Читать книгу Wunder - Kurt Erlemann - Страница 6

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1.2 Erste Fragen und Antworten

1.2.1 Hat Jesus Wunder getan?

Das historische Geschehen hinter den Wundertexten liegt im Dunkeln. Die Evangelien sind keine Tatsachenberichte, sondern Glaubenszeugnisse. Gleichwohl ist die Annahme einer Wundertätigkeit Jesu plausibel: Sie erklärt stimmig die daraus entstandene Wirkungsgeschichte inklusive Christus- und Wunderglauben, Jüngerschaft und Kirche. Welche Wunder Jesus im Einzelnen getan hat, lässt sich nicht rekonstruieren. Die Reduktion historisch ‚wahrscheinlicher‘ Wundertaten auf rational erklärbare Heilungen und Exorzismen ist kein Lösungsweg für diese Frage und wird dem Wahrheitsanspruch der Texte nicht gerecht (→ 2.4; 3.6.2).

1.2.2 Was ist die ‚Wahrheit‘ der Wundertexte?

Die Wundertexte sind weder Tatsachenberichte noch fromme Märchen oder Mythen; ihr Wahrheitsgehalt liegt dazwischen. Er erschließt sich aus der heilvollen Wirkung der Wunder und aus der Vielzahl an Sinnebenen, welche die Texte transportieren. Ein Wunder, so lässt sich vorab sagen, ist ein umfassendes, die physische, psychische, soziale und religiös-moralische Dimension des Menschseins betreffendes, Geschehen, welches auf übernatürliche, göttliche Weise menschliche Not heilvoll verändert. In der Symphonie der Sinnebenen und der theologischen Aspekte liegt die bleibende Wahrheit und Relevanz der Wundertexte.

1.2.3 Kann man noch an Wunder glauben?

„Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Ich glaube an Letzteres.“1

Intensive Wundererfahrungen sind der Anfangszeit des Christentums vorbehalten. Die Zeit seither ist wunderarm. Berichten über heutige wunderhafte Vorgänge begegnen wir verständlicherweise mit großem Vorbehalt. Das liegt nicht nur an unserer naturwissenschaftlich-rationalen Prägung, sondern auch daran, dass sich wunderhafte Ereignisse ‚wunderbar‘ vermarkten lassen und der Begriff Wunder inflationär und in profanisierter Weise verwendet wird. Gleichwohl lassen sich sporadisch wunderhafte Ereignisse konstatieren oder zumindest als Wunder deuten (Lourdes, Wunder von Lengede u.a.). – Wundererfahrungen setzen eine Offenheit für wunderhaftes Geschehen voraus. Das ist nur jenseits nüchtern-analytischer Weltdeutung, etwa in einer religiös-mystischen Optik auf die Wirklichkeit, möglich. Die in den Wundertexten angelegte Wunderlogik zeigt konkret, was Wundererfahrungen möglich macht: ein intensives Zusammenspiel bzw. Einswerden von Hoffnung, Glauben und Gebet einerseits und liebend-barmherziger Zuwendung des göttlichen Wundertäters andererseits (→ 1.5; 3.6.2f.).

1.2.4 Wozu sind Wundertexte gut?

Wunder und Wundertexte sind aus mehreren Gründen theologisch unverzichtbar: Erstens, sie transportieren den Glauben an den allmächtigen Schöpfergott, der sich fürsorglich um die Welt und das Leben darin kümmert und selbst aus dem Tod heraus neues Leben schaffen kann. Zweitens, an den Wundern macht sich die eschatologische Hoffnung auf umfassende Erlösung von Leiden, Angst und Vergänglichkeit fest. Drittens, die Wundertexte wirken bis heute als Hoffnungs-, Ermutigungs- und Befreiungstexte. Sie zeigen, dass natürliche, soziale und religiös-moralische Grenzen durch Gottes heilvolle Schöpfermacht aufgebrochen werden können. Sie weiten damit den Horizont dessen, was möglich erscheint, und setzen Handlungsimpulse frei, um die Welt schon jetzt heilvoll zu verändern.

1.2.5 Welche Themen sind mitzudenken?

Tangiert ist mit der Wunderthematik die Frage des Verhältnisses von Theologie und Glauben einerseits und Naturwissenschaft und Vernunft andererseits. Mithin geht es um die Frage des ntl. Weltbilds im Vergleich zum heutigen. Zu betrachten sind weiterhin das antike Medizinwesen, die Außenwahrnehmung Jesu, sein Verhältnis zu anderen Wundertätern sowie die Wunderforschung mit ihren Leitfragen und Ansätzen. Die Frage der Vermittlung von Wundertexten, sprich: Wunderhermeneutik und Wunderdidaktik, runden das Fragetableau ab.

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