Читать книгу Das schwarze Geheimnis der weißen Dame - Kolja Menning - Страница 10
ОглавлениеMittwoch, 18. Mai 2011. Tag X-10.
Jean-Baptiste de Montfort.
Ein an sich weniger wichtiges Ereignis war, dass Hauptkommissar Francis Bertillon Jean-Baptiste zum Mittagessen einlud. Nachdem er zwei Tage lang extrem diszipliniert gearbeitet und sich kaum Pausen gegönnt hatte, willigte Jean-Baptiste mit Freuden ein. Er verstand sich gut mit seinem Vorgesetzten. Bertillon erzählte von seiner zweijährigen Enkeltochter und erkundigte sich nach Jean-Baptistes Tochter. Es war ein angenehmer Moment. Um diesen noch etwas zu verlängern, blieben Jean-Baptiste und der Hauptkommissar noch einen Moment vor dem Kommissariat stehen, nachdem sie vom Mittagessen zurückgekehrt waren, und rauchten eine Zigarette.
»Hast du noch Kontakt zu Fabrice Mellier?«, fragte Jean-Baptiste seinen Chef beiläufig.
»Nur gelegentlich«, erwiderte der Hauptkommissar. »Ich schreibe ihm üblicherweise zu Weihnachten, und er antwortet mir einen Monat später mit Neujahrswünschen.«
»Hast du auch eine Telefonnummer von ihm?«
»Selbstverständlich. Wieso fragst du?«
»Ich habe mich nie mit ihm ausgesöhnt ... wegen damals«, erklärte Jean-Baptiste. »Ich dachte, es wäre vielleicht an der Zeit, das mal zu tun.«
»Das ist sehr anständig. Ich gebe dir seine Nummer sofort«, meinte Bertillon und zog sein Mobiltelefon.
»Danke!«
Als sie aufgeraucht hatten und der Hauptkommissar das Gebäude betreten hatte, rief Jean-Baptiste Mellier an. Er wollte auch Mellier gegenüber die Versöhnung als Vorwand für das Gespräch nutzen, bevor er über Goldberg reden würde. Viel Hoffnung machte Jean-Baptiste sich allerdings nicht. Der Fall lag lange zurück, und es gab keinen Grund, dass Mellier mehr wusste, als was in der Akte dokumentiert war. Doch es konnte auch nicht schaden.
Jean-Baptiste erreichte Mellier, der zwar im Moment im Urlaub auf den Malediven weilte, jedoch am Wochenende der nächsten Woche in Paris sein würde. Er versprach, sich dann mit Jean-Baptiste auf ein Bier zu treffen.
Nach diesem erfreulichen Telefonat traf Jean-Baptiste eine Entscheidung. Am Vortag hatte er die Idee gehabt, einen alten Freund um Rat im Fall Goldberg zu bitten, dann jedoch gezögert. Gilles Ho war zu Zeiten der Polizeischule Jean-Baptistes bester Freund gewesen, doch sie hatten seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Gilles Ho hatte eine steile Karriere gemacht und arbeitete schon seit Jahren bei der Direction Centrale du Renseignement Intérieur, kurz DCRI, der französischen internen Staatssicherheit. Ho war ein Star im französischen Sicherheitsapparat und hatte mit Sicherheit Wichtigeres zu tun, als in einem für alle außer Jean-Baptiste gänzlich irrelevanten fünfzehn Jahre alten Fall herumzustochern. Jetzt, in diesem Moment des Wohlbefindens entschied Jean-Baptiste, dass es nichts zu verlieren gab. Er hoffte ja nur auf einen Rat. Also kramte er die alte Visitenkarte seines Freundes, die er am Morgen in weiser Voraussicht in sein Portemonnaie gesteckt hatte, hervor. Jean-Baptiste wusste, dass die handschriftlich darauf vermerkte Mobilfunknummer selbst nach den vielen Jahren noch dieselbe war, auch wenn Titel und Adresse auf der Karte längst veraltet waren. Dann zückte er sein Handy.
Wenn Jean-Baptiste sich Sorgen gemacht hatte, dass es kompliziert sein könnte, diese alte, so lange ruhende Freundschaft zu reanimieren, waren diese unbegründet gewesen. Er erreichte Gilles Ho sofort, und das kurze Gespräch war herzlich. Jean-Baptiste schlug seinem Freund vor, ihn zum Abendessen zu sich nach Hause einzuladen. Ho freute sich über die Einladung, und sie einigten sich gleich auf den Abend des folgenden Tages.
Großartig!, freute sich Jean-Baptiste. Und seine Freude darauf, den alten Freund wiederzusehen, war mindestens ebenso groß wie die, dass er Gilles um Rat im Fall Goldberg fragen können würde. Er war Realist und wusste, dass er auch mit Gilles Hos Hilfe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht weiterkommen würde.
Er täuschte sich. Dieses Gespräch sollte für alles Weitere von entscheidender Bedeutung sein. Doch damit nicht genug. Es war nur ein kurzes Gespräch gewesen. Dennoch – hätte Jean-Baptiste es nicht geführt, sondern wäre er direkt nach dem Mittagessen, ja selbst nach der Zigarette an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt, hätte er mit Sicherheit jemanden an seinem Schreibtisch ertappt, der dort nicht hingehörte.
