Читать книгу Lash (Gefallener Engel 1) - L.G. Castillo, L. G. Castillo - Страница 8

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Jane wische sich die verschwitzten Hände am Saum ihrer schwarzen Bluse ab. Sie sah aus der getönten Fensterscheibe des Mercedes hinaus auf die kleine Menschenansammlung, die sich um den geschlossenen Sarg versammelt hatte. »Das hier ist falsch, Luke. Ich sollte nicht hier sein.«

Luke nahm sein Handy vom Halter und tätschelte Janes Hand. »Wir haben das doch besprochen«, sagte er. »Es wäre schlimmer, wenn du der Familie nicht deine Anteilnahme für ihren Verlust aussprächest. Du bist vollkommen in Sicherheit. Sal wird direkt hinter dir sein.«

»Das meinte ich nicht,«, entgegnete sie. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war die Familie mit Sals Anwesenheit zu beunruhigen. »Meinetwegen ist dieser arme Mann tot. Ich bin die Letzte, die sie sehen wollen.«

»Es wurde entschieden, dass es ein Unfall war«, merkte er an.

»Der Mann ist tot.« Sie schloss die Augen und presste eine Hand gegen ihre Stirn. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für eine weitere Migräne. »Ich habe nicht auf die Straße geachtet und deshalb hat ein Mann sein Leben verloren.«

Luke nahm ihre Hand und gab ihr ein Aspirin. »Es war nicht deine Schuld.« Er reichte ihr eine Flasche Wasser. »Eine meiner Quellen in der Investigation sagte mir, dass er Alkohol im Blut hatte.«

»Ich bin sicher, das hätten sie in meinem auch gefunden, wenn sie sich die Mühe gemacht hätten, es zu überprüfen.« Jane warf sich die Pille in den Mund und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Beerdigung. Eine kleine ältere Frau, wahrscheinlich die Mutter des Mannes, lehnte sich an einen jungen Mann und weinte an seiner Brust.

»Das hast du Sals Geistegegenwart zu verdanken.« Luke drehte sich beim Geräusch von knirschendem Kies um, als ein Lieferwagen neben dem Auto zum Stehen kam. »Gut. Sie sind hier.«

»Du hast die Medien herbestellt?« Jane schnappte nach Luft. »Unglaublich.«

»Sieh mal, Jane. Wir können nicht das Risiko eingehen, dass dieser Vorfall deinen unbefleckten Ruf beschmutzt.« Luke tippte an die Rückseite des Fahrersitzes. »Sie ist so weit.«, sagte er zu Sal.

»Ich möchte das hier lieber privat erledigen.« Sie hasste den Gedanken an eine Übertragung ihrer Entschuldigung in den Abendnachrichten.

»Deine Wahl in ein politisches Amt betrifft mehr als nur dich selbst.«, sagte Luke streng. »Denk an all die Arbeitskraft und das Geld, das dich zu dem gemacht hat, was du heute bist. Du schuldest es der Partei.«

So sehr Jane es hasste, das zuzugeben, er hatte Recht; zu viele Menschen verließen sich auf sie und im Spiel der Politik war das Image alles.

Luke sah hinunter auf seine Uhr. »Es wird nur wenige Minuten dauern. In einer Stunde steht die Spendenaktion des Houstoner Kinderkrankenhauses im Stadtzentrum an.«

Janes Magen verkrampfte sich. Sie konnte sich nicht vorstellen, diese bedauernswerte Familie zu verlassen und dann direkt zu einer Spendenaktion zu fahren, wo sie eine Rede über die Wichtigkeit des gegenseitigen Unterstützens in einer Gesellschaft in schweren Zeiten halten sollte. Es fühlte sich so verlogen an.

Die Tür öffnete sich und Sal streckte ihr abwartend seine Hand entgegen. Sie seufzte, reichte ihm die Hand und stieg aus. Als sie in Richtung der Versammelten gingen, konnte sie fühlen, wie ihre Augen neugierig zu ihr hinsahen. Sie blieb in einiger Entfernung stehen und wartete auf den richtigen Moment, um sich den Durans zu nähern. Sie musste an dein kleinen Jungen denken, Javier, der an jenem schicksalhaften Tag hinter ihr gesessen hatte, als ihr Flugzeug von Los Angeles abgestürzt war und alle bis auf sie beide umgekommen waren.

