Читать книгу DU BIEST BRINGST MICH UM - Klaus Rose - Страница 10

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Trotz Trennungsschmerz und meinem Unverständnis über eigene Fehler, ich Narr hatte den Traum von der großen Liebe nie aufgegeben. Irgendwann läuft mir das Geleestück eines Frauenzimmers über den Weg, von dem ich nächtelang geträumt hatte. Von der Wunschvorstellung war ich wie beseelt.

Und dazu kam es, denn total unerwartet kehrte Hoffnung in mein Innenleben ein. Gerade noch rechtzeitig war meine Retterin in der Person der unwiderstehlichen Karla auf der Bildfläche erschienen. Und die verlieh meinem Lebensgefüge einen vielversprechenden Sinn.

Sofort faszinierte mich die wunderbar anzusehende, betörend weibliche, und wahnsinnig hübsche Frau mit ihrem braungelockten Wuschelkopf. Besonders war ich angetan von ihrem temperamentvollen und einnehmenden Wesen.

Sie war dreißig Jahre jung, und wie der Zufall es wollte, geschah unsere Begegnung im Supermarkt direkt um die Ecke. In dem hatte es booing gemacht.

Und das „Booing“ hatte mich wachgerüttelt. Mit Karla hatte mich eine gewaltige Explosion erschüttert, mehr als ein beliebiger Paukenschlag.

Es war ein elektrisierender Stromstoß, der meine Daseinsberechtigung umgekrempelte. Was folgte war eine Rückbesinnung auf den positiven Wert der Liebe, denn Karla hatte mein aus den Fugen geratenes Unterbewusstsein repariert. Auf den Punkt war ich hellwach, sogar aufgedreht und tatendurstig, wie zu meinen besten Tagen. In grenzenlose Euphorie versetzt, fragte ich mich: Wer soll mich aufhalten, geschweige meinen wiedergewonnenen Elan bremsen?

Pah! Ich wüsste nicht wer.

Mein siegessicheres Selbstbewusstsein hatte jubiliert. Ich war wieder intakt und sah mich als Glücksgriff für die Frauen, denn das in sich zusammengesunkene und bemitleidenswerte Häufchen Dreck, das ich vorher war, das gab es nicht mehr. Das Kapitel gehörte zu meiner bedauernswerten Vergangenheit. Endlich lag mir eine Frau mit ihrer schier unbeschreiblichen Schönheit zu Füßen.

Schnapp dir das Fabelwesen. Wer außer dir hätte das Zeug dazu? Mit einer ähnlichen Bewunderung für Karla, wie ich sie empfand, hatte mich mein zu mir zurückgekehrter Alfred aufgeputscht. Der war rechtzeitig von seiner Alkoholvergiftung genesen.

Jener besagte Alfred war mein innerer Schweinehund. Sie kennen sicher das Ekel Alfred Tetzlaff aus der Fernsehserie: Ein Herz und eine Seele.

Ja? Kennen Sie? Na sehen Sie. Eben an jenen Tetzlaff dachte ich bei der Vergabe des Namens an meinen inneren Randalierer, denn so wie dieser Tetzlaff führte sich mein Alfred in mir auf. Zwischendurch gestatten Sie mir eine Frage. Krakelt auch in Ihnen ein derartiges Prachtexemplar?

Doch zurück zu Karla. Durch sie hatten die Nächte der neuentflammten Liebe gehört, nicht mehr dem betäubenden Alkohol. Danach hatte ich mit dem Prachtweib gefrühstückt, und vor der Arbeit waren wir in den Wald zum Joggen gefahren, sodass mein Blutdruck irrational triumphiert hatte. Der Routinescheck verlief zufriedenstellend.

„Na also, Georg. Es geht doch.“

Diese Bestätigung bekam ich von meinem Hausarzt. Er war ein guter Freund aus gemeinsamen Kinderladentagen.

Aber Frischverliebte brauchen Zuneigung, vor allem ausreichend Zeit, doch die fehlte mir meistens. Durch den Mangel konnte ich Karlas hochgeschraubte Ansprüche nur leidlich erfüllen. Ihr sexueller Nachholbedarf prägte die ruhelosen Nächte. Mein durch Karla hervorgerufenes Schlafdefizit begann an meinen Gesichtszügen zu zehren und ich machte mir berechtigte Sorgen, doch Karla hatte mich mit ihrem Charme eingewickelt.

Ihr zuliebe hatte ich sogar meine Bereitschaft signalisiert, meine Lebensideale hinzuschmeißen. Zu denen gehörten unter anderem die Arbeit und die Kinder. Ich wäre sogar aus der Politik ausgestiegen, nur auf die auf-regenden Nächte wollte ich nicht verzichten, dafür waren sie viel zu schön.

Doch trotz der Verschleißerscheinungen wirkte ich jünger, daher überhäufte man mich mit Komplimenten.