So begegnete Jean-Baptiste Marie Bouvier im Eingangsbereich des Großraumbüros. Er beobachtete sie interessiert, wie er es immer tat. Ihre Körpersprache sagte ihm, dass sie nervös war. Und das überraschte Jean-Baptiste. Nicht dass sie nervös schien. Dafür konnte es tausend gute Gründe geben. Doch Marie Bouvier gehörte zu den wenigen Kollegen, deren Regungen er normalerweise überhaupt nicht zu deuten vermochte. Schon oft hatte er überlegt, was im Inneren dieser merkwürdigen jungen Frau vorgehen mochte, die einerseits aufgrund ihres Aussehens die Aufmerksamkeit aller genoss und andererseits niemandem besondere Aufmerksamkeit zu schenken schien.
Marie Bouvier.
Wenn Marie erwartet hatte, eine vom Jetlag und einem langen Flug mitgenommene Anne Cabart anzutreffen, als sie um 7 Uhr bei der Marketingchefin Mod’écos zu Hause klingelte, hatte sie sich getäuscht. Als ihr geöffnet wurde, stand sie einer ausgesprochen gut aussehenden jungen Frau mit nassem Haar im Bademantel gegenüber, die durch eine gesunde Urlaubsbräune noch an Attraktivität gewann.
»Ja bitte?«, fragte Cabart.
»Guten Morgen, Frau Cabart. Ich bin Marie Bouvier von der Pariser Justiz- und Kriminalpolizei«, begann Marie sachlich und zeigte ihren Dienstausweis.
Cabart beugte sich vor, wobei ihr Bademantel verrutschte und ein Stück Busen freilegte.
»Frau Cabart«, fuhr Marie fort, »es gibt einen Verdacht auf einen Fall von illegalem Insiderhandel bei Mod’éco. In den letzten Tagen habe ich bereits mit Frau Delacourt, Herrn Johnson und Ihren Kollegen aus dem Mod’éco-Management gesprochen. Ich benötige auch von Ihnen eine Aussage.«
Cabart zögerte. Befremdet starrte sie Marie an. Dann jedoch nickte sie.
»Sicher, kommen Sie rein.«
Das geht ja leichter, als erwartet, dachte Marie.
»Nehmen Sie Platz, ich ziehe mir nur kurz was an«, sagte Cabart, nachdem sie Marie in die Wohnung geführt hatte.
»Danke.«
Cabart war intelligent und voller Energie und Zuversicht. Wie ihre Kollegen erwähnte sie die Krisensitzung am 10. April. Auch sie gab an, keine Patricia Courtois zu kennen und keinerlei Verdacht zu haben. Und genau wie ihre Kollegen schien Cabart höchstens ein mäßiges Interesse an der Angelegenheit zu haben. Marie war enttäuscht, dass erneut alles passte. Als sie Cabart fragte, wer am ehesten über die Fähigkeiten verfügte, einen solchen Finanzbetrug durchzuführen, antwortete die Marketingchefin, ohne zu zögern:
»Gael. Man muss sich gut mit den Finanzmärkten und rechtlichen Fragen auskennen. Gael weiß alles in dem Bereich. Aber er ist über alle Zweifel erhaben. Gael ist der Loyalste von uns allen. Wenn Anne – Frau Delacourt – das Herz Mod’écos ist, dann ist Gael die Seele.«
Marie nickte. Auch dieses Bild wurde von allen Mod’éco-Mitarbeitern einheitlich gezeichnet. Es galt hier jedoch zwei Sachen auseinanderzuhalten: Einerseits qualifizierten Johnson seine Fähigkeiten am ehesten für den Finanzbetrug. Andererseits schien ihm dies aufgrund seiner Einstellung gegenüber dem Unternehmen und seiner Persönlichkeit niemand zuzutrauen.
Und wenn sie sich täuschen?, dachte Marie. Wenn ein Schaf aus einer Schafherde gefressen wird und als Tatverdächtige ein Wolf und die restlichen Schafe der Herde infrage kommen, wird kaum jemand daran zweifeln, wer der Übeltäter ist, selbst wenn es sich um den liebsten Wolf der Welt handelt.
Sie unterhielten sich noch ein bisschen. Marie erfuhr jedoch auch weiterhin nichts Neues.
Es war 12 Uhr, als Marie ins Kommissariat kam. Kaum hatte sie ihren Arbeitsplatz erreicht, tauchte Michel Moncourt an ihrem Schreibtisch auf.
»Hattest vorgestern Abend versucht, mich anzurufen«, sagte Moncourt, ohne zu grüßen.
Das hatte Marie fast vergessen.
»War im Fitnessstudio«, fuhr Moncourt fort. »Danach war’s bisschen spät. Wollt’ dich da nich’ mehr stören. Wolltste mit mir ausgehen? Heut’ Abend hätt’ ich Zeit.«
Er grinste. Marie verdrehte die Augen und seufzte.
