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Kapitel 3

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Die Küche ist nun der offizielle Tatort, an dem die Entführung vermutlich stattgefunden hat. Dort befanden sich zerbrochene Colaflaschen, Blut und halb gegessene Sandwiches auf den Tellern der Jungen.

– New York Times, 10. Juni 1990

„Eine Kiste meines besten Bourbons?“ Emery hob den Kopf und sah Royce an, der direkt vor dem Sofa stand.

„Wenn es keine zu große Mühe macht.“ Royce’ Augen funkelten mit teuflischem Vergnügen, aber er legte in ruhiger Kameradschaft die Hand auf Emerys Schulter. „Ich komme später beim Haus vorbei und hole sie ab.“

„Ich lasse sie für dich bereitstellen“, versicherte Emery ihm, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Sophie zu. „Und jetzt, kleine Sub, sorgen wir mal für die Bestrafung.“

Ein sinnliches Schimmern tauchte in seinem Blick auf, wie das Licht eines Leuchtturms, das sich durch die Dunkelheit eines Sturms kämpfte. Jede Emotion – Tausende von ihnen – verbarg sich in seinen Augen. Sophie hatte das Gefühl, sie würde die ganze Welt innerhalb eines schnellen Lidschlags sehen … und dann war sie wieder verschwunden. Sein Blick war erneut schwer vor Lust und nichts sonst.

Ach du meine Güte. „Ich … ähm …“ Wie ungenügend Worte doch waren! Was konnte sie sagen, was ihn davon abhalten würde, sie zu bestrafen?

Emery erhob sich in einer fließenden Bewegung, Sophie immer noch in seinen Armen. Sie konnte nur einen Augenblick darüber staunen, dass ihr Gewicht ihm nichts auszumachen schien, bevor er sie durch die Gruppe von Leuten trug. In einem der Flure, die vom Hauptraum abführten, stand eine Tür auf halbem Weg offen. Er trat sie mit dem Fuß auf. Dahinter war ein vollkommen leeres Zimmer, in dem nur ein dicker Teppich lag und ein hölzernes Möbelstück stand, das sie aufgrund ihrer Recherche als eine Bank für Spanking identifizierte.

Beim Anblick des Geräts erstarrte Sophie. Ihre Gliedmaßen versteiften sich, ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Nur ein Bruchteil ihrer Panik entstammte der Angst. Der Rest von ihr wollte äußerst dringend wissen, wie es sich anfühlte, darüber gebeugt zu werden und seine Hand auf ihrem Hintern zu spüren, bis sie aufschrie. Was ihr tatsächlich Furcht einflößte, war die Tatsache, wie sehr sie etwas so Dunkles und Sündiges erleben wollte.

Emery stellte sie auf die Füße und schloss die Tür etwas mehr, bis sie nur noch ein oder zwei Zentimeter offen stand. Jemand könnte hereinkommen und ihr helfen, wenn sie es benötigte. Trotzdem … Sophie warf einen Blick auf die Bank. Auf keinen Fall würde sie sich über das da beugen und … und … sich bei ihm gehen lassen. Sie war noch nie in der Lage gewesen, das zu tun, und bei jemandem wie ihm könnte sie nicht damit anfangen. Er war groß, blond und grüblerisch. Sie würde sich zum Affen machen, wenn sie ihm nachgab. Was würde er von ihr halten, wenn sie von einer Bestrafung angetörnt werden würde? Dass sie wie jede andere Frau in diesem Club war? Der Gedanke ließ sie erstarren.

Sie konnte nicht wie jede andere Frau für ihn sein. Sie wollte mehr sein. Sie wollte, dass er ihr vertraute, sich ihr öffnete. Ihm zu erlauben, sie kräftig übers Knie zu legen, mochte nicht der beste Weg sein, sein Vertrauen zu erlangen …

Oder vielleicht wäre er das?

Ich wünschte, ich wüsste, was ich tue. Sie fluchte innerlich. Bei Männern war sie immer ungelenk und unsicher gewesen, und jetzt schienen ihre üblichen Gefühle verstärkt, weil er eine so intensive Wirkung auf sie hatte.

„Also, es tut mir leid, aber diese ganze Szene ist nichts für mich. Ich hätte nicht herkommen sollen.“ Sie ging in Richtung Tür. Vielleicht, wenn sie sich weit genug von der Bank entfernt hatte, würde er ihre Bestrafung vergessen und sie könnte mit ihm über die Entführung sprechen. Wenn er glaubte, dass sie so viel Angst hatte, dass sie gehen wollte, könnte er vielleicht die Entschlossenheit verlieren, ihr den Hintern verhauen zu wollen, und sie hätte ihre Gelegenheit, zu sprechen.

Emery trat zur Seite und blockierte ihr damit den Weg zum Ausgang. Sie sah die Umrisse seiner gestählten Muskeln und wusste, dass er viel größer und stärker war als sie. Es beschämte sie, aber etwas in ihr begann, vor Vergnügen zu schnurren beim Gedanken an diese Stärke und Größe, wenn sie auf sie fokussiert waren, auf ihren Schutz und, noch wichtiger, auf ihr Vergnügen.

Er legte die Hand an den Übergang zwischen ihrem Hals und ihrer Schulter. Sein Daumen bewegte sich sanft hin und her an ihrer Kehle, als ob er nach ihrem hektischen Puls suchte. Seine Lippen bewegten sich, die Mundwinkel hoben sich etwas zu einem kleinen Lächeln.

Sie ertrug es nicht länger. Wenn sie nicht wegkam, würde sie ihm erlauben, sie über die Bank zu beugen, und sie würde sich ihm ergeben. Das durfte nicht passieren.

„Bitte, lassen Sie mich gehen.“ Ihre Stimme klang glücklicherweise stärker als das Wimmern in ihr, das darum bettelte, bleiben zu können, sich von ihm über die Bank beugen zu lassen und ihm zu erlauben, verruchte Dinge mit ihr anzustellen.

