Читать книгу Mein Gott, Adam! - Klaus Muller - Страница 4

Kapitel 2

Оглавление

Es war keine leichte Zeit, damals im Paradies.

Entgegen einer landläufigen, heutzutage besonders in der Werbewirtschaft weit verbreiteten Überzeugung, dass erst ein Produkt entwickelt werden müsse und dann der entsprechende Bedarf danach geweckt werde, waren selbst damals, gänzlich ohne die entsprechenden Produkte, Bedürfnisse vorhanden. Wie gesagt, ohne Produkte und ohne entsprechendes Marketing.

Doch lassen Sie mich hier versuchen, einen bestimmten Vorfall möglichst objektiv und von Anfang an zu schildern ...

Es war ein schöner, sonniger Tag im Paradies. Allerdings waren alle Tage sonnig und schön; das hatte ein Paradies nun mal so an sich. Deswegen, so meine Vermutung, nannte man es auch zu jener Zeit schon Paradies.

Wer damals aufgrund des permanenten Sonnenscheins Sonnenbrillen verkauft hätte, wäre wohl trotz guter Prognosen nicht reich geworden. Hätte er doch schon nach zwei Verkäufen eine hundertprozentige Marktsättigung erreicht.

Das noch nicht existierende Geld in jeder Form und Währung wollen wir bei dieser Beurteilung erst einmal unberücksichtigt lassen.

In einem recht flachen Gebüsch in der Nähe eines grüngrauen Tümpels lag Adam seit mehreren Stunden regungslos auf seinem Bauch und starrte gebannt auf die kleine Wasserfläche, die sich vor ihm ausbreitete.

Ab und zu kamen ein paar durstige Tiere vorbei, sahen ihn oder auch nicht, tranken beruhigt etwas von dem Wasser und gingen dann wieder unbehelligt ihrer Wege.

Allem Anschein nach gab Adam sich große Mühe, in seinem Gebüsch nicht entdeckt zu werden.

Als er sich gerade tiefer in einer kleinen Mulde niederduckte, die Augen zu schmalen Schlitzen eines Jägers verengt, und jeden Muskel bis aufs Äußerste anspannte, hörte er plötzlich ganz deutlich über sich SEINE Stimme.

»Adam, was machst du da?«

Verdammt, er war entdeckt! Jetzt hieß es die Nerven bewahren, unschuldig tun und einfach lügen, was das Zeug hielt.

Es gab keinen anderen Weg!

Sein Versteck war nicht, wie man jetzt vielleicht fälschlicherweise vermuten könnte, dafür gedacht, dass irgendwelche Tiere ihn nicht bemerken sollten. Die hatten sowieso keine Angst vor ihm – wie denn auch, vor einem relativ nackten Mann ...

Er wollte vielmehr erreichen, dass sein Handeln möglichst lange, am besten für immer, unentdeckt blieb.

Unentdeckt von IHM.

Adam rollte sich sichtlich widerstrebend, aber irgendwie auch als Zeichen der Aufgabe, auf den Rücken, hielt eine Hand schützend vor die Augen und schaute in den blendenden Himmel über ihn.

»Ach, eigentlich gar nichts.«

Er versuchte dabei, einen möglichst unschuldigen Blick aufzusetzen, und hoffte inständig, dass ER möglichst seine Schöpfung nicht gut genug kannte.

»Ach, komm …«

»Kann man denn nicht einfach mal in der schönen Natur relaxen?«

Ihm erschien dieser Satz angebracht und hilfreich, wie eine Flucht nach vorne.

»Relaxen? Warum willst du denn relaxen? Das hier ist das Paradies, hier brauchst du nicht zu relaxen! Außerdem lass mich mit diesem neumodischen Gerede zufrieden. Ich habe auch erst nach sechs Tagen relaxt! Und zu meiner Zeit war ein Tag noch eine Million Jahre lang, also komm mir nicht so!«

Adam schossen sofort viele Gedanken durch den Kopf.

»Neumodisch – von wegen! Wenn schon, dann ist hier doch alles neumodisch. Es gibt ja noch nichts Altes.«

Aber er hielt seine Gedanken vorsorglich zurück.

Eine andere Erklärung musste her.