»Michel, Michel«, sagte sie mit gespieltem Bedauern, »ich befürchte, du schätzt mich vollkommen falsch ein. Du scheinst mich für eine hoffnungslose Romantikerin zu halten, dabei bin ich doch Marie Unantastbar Bouvier und wollte mich gänzlich unromantisch nur erkundigen, wie unser Freund JB mit seinem Fall vorankommt.«
»Woher soll ich das wissen?«, fragte Moncourt, »hast doch gesagt, ich soll ihn in Ruhe lassen. Wetten, de Montfort hat sich nur die Bilder dieser Porno-Akte reingezogen?«
»Michel, was redest du da?«, sagte Marie unwirsch. »Porno-Akte?«
»Ja, Mensch, haste denn gar nich’ reingeguckt?«, fragte Moncourt, »Da war’n doch Nacktfotos von Goldbergs Alter drin! Mann, ich versteh’ echt nich’, wieso er die abgemurkst hat! Mir wär’ da was Bess’res eingefallen. Mir fällt nur Eine ein, die noch heißer ist!«
Der Blick, mit dem Moncourt Marie bedachte, ließ keinen Zweifel daran, wer diese Eine war.
»Du hast schon wirklich eine charmante Art«, bemerkte Marie.
»Find’ste wirklich?«
»Oh, ja! Ich find’s sehr verführerisch, wie du so elegante Wörter wie ›Porno‹ oder ›Alte‹ einfließen lässt. Auch die unmissverständlichen Anspielungen, was du mit anderen Frauen machen würdest – das kommt bestimmt gut an. Wie ist denn deine Quote so im Moment? Ich bin sicher, die Frauen fressen dir aus der Hand.«
»Ha, ha«, machte Moncourt.
»Wo du schon mal da bist«, sagte Marie, »kann ich dich um einen Gefallen bitten?«
»Noch einen?«
Marie nickte.
»Klar«, erwiderte Moncourt. »Stets zu Diensten. Jegliche Art von Diensten übrigens, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Beim besten Willen nicht«, erwiderte Marie und verdrehte die Augen.
Im Grunde genommen hatte sie nichts gegen Moncourt. Im Gegenteil, es war eigentlich immer erheiternd mit ihm. Auch wenn ihm klar sein musste, dass es nie dazu kommen würde, zweifelte Marie nicht daran, dass Moncourt wirklich gern mit ihr ins Bett gegangen wäre. Im Gegensatz zu anderen übertrat Moncourt jedoch keine Grenzen. Er wurde nie belästigend, weder verbal noch körperlich.
Moncourt grinste, als er Maries Reaktion sah. Dann wurde er wieder ernst und fragte:
»Was darf’s denn diesmal sein, Herzchen?«
»Kannst du JB mal von seinem Platz weglocken? Ich will mal sehen, ob er irgendwelche Unterlagen rumliegen hat, aus denen hervorgeht, was er bisher erreicht hat.«
»Ohne dass er’s merkt.«
»Genau.«
Moncourt sah sie einen Moment lang prüfend an.
»Hast Glück«, bemerkte er dann. »Kurz bevor du kamst, hab’ ich de Montfort mit Berti zum Mittagessen gehen sehen.«
»Mit Hauptkommissar Bertillon?«
Moncourt nickte. »Sollten erst in zwei, drei Stündchen zurück sein. Hast also Zeit.«
Er grinste, wandte sich ab und schlenderte davon.
Dennoch beeilte Marie sich – und tat gut daran. Sie begab sich zu Jean-Baptistes Schreibtisch und hatte doppeltes Glück: Erstens waren die umliegenden Arbeitsplätze ebenfalls verlassen, sodass Marie unbeobachtet war. Zweitens war Jean-Baptistes Schreibtisch von einer Fülle an Dokumenten und Blättern bedeckt. Schnell raffte Marie alles zusammen und eilte zum nächsten Kopierer. Nervös blickte sie um sich, während ein Blatt nach dem anderen durch die Maschine gezogen wurde. Schließlich verstaute sie die Kopien in einer Tasche und eilte zu Jean-Baptistes Schreibtisch zurück. Sie bemühte sich, alles wieder in etwa so hinzulegen, wie sie es vorgefunden hatte. Als sie gerade fertig war und aufblickte, sah sie Jean-Baptiste am Ende des Raumes durch die Tür treten. Seine Aufmerksamkeit galt einer Kaffeetasse in seiner Hand, was Marie ein paar Sekunden gab, um sich von Jean-Baptistes Arbeitsplatz immerhin so weit zu entfernen, dass nicht offensichtlich war, wo sie sich befunden hatte.
Das ist gerade noch mal gut gegangen, dachte Marie. Sie schritt dem Ausgang entgegen und grüßte Jean-Baptiste betont gleichgültig. Innerlich atmete sie erleichtert aus.
Als Marie das kleine italienische Restaurant im 19. Arrondissement von Paris betrat, war Anne Delacourt schon da. Im Gegensatz zum Freitag war die Mod’éco-Gründerin deutlich gefasster.
»Wie kommen Sie voran?«, begann Delacourt das Gespräch, nachdem sie ein Risotto und Marie Penne all’Arrabbiata bestellt hatten.