„Wenn du raus willst, sag dein Safeword.“ Sein scharfer Tonfall war untermauert mit einer Herausforderung. Etwas tief in ihr reagierte darauf.

Sie wusste genug über die Beziehung zwischen einem Dom und einer Sub, um zu verstehen, dass Subs nicht machtlos waren. Sich einem Dom zu unterwerfen war deren Wahl, und diese basierte auf Vertrauen.

Emerys Herausforderung, sich ihm hinzugeben, war verführerisch; zu verführerisch, wenn sie ehrlich war. Sie hatte sich nie einem Mann ergeben wollen, aber die Vorstellung, dass sie jemand anderem willentlich erlaubte, sie zu überwältigen? Sie presste die Schenkel zusammen, und ihre empfindlichen Nervenenden meldeten sich. Könnte sie nachgeben? Macht erlangen, indem sie ihm Macht gab?

„Ich warte auf deine Antwort.“

Als Sophie zögerte, schob Emery seine Finger durch das schwarze Samtband, das die Vorderseite ihres Korsetts zusammenschnürte. Wie nebenbei zog er an einer Schlaufe, was im Gegensatz zu seinem kühlen, leidenschaftslosen Gesichtsausdruck stand, und begann damit, die Spitze zu lockern und ihr Korsett auseinanderzuziehen. Hitze legte sich über ihre Haut und vernebelte ihren Geist. Sophie betete, dass er weitermachen, dass er ihr Korsett wie in einer schrecklichen Schnulze herunterreißen und den Kopf zu ihren Brüsten neigen würde, um …

Seine Finger streichelten über die Spitze des gefalteten Fotos. Sie zuckte zurück, als sie sich daran erinnerte, wo sie das Bild verstaut hatte. Er durfte es nicht sehen. Er würde es nie verstehen.

Emerys Hand schoss vor, fing ihre Handgelenke ein und hob beide über ihren Kopf. Wie in einem langsamen Tanz manövrierte er sie zurück gegen die Wand neben der Tür. Ein muskulöser Schenkel drückte sich zwischen ihre, und er hielt ihre Handgelenke über ihr gefangen. Seine andere Hand strich wieder über ihr Korsett, zwischen ihre Brüste, und fischte das Foto heraus. Sein Daumen und Zeigefinger falteten es gekonnt auseinander, und die natürliche Neugier auf seinem Gesicht, die sich in seinen großen Augen zeigte, verwandelte sich in einen zusammengekniffenen und misstrauischen Blick.

Er ließ ihre Handgelenke los, trat mehrere Schritte zurück und starrte auf das Bild. Er war so still, dass er genauso gut aus Marmor hätte sein können – seine Augen waren dunkel vor Horror, seine gebräunte Haut inzwischen alabasterweiß.

Nach einem langen Augenblick holte er bewusst Luft und hob den Kopf.

„Woher haben Sie dieses Foto?“ Jedes plötzlich distanziert klingende Wort schien zwischen zusammengebissenen Zähnen hervorgestoßen zu werden. Er verwandelte sich vor ihren Augen – der Prinz wurde zum Biest. Wütende Verwundbarkeit erfüllte seinen Blick, zeigte das Versprechen von Vergeltung.

Ihr Magen schien nachzugeben. Sie fühlte sich, als ob sie fallen würde – dieses schreckliche Verlieren von Kontrolle, nur Sekunden davor, grauenhaft aufzuschlagen. Das war es, weswegen sie mit ihm hatte sprechen wollen, wovor sie ihn hatte warnen wollen, und sie war nicht bereit. Es würde ihn verletzen, das wieder hervorzuziehen, und sie war nicht bereit, nicht, nachdem sie sich nur Sekunden zuvor so nah gewesen waren. Die Wahrheit war, dass sie ihn nicht verlieren wollte, nicht diesen sexy, süchtig machenden Mann. Und das würde sie, wenn sie die Vergangenheit aufbringen würde. Wie alle Opfer würde er sich wieder in sich und von ihr zurückziehen, selbst wenn sie versuchte, ihm zu helfen.

„Aus der Zeitung“, antwortete Sophie atemlos.

Emery starrte sie weiter an. Seine langen, eleganten Finger krümmten sich um das Foto und zerknitterten es. „Warum hast du ein Foto von mir von vor fünfundzwanzig Jahren?“ Als Sophie den Mund öffnete, wedelte er mit der Hand. „Denken Sie sorgfältig über Ihre Antwort nach, Ms. Ryder. Gerichtsklagen sind mir nicht fremd und ich habe einen sehr, sehr guten Anwalt.“

Sophie biss sich auf die Lippe, schmeckte einen Tropfen Blut und leckte über die schmerzende Stelle, bevor sie antwortete. Sie hatte das hier Tausende von Malen geprobt, aber jetzt wusste sie nicht, wo sie anfangen sollte.

„Ich wollte in der Lage sein, Sie zu erkennen, weil ich Sie interviewen wollte. Ich bin eine freiberufliche investigative Journalistin. Ich habe mich auf Kriminalgeschichten, insbesondere auf Kidnappings spezialisiert.“ Sie wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatte, sobald sie den Mund geöffnet hatte. Sie fühlte sich in diesem Augenblick unglaublich klein, wie eine Maus, die im Käfig eines Löwen gefangen war. Hätte sie mit dem Teil beginnen sollen, dass sie glaubte, sein Leben wäre in Gefahr? Das hätte sie wie eine Verrückte klingen lassen, und sie brauchte sein Vertrauen mehr als alles andere.

Emerys Augen wurden so dunkel wie Holz, das von Flammen erfasst und verkohlt worden war.

„Ihr seid doch alle gleich.“ Sein Ton war tödlich ruhig. Still. Die Hand, die das Foto hielt, begann zu zittern. Seine Finger hatten sich so sehr angespannt, dass seine Knöchel weiß waren. Das Zittern breitete sich aus, bis seine Schultern sichtbar bebten vor Wut.

