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4 Flammende Verse

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Luisa spürte den fauligen Atem ihres Verfolgers im Nacken. Sie rannte so schnell sie konnte über den unebenen Waldboden durch die finstere Nacht. Ihre Wadenmuskeln schmerzten, jeder hastige Atemzug tat weh. Das grauenhafte Wesen hinter ihr stieß ein heiseres Knurren aus. Seine scharfen Klauen schlitzten ihren Pullover und ihren Rücken auf. Luisa schrie verzweifelt um Hilfe – und erwachte schweißgebadet aus ihrem Alptraum. Sie setzte sich auf und strich sich die zerzausten Haare aus dem Gesicht. Ihr Herz klopfte wie verrückt.

„Verdammt“, fluchte sie. Nie wieder würde sie vor dem Einschlafen einen Zombie-Film im Fernsehen gucken. Aber nach dem turbulenten Tag gestern, hatte sie sich mit Dawn of the Dead ablenken wollen. Vielleicht wäre einer von Mollys Jane-Austen-Filmen doch die bessere Wahl gewesen.

Nach einem kurzen Blick auf ihren Wecker sprang sie hektisch aus dem Bett.

„Das darf doch nicht wahr sein!“

Vor lauter Sorge um Ophelia hatte sie gestern Abend vergessen den Wecker zu stellen. Wenn sie jetzt nicht alles gab, würde sie zu spät zur Schule kommen.

Wie ein Wirbelwind sauste sie ins Badezimmer, um nach einer Katzenwäsche hastig Klamotten aus ihrem Schrank zu ziehen. Schwarze Röhrenjeans, ein grauer Hoodie und ihre alten Chucks waren genau das Richtige für diesen ätzenden Dienstagmorgen.

Luisa band sich ihre schwarzen Locken zu einem unordentlichen Zopf hoch und schlüpfte in ihre kurze Lederjacke.

Wo war denn nur ihre Dienstagsuhr?

Abgesehen von den weißen, in Silber gefassten Muschelohrringen, die sie von ihrem Vater Ansgar aus Barcelona mitgebracht bekommen hatte und so gut wie jeden Tag trug, machte sie sich nicht viel aus Schmuck. Nur Uhren hatten es ihr angetan. Luisa nannte eine beachtliche Sammlung ihr eigen und hatte für jeden Wochentag und jede besondere Gelegenheiten eine bestimmte Uhr. Sie wühlte in der obersten Schublade ihrer antiken Kommode.

„Hab ich dich“, flüsterte sie erleichtert und band sich die schwarze Taucheruhr um ihr Handgelenk.

„Musst du nicht mal langsam los? Du kommst sonst noch zu spät!“, ertönte die Stimme ihrer Mutter von unten.

Luisa verdrehte die Augen, schnappte sich ihren Rucksack und stürmte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter.

„Wirklich? Das wäre mir jetzt gar nicht aufgefallen“, entgegnete Luisa sarkastisch, als sie die Küche erreichte. „Du hättest mich ruhig mal wecken können!“

Ihre Mutter blickte sie über den Rand ihrer Zeitung hinweg herausfordernd an: „Ich fördere nur deine Selbstständigkeit.“

Ohne eine Erwiderung verließ Luisa wütend das mütterliche Hexenhaus und schwang sich auf ihr Hollandrad. Manchmal könnte sie ihrer Mutter echt den Hals umdrehen.

Ausgerechnet heute musste sie auch noch gegen einen fürchterlichen Gegenwind ankämpfen. Anscheinend hatte sich heute die ganze Welt gegen sie verschworen.

Völlig außer Atem erreichte sie die Schule. Wenigstens hatte sie dank Sam die Hausaufgaben. Eine wahre Premiere, die ihre Laune etwas hob. Endlich konnte ihr Englischlehrer Herr Barnes kein Minus in die Hausaufgabenliste machen und seinen selbstgefälligen Blick würde er sich auch sparen müssen.

„Sie werden Augen machen, Mister Barnes“, versprach Luisa und musste leise lachen, weil er pedantisch auf die englische Anrede bestand. Die Nichtbeachtung hatte schon zu übertriebenen Strafarbeiten geführt.