»Nun«, erwiderte Marie, »von Vorankommen kann bisher keine Rede sein. Aber ich habe ja auch gerade erst angefangen. Eine Sache ist mir jedoch aufgefallen, bei der Sie mir vielleicht weiterhelfen können. Ihrem Mann scheint es sehr wichtig zu sein, dass diese Sache aufgeklärt wird. Sonst hätte er mich nicht mit den Nachforschungen beauftragt. Ich habe jetzt mit jedem Mitglied des Mod’éco-Managementteams gesprochen. Ich kann mich nicht gegen den Eindruck wehren, dass es Ihren Kollegen fast gleichgültig ist, ob der Insider entlarvt wird oder nicht. Verstehen Sie mich nicht falsch, alle sind sehr kooperativ – aber es wundert mich schon.«
»Wissen Sie«, begann Delacourt nach kurzem Zögern, »Philippe ist nicht wie wir anderen. Er kommt aus einer alten Familie und legt Wert auf alte Werte. Natürlich haben wir bei Mod’éco auch Werte. Aber wir blicken mehr nach vorn. Was passé ist, ist passé.«
»Stört es Sie gar nicht, dass sich womöglich einer Ihrer Kollegen illegal bereichert hat?«
»Ich vertraue jedem Einzelnen meiner Kollegen blind«, entgegnete Delacourt. »Sollte hier tatsächlich einer von ihnen sein Wissen missbraucht haben, gibt es für mich zwei Gründe, das nicht unbedingt wissen zu wollen: Erstens bin ich überzeugt, dass dieser Kollege – oder diese Kollegin – dies nur getan hat, weil er oder sie in einer Notsituation war und das Geld dringend brauchte. Zweitens glauben wir bei Mod’éco an das Recht, Fehler zu machen. Aber da ist Philippe schon immer anderer Meinung gewesen.«
Marie fragte sich, ob die elegante Frau ihr gegenüber das nur auf Berufliches bezog.
In diesem Moment brachte ein junger Kellner das Essen, zwei Gläser, eine Flasche Wasser und einen Korb mit frischem Brot.
»Danke, Marcello«, sagte die Mod’éco-Chefin. »Das sieht köstlich aus!«
Der junge Mann errötete leicht, brachte aber ein höfliches »Guten Appetit« zustande. Er entfernte sich wieder, und Delacourt lächelte, während sie ihm nachblickte.
»Woher kennen Sie ihn?«, fragte Marie.
Delacourt wandte sich wieder ihr zu.
»Er hat vor ein paar Jahren bei Mod’éco gearbeitet. Ein fleißiger junger Mann. Dann hat er uns verlassen, um sich einen Traum zu erfüllen: ein italienisches Restaurant in Paris. Eigentlich heißt er Marcel. Seine Freundin kommt aus Sizilien. Seit sie hier angefangen haben, komme ich regelmäßig, um sie ein bisschen zu unterstützen. Wäre Marcel bei Mod’éco geblieben, hätte er mehr verdient und ein leichteres Leben gehabt, aber ich bewundere Leute, die ihrer Leidenschaft folgen.«
»Was ist Ihre Leidenschaft?«
»Mod’éco«, erwiderte Delacourt.
»Und sonst?«
»Sonst? Nichts.«
»Wie kommt’s?«, fragte Marie.
»Sehen Sie, ich habe meinen Mann kennengelernt, als ich gerade Abitur machte. Zwei Jahre später haben wir geheiratet. Da Philippe aus einer reichen, traditionellen Familie stammt, war von vornherein klar, dass ich nicht zu arbeiten brauchen würde. Ich begann aus Spaß ein Kunststudium, brach es nach drei Semestern ab, kümmerte mich sechs Monate um den Haushalt und versuchte mich dann auf der École du Louvre. Aber auch das habe ich nach einem Jahr wieder abgebrochen. Hauptsächlich Philippe zuliebe, um mich voll und ganz um die Familie kümmern zu können, die es jedoch erst zu gründen galt. Tja, und daraus sollte nie etwas werden.«
Delacourt lächelte bitter und widmete sich ihrem Risotto. Marie überließ sie einen Augenblick ihren Gedanken. Ob die Beziehung von Anne und Philippe Delacourt daran zerbrochen war, dass es keine Kinder gegeben hatte?
»Fragen Sie schon!«, forderte die Mod’éco-Gründerin Marie auf, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Ich sehe Ihnen an, dass Sie wissen wollen, wie sich das auf unsere Ehe ausgewirkt hat.«
»Hat es das?«
»Eindeutig. Und als klar wurde, dass es mit dem Familienprojekt nie etwas werden würde, brauchte ich ein anderes Projekt.«
»Mod’éco?«
»Noch nicht sofort – aber der Vorläufer. Ich eröffnete ein kleines Geschäft für nachhaltige Mode. Zu meiner Überraschung lief das richtig gut. Außerdem bekam ich viel von Philippes Geschäften mit. Er investierte ständig in Unternehmen. Eines seiner Hauptkriterien war, dass das Management groß dachte. Groß denken – ich fragte mich, was das für meine Boutique bedeuten mochte. Und so entstand die Idee für Mod’éco. Kein einfaches Einkaufen und wieder Verkaufen, sondern eigene Marken mit eigenen Kollektionen mit eigenen Preisen und Kostenstrukturen. Philippe hat mir viel geholfen. Es wurde ein Projekt für uns beide, das unsere Beziehung zumindest vorübergehend rettete. Ich arbeitete Tag und Nacht an Mod’éco und kümmerte mich um alles Operative. Philippe managte die Finanzen und Rechtliches, was er neben seinem eigentlichen Job machte. Es war eine schöne Zeit. Aber die goldene Zeit Mod’écos begann später.«
Delacourt schenkte Marie und sich selbst Wasser nach.