Sophie sog einen Atemzug ein. Er zog sich nicht zurück … Er schlug zurück. Die überwältigende Flut an Schuldgefühlen, die ihr die Luft abschnitt, kämpfte mit neuer, unerwarteter Anspannung. Es sah schlecht für sie aus, das wusste sie. Die hinterlistige Reporterin, die versuchte, eine Story über den schlimmsten Moment im Leben dieses Mannes zu bekommen. Gott, sie war ein Idiot gewesen zu glauben, dass sie hier einfach reinschneien und über sein Kidnapping sprechen könnte.

Gänsehaut erfasste ihre bloßen Arme und sie spannte die Muskeln an. Trotz der Wut, die sie bei ihm spürte, schien er diesen seidenen Faden von Selbstkontrolle noch zu halten und lockerte seinen Griff. Das Foto blieb in einen kleinen Ball zusammengeknüllt, vollkommen zerstört. Als sie schluckte, fühlte es sich an, als ob Messer ihr in die Kehle schnitten.

Emery ergriff wieder das Wort, was Sophie bereits befürchtet hatte. „Sie schleichen sich in mein Leben, meine Privatsphäre ein. Sie haben keine Ahnung, was ich erleiden musste oder was geschehen ist. Mir und meinem …“ Die Worte verklangen, aber Sophie fühlte, dass er fast „Bruder“ gesagt hätte.

Ihre Augen brannten mit plötzlichen Tränen. Sein Leid war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, und es ließ sie an sich selbst denken, daran, wie sie sich fühlte, wenn sie sich an Rachel erinnerte.

„Mr. Lockwood …“ Sie wollte sich erklären, ihm zeigen, dass sie nur helfen wollte.

Er warf ihr das zerknüllte Foto vor die Füße. Genauso gut hätte er sie ohrfeigen können. Wäre er bereit gewesen, zuzuhören, wenn er gewusst hätte, dass sie hier war, um ihn zu retten? Aber wie sollte sie ihn lang genug dazu bringen, ihr Gehör zu schenken, um alles zu erklären?

Sie sammelte ihre innere Stärke und trat vor ihn. „Aber Sie haben überlebt. Ich glaube, die Leute wollen die Wahrheit wissen, wissen, wie stark Sie sind.“ Warum konnte er nicht sehen, was für ein Wunder seine Flucht war? Er hatte ein grauenhaftes Erlebnis überstanden und war stärker als sie. Als sie Rachel verloren hatte, war ihre Unschuld zerstört worden und ihre Welt in Stücke zersprungen.

Ein grausames Lachen löste sich von seinen Lippen. „Stark? Stark?“ Er schüttelte den Kopf und auf einmal zerriss ein wildes Lächeln seine Mimik. „Jetzt bin ich stark. Damals war ich nicht stark. Wenn ich stark gewesen wäre, wäre Fenn hier.“

Als seine Augen leer wurden, begriff Sophie, wie viel ihn dieses Eingeständnis gekostet haben musste. Er gab sich selbst die Schuld für das, was seinem Bruder zugestoßen war, dachte, Fenn Lockwoods Tod wäre ihm anzulasten. Und sie hatte seinen Irrglauben verstärkt, dass ein achtjähriger Junge in der Lage gewesen sein könnte, Kidnapper aufzuhalten. Was vollkommener Unfug war.

„Wenigstens sind Sie hier. Sie sind lebendig und führen ein gutes Leben.“ Die Worte waren leer. Sophie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte, daher wiederholte sie das, was ihr Therapeut ihr vor all den Jahren gesagt hatte, nachdem Rachel entführt worden war.

„Es ist ein halbes Leben, nichts weiter.“ Emerys sanfte Worte schienen ihre Seele entzweizuschneiden. Er verstand es, fühlte das Gleiche wie sie, wenn nicht mehr.

Sie hatte ihr Herz in das bisschen Leben gelegt, von dem sie das Gefühl hatte, dass es noch übrig war. Doch das reichte nicht, um den leeren Teil zu füllen, an dem Rachel hätte sein sollen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es für Emery sein musste, der seinen Zwilling verloren hatte. Ein Geschwister, eine Person, mit der er sich den Mutterleib geteilt hatte, neben der er acht Jahre lang groß geworden war. Was immer zwischen ihnen gewesen war, war zerstört worden – das eine Leben hatte geendet, das andere war nun überschattet.

„Ich werde keinem Interview zustimmen. Das hätten Sie bei Ihren Nachforschungen herausfinden müssen. Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich habe heute Nacht genug vom Club.“

Sophies Herz brach. Sie hatte versagt. Aber da war noch mehr – der Verlust von etwas anderem, von etwas Tieferem und unglaublich viel Wichtigerem: seinem Vertrauen. Sie hatte diesen Mann vor heute noch nie getroffen, vertraute sich selbst nicht ganz, hasste es jedoch, dass sie ihn enttäuscht hatte, das kleine bisschen Vertrauen missbraucht hatte, das er ihr angefangen hatte zu schenken. Es war, als ob sie ihn verloren hätte, obwohl sie fühlte, dass er noch nie jemandem gehört hatte. Er wirkte so distanziert, vergraben unter der Vergangenheit, und das machte ihn gefährlich. Er strahlte eine Wildheit aus, die ihn wie die Art Mann wirken ließ, den eine Frau nicht besitzen, nicht für sich beanspruchen konnte, egal wie sehr sie es wollte oder versuchte. Ihre Großmutter hatte früher immer gesagt, dass man den Wind nicht einfangen konnte.

Aber da sie eine dumme Frau war, musste Sophie es einfach versuchen. Sie wartete einen atemlosen Augenblick lang, der am Rand der Ewigkeit zu hängen schien. Er brauchte es, dass sie sich ihm unterwarf, brauchte die Kontrolle zwischen ihnen. Sie könnte ihm das geben, jetzt gleich, selbst wenn es nur zeitweise war.