„Mensch, Georg. Nenne mir eine Person, die dir deine achtunddreißig Jahre ansieht? Ich hätte dich auf dreißig Jahre geschätzt.“

Das hatte mir manche Verehrerin in meine aufnahmebereiten Ohren geflötet. „Du siehst aus wie Udo Lindenberg in jungen Jahren.“

Die Schmeichelei ging runter wie Öl. freilich hatte sie auch realistische Züge, denn ich hatte große, dunkelblaue Augen und einen wohlgeformten Mund. Dazu besaß ich ein markantes Profil. Nur meine Nase war eine Idee zu spitz geraten.

Von dem Schönheitsfehler lenkte mein Alfred süffisant ab, der ekelhaft in mir schäkerte: Und wenn schon, Georg. Damit wirst du uralt.

Ich trug mein schulterlanges, dunkelblondes Haar lässig hinter die Ohren gesteckt, und das so geschickt, dass es mein sympathisches Gesicht nicht verdeckte. Mein aufgeweckter Blick und meine aufmerksame Art kamen gut an. Besonders beliebt war mein freundliches Wesen. Ich fand mich aufregend und nutzte jede Chance, mich ins begehrliche Licht zu rücken, weswegen mich grünangehauchte Frauen wie die Mücken umschwärmten.

Allerdings war ich klein, gerade mal einen Meter und siebzig Zentimeter. Damit war ich kein Herkules, aber viel wichtiger war, dass ich durchtrainiert und gertenschlank daherkam. Nur ein kleiner Bauchansatz ärgerte mich ab und an, doch wegen dem brauchte ich mich nicht zu verstecken, bei meiner rundherum sympathischen Erscheinung.

War mein jugendliches Charisma der Erfolg dieser Ausstrahlung? Oder beeinflussten meine Streifenhose, die abgewetzten Turnschuhe und meine obligatorische Cord-jacke, also Klamotten, die ich wie eine zweite Haut an meinem Körper trug, die verjüngende Aura? Ich sah mächtig alternativ aus.

Und diese Äußerlichkeiten prägten meine Erfolgsbilanz. Das Zitat eines Presseartikels bestätigte mich: Es sind keine Blütenblätter, die sich um seine Konturen ranken, sondern reichlich Haare!

Zugegeben, es war eine gelungene Glosse, gedacht als Anspielung auf meinen Nachnamen Blume. Zwar kein sonderlich origineller Aufhänger, aber er hatte Pfiff.

Trotz allem gefiel mir mein Outfit, obwohl mich mancher Neider als Auslaufmodell bezeichnete, doch das hatte mich einen Dreck geschert.

In dem eher konservativen Gremium Stadtrat tätigte mein Äußeres den Zwischenruf: „Herr Blume, was sagen Sie dazu? Wir veranstalten eine Geldsammlung für Sie.“ Dermaßen humorlos hatte der Choleriker Bauer von der Gegenseite gestichelt. „Gehen Sie dann zum Friseur und kaufen sich vernünftige Schuhe?

„Ha, ha. Selten so gelacht“, hatte ich gekontert. „Wann lassen Sie die Pointe aus dem Sack? Bitte geben Sie mir ein Zeichen, wann über den Kalauer gelacht wird?“

Grobschlächtige Ratsherren fanden die Äußerung witzig und wollten sich die Seele aus dem Hals lachen. Die Reaktion meinerseits war sarkastisch: „Wann hat die Wahl der Schuhe je eine Entscheidung im Rat beeinflusst? Meines Wissens noch nie. Oder sehe ich das etwa falsch?“

Schlussendlich war mein Ratsantrag gescheitert, eine Gleichstellungsstelle im Rathaus einzurichten, trotz heftiger Proteste der Frauengruppe.

Und das führte dazu, dass der CDU-Ratsherr Bauer und ich verbal aneinander geraten waren, wobei ich mit meiner Krücke zugeschlagen haben soll, was natürlich auf kolossaler Übertreibung beruhte und ich auch heute noch vehement bestreite.

Jedenfalls war der hochgepuschte Vorgang ein Eklat, der bis dato einmalig in der politischen Geschichte der Kleinstadt Würselen war, weshalb der Bürgermeister die Ratssitzung abgebrochen hatte.

Tja, da saß ich mit meinen Krücken als Hilfswerkzeuge, die nun wahrlich kein Handwerkzeug des Teufels darstellten.

Aber das Kind war nun mal in den Brunnen gefallen, wie den Reaktionen im Ratssaal zu entnehmen war. Ich dagegen fand meine Knochenmarksentzündung viel schlimmer, als den hochgepuschten Streitvorfall, doch das war natürlich nur meine Wahrnehmung.

So hatte ich die Auseinandersetzung bereits beim Verlassen des Rathauses vergessen, da sich, bis auf böse Blicke, nichts Spektakuläres ereignete. Ich zischte mir mit einem Kollegen in meiner Stammkneipe ein schnelles Bier, danach machte ich mich auf den Weg ins vertraute Heim.

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