»Als sich abzeichnete, dass Mod’éco Potenzial hatte«, fuhr die Mod’éco-Gründerin fort, »haben wir das Managementteam rekrutiert. Wir wollten junge Leute, die noch wagten, groß zu träumen, und preiswert waren. Das funktionierte, und Philippe zog sich immer weiter aus den Angelegenheiten des Unternehmens zurück. Ich hätte nie gedacht, dass mir etwas so viel Spaß machen könnte, wie mit diesen fantastischen jungen Menschen zusammenzuarbeiten.«
Mit einem Mal verstand Marie, wieso Delacourt gar kein Interesse daran hatte, den Insider zu finden. Mod’éco war ihr Leben. Sie hatte nicht nur ihren Mitarbeitern viel gegeben; das Gleiche galt auch anders herum. War das Philippe Delacourt nicht klar? Falls doch – warum war ihm so viel daran gelegen, den Insider zu entlarven? Sie wollte auch wissen, wie Philippe Delacourts Sicht auf die Beziehung zu seiner Frau war. Schließlich war da ein anderer heikler Punkt: Mod’écos Marketingchefin hatte Marie am Morgen präzise beschrieben, welche Fähigkeiten man brauchte, um einen illegalen Insiderhandel so einzufädeln, dass das Risiko aufzufliegen möglichst gering war: eine ausgezeichnete Kenntnis der Finanzmärkte und von rechtlichen Fragen. Gael Johnsons Expertise. Doch vor Johnson hatte sich jemand anders um diese Themen gekümmert, und Anne Delacourt hatte Marie gerade darauf hingewiesen, wer diese Person war.
Eine Stunde später empfing Philippe Delacourt Marie in seinem Büro und bot ihr an, in einem teuer aussehenden schwarzen Ledersessel Platz zu nehmen.
»Was kann ich für Sie tun? Oder haben Sie den Insider schon?«
»Nein. Aber mir ist inzwischen recht klar, dass es nicht allzu viele Personen gibt, die als Insider infrage kommen.«
Sie machte eine Pause. Dann blickte sie Philippe Delacourt offen an.
»Aber Sie gehören auch dazu.«
»Sie gefallen mir!«, rief Delacourt aus und verzog den Mund zu einem Lächeln. »Francis hat wirklich nicht zu viel versprochen.«
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:
»Wenn ich etwas mit der Sache zu tun hätte, hätte ich Sie wohl nicht beauftragt, Licht in die Angelegenheit zu bringen, oder?«
Marie hatte diesen Hinweis erwartet, hatte aber Delacourts Reaktion sehen wollen.
»Wahrscheinlich haben Sie recht«, gab sie zu. »Mir scheint, dass es Ihnen viel wichtiger ist, den Insider zu finden, als dem Mod’éco-Managementteam. Wieso?«
»Wenn es so ist, wie Sie sagen, sollte man meines Erachtens eher fragen, wieso es für die anderen keine Priorität ist«, entgegnete Delacourt. »Doch sei’s drum. Mir geht es um den guten Ruf Mod’écos.«
»Wie das?«
»Der Ruf eines Unternehmens ist besonders wichtig, wenn es an der Börse notiert ist. Die Gewinnwarnung so kurz nach dem Börsengang kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Aber das passiert, besonders wenn man ein junges, ehrgeiziges Team hat. Dank dieses Teams haben wir viele Sympathien. Wir hatten einen Joker, den wir jetzt verspielt haben. Wenn jetzt aber bekannt würde, dass da hinter den Kulissen mehr faul ist, zum Beispiel jemand falschspielt ...«
Marie nickte. Sie hörte nicht mehr zu, wie Delacourt seinen Satz beendete. Er hatte da durchaus einen Punkt. Marie war aber auch noch etwas anderes klar geworden: Es ging Delacourt nicht nur um den Ruf des Unternehmens. Es ging ihm auch um seinen eigenen Ruf. Möglicherweise hing da weit mehr für ihn dran. Wenn Marie es richtig einschätzte, ergab Delacourts besonderes Interesse an einer Klärung der Situation durchaus einen Sinn. Das würde ihn auch weniger verdächtig machen.
»Ist das auch der Grund, warum Sie sich nicht scheiden lassen?«, fragte Marie weiter, wissend, dass sie sich auf dünnes Eis begab.