„Mr. Lockwood, bitte.“ Aus einem Instinkt heraus nahm sie seine Hand und sank zu seinen Füßen auf die Knie, den Kopf geneigt. „Bitte …“ Sie erkannte den Moment, in dem sein Blick auf sie fiel. Die Härchen in ihrem Nacken hoben sich, ihre Haut prickelte und Verlangen durchflutete sie, führte dazu, dass sie feucht und ihr Atem flach wurde. Obwohl er wütend auf sie war, erhitzte seine Konzentration auf sie ihr Blut.

Es kam zu einer langen Pause, bevor er sprach. „Bitte was?“ Emerys Stimme war die eines Doms – kühl, ruhig, befehlsgewohnt, nicht hart oder beißend wie nur Augenblicke zuvor. Er verlagerte das Gewicht auf den Füßen, neigte seinen Körper ihr zu. Es waren nur wenige Zentimeter, aber es reichte, um ihr zu zeigen, dass sie wieder zu ihm durchdrang. Es mochte immer noch eine Chance geben.

Sie schluckte schwer. „Bitte, Sir.“

„Und was wollen Sie von mir?“ Er entzog ihr die Hand, die sie immer noch gepackt hielt, legte sie aber auf ihren Scheitel und streichelte sie. Dann strich er über ihren Nacken hinab und ließ die Finger kräftig genug durch ihr Haar gleiten, dass sie den Rücken wölbte, um den Druck zu mindern. Das zwang sie, das Gesicht anzuheben, wodurch sie ihm in die Augen blicken musste. Er stand jetzt über ihr. Sein über ihr aufragender Körper wirkte nicht bedrohlich, sondern vollkommen dominant. Sie kauerte nicht vor ihm, verhielt sich aber weiter submissiv, gab ihm, was er brauchte.

Niemand verstand es. Niemand kannte den quälenden Griff des Leids, wenn man jemanden verlor, den man liebte. Aber Emery tat es. Und sie wollte, dass er mit ihr sprach, dass er ihr erzählte, wie er mit einem gebrochenen Herzen überlebte. Aber als er sich ihr zuwandte, die Augen so voll widerhallendem Schmerz, begriff sie etwas. Er war nicht stärker. Zumindest nicht in diesem Thema. Er war genauso verwundet wie sie. Sie waren beide verloren. Er ohne seinen Bruder, sie ohne Rachel. Es waren Leben, die ihnen genommen worden waren und die nie wieder zurückkommen konnten. Erinnerungen, die von der Bösartigkeit anderer Männer beschmutzt worden waren und sie mit nichts zurückließen als der Angst eines Kindes vor Verlust und Tod.

Sie glaubte nicht, dass er ihr die Antworten geben könnte, die sie brauchte. Aber er könnte ihr die Story erzählen, Details geben, die ihr genug Informationen verschaffen würden, um herauszufinden, wer hinter seiner Entführung steckte. Sie war so dicht dran, das Rätsel zu lösen. Sie könnte fangen, wer auch immer dafür verantwortlich war, und denjenigen davon abhalten, Emery oder jemand anderen jemals wieder zu verletzen. Das müsste reichen.

„Ich will Ihre Hilfe, um das Monster, das Ihnen das angetan hat, bezahlen zu lassen. Er ist immer noch da draußen. Das wissen Sie.“ Sie hielt inne und leckte sich über die Lippen. „Und er könnte wieder hinter Ihnen her sein. Das ist der Grund, weshalb Sie in den letzten fünfundzwanzig Jahren Ihre Bodyguards und die Security immer in Alarmbereitschaft hatten.“ Das vermutete sie, aber ihre Berichte hatten immer denselben Mann gezeigt, der Emery bei den Gelegenheiten, bei denen er außerhalb des Hauses fotografiert worden war, gefolgt war.

Emery presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und runzelte die Stirn. Seine Augen besaßen nun eher die Farbe von schokoladegeküsstem Honig.

„Sie glauben, Sie können einen Mann fangen, der der Polizei und dem FBI entwischt ist?“

Ihr Herz hüpfte. Er hatte gerade zugegeben, dass sein Entführer ein Mann gewesen war. In den Berichten war von drei Maskierten die Rede gewesen, aber er hatte so geklungen, als ob nur ein Mann involviert gewesen war. Was war mit den beiden anderen passiert? Weitere Puzzleteile bewegten sich.

„Ich bin eine fähige Reporterin. Ich habe mich seit Jahren auf Kriminalfälle konzentriert, Sir. Wenn Sie es mir erlauben, kann ich das, was Sie mir erzählen, dazu benutzen, den Fall zu lösen. Ich weiß, dass ich es kann.“ Sie betete, dass er die Ehrlichkeit und die Entschlossenheit in ihrer Stimme hörte. Sie meinte jedes Wort ernst. Sie würde ihn beschützen und den Mistkerl, der ihn verletzt hatte, fangen. Als Wiedergutmachung für Rachel. Als Wiedergutmachung für jedes Kind, das sie nicht hatte retten können.

Er schien über ihre Bitte nachzudenken.

„Was würden Sie im Gegenzug für mich tun?“ Sein Blick sagte, dass er etwas Sexuelles meinte. Etwas, das ihre einsame Welt in Stücke reißen und sie mit einer lebenslangen Sehnsucht nach ihm zurücklassen würde.

„T… Tun?“, stotterte Sophie. Das wurde langsam zu einer nervenden Angewohnheit, die sie in den Griff bekommen musste. Der Mann hatte die Fähigkeit, sie vollkommen durcheinanderzubringen, wenn er sie dazu verführte, an Dinge neben ihrem Job zu denken.