Als sie herausgefunden hatte, dass der Name des Mannes, in den sie hineingefahren war, Javier Duran war, hatte sie Luke gebeten, etwas über dessen Hintergrund herauszufinden. Die Wahrscheinlichkeit war gering, dass es sich um den gleichen Javier handelte, dem sie vor vielen Jahren begegnet war, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass es sich um dieselbe Person handelte. Sie war erleichtert gewesen, als Luke ihr mitgeteilt hatte, dass er untröstlich sei, aber der Javier aus dem Flugzeug sei vor Jahren an Krebs gestorben.

»Frau Senatorin.« Sal berührte sie am Ellbogen und führte sie näher an die Gruppe heran.

Jane sah zu den Medienvertretern und presste ihre Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. Die perfekte Szene, dachte sie. Stellt bloß sicher, dass ihr das Aushängesschild der American Federation Party auf das Foto bekommt, wenn sie die Familie tröstet.

Als die Beerdigungszeremonie sich dem Ende näherte, wartete Jane ab, bis die anderen gegangen waren, bevor sie sich ihnen näherte. Tief einatmend wischte sie sich die Hände ein letztes Mal an ihrem Rock ab und ging auf die trauernde Familie zu.


Naomi musste ihre ganze Kraft aufwenden, um zu bleiben, wo sie war und nicht vor dem Schmerz wegzulaufen, der sie zu überwältigen drohte. Während der letzten paar Tage der Beerdigungsvorbereitungen hatte sie es geschafft, die Trauer über den Verlust ihres Vaters in Schach zu halten.

Beim Anblick Belitas, die sich in ihr schwarzes Spitzentuch schnäuzte, zerriss es ihr das Herz und sie fragte sich, was für ein Gott ihnen das antun würde. Von all den Menschen auf der Welt, warum er? Warum jetzt? Es war nicht fair. Ihr Vater war endlich dabei gewesen, sein Leben umzukrempeln und es neu aufzubauen, nur um es innerhalb eines Augenblicks zu verlieren.

Sie legte eine Rose auf seinen Sarg und fragte sich, was sie tun würde, jetzt, da er tot war. In diesem Moment sah sie aus einem Augenwinkel heraus eine schlanke Frau aus einem schwarzen Mercedes steigen. Ihre Augen verengten sich, als sie erkannte, wer es war. Für wen zur Hölle hält sie sich, dass sie hierher kommt?

Sie stieß einen unterdrückten Fluch aus, als zwei Männer mit Kameras dicht hinter der Senatorin folgten.

Chuy stupste sie am Arm an. »Was ist los?«

»Da drüben.« Sie deutete mit dem Kopf in Richtung der Eindringlinge. »Die Dreistigkeit dieser Frau. Sie hat ihre eigene Crew mit dabei.«

»Wir sind hier fertig. Ich werde Lalo sagen, er soll das Auto holen. Belita muss das nicht ertragen.«Chuy eilte zu Belita, die sich gerade mit dem Priester unterhielt.

»Beeil dich.« Naomi beobachtete die Senatorin, als sie auf sie zu kam. Ihre Absatzschuhe knirschten auf dem Kies, der den Pfad bedeckte. Ein grobschlächtiger Riese folgte hinter ihr. Mit seinem schwarzen Cowboyhut und seinen Krokodillederstiefeln sah er aus wie der typische Texaner, aber der scharfe Blick in seinen Augen strahlte Gefahr aus. Sie fröstelte.

»Was ist los, Mijita?« Belita trat neben sie. »Chuy sagt, du willst gehen.«

»Es wird heiß, und die Hitze ist nicht gut für dein Herz«, antwortete Naomi. »Wir müssen dich nach Hause bringen.«

Belita sah verwirrt aus. »Meinem Herzen geht es – «

»Mrs. Duran!«, rief Jane ihr zu.

»Scheiße,«, murmelte Naomi leise.

Belita drehte sich um und Wiedererkennen zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. »Senatorin Sutherland.«

Naomi stellte sich vor Belita. »Senatorin, wir haben Ihnen nichts zu sagen.« Sie nahm Belitas Arm und steuerte sie in Richtung ihres Autos.