»Das ist eine sehr persönliche Frage.«
»Sie haben mich beauftragt, die Sache zu untersuchen. Ihre Frau und Sie gehören beide zum Kreis der Verdächtigen«, erwiderte Marie. »Da kann ich um Privates keinen großen Bogen machen.«
»Na gut«, sagte Delacourt schließlich. »Dann will ich offen sein. Der Imageschaden, den wir beide und auch Mod’éco von einer Scheidung davontragen könnten, spielt eine wichtige Rolle, ja. Hinzukommt, dass wir einen Ehevertrag haben. Dieser Vertrag sieht unter anderem vor, dass ich im Falle einer Scheidung einen recht großen Teil meines Vermögens an Anne abtreten müsste. Ehrlich gesagt, die Idee missfällt mir.«
»Aber wieso?«, fragte Marie unschuldig, »selbst wenn Sie, sagen wir, die Hälfte Ihres Vermögens abtreten würden, bin ich sicher, dass Sie immer noch ein sehr reicher Mann wären.«
»Zweifellos«, bestätigte Delacourt, doch sein Ton war nicht mehr so entspannt wie vorher.
»Also warum nicht?«, hakte Marie nach. »Ihre Frau hat mir erzählt, dass ... hm, wie sage ich das am besten? ... dass Ihre Beziehung gelitten hat, weil es mit dem Nachwuchs nicht geklappt hat. Eine Scheidung und dann ein erneuter Versuch mit einer anderen Frau wären doch möglicherweise eine Chance gewesen.«
»Dann sagen Sie mir doch, was Sie an meiner Stelle gemacht hätten! Vielleicht befolge ich Ihren weisen Rat.«
Marie zuckte gleichgültig mit den Schultern.
»Sie sind ein eleganter Mann, Sie haben Geld ... OK, Sie sind nicht mehr der Allerjüngste, aber Sie sind noch nicht zu alt. Sollte nicht allzu schwer für Sie sein, eine andere Frau zu finden.«
»Wollen Sie mir einen Antrag machen?«
»Nein, ich –«
Doch Delacourt ließ sie nicht weiterreden.
»Sie scheinen mir eine ausgesprochene Romantikerin zu sein«, stellte Delacourt ironisch fest. »Die geliebte Ehefrau einfach so austauschen, das schlagen Sie also vor. Wie ich sehe, hat Anne Ihnen also nicht alles erzählt!«
»Wieso?«
»Wissen Sie denn nicht, warum wir keine Kinder haben?«, fragte Delacourt.
Mist! Marie ahnte, was jetzt kommen würde. Wie hatte sie diesen Punkt außer Acht lassen können?
»Weil ich keine Kinder haben kann!«, fuhr Delacourt fort. »Das hätte also wohl mit einer anderen Frau auch nicht so gut geklappt! Oder sehen Sie das anders?«
Marie entging sein Sarkasmus nicht. Einen Moment lang war sie wie vor den Kopf gestoßen. Wie hatte sie nur in ihrer Provokation so weit gehen können, ohne Bescheid zu wissen? Hatte sie Delacourt falsch eingeschätzt?
»Das ... wusste ich nicht«, sagte sie entschuldigend.
»Ich will Ihnen mal was sagen, Frau Bouvier!«, fuhr Delacourt fort. »Das Thema mit der Familie war vielleicht – nein, mit Sicherheit – eine bittere Pille für mich. Aber ich bin darüber hinweg. Was mich heute noch reizt, sind Business Challenges! Sie werden es mir vielleicht nicht glauben, aber in den letzten zehn Jahren hatten Anne und ich vermutlich nicht mehr als zehnmal Sex! Trotzdem bin ich Anne seit unserer Hochzeit treu! Hundertprozentig! Ich schätze den Anblick einer schönen Frau. Als Sie hier vorhin hereingekommen sind, habe ich mich, wie schon bei unserer ersten Begegnung, an Ihrem Anblick erfreut. Sie sind – aber das werden andere Ihnen täglich sagen – eine ausgesprochen attraktive Frau. Mein Sinn für alles Schöne schätzt Ihren Anblick sehr. Aber da hört es auf! Keine Sekunde habe ich mir ausgemalt, wie es wohl wäre, Ihnen Ihre an Stil gänzlich mangelnde Kleidung vom Körper zu reißen und sie auf meinem Schreibtisch zu vernaschen.«
»Könnte ich den Ehevertrag mal einsehen?«, fragte Marie nach einem Moment peinlichen Schweigens.
»Sicher«, erwiderte Delacourt wieder gefasst. »Ist es Ihnen recht, wenn ich Ihnen morgen eine eingescannte Version per E-Mail schicke?«
Marie nickte.
»Danke«, sagte sie. »Kommen wir zu etwas anderem. Ich habe Sie bisher noch nicht gefragt, wer Ihrer Meinung nach das größte Interesse daran hätte, vertrauliche Finanzinformationen an diese Patricia Courtois weiterzugeben.«
»Keine Ahnung«, antwortete Delacourt, jedes Wort betonend. »Ich jedenfalls nicht. Mit Verlaub, für mich sind die Beträge, um die es da geht, das Risiko gar nicht wert.«
»Halten Sie es für möglich, dass Ihre Frau in die Sache verwickelt ist?«
»Eigentlich nicht. Sie lebt für das Unternehmen. So was würde sie nicht machen. Aber finden Sie’s heraus. Schließlich hab’ ich Sie damit beauftragt.«
Stimmt, gab Marie innerlich zu.
»Was ist mit Gael Johnson?«, fragte sie weiter.