»Ich wollte nur ein paar leckere Beeren und Pilze für das Abendessen suchen.«

Adam tat so, als wäre etwas in eines seiner Augen geraten, und vermied so, direkt zu IHM in die Wolken zu schauen.

Die Antwort aus dem Himmel ließ nicht lange auf sich warten.

»Drei Stunden?!«

Der Schwachpunkt seiner Geschichte war zwar gefunden, aber da musste er jetzt durch.

»Es sind diese ganz kleinen, braunen Pilze, die Eva so gerne mag.«

Das Gebüsch raschelte etwas in dem aufkommenden Wind.

»Glaubst du etwa, ich wüsste nicht mehr, was ich erschaffen habe? – So kleine Pilze gibt es nicht!«

»Aber gewiss doch, Chef ...«

»Und nenne mich nicht Chef, Adam!« Der Wind wurde stärker. »Du sollst nicht lügen!«

Adam schaute trotzig nach oben:

»Immer heißt es nur: ‚Adam, tu nicht dies‘, oder: ‚Du sollst nicht das‘. Man darf hier fast gar nichts!«

Demonstrativ drehte er sich auf den Bauch.

Aber es half nichts, denn die Stimme schien jetzt sogar von unten zu kommen.

»Benimm dich nicht wieder gleich so wie ein beleidigtes Kleinkind!«

»Wie ein was?«

Es schien Adam so, als machte ER einen tiefen, genervten Atemzug.

»Ja, wenn du mit Eva mal endlich zur Sache kommen würdest, dann wüsstest du auch, was ein Kleinkind ist!«

Adam war der Meinung, dass es recht unfair war, wenn ER ihm Unwissenheit vorwarf, hatte er doch schließlich all sein Wissen von IHM.

Behauptete ER jedenfalls.

»Vielleicht hättet du mir einfach ein umfangreicheres Allgemeinwissen mitgeben sollen, Sir«, und er fügte bewusst sehr betont das Wort ‚Sir‘ an das Ende des Satzes.

»Na, ich muss doch sehr bitten! Ein bisschen Eigeninitiative wird man doch heutzutage wohl noch erwarten dürfen.«

Nach einer endlos scheinenden Minute Bedenkzeit fragte ER mit reduzierter Lautstärke, aber dafür im Ton umso bedrohlicher:

»Was versteckst du da hinter deinem Rücken, Adam?«

Mit größtmöglicher Unschuld im Blick, aber nicht im Herzen, drehte Adam sich um, um unschuldig nach dem angesprochenen Gegenstand zu suchen.

»Meinst du den Busch, HERR?«

In dem Augenblick aber, in dem er auf den Busch deutete, löste sich dieser mit einem lauten Knall in grünen, flüchtigen Rauch auf.

»Hei-jei-jei!«, entfuhr es ihm und er wusste schon in genau diesem Augenblick, dass er das Spiel verloren hatte.

Fast säuselnd und mit einem, wie Adam fand, ekligen Triumph in der Stimme hörte er von oben herab:

»Welchen Busch meinst du?«

Dann war es dieselbe Stimme, die jetzt nur noch sehr viel strenger, lauter und keinen Ausweg lassend sagte:

»Ich rede von dem angespitzten Holzstab hinter deinem Rücken!«

Jetzt reichte es Adam, er setzte sich hoch auf die Knie und streckte kämpferisch die Faust in die Höhe.

Angriff war schon damals die beste Verteidigung!

»Aber das Ganze hier ist doch nur wegen Eva!!«

Eine kurze Gedenkpause entstand über den Wolken.

»Wegen Eva?«

»Ja.«

»Also, irgendwas ist immer!«

»Es stimmt aber. – Ohne sie wäre ich niemals in dieser verdammten Situation!«

Es schien so, als würde sich jemand weit über ihm auf eine von den ganz dicken Wolken setzen und den Kopf nachdenklich auf beide Hände stützen.

»So langsam beginne ich zu zweifeln, ob du wirklich meine perfekte Schöpfung bist ...«

»Ach, und wessen Schuld wäre das?«

»Treib es nicht zu weit! – Also, raus mit der Sprache: Wofür hast du diesen angespitzten Holzstab benutzen wollen?«

Adam wusste genau, dass die nächsten Minuten, Tage oder Jahre anstrengend werden würden.

