Читать книгу Venjava - Laura Wolf - Страница 4
2. Kapitel
Оглавление(Scretch & Thorn)
„Ah, endlich bist du wach“, sagte eine Stimme leise, aber trotzdem dröhnte sie laut in den Ohren des Elfen wieder. Er blinzelte und versuchte sich aufzusetzen. Doch der Schmerz der ihn sofort durchzuckte, ließ ihn wieder zurück auf das Bett sinken. Sein Herz pochte laut und er versuchte es zu beruhigen indem er langsam einatmete und versuchte sich zu entspannen. Er hatte keine Ahnung wo er war und er wollte seinem Gegenüber nicht die Genugtuung geben, seine Angst wahrzunehmen.
„Warum hast du mich hierher gebracht? Was hast du mit mir vor? Bin ich jetzt ein Gefangener?“, knurrte Thorn.
Ein Mann mit stechenden, grünen Augen und schwarzen Haaren trat in sein Blickfeld. Er lachte. „So viele Fragen. Aber ein Dankeschön ist nicht darunter. Wie enttäuschend. Immerhin musste ich dich bis in mein Haus tragen.“
Thorn presste die Lider fest aufeinander und schaute den Mann aus zusammengekniffenen Augen an. „Wer zum Teufel bist du? Ich habe dich nicht gebeten, mich in dein Haus zu schleppen. Also. Was willst du von mir? Mich töten oder mir langsam beim Sterben zusehen?“
Der Mann verschränkte die Arme und sagte trocken: „Ich heiße Scretch. Hätte ich dir was antun wollen, würden wir diese Unterhaltung überhaupt nicht führen. Aber wie du willst. Ich kann dich auch gerne wieder zurück in den Wald bringen. Wenn dich die Drachenjäger, oder ein Bär nicht töten sollten, dann wird es bestimmt Jedediah tun.“
Thorn seufzte und murmelte eine Entschuldigung vor sich hin. „Na gut. Ich danke dir dafür mich hierhergebracht zu haben. Aber warum hast du mich gerettet? Und woher kennst du Jedediah, bist du ein Freund von ihm?“
„Ich habe dich gerettet, weil ich glaube, dass es das Richtige war und ich mich geändert habe. Ich bin nicht mehr der, der ich einst war. Und als einen Freund von Jedediah, würde ich mich nicht gerade bezeichnen. Aber ich bin mit Sheena befreundet. Wie bist du eigentlich nur auf die dumme Idee gekommen dich mit Jedediah anzulegen? Und warum musstest du ausgerechnet Sheena mit hineinziehen?“
„Das verstehst du nicht. Ich musste es tun.“
„Oh, auf die Geschichte bin ich wirklich sehr gespannt. Im Moment kannst du sowieso nichts anderes machen, als im Bett zu liegen“, erwiderte Scretch und zog sich ein Stuhl heran.
„Allerdings hätte ich nicht damit gerechnet, dass Jedediah so ein starker Gegner ist“, sagte Thorn und starrte an die Decke.
„Tja. Wer hätte das gedacht? Du hättest es dir lieber zweimal überlegen sollen, ob du seiner Geliebten etwas antust.“
„Das war ein Versehen. Ich habe das eigentlich gar nicht gewollt“, verteidigte sich Thorn und wich Scretchs bohrendem Blick aus.
„Es tut mir leid was ich getan habe. Ich habe an nichts anderes gedacht, als Jedediah zu töten. Aber stattdessen habe ich sie umgebracht.“
„Du hast sie nicht umgebracht“, widersprach Scretch und seine Augen bekamen einen unheimlichen Glanz. „Wenn du sie getötet hättest, würde ich jetzt wohl kaum neben dir sitzen.“
Überrascht verzog Thorn das Gesicht.
„Wie meinst du das?“
„Glaubst du, du bist der einzige der schlimme Dinge getan hat?“ Scretch schüttelte den Kopf und versuchte damit die Erinnerungen an seine Vergangenheit loszuwerden.
„Aber meine Vergangenheit ist im Moment unwichtig. Sag mir wieso du Jedediah tot sehen wolltest.“
Thorn schloss die Augen. „Diese Geschichte ist lang.“
Er öffnete eines seiner Augen und betrachtete Scretchs smaragdgrüne Pupillen, die ihn musterten.
