Читать книгу der verstellte Ursprung - L. Theodor Donat - Страница 33
Оглавление— Gastfreundschaft
Beim Empfang eines Fremden reicht eine junge Frau zuerst eine Kalebasse mit Wasser, nicht ohne zuerst daraus einen kleinen Schluck zu trinken. Das hat eine Vielzahl von Bedeutungen. Für den Gast ist es ist sicher erfreulicher, ihre vollen Brüste zu sehen, als die hängenden Brüste einer alten Frau! Dem Fremden wird auf jeden Fall Wasser, das Wasser des Hauses offeriert, es ist gut, denn das Mädchen hat davon gekostet. Der Fremde wird die Kalebasse nehmen und als Trankopfer ein wenig Wasser auf die Erde giessen. Damit zeigt er, dass er die Ahnen der Familie ehrt. Dass er dann trinkt, beweist der Familie, dass sie von einem Menschen besucht und nicht durch einen Geist getäuscht wird. Das Wasser, das er trinkt, bedeutet das Leben, das die Familie mit dem Gast teilen will. Selbst wenn Hirsebier zur Verfügung stände, das allen gemeinsame Wasser muss zuerst getrunken werden. Es könnte ja Familien geben, die nichts anderes haben. So spielt das Prinzip der Gleichheit in zahllosen Variationen. Alle Massnahmen beim Empfang des Fremden sollen dazu dienen, dass er wieder Mensch werden kann.
Müdigkeit, Hunger und vor allem Durst schränken das Menschsein ein. Bevor der Fremde nicht getrunken und gegessen hat, bevor er nicht über alle seine körperlichen und geistigen Kräfte verfügt, wird man ihm keine Fragen stellen, ihn mit keinen Problemen konfrontieren.
Es geht immer zuerst um Menschwerdung und Leben. Und wenn jemand per Zufall in ein Haus kommt und die Familie beim Essen findet, so wird er aufgefordert, daran teilzunehmen. Sein Anteil befindet sich sozusagen in der bereitgestellten Nahrung, denn kein Leben kann allein gelebt werden.
Am Beispiel des spirituellen Werts der Gastfreundschaft zeigt sich wieder, dass jeder spirituelle Wert eine materielle Basis (Wasser, Kalebasse) braucht. Anderseits gibt es kaum etwas Materielles, das nicht auch eine spirituelle Bedeutung hat.
Klar bin ich in der Hauptstadt „Grossen Menschen“ (klP) begegnet, welche die Rituale der Tradition vergessen hatten. Sie hatten ja keine Kalebassen mehr und man durfte das Bier oder den Champagner nicht auf den Teppich giessen!
Geht es bei der Gastfreundschaft in Europa nicht manchmal darum, Haus und Einrichtung vorzuführen, mit Speise und Trank den Gast zu verblüffen? Welcher Unterschied zu einer Kultur, die auf die Menschwerdung des Gastes bedacht ist.