»Der Junge hat was auf dem Kasten. Wenn er wollte, könnte er es sicher so spielen, dass niemand – auch Sie nicht – dahinter kommt. Aber ich halte auch das für unwahrscheinlich. Gael ist zu loyal.«
»Vergessen wir mal kurz diese Loyalitätssache«, sagte Marie. »Was könnte Johnson für Gründe haben, sich in so eine Angelegenheit zu verwickeln?«
»Was weiß ich? Vielleicht weil er Geld braucht?«
Da war es wieder. Das Geld. Anne Delacourt hatte auch gemutmaßt, dass jemand einfach Geld brauchte. Aber das ergab keinen Sinn.
»Das verstehe ich nun überhaupt nicht«, bemerkte Marie. »Johnson ist doch – genau wie alle anderen – an Mod’éco beteiligt. Seine Anteile müssen ein Vermögen wert sein.«
»Sicher. Aber was hilft das, wenn er nicht rankommt?«
»Wieso sollte er nicht rankommen?«
»Weil wir uns darauf geeinigt haben, dass in den ersten zwölf Monaten nach dem Börsengang niemand Anteile verkauft. Das würde kein besonders gutes Signal an den Markt senden. Wir waren uns alle einig: Erst mal bleiben wir alle an Bord. Später sieht das anders aus.«
»Ah«, machte Marie. Das war interessant. Eigentlich hätte es sie nicht überraschen sollen. Sie wusste, dass solche Vereinbarungen eine übliche Praxis waren. »Wenn Johnson also kurzfristig viel Geld brauchte, würde ihm das ein Motiv geben.«
»Was für ein Quatsch!«
»Haben Sie doch gerade selbst gesagt.«
»Weil Sie mich gefragt haben, unter welchen Umständen er in die Sache verwickelt sein könnte! Da ist mir nichts anderes eingefallen«, schnaubte Delacourt. »Aber das ist doch lächerlich! Völlig absurd! Wofür sollte Gael Geld brauchen? Er macht den ganzen Tag nichts anderes als arbeiten. Und die Nacht auch. Sein Jahresgehalt beträgt hundertzwanzigtausend Euro. Das ist zwar nur Fliegendreck im Vergleich zu dem Wert seiner Anteile an Mod’éco, aber glauben Sie mir, es ist mehr, als er braucht! Wenn er wirklich mehr bräuchte, weiß er, dass er sich an mich wenden könnte. Ich würde jederzeit einen Teil seiner Anteile übernehmen und ihm einen mehr als fairen Preis machen! Dadurch, dass die Anteile nur zwischen uns umverteilt würden, wäre das in Ordnung. Das wäre sauber, risikofrei und viel unkomplizierter. Aber ich wiederhole: Sie sind die Detektivin. Ich teile nur meine Einschätzung mit, weil Sie danach fragen.«
Später zu Hause öffnete Marie auf ihrem Laptop den Ordner 22_Mod’éco und die Liste mit den Verdächtigen. Wie war das, was sie heute erfahren hatte, einzuschätzen? Philippe Delacourt hatte an Sympathie verloren. Doch darum ging es nicht. Unsympathisch oder nicht – Delacourt hatte kein erkennbares Motiv. Er hatte Marie nicht nur beauftragt, für ihn stand auch mehr auf dem Spiel als für jeden anderen. Sie fügte ihn auf der Liste der Verdächtigen hinzu und stufte ihn etwas widerstrebend auf ihrer Verdächtigkeitsskala auf drei ein.
Wenn sie Delacourt glaubte, hatte seine Frau ebenfalls keinen Grund, sich in einem illegalen Insiderhandel zu involvieren. Also stufte Marie Anne Delacourt auf fünf herunter, nachdem sie vorher eine Sechs gehabt hatte.
Anne Cabart gab Marie eine Vier. Wenn sie ihren Zahlen glaubte, blieb Gael Johnson der Hauptverdächtige, auch wenn alle Befragten einstimmig Johnsons besondere Loyalität betont hatten.
Vielleicht ist es nicht so schwierig, sondern das Offensichtliche, überlegte Marie. Sie dachte an ihren Vergleich mit dem Wolf und der Schafherde. Dieser Logik folgend, musste Johnson der Insider sein. Andererseits schien das Mod’éco-Management um Anne Delacourt ein eingeschweißtes Team zu sein. Marie musste an einen Roman von Agatha Christie denken, in dem alle Verdächtigen ein Motiv hatten. Schließlich stellte sich heraus, dass sie alle gemeinsame Sache gemacht hatten. Kam das für den Fall Mod’éco infrage? Was, wenn sie alle miteinander unter einer Decke steckten? Aber warum? Das ergab keinen Sinn.
Plötzlich klingelte Maries Handy. Die Nummer des Anrufers wurde nicht angezeigt.
»Hallo?«, meldete sie sich.
»Hast du auf meinen Anruf gewartet, Schlampe?«
Als sie die verzerrte Stimme des anonymen Anrufers vom Montagabend vernahm, stellten sich Marie die Haare auf.
Lass dir nicht anmerken, dass er dich verunsichert!
»Vielleicht können wir uns mal treffen«, schlug sie vor und es gelang ihr, einigermaßen lässig zu klingen.