Nur gut, dass es noch keine Uhren gab, mit denen sich messen ließ, wie lange Schweigen dauern musste, bis es unangenehm wurde.

»Ich warte auf deine Antwort, Adam! Und bedenke, ich habe eine Ewigkeit Zeit, du aber nicht. – Aber, wie auch immer, ich möchte heute zeitig essen. Also, raus mit der Sprache!«

Adam wurde immer klarer, es gab kein Entrinnen mehr.

»Ja, also ... also ich ... ich ...«

»Geht es auch in ganzen Sätzen?«

»Ich wollte doch nur ein Tier töten, Chef … äh, HERR!«

Adam schaute nach unten und verpasste dadurch den fragenden Ausdruck einer Wolke über ihm.

»Verstehe ich nicht.«

»Na ja, ich wollte eben ein schönes Tier erlegen.«

»Aber wo ist das Problem? Wie du weißt, habe ich euch erlaubt, Tiere zu töten und zu essen. Jedoch, wenn ich mich nicht irre – und du weißt, ich irre mich nie –, hast du doch grade heute morgen eine Ziege geschlachtet.«

Adam hasste diese Rechtfertigungen und wünschte sich in solchen Momenten mehr als einmal, Atheist zu sein.

»Ja, das habe ich.«

»Aber wozu denn noch mehr Fleisch, wenn du schon genug hast?«

Das naheliegende Argument der Vorratshaltung war mangels Kühlschränken an dieser Stelle nicht ratsam. Er wäre zu durchschaubar gewesen.

Das Problem für Adam mit IHM war, egal, ob man leise oder laut sprach, ER hörte es immer und überall.

Deswegen bemühte sich Adam auch gar nicht erst, leise zu sein.

»Es war auch nicht als Essen gedacht.«

Jetzt war es raus!

»Oh«, hörte man IHN mit einer gewissen Freude sprechen, »dann war die Ziege heute morgen also ein Opfertier für mich?«

»Nein, sie war schon zum Essen gedacht.«

»Also ...?«

»Von dem Tier jetzt hier wollte ich eigentlich – nur das Fell.«

Adam wusste, dass von nun an im Paradies nichts mehr so sein würde wie bisher.

Seine Gesichtsfarbe wechselte in einen etwas roteren Farbton und seine Ohren schienen sehr warm zu werden.

Der leicht verzögerte, und dadurch noch eindrucksvollere, gequälte Aufschrei über den Wolken bestätigte ihn in seiner Annahme.

»So gehst du mit meiner Schöpfung um!? – Du elender Wurm! Eigentlich sollte ich dich jetzt sofort zerschmettern!«

Adam hoffte inständig, dass es nicht dazu kommen würde, und fügte eine schnelle Entschuldigung hinzu.

»Aber wie gesagt, Sir, es ist nicht meine Schuld.«

Adam fühlte sich, als zöge ER ihn bei jedem weiteren Wort an seinen jetzt glühenden Ohren.

»Wirf dich in den Staub und rede, Elendiger!«

»Was denn nun?«

Die Pause sowie die folgende, etwas gedämpfte Stimme, mit der ER weitersprach, bedeuteten üblicherweise nichts Gutes.

»Ach, will der Herr jetzt ein bisschen spitzfindig sein?«

Neben Adam schlug krachend ein Blitz in den Sand.

Dieser ging auf die Knie, streckte beide Hände zum Himmel und rief:

»Okay, okay – verschone mich, ich rede!«

»Das wird aber auch Zeit! – Also, raus mit der Sprache: Was war da schon wieder mit Eva?«

Adam senkte den Kopf und machte eine verzweifelte Geste.

»Wo soll ich nur beginnen?«

»Wie wäre es mit dem Anfang?«, erwiderte ER. »Aber bedenke, dass ich nicht ewig Zeit habe. – Also, um genau zu sein, habe ich natürlich ewig Zeit, aber nicht ewig Lust. Also, leg los!«

»Es begann alles heute morgen, als ich plötzlich herzergreifende klagende Laute aus dem Schlafzimmer hörte. Ich trank gerade meinen Saft und saß entspannt in der Sonne vor dem Haus. Die war, wenn ich das mal so sagen darf, heute wieder ganz besonders schön gelungen, Sir.«

»Schleimer! Rede weiter!«

Adam hatte vor lauter Aufregung eine trockene Zunge. Die ganze Angelegenheit konnte noch so oder so enden. Er hatte das Gefühl, dass die Menschheit kurz vor der Vernichtung – oder zumindest er kurz vor der Auswechslung – stand.