Einige Stunden später betrat Luisa eilig die Bibliothek des Schillergymnasiums. Der verschlissene, grüne Teppich dämpfte ihre Schritte. Es roch muffig nach alten Büchern. Das leise Gemurmel der anwesenden Schüler war das einzige Geräusch, das durch die Stille drang.

Luisa musste ihre Freistunde opfern, um ihr Geschichtsreferat über die Dolchstoßlegende im Ersten Weltkrieg vorzubereiten. Es war mal wieder kurz vor knapp, denn sie würde den Vortrag in der nächsten Doppelstunde halten müssen.

Sie lief an den hohen Bücherregalen vorbei und erreichte den Arbeitsbereich. An einem der Plätze erkannte sie Molly, die gedankenversunken aus dem Fenster starrte. Luisa trat an ihren Tisch, der mit Büchern und vollgekritzelten Notizzetteln übersät war. Molly hatte sie immer noch nicht bemerkt.

Luisa griff nach einem Zettel, dessen Rand mit Herzchen verziert war. Da kam plötzlich Leben in ihre Freundin. Erschrocken fuhr Molly auf: „Gib das sofort wieder her.“ Sie versuchte Luisa den Zettel zu entreißen.

Diese konnte gerade noch die erste Zeile des Gedichts lesen: „Es zerbricht mein Herz so wunderbar.“

Mit entrüstetem Blick bekam Molly den Zettel wieder in die Finger.

Die Lehrerin, die Aufsicht hatte, schaute missbilligend von ihren Korrekturen auf und bedeutete den beiden, still zu sein. Mit hochrotem Kopf setzte Molly sich wieder an ihren Platz und sortierte ihre Bücher.

Luisa schob einen der Stühle neben ihre Freundin und schaute sie fröhlich an. „Entschuldige, Mollymaus. Ich wusste ja nicht, dass deine Gedichte neuerdings geheim sind.“

Molly, deren blonde Haare zu einem französischen Zopf geflochten waren, zuckte mit den Schultern. „Es ist noch nicht fertig.“

Luisa beugte sich näher zu ihr und flüsterte in ihr Ohr: „Wenn ich verspreche, niemandem davon zu erzählen, darf ich es dann lesen?“

Sie konnte Molly ansehen, wie sie mit sich rang. „Wehe, du erzählst Jess davon. Sie macht sich sowieso schon genug darüber lustig, dass ich immer an Kaspar denken muss.“

Luisa blickte ihre Freundin ernst an, hob die rechte Hand zum Schwur und wisperte: „Ich, Luisa Frost, schwöre hiermit feierlich, dass ich die Kenntnis über dieses Gedicht mit in mein Grab nehmen werde.“

Molly kicherte leise und reichte Luisa unsicher ihr Gedicht.

Es zerbricht mein Herz so wunderbar,

Bebend liege ich verraten da.

Klagelaute und Tränenfluten,

Erstickt beginne ich zu rufen:

Was bleibt, mein Licht, nur ohne dich?

Hassen werde ich wie immer mich.

Verbiete mir an dich zu denken.

Wem soll ich mein halbes Herz noch schenken?

Luisa blickte ihre Freundin erstaunt an. Diese Bedrücktheit kannte sie aus Mollys bisherigen Gedichten nicht.

„Warum fragst du Kaspar nicht einfach, ob ihr euch mal außerhalb der Theatergruppe treffen könnt?“

„Nein“, lehnte Molly strikt ab. „Kaspar ahnt nichts von meinen Gefühlen.“

Damit hat sie sicher Recht, dachte Luisa traurig. Kaspar hatte, wie alle wussten, alle Hände voll damit zu tun, seine Karriere als Schauspieler voranzubringen. Es könnte durchaus sein, dass er Molly niemals seine Aufmerksamkeit schenken würde. „Ich verstehe einfach nicht, was du an ihm findest. Klar, er sieht toll aus, aber der Rest?“ Luisa zog eine Grimasse.

Molly runzelte die Stirn. „Er ist nicht so arrogant, wie ihr immer glaubt. Wenn man erreichen will, was Kaspar sich vorgenommen hat, muss man eben straight sein.“

Das ist so typisch für Molly, dachte sie, immer sieht sie nur das Positive in einem Menschen.

Luisa war kurz geneigt, Mollys Verteidigungsversuche im Keim zu ersticken, aber sie ließ ihrer Freundin den Glauben an ihren Schwarm.

