Читать книгу Jung! Schön! Devot! Erotischer SM-Roman - Leila Robinson - Страница 4

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Luna war auf dem Nachhauseweg völlig in Gedanken versunken. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit einer Offenbarung dieser Art. In ihrem Kopf ließ sie das Gespräch noch mal Revue passieren – hatte das wirklich gerade stattgefunden?

Sina war immer ein absoluter Fan von Rosen, Kerzenlicht und Liebesbekundungen gewesen. Wie war es möglich, dass sie sich so um hundertachtzig Grad drehte? Diese Frage kreiste in Lunas Kopf wie in einer Endlosschleife. Doch es war müßig, darüber nachzudenken. Es war, wie es war.

Luna versuchte, sich an alles zu erinnern, was sie jemals über SM gehört hatte, und merkte schnell, dass das nicht besonders viel war. Mit Kim und Tom war sie zwar auch gut befreundet, aber darüber hatten sie sich nie wirklich unterhalten. Bilder von Fesseln, Handschellen, Schlägen und dunklen Kellern schwirrten ihr durch den Kopf, ohne einen Zusammenhang zu ergeben.

Sie dachte an ihre Fantasien, die garantiert mehr als weit entfernt von der Realität waren – ein fester Griff hier, verbundene Augen da.

Das alles erschien ihr lächerlich im Gegensatz zu dem, was Sina anscheinend tat, aber was war das eigentlich? Was zog sie so an, dass sie sich dem hingab, davon so begeistert war? Luna beschloss, zu Hause gleich im Internet zu recherchieren. Vielleicht sollte sie Sina auch einfach fragen … Nein, das würde sie tun, wenn sie sich ein bisschen eingelesen hatte, da würden ihr sicher mehr als genug Dinge einfallen, die sie fragen konnte. Erst mal wollte sie sich einen Überblick verschaffen und sich eine Meinung darüber bilden, was sie wissen wollte – oder ob sie überhaupt etwas wissen wollte.

Sie begann sich zurechtzulegen, was sie googeln wollte: SM, Fesseln, Dominanz … Und was hatte Sina noch gesagt – ja, »devot« war der Ausdruck gewesen.

Als sie zu Hause die Schuhe auszog und direkt ins Wohnzimmer ging, um den Laptop hochzufahren, war sie fast schon ein bisschen aufgeregt. Aber zuerst kochte sie sich einen Tee und zog sich eine Jogginghose an. Dann nahm sie den Laptop mit aufs Sofa und öffnete den Internetbrowser. Der Cursor blinkte im Eingabefeld. Los, trau dich!, dachte sie und lachte über sich selbst. Was sollte denn schon passieren?

Sie gab zwei Buchstaben ein: »SM« – und eine Flut an Ergebnissen tauchte auf. Das könnte ein langer Abend werden, dachte sie und begann mit der Definition aus Wikipedia:

»Als Sadomasochismus wird in der Regel eine sexuelle Devianz verstanden, bei der ein Mensch Lust oder Befriedigung durch die Zufügung oder das Erleben von Schmerz, Macht oder Demütigung empfindet. Die Bezeichnung entsteht aus einer Zusammenziehung der beiden Begriffe Sadismus und Masochismus …«

Na, das hilft mir ja mal so gar nicht weiter, dachte sie stirnrunzelnd. Ich will wissen, warum das so ist. Wieso finden Menschen darin Befriedigung oder Erfüllung? Und was genau ist damit gemeint? Sie scrollte sich durch die anderen Ergebnisse.

Mit Sadismus konnte sie etwas anfangen. Sadisten waren Menschen, die Spaß daran hatten, jemanden zu quälen, ihm Schmerzen zuzufügen. Aber irgendwie klang es in jedem Bericht und auf jeder Seite so, als wäre das etwas Gutes, keine wirkliche Gewalt, sondern eine besondere Art der Zuwendung, mit dem Ziel, dem anderen zu zeigen, dass man sich um ihn kümmerte oder ihn »erzog«, wie sie ebenso oft las.

Dann musste Masochismus wohl das Gegenteil sein, der Gegenpol zum Sadisten, jemand, der es genoss, wenn ihm Schmerzen zugefügt wurden.

Völlig gebannt las sie den Bericht einer sogenannten »Sub«, die beschrieb, was sie empfand, wenn sie geschlagen oder bestraft wurde – ein Gefühl, das weitaus mehr als Schmerz sei. Es sei das Gefühl, frei zu sein, jegliche Kontrolle abzugeben, sich um nichts kümmern zu müssen und alles in die Hände des anderen zu legen, ihrem Herren – wie sie ihn nannte – eine Freude zu machen und ihm zu dienen.