»Ich hatte mir anfangs nichts dabei gedacht. Es kamen doch schon öfters undefinierbare Laute von ihr aus dem Schlafzimmer. Das war dann aber immer wieder nach einer relativ kurzen Zeit vorbei, und sie kam immer mit einer blendenden Laune und einem zufriedenen Lächeln heraus. – Diesmal jedoch war es anders! Das Gewimmer schien nicht aufzuhören, und so ging ich vorsichtig ins Schlafzimmer, um zu sehen, was der Grund dafür war.«

Eine kleine Wolke schien neugierig etwas dichter zu Adam herabzuschweben.

»Und was war – und was war?«

»Eva stand, so wie du sie geschaffen hast, in der Mitte des Raumes in einem Haufen von unterschiedlichen Fellen. Sie hielt in jeder Hand noch zusätzlich eins in die Höhe, hob sie immer wieder vor ihr Gesicht, bis sie dann die Arme resignierend sinken ließ und fast weinend rief: ‚Ich habe n-i-c-h-t-s anzuziehen!!‘ Das Wort ‚nichts‘ betonte sie dabei in einer verzweifelten und anklagenden Art und Weise.«

Die Wolke über Adam verwandelte sich in diesem Augenblick in ein Fragezeichen.

»Ich verstehe ehrlich gesagt nicht ganz ...«

»Ich anfangs auch nicht, Chef. Deswegen machte ich mich auch bemerkbar, ging auf Eva zu und nahm sie in den Arm. ‚Was ist mit dir?‘, fragte ich sie und schaute ihr dabei in die Augen. Sie schaute mich nur mit feuchten Augen an, als würde die Welt untergehen. – Nein, falsch, als wäre sie schon untergegangen!«

»Na, na, na! Da hätte ich doch sicher auch noch ein Wörtchen …«

»Verzeihung, Chef, ich wollte natürlich nicht in deinen Kompetenzbereich ...«

»Geschenkt, weiter!«

»Sie blickte mich, wie gesagt, an und wiederholte mit flacher, fast flehender Stimme mehrfach: ‚Ich habe nichts anzuziehen!‘ Ich wusste nicht wirklich, wie ich mich verhalten sollte. War doch noch nie ein Mann vor mir in solch einer Situation. Und im Vertrauen, Sir, ich habe die Hoffnung, nach mir wird es auch nie wieder einen Mann geben, der so etwas erleben muss.«

»Na ja, fast richtig. Aber das tut hier nichts zur Sache. Weiter!«

»Ich fing also an, vorsichtig auf die zu ihren Füßen liegenden Felle zu deuten. Ich zeigte auf all die Sachen, die um sie herum verstreut lagen, und sagte zu ihr: ‚Aber Liebling, schau doch nur, all die schönen Sachen.‘«

Es war deutlich zu spüren, dass ER über die beschriebene Situation nachdachte und versuchte, sich alles bildlich vor Augen zu führen.

»Also, ich habe sie in einigen von den Teilen, die du beschreibst, gesehen, und ich muss schon sagen: oh, là, là!«, kommentierte ER und erhob anerkennend seine Stimme.

Adam stand vor den grünen Resten des aufgelösten Buschs und ließ resigniert die Arme sinken. Seine Stimme war jetzt leiser als vorher.

»Eva ging nur einen Schritt zurück, deutete auf die Felle und sagte anklagend zu mir: ‚Aber schau dir das alles doch nur mal genau an!‘ Danach warf sie die beiden Teile, die sie zuvor noch in den Händen hielt, achtlos und fast angewidert auf den großen Haufen vor sich.«

»Oh, verdammt«, erahnte nun endlich jemand über den Wolken die äußerst heikle Situation.