„Wie läuft es denn mit dem Wettbewerb?“, fragte Luisa stattdessen.

Molly tippte auf eine Kladde mit Blättern, dir vor ihr lag. „Ich hab das Stück fertig. Seit Tagen trage ich es schon mit mir herum.“

„Wieso das denn? Willst du es nicht abgeben?“

„Ich hatte noch nicht den Mut.“

Luisa strich ihrer Freundin über die Haare. „Trau dich ruhig! Das, was ich davon gelesen habe, war richtig gut.“

„Danke“, murmelte Molly. „Vielleicht gebe ich es Herrn Postler heute.“

„Ja. Mach das. Die Theatergruppe kann stolz sein, eine Schreiberin wie dich ins Rennen zu schicken.“

Molly lachte leise. „Ja. Man wird sehen. Aber es wäre ein Traum. Mein Stück in der alten Ruine …“

Luisa ließ Molly für ein paar Augenblicke in ihren Gedanken schwelgen, dann sagte sie: „Themenwechsel. Was gibt es Neues vom Valentinshof? Seit Ophelia auf dem Gestüt steht, kriege ich den neusten Klatsch gar nicht mehr mit.“

Molly, deren Eltern der Bauernhof gehörte, auf dem Luisas Pferd bis vor kurzem untergebracht war, schmunzelte. „Meine Mutter ist gestern ausgerastet, weil die Zwillinge das Pferd einer Einstallerin mit Fingerfarben zum Indianerpony umgestaltet haben.“

„Echt? Ich fasse es nicht. Deine kleinen Brüder sind wirklich eine Plage.“ Luisa konnte es sich bildlich vorstellen, wie Mollys Mutter furiengleich durch die Stallgasse tobte, auf der Suche nach den kleinen Übeltätern.

Ingrid Valentin, eine groß gewachsene Erscheinung mit kurzen, dunkelblonden Haaren, hatte im Hause Valentin die Hosen, besser gesagt die Reithosen, an. Wenn sie nicht Reitunterricht gab oder sich um die Pferde kümmerte, saß sie auf dem Trecker oder feilte an dem gepflegten Erscheinungsbild des alten Bauernhofes. Molly hatte von ihrer Mutter jedenfalls nur die blonden Haare geerbt, ansonsten kam sie nach ihrem Vater.

Theodor Valentin war Professor für Geschichte des Mittelalters und immer, wenn Luisa den Historiker sah, klemmte unter seinem Arm die Erstausgabe irgendeines Klassikers. Es konnte passieren, dass er seine erlesene Bibliothek tagelang nicht verließ und wenn er sprach, fühlte man sich immer in eine vergangene Zeit versetzt, so altmodisch drückte er sich aus.

Ingrid Valentin hatte es schon längst aufgeben, aus ihrer Tochter eine erfolgreiche Turnierreiterin zu machen. Auch wenn Molly sehr talentiert war, verspürte sie nicht das Verlangen, ihr Pferd jedes Wochenende über einen anderen Turnierplatz zu scheuchen. Sie nahm mit ihrem Friesen Mr. Darcy lieber an Quadrillevorführungen teil und ritt mit ihren Freundinnen durch die Wiesen und Wälder.

Während Molly von weiteren Vorkommnissen berichtete, stieg in Luisa die Sehnsucht auf: Sie wollte so gerne mit Ophelia zurückkehren. Sogar Mollys freche Zwillingsbrüder Lutz und Henry fehlten ihr. Der Valentinshof war wie eine zweite Heimat für Luisa.

„Trautes Heim, Glück allein!“, rief Luisa, als sie aus der Schule zurück war, in die Stille des Hauses hinein und warf ihre Schultasche neben die Garderobe im Flur.

In der Küche fand sie nichts Essbares, zumindest nichts, was sie sich auf die Schnelle hätte kochen können. Sie begnügte sich mit einer Handvoll Weintrauben und holte erst einmal die Dusche nach, auf die sie am Morgen hatte verzichten müssen.

Nachdem sie das Bad in heißen Dampf gehüllt hatte, warf sie einen Blick auf ihr Handy. Und wurde plötzlich hektisch.

