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Der junge Ibsen

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Henrik Ibsen wurde am 20. März 1828 in Skien (Telemark) geboren, in einer Kleinstadt mit knapp 3000 Einwohnern, geprägt von Handel und Nutzholzindustrie. Seine Eltern gehörten zur verhältnismäßig wohlhabenden Bürgerschicht, und Henrik war der älteste von fünf Geschwistern. In seiner Kindheit hörte er das Brausen der Wasserfälle, den Gesang der Wasserräder, das war die Musik der Stadt – und ihren Hall vernehmen wir immer wieder in seinen Werken.

Als der Junge sieben Jahre alt war, kam die Katastrophe: Das Geschäft des Vaters brach zusammen. Die Familie mußte in ein einfacheres Haus am Rande der Stadt ziehen und stieg sozial ab. Diese Demütigung trug der Sohn sein ganzes Leben lang in sich als Groll und Triebkraft, Positionen zu erreichen, die diese Niederlage aufwiegen könnten. Sie zeigte sich auch als ein Wesenszug an ihm, den andere bei einem so großen Mann als anstößig empfanden: Eitelkeit, Mißtrauen, seine pedantische Sparsamkeit, die absichern sollte, daß sein Sohn niemals das gleiche erleben müßte. Deshalb zog er sich wohl auch bewußt zurück und war darauf bedacht, seine eigene Welt gegen alle Eindringlinge zu verteidigen.

Die Mutter malte gern und spielte mit Vorliebe Theater. Das übertrug sich auf ihren Sohn. Er malte die Figuren und Kulissen für sein eigenes Puppentheater und konnte stundenlang dasitzen und lautlos über die merkwürdigen Sprünge lachen, die seine stummen Akteure vollbrachten.

Mit knapp 16 Jahren mußte Henrik fortziehen, um seinen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, und zwar als Pharmazeutlehrling bei dem Apotheker in der kleinen Küstenstadt Grimstad. Hier blieb er über sechs Jahre, lernte gleichaltrige Freunde kennen und enthüllte ihnen gegenüber Künste, die sie zu seinen treuen Bewunderern werden ließen. Was Aufsehen erregte, war das Talent des Lehrlings, Landschaften und Karikaturen zu malen und zu zeichnen. Auch die Schreiblust erwachte, aber die behielt er vorwiegend für sich, er las und entwarf bis tief in die Nacht literarische Skizzen. Kierkegaard, Holberg und Oehlenschläger muß er fleißig studiert haben, wie auch Shakespeare, Texte aus der Antike und deutsche Klassiker. Es gibt viele Anzeichen dafür, das diese Lektüre den jungen Dichter formte, auch wenn Ibsen sein Leben lang sich weigerte, zuzugeben, von anderen Künstlern inspiriert worden zu sein.

In Grimstad schrieb er sein erstes Schauspiel in Versen, »Catalina« (1850), mit einem Thema aus der römischen Geschichte: ein politischer Reformator auf Abwegen. Viele haben die ersten Zeilen als Vorzeichen für Ibsens eigenes Bewußtsein seiner Berufung interpretiert: »Ich muß! Ich muß; so befiehlt mir eine Stimme/ in der Tiefe meiner Seele, und ich will ihr folgen.«

Im selben Jahr brach er aus Grimstad auf und fuhr nach Kristiania (damals eine Stadt mit knapp 30.000 Einwohnern), um dort zu studieren. Aber eigentlich wollte er Künstler werden. In der »Studentenfabrik« der Stadt (eine Privatschule, die erwachsene Schüler ans Examen heranführte) lernte er Dichterbrüder wie Bjørnstjerne Bjørnson und Aasmund Olavsson Vinje kennen und entwickelte seine literarischen Themen weiter, seine Diskutierfreude und sein Interesse fürs Theater. Aber vorläufig war ein dänisches Provinztheater alles, was Norwegens Hauptstadt ihm bieten konnte.

Bereits ein Jahr später wurde Ibsen »entdeckt« – von einem enthusiastischen Talentsucher: dem legendären Geiger Ole Bull, der junge Kräfte suchte, um mit ihnen ein norwegisches Theater in Bergen zu gründen, Norwegens zweitgrößter Stadt, die urbane Traditionen bis in die Hansezeit zurück hatte.

Ibsen - Norwegens großer Dramatiker

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