»‚Schau‘, sagte ich zu Eva, ‚all die schönen Sachen, die du hast. Die stehen dir doch alle ganz ausgezeichnet.‘ Aber es war nichts zu retten. ‚Das sagst du doch nur so‘ war ihre einzige Antwort an mich.«

Nach einer kleinen und, wie er fand, wichtigen dramaturgischen Pause setzte Adam seine Erzählung fort.

»Ich bückte mich, hob ein Fell auf und hielt es in Evas Richtung. ‚Aber nein‘, versuchte ich, ‚dies hier hast du doch schon sehr lange und es steht dir immer noch besonders gut.‘ – In ihrem Blick war etwas Abfälliges. ‚Das trägt man schon lange nicht mehr‘, sagte sie mit tränenerstickter Stimme und fügte noch ‚Du hast ja keine Ahnung von Mode‘ an. – Es liefen ihr tatsächlich Tränen über die Wangen.«

»Ich fand aber«, setzte Adam erklärend fort, »so lange konnte es doch noch nicht aus der Mode sein, weil es doch zuvor noch gar keine Mode gegeben hatte.«

»Das alles war bestimmt nicht leicht für dich zu ertragen«, unterstützte die Wolke Adam in der Hoffnung auf eine Fortsetzung. »Für mich bist du ein Held!«

Adam schaute nach oben.

»Eva wandte sich jetzt schluchzend direkt an mich. ‚Ich möchte endlich mal wieder etwas Schönes, Neues haben – etwas Luftiges für den Sommer‘, sagte sie mir.«

Adam ließ seine Hände in das Gras sinken.

»Also, genau genommen hatten wir ja immer Sommer im Paradies. Ich hielt mich aber mit dieser Bemerkung wohlweislich zurück.«

Ja, wer damals Sonnencreme verkauft hätte ... Aber das hatten wir ja schon.

»Eva kam langsam mit schwingenden Hüften auf mich zu, legte ihre Hände um meinen Hals und schob ihren Mund ganz dicht vor meinen.«

Hätte es schon so etwas wie eine anständige Sünde gegeben, ich denke, seine Gedanken in diesem Augenblick wären eine gewesen.

»‚Kannst du nicht etwas Neues für deine liebe, kleine Frau besorgen?‘, gurrte Eva in mein Ohr und leckte sogar, wie zur Bestätigung, noch etwas daran herum.«

Adam hob anklagend die Hände.

»Was hätte ich denn tun sollen, HERR?«

Es war eine Weile still dort, weit oben, bis … bis ER in einem besänftigenden Ton sagte:

»Ich verstehe dein Problem.«

»Ich hatte nicht die allergeringste Chance!«

»Und jetzt wolltest du also ein neues Fell ...«

»Ja«, gab Adam kleinlaut zu. »Ich wollte eine von diesen gelben Katzen mit den schwarzen Flecken erlegen.«

»Ach, aber doch nicht ausgerechnet von denen! Die sind mir doch wirklich besonders gut gelungen. Ich bin so stolz darauf!«

»Aber Eva meinte, es würde gut in die jetzige Saison passen – farblich und so.«

»Saison? Was denn für eine Saison?«

Adam setzte sich in den Staub, weil er dachte, diese Position wäre seinem Zustand in etwa angemessen, und weil er wahrscheinlich sowieso gleich darin landen würde.

»Ich weiß es doch auch nicht, Sir.«

Beide waren ratlos, der eine sitzend und der andere über den Dingen schwebend.

Nach einer Weile blickte Adam gerade hinauf, hoch in den Himmel.

»Vielleicht könntest du Chef – äh, HERR ...«

»Ach, nicht doch schon wieder!«

»Du hast sie gemacht, also bist du auch in gewisser Weise verantwortlich«, bemerkte Adam trotzig und, wie er selbst fand, mutig zugleich.

Genauso trotzig kam es allerdings zurück.

»Ach, es ist immer dasselbe! Du baust irgendeinen Mist, und ich muss die ganze Sache dann wieder ausbügeln.«

Adam verschränkte die Arme.

»Ich hatte nicht um sie gebeten!«

»Nun schlägt es aber dreizehn! – Angefleht hast du mich!«

»Ich kann mich nicht erinnern.«

Adam hätte jetzt gerne eine Toilette aufgesucht, blieb aber mutig.