‚Bin in 15 min. da‘, stand da im Chat mit Sam. ‚Hast du schon gegessen?‘

Sie antwortete: ‚Nein. Warum?‘

Hastig kämmte sie ihre Haare. Es ziepte höllisch, weil ihre Locken sich offenbar gegen sie verschworen hatten.

Ihr Handy vibrierte, als Sam antwortete: ‚Dann bringe ich dir was mit.‘

Sie schrieb nicht mehr zurück, sondern nutzte die verbleibende Zeit, um den Fön auf ihren Kopf zu halten, sich anzuziehen und ihre Wimpern zu tuschen.

Dann klingelte es schon.

Vor ihrer Tür stand der Junge mit Wuschelkopf, der es irgendwie schaffte, ihre Stimmbänder lahmzulegen.

„Hi“, sagte Sam.

Luisa lächelte und machte den Weg in den Flur hinein frei.

„Ich habe dir Spätzle mitgebracht.“ Sam überreichte ihr eine Plastikdose mit grünem Deckel.

„Oh. Danke.“ Sie nahm das Essen entgegen und brachte es in die Küche.

Sam folgte ihr. „Magst du Käsespätzle?“ Er stellte seinen Rucksack auf einen Stuhl und schob die Ärmel seines schwarzen Longsleeves hoch.

Luisa räusperte sich. „Auf jeden Fall. Ich hab auch tierisch Hunger.“

„Tierisch Hunger“, wiederholte Sam und lächelte schwach. Trotzdem war das zuviel für Luisas Wangen, sie waren in null Komma nichts rot.

Sie wandte sich den Küchenschränken zu, holte einen Teller heraus und stellte die Spätzle in die Mikrowelle.

„Willst du etwas trinken? Es gibt allerdings nur Kranwasser oder Maracujasaft.“ Sie lächelte betreten.

„Wasser ist gut“, antwortete er.

Luisa füllte ein Glas mit Leitungswasser und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Vielleicht half es, damit sie sich nicht weiter wie ein schüchternes Grundschulmädchen benahm. Das Wasserglas lief über und Luisa verlor die Hoffnung, dass ihre Bitte erhört würde.

„Wow. Das hast du selbst gekocht?“, fragte Luisa und nahm noch eine Gabel der himmlischen Käsespätzle.

„Ja“, sagte Sam und sah stolz drein.

„Klasse“, sagte Luisa kauend, „Wirklich lecker!“

„Schön, dass es dir schmeckt.“ Er las sich gerade durch, was sie heute in Englisch gemacht hatten.

‚Irgendeinen Dichter‘, hatte Luisa gesagt.

‚Shakespeare ist nicht irgendein Dichter‘, hatte Sam geantwortet und sie düster angestarrt.

Und während sie weiter die köstlichen Spätzle aß, begann Sam die Verse vorzulesen, die Herr Barnes ihnen heute vorgelegt hatte.

„Jetzt du“, sagte Sam.

Luisa sah ihn mit großen Augen an. „Ich kann das aber nicht so gut wie du.“

„Macht doch nichts. Du kriegst das schon hin.“

Er reichte ihr den vermaledeiten Zettel mit den englischen Hieroglyphen. Luisa schob den leeren Teller beiseite und schaute Sam an. Er nickte ihr aufmunternd zu.

Mist, dachte Luisa. Das wird unangenehm.

Sie begann die Buchstaben aneinander zu reihen. Worte ergaben sich, deren Bedeutung sie nicht kannte. Sam flüsterte ihr deren richtigen Klang zu. Sie wiederholte ihn und kämpfte sich durch die Zeilen. Zum Ende hin, hatte sich ihre Zunge dem Rhythmus der Verse ein wenig angepasst und Sam musste ihr weniger helfen.

„Very good“, sagte er und stellte dann die Todesfrage: „Und was bedeutet das?“

Luisa blies ihre Wangen auf und sagte lachend: „Ich habe keinen blassen Schimmer.“

Sam schien das nicht so wirklich zu amüsieren. „Okay. Dann erkläre ich es dir. Und dann liest du es noch einmal.“

Luisa nickte brav.

„Euer Lehrer hat euch eine Szene aus Romeo und Julia gegeben …“

„Oh, ich liebe den Film“, stieß Luisa hervor.