»Nein, bitte,«, sagte Jane und trat auf sie zu. »Bitte fühlen Sie sich nicht angegriffen. Ich bin hier, um Ihnen mein Beileid auszusprechen.«

Naomi fuhr herum. »Sie sind nicht unseretwegen hier.« Sie schoss einen Blick in Richtung der Nachrichtenkameras. »Sie sind hier zu Ihrem eigenen Vorteil, Sie Schlam – «

»No seas grocera, Naomi!«, schalt Belita. »Hüte deine Zunge.«

»Tut mir leid, Belita. Diese Frau verdient keine Freundlichkeit. Sie platzt hier herein mit ihrem schicken Mercedes, als ob ihr alles gehörte, und denkt sich, sie kann einfach sagen ,Es tut mir leid’ und wir werden uns alle umarmen und ihr vergeben.«

»Das ist gar nicht meine Absicht, schauen Sie – « – Jane nahm einen tiefen Atemzug – »beruhigen wir uns doch alle, bevor die Dinge eskalieren.«

»Uns beruhigen? Beruhigen?« Naomi ließ Belita los und machte einen großen Schritt auf Jane zu, die Hände zu Fäusten geballt. »Lady, Sie haben keine Ahnung, wozu ich fähig bin.«

»Chuy, halt sie zurück!«, rief Belita und ihre Augen weiteten sich, als sie Sal in die Innenseite seines Jacketts greifen sah.

Jane berührte Sal am Arm und schüttelte den Kopf. Er zögerte und trat zurück, seine Hand noch immer im Jackett.

»Komm, Naomi.« Chuy ergriff ihren Arm. »Du regst Belita auf.«

»Ich? Ich rege sie auf? Sie – « – Naomi zeigte auf Jane – »sie hat doch angefangen, indem sie ihre Visage hier zeigt.« Naomi hatte Mühe, sich von Chuys festem Griff zu befreien, ihre Stimme klang hitzig. »Sie will in die Nachrichten kommen. Ich werde sie in die Nachrichten bringen. Ich werde ihr Video berühmt machen.«

»Naomi… hör auf.« Belita bgeann zu schnaufen.

»Beruhigen wir uns doch.«, sagte Jane. »Ich bin sicher – «

»Halten Sie verflucht nochmal die Klappe!«, knurrte Naomi und sah dann zu Belita. »Sehen Sie doch, was Sie meiner Großmutter antun.« Sie drehte sich zu der TV-Crew um. »Nehmen Sie das auch alles auf? Ist das Belästigen einer alten Frau genug, um Ihnen hohe Einschaltquoten zu sichern oder brauchen Sie noch ein bisschen Blut?«

»Hör auf damit. Sofort!« Chuy schüttelte Naomi, dann packte er ihr Gesicht. »Sieh mich an. Reiß dich zusammen. Was würde dein Vater sagen, wenn er sähe, dass du dich so aufführst?«

Naomi sah Chuy an und blinzelte. In seinen braunen Augen sah sie ihren Vater. Die Erkenntnis erfüllte sie und sie hörte Belita hinter sich schluchzen, als sie sie mit ihrer weichen Stimme darum bat, mit ihnen nach Hause zurückzukehren. Sie wollte wütend bleiben. Wut war das Einzige, das die dunkle Trauer zurückhielt, die sie zu überwältigen drohte. Sie sah hinab auf Belita und dann zurück zu Chuy.

Der Schmerz überkam sie mit aller Macht, als ihr klar wurde, wie sehr sie der einzigen Familie wehtat, die sie noch hatte. Sie musste aufhören – für den Moment.

Tränen brannten in ihren Augen und sie schluckte schwer, als das Feuer in ihr abkühlte. Das Letzte, was sie wollte, war, der Welt zu zeigen, wie sie heulte.

Ohne ein weiteres Wort ging sie zu Belita, küsste sie auf die Wange und legte ihr einen Arm um die dürre Schulter, als sie sie zum Auto führte.

»Mrs. Duran. Wenn es irgendwas gibt, was ich für Sie tun kann…«

Diese Frau wird nicht aufgeben. Statt einer Antwort packte Naomi den Türgriff, drehte sich aber nicht um. Sie atmete tief ein und schwor sich, dass sie einen Weg finden würde, der Senatorin heimzuzahlen, was sie getan hatte. Auf die eine oder andere Weise würde sie Gerechtigkeit für ihren Vater finden.

Lash (Gefallener Engel 1)

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