielleicht gestritten, dass sie deshalb weg ist? Gestritten, meint er drauf, hätten s’ noch nie. Kein einziges böses Wort, sowas käm bei ihnen nicht vor. Drum wär er ja so beunruhigt. Bis zu meinem Dienstschluss hat mich der genervt, dann hab ich an einen Kollegen übergeben, soll sich der jetzt damit plagen.“
Bei den letzten Sätzen des Polizisten schauen sich der Albert und der Onkel bedeutungsvoll an.
Dem Albert kann man an den Augen ablesen, dass er drauf und dran ist, von ihrer gestrigen Beobachtung zu erzählen. Der Onkel hindert ihn allerdings daran, indem er ihn scharf anschaut und unterm Tisch auf den Fuß tritt. Er hat nämlich keine Lust, in irgendeiner Form an der Sache teilzuhaben. Es kostet einiges an nonverbaler Überredungskunst, den Albert im Zaum zu halten, bis der Polizist sich wieder verabschiedet. Doch der Onkel Franz schafft es. Kaum sind die beiden aber wieder allein, platzt es aus seinem Spezi heraus.
„Franzl, da ist was faul! Von wegen nicht streiten. Da ist was passiert, glaub’s mir. Das hätten wir dem Hausleitner sagen müssen.“
„Ah, woher. Was soll denn passiert sein. Die kommt schon wieder, wirst sehen. Und noch einmal, Albert, das geht uns nix an.“
Als die Resi dann etwas später auch bei den beiden abkassiert, zeigt sich, dass einer altgedienten Kellnerin wie ihr grundsätzlich nichts entgeht, was sich in ihrem Revier abspielt. Nachdem sie sich – wie üblich – mit Block und Stift zu den beiden gesetzt hat, trägt sie nämlich ganz nebenbei das Ihre zum Thema bei.
„Also, wenn mich wer fragt, davong’laufen is’ ihm, die Birnbacherin! Aber gar nicht so weit weg, könnt ich mir vorstellen.“
Auf die Nachfrage vom Onkel Franz, wie denn das zu verstehen sei, beginnt sie mit einem ausführlichen Bericht über das Vorleben der Verschwundenen.