Sie biss sich auf die Zunge, als sie Sams entsetztes Gesicht sah. „Es geht hier aber nicht um Leonardo DiCaprio.“ Er tippte mit dem Finger auf den Zettel. „Es geht um Shakespeares Romeo.“

Wieder nickte sie und machte sich einen Knoten in die Zunge, damit sie nicht noch mehr albernen Kram von sich gab.

„Romeo sieht in dieser Szene Julia zum ersten Mal und beschreibt ihre unvergleichliche Schönheit.“

Luisa suchte für einen Moment in den Zeilen nach Anhaltspunkten für Sams Aussage, aber ihre Augen mochten lieber auf seinen Lippen ruhen, als er fortfuhr. „Für ihn bringt ihr Erscheinen Fackeln zum hellen Leuchten. Ihr Glanz erhellt die Nacht, ist wie ein Edelstein auf dunklem Grund …“

Während Sam weiterredete, lief ein Schauer Luisas Rücken hinab.

Sie musste schlucken, als Sam seine leidenschaftliche Erklärung beendet hatte, und murmelte: „Mir war gar nicht klar, dass Shakespeare in dieser Art über Liebe schreibt.“

Sam hob seine Augenbrauen. „Ja, bei diesem Thema zeigt sich sein ganzes Talent.“

Er sah ihr bei diesen Worten tief in die Augen, direkt in ihre Seele hinein. Aber vielleicht versuchte er auch nur einen Funken Intelligenz in ihrem verträumten Blick zu erkennen. Luisa musste zugeben, dass sie bisher in Sams Nähe nicht gerade mit Cleverness geglänzt hatte.

Sie richtete sich auf und befeuchtete ihre Lippen.

Okay, Shakespeare, dachte sie, sei so nett und lass mich nicht dumm da stehen.

Sie räusperte sich und versuchte die schönen Beschreibungen Julias nicht zu sehr zu verhunzen.

Als sie endete, sah Sam sie immer noch unergründlich an.

„So schlimm?“, fragte sie unsicher.

Erst reagierte Sam nicht, dann schüttelte er den Kopf. „Nein. Schön“, sagte er mit rauer Stimme und strich sich Haarsträhnen aus der Stirn. „Sehr schön.“

Luisa fiel ein Stein vom Herzen. „Okay, Romeo. Jetzt müssen wir nur noch diese Fragen beantworten“, sagte sie und zeigte Sam die Aufgaben, die Herr Barnes ihnen diktiert hatte.

Er sah irritiert drein. Sie wollte sich schon entschuldigen, weil sie ihn Romeo genannt hatte, aber dann sammelte er sich und las sich die Fragen durch.

Luisa kratzte sich am Kopf. Wie schaffte sie es nur immer wieder, in Sams Gegenwart die Kontrolle über ihr Mundwerk zu verlieren?


Nachdem sie auch ihre Französisch-Hausaufgaben bezwungen hatten, was Luisa himmelhoch jauchzend stimmte, machte Sam sich auf.

Im Flur nahm er seinen Helm und griff nach der Haustürklinke.

„Bis morgen dann“, sagte er schnell und öffnete das Tor zur Freiheit. Offensichtlich konnte er es kaum erwarten von ihr wegzukommen.

„Warte“, rief Luisa. Der Anblick seines Motorradhelmes hatte sie auf eine Idee gebracht. „Kannst du mich vielleicht mitnehmen?“

„Ich hab leider keinen zweiten Helm bei.“

Luisa überlegte kurz. „Ich habe noch einen Fahrradhelm.“ Sie sah ihn hoffnungsvoll an.

Sam schüttelte den Kopf. „Das ist verboten.“

„Ach, uns erwischt schon keiner.“

„Lieber nicht.“

„Bitte. Du könntest mich zu meinem Pferd fahren. Sonst schaffe ich es nicht mehr, bevor meine Mutter nach Hause kommt.“

„Ich weiß nicht.“

„Bitte, ich muss Ophelia dringend sehen. Meinem Pferd geht es nicht gut zurzeit.“

„Dein Pferd heißt Ophelia?“, hakte er nach.

„Ja.“

Hamlet sagt dir nichts, oder?“

Luisa fühlte sich ertappt. „Nein“, gab sie zerknirscht zu und nahm sich vor, es nachzugucken, wenn sie nach Hause käme.

Sam atmete tief durch. „Dann hol mal deinen Fahrradhelm.“

Feenfuchs und Feuerkuss

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