„Ich bin ein Dom, Darling. Ihre Bedürfnisse sollten mich beinhalten, und Ihre Gedanken sollten sich um das drehen, was ich brauche und will. Wenn ich nett bin und Ihnen gebe, was Sie brauchen, müssen Sie mir etwas im Gegenzug geben. Und nein, ich spreche nicht von Geld oder etwas ähnlich Trivialem. Meine Story, wie Sie sie nennen, ist mehr wert als Geld. Ich brauche etwas genauso Wertvolles als Gegenleistung von Ihnen.“

Sie zögerte. Was könnte sie ihm geben? Sie hatte nichts zu bieten. Nichts außer … sich selbst. Sie könnte ihm sich selbst geben. Eine rügende Stimme in ihrem Kopf warnte sie, dass es ein Pakt mit dem Teufel wäre. Aber sie brachte sie zum Verstummen. Scheiß auf die Konsequenzen. Ihr Körper wollte ihn. Sie hatte noch nie eine Grenze überschritten, hatte es nie gewollt. Sie war es leid, das gute Mädchen zu sein, auf Nummer sicher zu gehen. Der Hauch Gefahr und der Reiz der dunklen Leidenschaft in Emerys Augen waren eine Fluchtmöglichkeit, die sie mehr brauchte als ihren nächsten Atemzug.

„Ich werde Ihnen alles geben. Sagen Sie es nur und es gehört Ihnen. Ich bin hergekommen in dem Wissen, was mich erwartet.“ Sie sah sich kurz im Raum um und auf die Bank fürs Spanking, bevor sie sich wieder auf ihn konzentrierte.

Er lachte leise und strich mit dem Daumen über ihre Lippen. „Das ist ein gefährliches Angebot.“ Seine Hand sank in ihren Nacken und er legte die Finger um ihre Kehle – eine Warnung, aber er tat ihr nicht weh.

„Was, wenn ich verlange, dass Sie sich vollkommen ausziehen und ich Sie an ein Andreaskreuz fessle und besinnungslos vögle? Oder dass Sie durch das Hauptzimmer gehen und jede intime Berührung akzeptieren, die ein anderer Dom Ihnen zukommen lassen will? Würden Sie dem zustimmen? Es gibt Tausende von Dingen, die ich von Ihnen verlangen könnte, die ihre Grenzen nicht nur ausloten, sondern überschreiten würden. Sie haben Angst gehabt beim Anblick einer kleinen Bank, und das sagt mir alles, was ich wissen muss. Sie haben sich vielleicht mit Dominanz und Submission beschäftigt, aber Sie haben es noch nicht gelebt. Bei dieser bestimmten Lebensweise muss alles immer safe, sane und consensual ablaufen. Ihr Angebot zeigt keinerlei Bewusstsein für auch nur eine dieser Voraussetzungen, und die Hälfte der Doms da draußen würde Dinge mit Ihnen anstellen, denen Sie nicht zustimmen würden. Sie haben angeborene submissive Tendenzen. Das ist deutlich geworden durch die Art, wie Sie auf meine Befehle reagiert haben, aber wir sind nicht in einer Welt des Vanilla-Sex, Sophie. Obwohl dieses Leben Vertrauen verlangt, ist es eine dunkle Welt voller Feuer, Leidenschaft und Kontrollverlust. Sind Sie wirklich bereit dafür?“

Die Schärfe in seinem Ton führte dazu, dass ihr Verlangen anstieg, selbst als sie den kühlen Schweiß auf ihrem Körper spürte, während Beklommenheit einsetzte. Sophie atmete tief ein. Er hatte sie gewarnt, hatte ihr offenes Angebot nicht einfach angenommen. Vertrauen. So furchterregend das, was er erwähnt hatte, auch klang, sie sehnte sich nach einer Kostprobe dieser verbotenen Leidenschaft. Sie hungerte danach. Aber sie musste ihm im Gegenzug auch vertrauen.

„Würden Sie wirklich all diese Dinge tun?“ Sie sah zur Seite, dann zwang sie sich, ihn wieder anzuschauen. Er beobachtete sie wie ein Falke auf dem höchsten Ast eines Baums einen Hasen auf dem Feld unter sich. Doch er war so nah, so unglaublich nah, dass er sie hätte küssen können.

Mit einem Seufzen schüttelte Emery den Kopf. „Absolut. Außer das wäre Teil Ihrer Hard Limits. Ich bin kein Heiliger und ich wirke nur wie ein Gentleman, aber ich würde Ihr Safeword respektieren. Mit mir das Bett zu teilen würde Sie direkt an Ihre Grenzen treiben. Zu Ihrem Glück bin ich nicht in der Stimmung, eine Frau ins Bett zu bekommen, die ihre submissive Natur grundsätzlich verleugnet.“

„Sie glauben, ich wäre eine echte Submissive?“ Sophie konnte den Schock in ihrer Stimme hören. War sie das wirklich? Und noch wichtiger: Konnte sie darauf vertrauen, dass er sein Wort hielt und ihr Safeword respektierte, wenn sie es benutzen musste?

„Sie sind eine Submissive. Dem richtigen Mann gegenüber sind Sie es. Als ich Sie in meinen Armen hielt und Ihnen befohlen habe, sich nur auf mich zu konzentrieren, haben Sie es ohne Zögern, ohne es zu hinterfragen getan. Sie haben sich mir untergeordnet, und das war wunderschön zu sehen. Den meisten gegenüber sind Sie stark, aber Sie sehnen sich trotzdem nach Unterwerfung. Eine Sub zu sein heißt nicht, dass Sie schwach sind. Es bedeutet nur, dass Sie sich hingeben müssen. Viele schwache Menschen sehnen sich nach Stärke, danach, andere zu verletzen oder Kontrolle zu übernehmen, aber es sind immer noch grundsätzlich schwache Individuen.“

Sophie wusste, dass das stimmte. Sie hatte Killer und Mörder getroffen – bedauernswerte Menschen. Sie waren zu schwach, um dann, wenn es notwendig war, für sich selbst einzutreten, und der daraus resultierende Verlust der Macht oder der Kontrolle führte dazu, an Unschuldigen gewalttätig Vergeltung zu üben. Ein solches Verhalten war weiter verbreitet, als es sein sollte.

