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11. WELTUNTERGANG

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Im Reiche Gi lebte ein Mann, der war in Sorgen, daß Himmel und Erde untergehen könnten, so daß für seine Person keine Stätte mehr sein würde. Und er schlief nicht mehr und aß nicht mehr. Und da war ein anderer Mann, der war in Sorgen über die Sorgen jenes Menschen. Und er ging hin, ihn aufzuklären. Er sprach: »Der Himmel ist die Ansammlung der Luft. Es gibt keinen Raum ohne Luft. Zusammenziehen und Ausdehnen, Einatmen und Ausatmen wechselt täglich im Himmelsraum ab. Warum sollte man besorgt sein, daß er einfallen könnte?«

Der andere sprach: »Wenn wirklich der Himmel die Ansammlung der Luft ist: können dann aber nicht Sonne, Mond und Sterne herunterfallen?« Der Aufklärer sprach: »Sonne, Mond und Sterne sind nur Lichterscheinungen in dieser Luftansammlung. Laß sie nur herunterfallen: auch dadurch kann niemand verletzt werden.«

Der andere sprach: »Ja, aber was dann, wenn die Erde entzweigeht?« Der Aufklärer sprach: »Die Erde ist die Ansammlung der festen Teile, mit denen der ganze leere Raum ausgestopft ist. Es gibt keinen Raum ohne feste Teile. Täglich geht und tritt man fortwährend darauf herum: warum sollte man besorgt sein, daß sie entzweigeht?«

Da ließ jener seine Sorgen und hatte eine große Freude, und der Aufklärer ließ auch seine Sorgen und hatte auch eine große Freude.

Der Gelehrte Dschang Lu hörte das, machte sich über ihn lustig und sprach: »Regenbogen, Wolken und Nebel, Wind und Regen und die klimatischen Vorgänge: das sind die Bestandteile der Luft, die in ihrer Zusammensetzung den Himmel bilden. Berge und Täler, Flüsse und Meere, Metalle und Gesteine, Feuer und Holz: das sind die Elemente der Form, die in ihrer Zusammensetzung die Erde bilden. Wenn man nun weiß, daß sowohl die Luft als auch die feste Masse etwas Zusammengesetztes ist, wie kann man dann noch meinen, daß das nicht zugrunde geht?

Was wir Himmel und Erde nennen, ist nur ein winziges Teilchen im leeren Raum. Es ist freilich unbestreitbar, daß diese Dinge, die größten innerhalb des uns bekannten Seins, nicht leicht ein Ende nehmen und sich erschöpfen. Und es ist ferner unbestreitbar, daß es nicht leicht zu berechnen und erkennen ist. Das, worüber jener sich Sorgen machte: daß sie untergehen, liegt allerdings in weiter Ferne. Aber das, was der andere sagte: daß sie nicht untergehen, ist auch nicht richtig. Himmel und Erde werden unvermeidlich untergehen und sich in ihre Bestandteile auflösen, und wer gerade zur Zeit ihres Unterganges lebt, der hat gewißlich Grund zur Sorge.«

Meister Liä Dsï hörte es und sprach lächelnd: »Wer behauptet, daß Himmel und Erde untergehen, ist im Irrtum; wer behauptet, daß sie nicht untergehen, ist ebenfalls im Irrtum. Ob sie untergehen oder nicht, ist etwas, das wir nicht wissen können. Und doch behauptet der eine dies und der andere das. Das Leben versteht den Tod nicht, und der Tod versteht das Leben nicht. Die Zukunft versteht die Vergangenheit nicht, und die Vergangenheit versteht die Zukunft nicht. Warum also sollte ich mir darüber Gedanken machen, ob Himmel und Erde untergehen oder nicht untergehen?«

Liä Dsi

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