„Mach es dir am besten gemütlich.“
Ein leichtes Lächeln huschte über Scretchs Gesicht bevor er wieder ernst wurde. „Fang endlich an. Und am besten mit deinem Namen.“
Thorn verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. Und nahm sich einen Augenblick lang Zeit, um noch einmal sein Erlebtes in Gedanken durchzugehen. „Mein Name lautet Thorn. Und ich habe nicht vor dir alle Einzelheiten meines bisherigen Lebens unter die Nase zu reiben. Ich beginne deshalb ab dem Zeitpunkt, an dem ich mein Zuhause verlassen habe. Ich hatte es satt immer nur den Vulkan und die anderen Drachen herum fliegen zu sehen. Es wurde mir einfach zu langweilig. Ich wollte endlich so groß wie die anderen Drachen werden. Es hätte nur noch ein paar Wochen gedauert, aber mir fehlte einfach die Geduld zu warten. Die Regel, den Vulkan niemals zu verlassen, empfand ich als sinnlos. Niemand sprach mehr von Drachenjägern oder hatte einen gesehen. Sie galten genauso als ausgestorben wie wir Drachen. Also ignorierte ich jede Warnung und verließ den Vulkan in einem unbeobachteten Moment. Und das Gefühl frei zu sein, war einfach nur atemberaubend. Ich sah eine Landschaft die ich mir nie hätte erträumen können. Diese Vielfalt an Blumen und Bäumen und die unterschiedlichen Geschöpfe. Menschen, Elfen und Zwerge waren mir vollkommen fremd. Ich kannte sie aus Erzählungen von anderen Drachen, allerdings hatte ich nicht gewusst, dass sie so anders aussahen. Das einzige was ich kannte, war die Gestalt von Drachen und die Wesen, die uns täglich als Nahrung dienten. Ich verließ also den Vulkan und flog einfach ohne Ziel durch die Welt Venjavas. Zuerst hielt ich mich ganz weit oben im Himmel auf um kein Aufsehen zu erregen, aber als ich keine Gefahr spürte, flog ich immer tiefer. Und irgendwann wurde mir das zum Verhängnis. Ich fühlte mich so sicher, dass ich an einem offenen See landete, ohne mich im Schutze der Bäume aufzuhalten. Und was sollte es noch gefährlicheres als Drachen geben die als ausgestorben galten? Und Drachenjäger existierten für mich nicht mehr. Also beugte ich mich hinunter zum Wasser um meinen Durst zu stillen. Gleichzeitig war ich erschöpft und meine Flügel taten von dem langen Flug weh. Dann spürte ich die warmen Sonnenstrahlen auf meinen Schuppen. Ich fühlte mich so wohl, dass ich mich neben dem See einrollte und einschlief. Ich bekam nichts von dem mit was um mich herum geschah. Meine Sinne waren nicht geschärft. Warum auch? Ich hatte immer im Schutze der anderen Drachen schlafen können und musste mir um mögliche Angreifer keine Sorgen machen. Also lernte ich die Lektion durch die harte Tour. Ich spürte wie sich etwas auf mich warf. Etwas hartes, drahtiges. Ein Netz aus starken Metalldrähten. Ich versuchte mich zu wehren, aber sie zogen sich fest um meinen Körper und ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich sah Männer die sich um mich stellten und vergnügt lachten. Sie trugen mich fort und ich war mehrere Tage lang ihr Gefangener. Nichts konnte ich tun um mich zu befreien. Ich war einfach zu schwach und noch kein ausgewachsener Drache. Sie schleppten mich einen schneebedeckten Berg hoch und ich bekam mit, dass sie mich verkaufen wollten. Doch egal wie sehr ich mich wehrte, es war sinnlos. Zwei Tage lang lag ich in der Kälte, während sich diese Bastarde an ihren warmen Feuern aufwärmten. Ich war kurz davor zu erfrieren. Doch dann wendete sich das Blatt. Ein junger Mann mit ungewöhnlichen, goldenen Augen betrat den Berg und stellte sich meinen Fängern mutig entgegen. Seine Ausstrahlung überraschte mich. Da war etwas an ihm, etwas eigenartiges. Er hatte das Erscheinungsbild eines Menschen und doch war er etwas ganz anderes. Er besiegte die Männer fruchtlos. Und hinterließ dabei ein Gemetzel, dass mich amüsierte, ihm jedoch nicht so viel Freude bereitete. Er befreite mich mit seinem glühenden Schwert von den Fesseln und endlich war ich frei. Einer der Männer hatte er für mich am Leben gelassen. Voller Zorn packte ich ihn und flog davon. Ich fügte ihm so viele Schmerzen zu wie er es bei mir getan hatte. Und als ich genug von ihm hatte, ließ ich ihn einfach vom Himmel fallen. Sein letzter, angsterfüllter Schrei gab mir die Genugtuung die ich brauchte. Und dann wuchs ich endlich zu dem großen Drachen heran, der ich die ganze Zeit sein wollte. Es war einige Zeit vergangen seit ich den Mann getötet hatte. Und ich hatte erst einmal genug von den Menschen. Also machte ich mich auf den Weg nach Hause und flog über den Wolken. Und das so hoch, dass mich niemand sehen konnte. Hoch oben im Himmel, verborgen vor den Blicken anderer, vernahm ich dann jedoch die Stimme des jungen Mannes der mich gerettet hatte. Ich konnte hören, dass er in Schwierigkeiten steckte und ignorierte wieder einmal eine unserer Regeln sich niemandem zu zeigen. Ich rettete ihn vor einem wütenden Mob aus Männern mit Schwertern bewaffnet. Und der Mann den ich rettete war Jedediah. Nun war meine Schuld beglichen. Und dann sah ich etwas an ihm. Etwas ungewöhnliches. Die Silhouette eines Wolfes, verborgen in seinem menschlichen Schatten. Ein Wolf der in seinem Inneren gefangen war. Von da an wusste ich, was ihn so besonders machte. Und wie ich später herausgefunden habe, hat er es geschafft sein wahres Ich wieder zurückzuholen.“ Thorn machte eine kurze Pause und sah Scretch an um sich zu vergewissern, ob er ihm aufmerksam zuhörte.