»Du hast sie gemacht, du musst dich um sie kümmern!«

Im nächsten Augenblick gingen so ungefähr drei bis vier Büsche in der näheren Gegend in Flammen auf.

Weil ER aber ein einsichtiger Schöpfer war, gab ER letztlich nach und sagte:

»Dann wollen wir es hinter uns bringen!«

Man kann jetzt nicht einfach sagen, dass sie gemeinsam zurück zur Hütte und zu Eva gegangen wären. Denn ER war ja allgegenwärtig, also mit anderen Worten eigentlich schon da, bevor sie überhaupt losgingen.

Adam hingegen musste den ganzen beschwerlichen Fußweg zurücklaufen. Das gab ihm aber auch genügend Zeit, um nachzudenken.

Wie er es aber in seinen Gedanken auch drehte und wendete, am Ende war er in den Planspielen immer der Verlierer.

Entsprechend schlecht gelaunt kam er zu Hause an.

Eva war gerade damit beschäftigt, irgendwelche Blumen zusammenzustecken, mit denen sie die Hütte etwas wohnlicher gestalten wollte.

Sie sah ihn hereinkommen und lief ihm freudig entgegen.

»Hast du es, hast du es?«, rief sie aufgeregt.

Adam setzte sich auf einen Hocker, der in der Nähe des Fensters stand. Ein Fluchtweg, so dachte er, war nie verkehrt.

»Lass sehen, lass sehen!«, rief sie voller Vorfreude.

Adam ergriff Evas Arm und zog sie zu einem weiteren Hocker neben sich.

»Eva, bitte setz dich«, versuchte er sie zu erreichen.

Eva setzte sich mit einem Gesichtsausdruck, der zeigte, dass das Ganze nicht zu ihrer Zufriedenheit ausgehen würde.

»Eva, bevor wir anfangen, muss ich dir sagen, dass wir nicht allein sind.«

Sie schaute sich heftig um.

»Hast du jemanden mitgebracht?«

Sie strahlte ihn an.

Das waren Augenblicke, die ihn bisweilen verzweifeln ließen. Wo bitte schön sollte dieser jemand denn herkommen?

»Nein, mein Schatz, aber ER ist da«, versuchte Adam ruhig zu bleiben.

Eva schaute nach oben, als erwarte sie von dort irgendein Signal, das Adams Behauptung unterstützte.

»Wo??«

»Na ja, eben da.«

Ein Räuspern war durch die Decke der Hütte zu hören.

»Guten Tag Eva, wie geht es dir?«

Eva schaute erst nach oben und dann wieder zu Adam. Dieser Blick verhieß nichts Gutes. Ihre Augenlider kniffen sich zusammen und ließen den Ablauf des folgenden Gesprächs erahnen.

Sie war kampfbereit.

»Guten Tag, HERR. Es freut mich, dich mal wieder zu hören. Was führt dich zu uns? – Nicht dass ich Sie nicht gerne dann und wann hier begrüßen möchte … aber warum genau jetzt und heute? – Und so überraschend!«

Der kurze Blick, den sie Adam zuwarf, war deutlich und sagte ohne jeden Zweifel: Du wirst für hundert Jahre auf dem Sofa schlafen!

»Eva, du weißt, ich bin der HERR, dein Gott«, begann er etwas feierlicher als nötig. »Und ich habe heute morgen deinen Mann gestellt, als er der reinen Eitelkeit wegen ein Tier töten wollte.«

Betont sachlich und kompromissbereit fügte er »Das geht natürlich gar nicht« an.

Als Adam daraufhin Evas »Ach, das geht gar nicht?« hörte, schlich er sich leise, solange die beiden noch abgelenkt waren, nach draußen.

»Und da habt ihr beiden natürlich kurzerhand wieder mal beschlossen, der Zicke zeigen wir es!?«

Ein Schlucken in den Wolken war deutlich hörbar.

Die zweite Zunge, die heute trocken wurde.

