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4. Interventionsforschung: Imagination/Hypnose/Entspannung

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Die Arbeit mit Imagination ist innerhalb der Verhaltenstherapie zugunsten des kognitiven Ansatzes sehr zurückgegangen. Während Lazarus noch die imaginative Ebene in die Verhaltensanalyse einbezog (BASIC-ID), verschwand sie mit der SORCK-Analyse nach Kanfer als diagnostisch oder therapeutisch relevante Ebene. Erst im Rahmen der Schmerztherapie und vor allem im Rahmen der Traumatherapie gab es eine Renaissance der imaginativen Ebene, die jedoch der störungsspezifischen Betrachtung untergeordnet wurde.

Was ist Imagination? Petermann & Kusch (1993) verstehen darunter im Gegensatz zum abstrakten Denken das «Vermögen bildhaft anschaulicher Vorstellungskraft», welches neben visuellen auch andere Vorstellungsaspekte beinhalten kann (körperliche Prozesse, Gerüche etc.). Diese Vorstellungskraft ist in ganz normalen Gesprächen aktiviert und kann gesteigert werden durch Trance (Fokussierung der Aufmerksamkeit und Ausrichtung auf innere Prozesse). Imaginationen sind keine Abbilder «der Realität» (ikonologische Betrachtungsweise), sondern komplexe Repräsentationen des Gedächtnisses, die in unterschiedlicher Qualität aktiviert werden können. Diese Qualität lässt sich charakterisieren durch die drei Kriterien «Leichtigkeit» (Verfügbarkeit perzeptueller Inhalte), «Konkretheit» (Verfügbarkeit semantischer Repräsentationen) und «Lebhaftigkeit» (Verbundenheit mit emotionalen und physiologischen Reaktionen).

Typisch für die klassische Hypnose ist das Erreichen einer tiefen Trance, in der die Außenwahrnehmung fast vollständig herabgesetzt ist und die Motorik so stark reduziert ist, dass es kein Bedürfnis mehr gibt zu sprechen. In einer mittleren Trance besteht jedoch guter Kontakt zur Außenwelt, man kann verbalisieren, und die aktuelle Aufmerksamkeit und die Gedächtnisaktivierung sind wesentlich intensiver miteinander verknüpft als im üblichen Wachzustand bzw. im semantisch-kognitiven Modus!

Bongartz (1998) beschreibt die Effekte der tranceinduzierten Arbeit folgendermaßen: auf der erlebenden Ebene größere Emotionalität, Fokussierung der Aufmerksamkeit, Zunahme der Vorstellungsaktivität, veränderte Zeitwahrnehmung (Verlangsamung) und Veränderung der Körperwahrnehmung (verbesserte Interozeption); auf der physiologischen Ebene Zunahme der Theta-Aktivität (EEG), Abnahme von Katecholaminen, Veränderungen im Blutbild und Dämpfung sympathikotoner Erregungsniveaus. Eine mittlere Trance ist also ideal für die Imaginationsarbeit und kann in der Regel die Aktivierung und Verarbeitung von Gedächtnisinhalten erleichtern.

In nicht hypnosetherapeutischen Kontexten kann dieser Effekt auch durch eine initiale Entspannung erreicht werden, die physiologisch vergleichbar ist zur mittleren Trance. Die typischen Effekte der Entspannung sind: gleichmäßigere Atmung, Abnahme der Herzfrequenz, Zunahme der Verdauungsaktivität, Minimierung der kognitiven Aktivität.

Das besondere Merkmal der Entspannung ist die Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf körperliche Prozesse, während der Trancebegriff weiter definiert ist. Ein wichtiger Unterschied zwischen Entspannung und tiefer Trance besteht auch in der sprachlichen Anwendung: Während in den klassischen Entspannungsmethoden (Progressive Muskelentspannung – PMR – nach Jacobsen 1934; Autogenes Training – AT – nach Schultz 1932) direkte Aufforderungen formuliert werden («Ihre Arme werden ganz schwer»), bedient sich die Hypnose einer indirekten Formulierung, die mehr Spielraum für individuelle Wahrnehmungen lässt («Möglicherweise bemerken Sie eine gewisse Schwere oder auch Leichtigkeit in den Armen»). Der verbale Kontakt mit dem Therapeuten wird für Patienten vor allem dann als hilfreich erlebt, wenn seine Aussagen nicht den Wahrnehmungen des Patienten widersprechen.

Hofmann (1999) kombiniert daher die klassische PMR mit der indirekten Sprache der Hypnosetherapie, Elementen der Atementspannung und Visualisierungen zu einer «integrierten Entspannung». Reaktanzphänomene oder Inkompetenzgefühle aufseiten der Patienten («Ich kann einfach nicht entspannen») können so eher verhindert werden. Während vormals Jacobsen von einer «Schärfung des Muskelsinns» sprach, würde man heute gerade bei Anwendung einer integrierten Entspannung von einem verbesserten Zugang zur Körperwahrnehmung und der Etablierung eines inneren Raums sprechen. Von einem vertieften Zugang zum Körper ist in der Folge auch eine bessere Verarbeitung von Emotionen zu erwarten. Man könnte hier auch von einer Desomatisierung und einer Rückübersetzung von Körperempfindungen in emotionale Vorgänge sprechen, insofern als Entspannung und emotionale Imaginationsarbeit miteinander kombiniert werden (Kap. 12.4). Eine Verbindung von Entspannung und Imaginationsarbeit kann somit zu wechselseitiger Vertiefung führen.

Verhaltenstherapie emotionaler Schlüsselerfahrungen

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