»Damit ich’s dir mal so richtig besorge? Ich denk’ drüber nach.«
Und dann war die Leitung wieder tot.
Befremdet starrte Marie auf das Display. Was hatte dieser Fünfzehn-Sekunden-Anruf zum Ziel gehabt? Ihr war nicht wohl bei der Sache, doch sie zwang sich, dem jetzt nicht nachzugehen. Stattdessen nahm sie sich die Kopien, die sie am Mittag von Jean-Baptistes Unterlagen gemacht hatte, vor. Ihr schien schon bald, dass die meisten der Seiten, die sie wahllos von Jean-Baptistes Schreibtisch aufgegriffen und kopiert hatte, nichts mit dem Fall Goldberg zu tun hatten. Jean-Baptiste hatte die Wikipedia-Seite zu Tolkiens »Der Herr der Ringe« ausgedruckt. Des Weiteren waren da ein paar Artikel zum bevorstehenden G8-Gipfel. Schließlich blieb nur ein einziges Blatt Papier: eine handschriftlich erstellte To-do-Liste. Obwohl Jean-Baptiste den Namen Goldberg nie ausgeschrieben hatte, sondern immer nur die Initialen der Goldberg-Familie verwendet hatte, war offensichtlich, dass diese eine Seite relevant war.
Marie ging die notierten Aufgaben und offenen Fragen durch.
Zu klärende Fragen:
Finanzsituation der G: wirklich nur die 30.000 FF oder noch irgendwelche Anlagen?
Verbleib der verschollenen Tochter?
Mögliche Fluchtorte von HG? Land sofort verlassen?
Warum hat HG seinen Job als Forscher aufgegeben?
Wie konnte HG nach dem Mord so schnell untertauchen? Langfristig vorbereitet?
Geldtransfers?
Wieso hat SG HG betrogen?
Wie hat HG herausgefunden, dass SG ihn betrügt?
Wer waren HGs Freunde?
Wer waren SGs Freunde?
Reisen & Urlaubsziele der G?
Lebensstil?
Welche Agentur vermittelt die ehemalige Wohnung der G?
Wer wohnt jetzt in der Wohnung?
Wer hat außer Mellier an dem Fall gearbeitet?
Wer ist Doktor Chambille?
Was ist P-F?
To-dos
Einwanderungsbehörde für mehr Hintergrundinfos zu den G
Rathaus 13. Arrondissement wegen Eheschließung
Einbürgerungsbehörde – Infos Annahme der französischen Staatsbürgerschaft SG, HG
Krankenhaus Pitié-Salpêtrière – ehemalige Kollegen von SG? Geburten der zwei Kinder? HG dort bekannt?
Paris Université Club, wo HG und die Kinder offenbar Tennis spielten
Butte-aux-Cailles-Viertel, wo HG sein Schokoladen-Café hatte
Forschungslabor, in dem HG gearbeitet hatte, bevor er das Schokoladen-Café eröffnete (Name des Labors noch in Erfahrung zu bringen) – Grund für sein Ausscheiden?
Schulen der Kinder
Universitäten, bei denen SG und HG eingeschrieben waren
Diesen Arzt, Doktor Chambille, aufsuchen wegen HGs Termin vor Mord
Banque Postale wegen Finanzsituation der G. Getrennte Konten oder gemeinsames Konto?
Immobilienmakler, der die Wohnung vermietet, ausfindig machen. Infos zu den G?
Botschaften von Burundi und Deutschland (?)
Fabrice Mellier anrufen (Telefonnummer??)
Die meisten der Fragen überraschten Marie nicht, denn auch sie hatte die Goldberg-Akte aufmerksam gelesen. Die Punkte zu dem genannten Doktor Chambille und der etwas kryptische Eintrag »was ist P-F?« schien Jean-Baptiste für besonders relevant zu halten. Sie waren unterstrichen und mit einem dicken Ausrufezeichen am Blattrand versehen. Marie stimmte Jean-Baptiste bei.
Viele der Aufgaben waren mit einem Haken versehen; Jean-Baptiste musste diese bereits abgearbeitet haben. Anders als Michel Moncourt gemutmaßt hatte, schien Jean-Baptiste fleißig gewesen zu sein. Marie war beeindruckt.
Ein paar weitere Fragen hatte Jean-Baptiste offenbar nachträglich hinzugefügt:
Wo waren die Gs 1994 und 1995 während der Sommerferien?
Wenn sie 2 Monate nicht da waren, wie konnte das mit SGs Arbeit zusammenpassen?
Was war während der jeweils 2 Monate mit HGs Schokoladencafé?
Was hatte Jean-Baptiste an den Sommerferien 1994 und 1995 auffällig gefunden? In der polizeilichen Akte fand sich jedenfalls keine Antwort auf diese Fragen.
Maries Blick blieb an einer Randnotiz hängen.
»Gilles Ho anrufen?«, hatte Jean-Baptiste dort in schlecht leserlicher Schrift hingekritzelt.
Interessant! Der alte Klassenkamerad von der Polizeischule, dachte Marie. Ich bin gespannt, wie das weitergeht.
Es war an der Zeit, dass sie im Fall Goldberg eine aktivere Rolle einnahm. Sie würde das am nächsten Morgen in Angriff nehmen.