Ein plötzlicher Gedanke kam ihr. „Was, wenn … ich Ihnen erlauben würde, mir beizubringen, mich hinzugeben?“

Neugier tauchte wie ein kleiner Schatten in seinen Augen auf, aber seine Vorsicht überwog.

„Ich glaube nicht, dass ich bei diesem Handel gut wegkomme. Sie könnten sich als zu anstrengend erweisen.“ Emery ging hinüber zu der Spanking-Bank und setzte sich auf den Rand, wobei er sich scheinbar nicht um deren wahren Zweck kümmerte. Sophies Gesicht erhitzte sich unter einem verräterischen Erröten.

Es hätte sie überraschen sollen, wie sehr sie ihm gefallen wollte. Er wirkte wie ein schwieriges Puzzle, und da ihr Verhalten zum Teil ein Schlüssel dazu war, fragte sie sich, was freigesetzt werden würde, wenn sie seinen Befehlen Folge leistete.

Er lehnte sich zurück, überkreuzte die Beine und sah sie an. Sie war immer noch auf den Knien, die Hände gefaltet, die Finger miteinander verwoben. Sophie beobachtete ihn, betrachtete den perfekt maßgeschneiderten Anzug, der wie eine zweite Haut an seinem Körper klebte. Er wirkte genau wie der reiche Einsiedler, als der er immer bezeichnet wurde.

Die Menschen sprachen in traurigem Flüsterton von ihm, die Blicke voller Mitleid. Aber als Sophie Emery in die Augen sah, konnte sie ihn nicht bemitleiden. Mit ihm mitfühlen? Ja. Mitleid? Nein. Sein Ausdruck der Dominanz verlangte Gehorsam und Respekt, und keine Sekunde war vergangen, in der er diesen Ausdruck hatte fallen lassen, abgesehen von dem Moment, als er das Foto aus seiner Vergangenheit angestarrt hatte. Nur da hatte sie den anderen Emery gesehen, der in den Erinnerungen an seine Kindheit gefangen war. Der, den sie retten musste. Denn eines war klar: Ein Teil von diesem Mann vor ihr musste gerettet werden.

„Ich bin mir nicht sicher, ob Sie ins Bett zu bekommen es wert ist, meine Leidensgeschichte erneut zu durchleben.“ Er klang fast herausfordernd, als ob er Shakespeare zitieren würde. Er machte sich über sie lustig!

Scham ließ ihr Gesicht heiß werden, aber ihr Stolz war verletzt. Ohne nachzudenken, zog sie einen Schuh aus und warf ihn nach ihm.

Klatsch! Er prallte von der starken Wand seiner muskulösen Brust ab und fiel zu Boden. Emery bewegte sich keinen Zentimeter, senkte nur den Blick zu dem Schuh und hob ihn dann wieder. Sie konnte fühlen, wie er über ihren Körper glitt.

„Du hast gerade einen Schuh nach mir geworfen.“ Offensichtlich hatte sie ihn mit ihrer Tat so überrascht, dass er ins Du verfiel. Seine Augen blitzten, aber seine Lippen zuckten.

„Ach? Du hast gerade angedeutet, dass ich nicht gut im Bett wäre!“ Sie murmelte vor sich hin, beugte sich hinunter, um ihren zweiten Schuh auszuziehen, und wollte nichts mehr, als den auch nach ihm zu werfen. Sie wurde von seiner Reaktion vollkommen überrascht.

In der einen Sekunde hatte sie die Hand an ihrem verbliebenen Schuh, in der nächsten hatte er sie herumgewirbelt, sodass sie sich der Wand gegenüber befand. Sein Körper drückte sich von hinten eng an ihren. Ihre Handgelenke fing er an ihrem unteren Rücken mit einer Hand ein. Er kreiste mit den Hüften, rieb sich an ihrem Hintern und drängte eine sehr harte Erektion an ihren Minirock. Emery legte die freie Hand auf ihren Bauch. Deren Größe ließ sie sich unglaublich klein fühlen.

„Du hast eine ungewöhnliche Art, dein Temperament auszuleben.“ Sein leises Grollen rief ein intensives Zittern vom Ansatz ihres Rückgrats hervor. „Ein paar Doms genießen es, ihren Subs dieses Temperament mit einem Paddel auszutreiben und sie dann in köstliche Unterwerfung zu ficken, bis die Sub vor Lust regelrecht vergeht.“ Er betonte das abrupt mit einem erneuten Druck seiner Hüften.

Ihre Klit pochte und ihr Atem wurde schneller. Bilder tauchten in ihrem Kopf auf – wie er ihr den Rock bis zur Taille hinaufzog, ihre Unterwäsche wegriss und sie hart von hinten nahm. Sophie zuckte zusammen, als ihre Knie aufeinandertrafen und sie ins Schwanken geriet. Emery hielt sie aufrecht, rieb ihren Bauch und machte sie mit dem Druck schärfer, als dass er sie damit beruhigte.

„Sag mir nicht, dass ich dich sprachlos gemacht habe.“ Sein heiseres Lachen war so intensiv wie Scotch und brannte sich bis in ihr Inneres.

Er knabberte an ihrem Ohr, dann biss er leicht hinein. Irgendwo unterhalb ihrer Taille ging eine Explosion los, und Sophie sog den Atem ein. Das Blut rauschte ihr in den Ohren und ein dunkler Nebel schien sich über ihr Blickfeld zu legen, als sie gegen ihn und in seine neckenden Küsse und Berührungen sank.

„Ich habe Probleme … zu denken“, gab sie durch den Dunst zu, der sich anscheinend um die logischen Gedankengänge ihres Gehirns gelegt hatte. Sie konnte sich nur auf seinen Atem an ihrer Wange konzentrieren, auf das kurze Eintauchen seiner Zunge in ihr Ohr und auf das prickelnde Stechen der Lust, das sich durch ihren unteren Rücken und direkt in ihre Klit bewegte. Sie war leer, brauchte etwas in sich, brauchte ihn. Ihr Körper schmerzte angesichts des wilden Sehnens, ihn zu spüren. Alles, was nötig wäre, um vor Verlangen zu vergehen wäre sein Stoßen in sie, wenn es nur intensiv genug war.