„Und weiter? Was geschah danach?“, fragte Scretch und verschränkte die Arme.
„Ich bin zu meinem Volk zurückgekehrt. Sie haben erfahren was ich getan habe und waren nicht erfreut darüber. Als Strafe hat mir Doron, unser Anführer, eine viermonatige Frist gesetzt, um meine Fehler wieder gut zu machen. Ich muss die Drachenjäger davon überzeugen, dass ich der einzige Drache bin den es gibt. Damals dachte ich noch, dass es sie gar nicht gibt, aber ich wurde auf meiner weiteren Reise eines besseren belehrt. Außerdem sollte ich Jedediah töten. Laut Doron, soll ich durch seinen Tod aus meinen Fehlern lernen. Und wenn ich Jedediah nicht töte, dann hat er gesagt tötet er mich.“
Scretch schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. „Es ist eine unmögliche Aufgabe die Drachenjäger davon zu überzeugen, das du der einzige Drache bist. Außerdem sind die vier Monate längst vorbei. Eine genauso unmögliche Aufgabe ist es Jedediah zu töten. Was du auch nicht konntest. Und du bist verletzt. Alles in allem bist du ziemlich arm dran.“
Thorn verzog das Gesicht. „Danke das du mich daran erinnerst.“
„Weißt du was ich glaube?“, sagte Scretch, während er Thorns zornigen Blick ignorierte und in einen Apfel biss, der neben ihm auf dem Tisch lag, „ich denke Doron wollte das du scheiterst.“
„Aber warum sollte er das wollen? Immerhin bin ich einer von ihnen.“
„Denke mal scharf nach. Keiner braucht jemanden, der die Regeln missachtet und nicht am Spiel teilnimmt. Du bist zu schwer zu kontrollieren und deshalb eine Gefahr für ihn. Du könntest seinen Platz einnehmen und ihn vom Thron stoßen. Wäre ich noch ein Anführer, hätte ich dich sofort hinrichten lassen.“
„Aber er hat es nicht getan“, widersprach Thorn.
„Nein. Aber dafür gibt es auch einen Grund. Da du jedem gezeigt hast, das Drachen existieren, fürchtet er sich vor den Folgen die du ausgelöst hast. Deswegen will er das du das Problem für ihn aus dem Weg räumst. Und zwar am besten so, dass du von der Drachenjägern getötet wirst.“
„Wenn es stimmt was du sagst, dann wird genau das eintreten was sich Doron gewünscht hat. Entweder werde ich von ihnen getötet, oder von Doron selbst.“
„Möglich wäre es. Aber ich kann mir nicht vorstellen das es Doron sein wird der dich tötet. Er wird im Moment überhaupt nichts tun außer zu warten ob du wieder zu ihm zurückkehrst, oder Tod bist.“
„Falls ich jemals wieder zurückkehre. Ich bin verletzt und es wissen mehrere Drachenjäger wie ich aussehe.“
Scretch warf Thorn einen vielsagenden Blick zu. „Es dauert etwas, aber meine Magie wird dich heilen. Der Prozess hat schon längst begonnen, sonst würdest du immer noch Bewusstlos sein. Und hier werden dich die Jäger nicht finden. Das verspreche ich dir.“
Thorn brachte ein Lächeln zustande. „Ich danke dir für deine Hilfe.“
Scretch stand von seinem Stuhl auf, nickte ihm zu und wollte das Zimmer verlassen.
„Wohin gehst du?“
„Für heute wurden genug Geschichten erzählt. Du musst dich ausruhen, damit du wieder gesund wirst.“
„Willst du denn nicht wissen wie ich den Drachenjägern begegnet bin?“
Scretch hielt einen Moment inne, dann legte er die Stirn in Falten. „Ich hätte nicht gedacht, dass Drachen so redselig sind. In meiner Vorstellung waren sie anders als du.“
„Lass dich von meinem Aussehen nicht täuschen. Morgen erzähle ich dir wie meine Geschichte weiterging. Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass Menschen mit magischen Fähigkeiten so gute Zuhörer sind.“
„Das war ich nicht immer“, murmelte Scretch und ließ Thorn alleine in dem Zimmer zurück.