»Nein, so darfst du das natürlich nicht sehen. Ich habe mir nur die Freiheit genommen und auf meine Schöpfung aufmerksam gemacht ...«

»Auf deine Schöpfung?«

»Na ja, natürlich nicht auf die gesamte Schöpfung, aber auf gewisse Teile ...«

Eva stemmte die Fäuste in die Seite und streckte kampfbewusst die Brüste gen Himmel.

»Mich hast du doch auch erschaffen, oder habe ich da etwas falsch verstanden?«

»Aber gewiss, mein Kind.«

»Und?«

»Äh, und was?«

»Meinst du, damit ist schon alles erledigt? – Das kannst du vielleicht dem Schlappschwanz vor der Tür erzählen«, die letzten Worte sprach sie so laut in Adams Richtung, dass sie sicher war, dass er sie auch hörte, »aber nicht mir!«

»Also, es lag mir fern ...«

»Dann bedeutet das also: erschaffen und dann adieu?«

»Natürlich nicht, ich ...«

»Rein, raus, aus die Maus?«

»Aber nicht doch ...«

Eva stand fast auf den Zehenspitzen. – Es würden zweihundert Jahre auf dem Sofa werden.

»Bist du etwa einer von den Schöpfern …«

»Verzeihung …«

»Was?«

»Es gibt nur einen!«

»Bist du also ein Schöpfer, der glaubt, dass eine Frau, so wie du sie geschaffen hast, keine Bedürfnisse hat?«

»Doch sicher, aber ...«

»Nichts aber! Wir Frauen haben ein Recht auf unsere Bedürfnisse!«

»Nun, genau genommen bist es ja im Augenblick nur du.«

Es war ein deutlicher Schweißausbruch zu riechen, der über den Wolken stattfand. Und es war Adam vor der Tür, der sich eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen konnte.

»Das tut doch wohl nichts zur Sache! – Ich kämpfe für alle, die noch kommen!«, rief sie. »Ist es denn so schwer zu verstehen, dass ich ein paar schöne Sachen haben möchte? Das eine oder andere bescheidene Teil zum Anziehen? Unterschiedliche Kleidung für unterschiedliche Anlässe? – Vielleicht«, und bei den letzten Worten huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, »auch etwas, mit dem ich Adam ein wenig wilder machen könnte.«

Sie zwinkerte frech in den Himmel.

»Na ja, wenn das so ist ...«

»Das würde doch auch sicher deiner Schöpfung entgegenkommen, HERR. – Wenn du verstehst, was ich meine.«

Wieder dieses freche, aber zielführende Zwinkern.

»Na ja, bei Licht betrachtet – das könnte schon sein. Was schwebt dir denn da so vor?«

Eva entspannte sich deutlich, setzte ein nachdenkliches Gesicht auf und sagte:

»Vielleicht müsste man als Frau von Welt zwölfmal im Jahr die Möglichkeit haben, die Garderobe zu wechseln.«

»Das erscheint mir doch nun wirklich etwas sehr viel ...«

»Na gut, sagen wir sechsmal.«

»Wie wäre es mit vier?«

Eva legte nachdenklich ihren Zeigefinger auf die Lippen.

»Abgemacht, viermal. Und dazu müsstest du HERR, wenn es nicht zu viel Umstände macht, vier verschiedene, sagen wir mal, Jahreszeiten einführen. – Ich stelle es mir so mit unterschiedlichen Temperaturen vor. Damit ich für die Kollektionen auch die verschiedenen Pelze benutzen kann.«

Evas Wangen glühten vor Tatendrang.

»So sei es!«, dröhnte es aus den Wolken.

Eine kleine Wolke trieb danach sichtlich geschwächt aus dem Haus an Adam vorbei.

»Wie ist es gelaufen, Sir?«

Die Wolke hielt kurz neben ihm an.

»Besorge dir schon mal Schneeschuhe.«

Die Wolke entschwand über den Horizont gleitend im Licht der untergehenden Sonne.

Adam schaute ihr ohne ein erkennbares Verständnis hinterher und hoffte, die Erklärung von Eva zu bekommen, die mit verschränkten Armen in der Tür stand.

Er hoffte auf eine gute Erklärung.

Ihr Grinsen ließ ihn allerdings schon erahnen, dass das Ganze für ihn nicht wirklich gut ausgegangen war.

Mein Gott, Adam!

Подняться наверх