„Du reagierst gut auf mich. Vielleicht bist du ein paar Nächte wert.“ Er leckte von ihrer Schulter zu einem Punkt unter ihrem Ohr, hauchte Küsse darauf und blies dann sanft auf ihre nun empfindliche Ohrmuschel. Ihre Hände zitterten heftig in seinem Griff.

Dann war er weg. Er hatte sie losgelassen und war zurückgetreten. Sophie fiel ein wenig nach vorn und ihr Körper sank gegen die Wand, wo sie um Fassung kämpfte. Der Stein an ihrer Wange war kühl und etwas rau, wie die schroffen Ziegel in einem Burgverlies. Das verlieh ihrer spärlich möblierten Umgebung noch mehr das Gefühl eines Kerkers – mehr noch als es Ketten, Peitschen und andere Dinge hätten schaffen können. Sie war ihm ausgeliefert. Er konnte sie foltern oder ihr Lust bereiten oder auch eine Kombination aus beidem. Ihre Klit pochte beim Gedanken an beides.

„Also gut. Schnür dein Korsett auf.“

Der Befehl kam so abrupt, dass Sophie sofort dagegen rebellierte. Das würde sie auf keinen Fall tun, und das hatte nichts mit Schamhaftigkeit zu tun.

„Kannst du nicht mal einer einfachen Anweisung Folge leisten?“ Eine goldene Braue wölbte sich.

„Es ist nicht so, dass ich nicht gehorchen will …“

„Wirst du von Schamhaftigkeit geplagt?“ Seine Lippen verzogen sich nach unten, aber ein Hauch von Amüsement tanzte kurz über sein Gesicht.

„Ich werde nicht geplagt. Ich bin von Natur aus zurückhaltend. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich das Korsett nicht aufschnüren kann.“

Emery seufzte und verschränkte die Arme. „Ich vermute, ich sollte dich heute von der Angel lassen. Sag mir, warum du dein Korsett nicht öffnen kannst, und ich befreie dich von dem Befehl, es zu tun. Kannst du das ohne weitere Schwierigkeiten?“

„Es dir einfach sagen?“ Das konnte sie, oder?

„Für den Augenblick. Eines Tages wirst du dich mir zeigen.“ Er fuhr sich durch die Haare und brachte damit die blonden Locken durcheinander. Sie wollte so dringend dasselbe tun. Neben ihm im Bett liegen und wissen, dass sie der Grund für sein wirres Haar war, dass sie in ihrer Leidenschaft die dicken, schimmernden Strähnen gepackt und daran gezogen hatte.

„Ich bin kein Freund von Verzögerungen, Sophie“, warnte er sie.

Sie holte zittrig Luft, dann nickte sie vor sich hin. „Ich habe Narben.“ Da. Jetzt war es raus. Kein Weg zurück.

„Was für eine Art von Narben?“ Emerys Stimme war sanft, seidig, als ob er sie beruhigen wollte.

Seine Frage verwirrte sie.

„Narben. Da gibt es keine verschiedenen Arten.“

Emery richtete seinen Blick auf sie. „Ich meine, sind es Narben von Missbrauch? Von einem Unfall?“

„Nein, kein Missbrauch. Von einer Operation.“

„Weswegen hattest du diese Operation?“

„Das zu erklären ist nicht Teil unserer Abmachung“, erwiderte sie. Sie hatte zugestimmt, sich ihm zu unterwerfen, nicht, ihm jedes ihrer Geheimnisse anzuvertrauen.

Emery erhob sich und kam auf sie zu. Er war so schnell, dass sie keine Zeit hatte, zu reagieren. Er packte ihre Handgelenke und zog sie zurück zur Bank, beugte sie darüber und spreizte ihre Knie mit einem Fuß, den er dazwischenschob. Ihre Hände zog er hinter ihren Körper und hielt sie dort fest. Als er sein Bein höher zwischen ihre Schenkel unter den Rock führte, wimmerte sie. Der weiche, teure Stoff seines Anzugs rieb erotisch gegen die empfindliche Haut dort.

„Lektion Nummer eins: Lüge deinen Dom oder überhaupt einen Dom niemals an und verschweige ihm nichts. Das resultiert immer in einer Bestrafung oder schlimmer noch, der Dom löst die Beziehung auf und lässt die Sub ziehen. Und jetzt versuchen wir das noch einmal. Weswegen hattest du diese Operation?“

„Na gut!“, zischte Sophie. Sie war wütender als eine nasse Katze, aber sie wusste, dass er sie in der Hand hatte. Trotzdem ruckte sie und wackelte an der Bank, um seinen Griff zu überprüfen. Fest. Es gab keine Möglichkeit, sich daraus zu befreien.

„Aufhören.“ Sein scharfer Befehl ließ sie zusammenzucken und sofort lockerlassen. „Sag die Wahrheit. Ich habe Mittel und Wege, dich zum Reden zu bringen, wenn du vorhast, zu schweigen.“

Sprach er davon, dass er ihr den Hintern versohlen würde? Sie wünschte, sie wüsste es, aber andererseits wollte sie es vielleicht gar nicht wissen. Sie senkte die Lider, und Dunkelheit war alles, was sie sah, sodass sie sich wie allein fühlte und die Wahrheit sagen konnte. „Ich hatte einen Unfall und davon einige Schnitte. Daraufhin musste ich mich einer Operation unterziehen. Ist dir die Antwort persönlich genug?“ Sie zuckte zusammen und rechnete mit einem Schlag.

„Ich wollte keine persönliche, sondern eine ehrliche Antwort. Und ich prügle nie Antworten aus jemandem heraus, besonders nicht aus einer Sub, die sich meiner Fürsorge anvertraut.“ Obwohl in seinen Worten eine Rüge mitschwang, wirkte er weniger wütend, sondern eher verwirrt und verletzt, dass sie angenommen hatte, er würde sie schlagen.

„Woher wusstest du, dass ich Angst hatte, dass du das tun wirst?“, flüsterte sie.

„Du bist zusammengezuckt, als ich die Stimme erhoben habe. Das habe ich schon vorher bei anderen Submissiven gesehen. Du hast erwartet, dass ich dich schlage, aber du solltest wissen, dass ich niemals mit Gewalt reagiere, nur mit erotischer Bestrafung. Da gibt es einen Unterschied, und den werde ich dir beibringen.“

Sehr langsam zog er sein Bein zwischen ihren Schenkeln weg und ließ ihre Handgelenke los. Sophie lag einen Augenblick lang da, unsicher, was sie tun sollte. Aber statt aufzustehen, setzte sich Emery auf den Boden und griff nach ihr. Er nahm sie in die Arme und legte sie neben sich hin. Sophie keuchte, als er sich über sie beugte. Wenn sie nicht so von seiner Nähe abgelenkt gewesen wäre, hätte sie vielleicht gelacht. Emery Lockwood wirkte auf sie nicht wie ein Mann, der die Missionarsstellung bevorzugte.

Aber Sophie war abgelenkt. Er war ihr so nah, nahm wieder ihre Handgelenke und hielt sie über ihrem Kopf auf den Boden gedrückt. Seine Finger fuhren ihren Oberkörper hinab, über ihren Bauch und dann zwischen ihre Beine, teilten sie, sodass er seine Hüfte eng an ihre schieben konnte. Er bewegte sein Becken nach vorn, rieb sich an ihr, zeigte ihr, dass sie sich nicht bewegen konnte, außer er ließ es zu.

Es war Ewigkeiten her, seit sie einem Mann so nah gewesen war, dass jeder Zentimeter ihres Körpers seinen berührte bis auf ihre Lippen, und seine waren so verführerisch dicht vor ihr. Das letzte Mal hatte sie nicht so aufgewühlt. Ihr Universum wurde kleiner, bis nur noch dieser Moment da war, nur noch sie beide. Ihre Blicke trafen sich.

„Das hier ist persönlich. Meine Vergangenheit ist persönlich, Sophie. Alles, was du von mir willst und was ich von dir will, ist persönlich.“ Seine freie Hand strich von ihrer Hüfte hinauf, bis sie auf ihrem unteren Rippenbogen lag. Er spielte mit den lockeren Bändern ihres Korsetts. Sie fühlte, wie er daran zog, sie damit neckte, aber er öffnete die Schleifen nicht weiter. Doch er könnte es tun, wenn er es wünschte. Er könnte das Korsett öffnen und ihre Narben sehen, ihre Hässlichkeit.

Sophies Atem stockte, ihre Brüste hoben sich hektisch, als sie nach Luft rang.

Sorge verdunkelte seine Augen. „Du bist wie ein verängstigter kleiner Spatz. Deine Brust hebt sich, als würdest du dich gegen die Tatze einer Katze wehren, die dich niederdrückt. Entspann dich, Sophie“, murmelte er. „Sonst könnte ich meine bereits sehr strapazierte Kontrolle verlieren. Als Dom werde ich von deiner Unsicherheit erregt. Ich liebe es, eine Frau zu der schmalen Grenze zwischen Vertrauen und Angst zu bringen. Ich würde dir nie wehtun, aber ich bin entschlossen, deine Grenzen auszuloten, sie zu testen, und ich weiß, dass dir das genauso viel Angst macht, wie es dich erregt.“ Seine einstmals seidige Stimme klang nun rau und ein wenig abgehackt.

Die Wahrheit in seinen Worten war wie eine Peitsche, die durch ihren Verstand knallte, schärfer und schmerzhafter als alles, was sie jemals auf ihrer Haut gespürt hatte.

Sophie hob die Hüfte in dem Versuch, ihn abzuschütteln. „Scheiße!“ Seine harte Erektion grub sich in sie und ließ ihr Inneres pochen.

Als ob er ihre steigende Lust und Frustration fühlen konnte, wirbelten Verlangen und Hunger in seinen Augen.

„Also hast du Narben und sie sind ein Problem für dich“, bemerkte er.

Sie hob das Kinn und sah ihn böse an. „Na ja, es ist unangenehm. Männern gefallen sie nicht, meine … meine …“ Sie hasste es, aber ihre Stimme brach.

„Ihnen gefallen deine Brüste nicht?“ Der reine Unglauben, der sich auf seinem Gesicht abzeichnete, erstaunte sie.

„Mhmm.“ Sophie schloss die Augen. Scham fuhr durch ihr Inneres wie ein Vorschlaghammer durch feines Porzellan.

Gott, bitte lass diese Peinlichkeit schnell vorübergehen. Jeder andere Mann hätte sie nach so einer Aussage in Ruhe gelassen. Emery war sicher nicht anders. Er war zu sexy, zu großartig, um sich mit einer vernarbten Frau wie ihr zufriedenzugeben, nicht, wenn er die freie Wahl hatte.

Emery hielt inne, gab kein Geräusch von sich und bewegte sich nicht, bis sie ihre Augen wieder öffnete. Als sie endlich zu ihm aufsah, senkte er den Kopf ein paar Zentimeter. Seine Nase berührte ihre und er neckte ihre Wange.

„Ich bin nicht wie andere Männer, Sophie. Narben sind ein Zeichen von Stärke, von Überleben. Eines Tages wirst du mutig genug sein, sie mir zu zeigen, und ich werde dir beweisen, dass es nichts ist, weswegen du dich schämen musst. Jetzt bin ich bereit, den Deal mit dir einzugehen. Du auch?“

Sie biss sich auf die Lippe. Es war ihre Idee gewesen, also musste sie es durchziehen. Sie wollte es durchziehen, selbst wenn es sie zu Tode erschreckte.

„Ja, ich auch. Deine Story für meine Unterwerfung.“

The Gilded Cuff

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