Luna las und las, war wie gefangen in den Gedanken dieser Frau, die ihre Gefühle, ihr Seelenleben und so viel mehr preisgab. Fast hatte sie das Gefühl, diese Frau persönlich kennenzulernen. Selbst Schmerzen schienen dieser Frau bis zu einem gewissen Grad wie Lust vorzukommen. Fesselnd und so abstrus zugleich. Sie beschrieb aber auch ihre Selbstzweifel, als sie diese Welt für sich entdeckt hatte – die Angst, nicht normal zu sein, etwas Falsches zu tun.

Luna dachte an Sina und ihr schlechtes Gewissen regte sich. Hatte sie ihr auch das Gefühl gegeben, sie sei nicht normal? Wer zum Teufel war schon normal? Gab es diese Definition überhaupt oder war sie nur eine Wunschvorstellung der Gesellschaft, die für alles einen Rahmen haben musste?

Sie musste ihr morgen am Telefon unbedingt sagen, dass sie kein Problem damit hatte!

Aber erst mal machte sie eine Pause, ging in die Küche, um sich ein Brot zu machen, während sie über den eben gelesenen Bericht nachdachte.

Was diese junge Frau erzählte, war tatsächlich spannend und irgendwie berauschend – die Emotionen, die sie beschrieb, mussten einen einfach mitreißen. Hatte Sina vielleicht auch einen solchen Erfahrungsbericht gelesen und war daraufhin neugierig geworden? Das könnte sie ja noch verstehen – all diese intensiven Momente, so etwas hatte sie selbst auch noch nicht erlebt, erst recht nicht beim Sex.

Auch das war etwas, das ihr bisher noch schleierhaft war: Meist ging es gar nicht um den Sex an sich, sondern um dieses große Vorspiel – ja der Begriff passte.

Mit ihrem Brot ging sie zurück ins Wohnzimmer, um weiterzulesen.

Als Nächstes gab sie »Sub« ein und fand die Herleitung: Der Begriff kam offensichtlich von dem Wort »Submission« oder »submissive« und bedeutete Unterwerfung oder Unterwürfigkeit.

Somit war klar, dass damit derjenige gemeint war, der eben die Rolle dessen einnahm, dem Schmerzen zugefügt wurden. Langsam fand sie sich in dem Thema zurecht und von Begriff zu Begriff wurden ihr die Zusammenhänge klar.

Nach drei Stunden taten ihr die Augen vom vielen Lesen am Bildschirm weh, aber sie hatte einiges herausgefunden: Sie wusste nun, dass BDSM (wie es im Ganzen hieß) ein breites Feld vieler Vorlieben war. Außerdem hatte sie erfahren, dass der Gegenpart der Sub der »Dom« war. Er war derjenige, der die Macht hatte über seine Sub, der auf sie achtgab, ihr aber auch Regeln auferlegte, deren Missachtung bestraft wurde. Der, der die Verantwortung hatte und der Sub erst dieses unglaubliche Gefühl der Geborgenheit ermöglichte – eben dadurch, dass er klarmachte und ausstrahlte, dass er auf sie aufpasste, wenn nötig auch durch Schmerz. Aber erst die geistige Kontrolle, die den anderen selbst in Abwesenheit dazu bewegte, nichts zu tun, was ihm untersagt worden war, erst das war klassische Dominanz und Unterwerfung.

Sie hatte einen tollen Satz gelesen, der sie gleichzeitig faszinierte und ihr bestätigte, dass es Sina bei der Sache gut ging: »Dominanz bedeutet nicht, jemanden in die Knie zu zwingen, sondern in ihm das Gefühl zu wecken, auf die Knie gehen zu dürfen.«

Langsam wurde sie müde, das war heute alles ziemlich viel gewesen. Sie schaltete den Laptop aus und ging ins Bad, um sich die Zähne zu putzen.

Im Bett las sie noch eine Weile in einem Krimi, aber so richtig konnte sie sich nicht konzentrieren. Also machte sie das Licht aus, drehte sich um und schlief tatsächlich auch recht schnell ein, allerdings nicht, ohne sich in wirren Träumen zu verlieren.

Schnell wechselten die verschiedenen Träume, ohne jeglichen Zusammenhang. Sie fand sich in dem Club wieder, von dem Sina erzählt hatte, sah Leute, die sie nicht kannte, in freizügiger Kleidung herumlaufen. Dann war da das Gespräch mit Sina am Nachmittag, die aber plötzlich in schwarzer Korsage vor ihr saß, und Marc, der sie zu sich zitierte. Und wieder wechselte der Schauplatz: Sie sah sich selbst dabei zu, wie sie auf ihrem Bett lag, nackt und gefesselt, mit einer Augenbinde. Das Zimmer war nur gedämpft beleuchtet und vor dem Bett stand ein fremder Mann. Er ging um das Bett herum und betrachtete sie ausgiebig, trat neben sie und hielt seine Hand knapp über ihre Brüste. Sie spürte die Wärme, aber keine Berührung. Ihre Brustwarzen stellten sich auf und ihr Atem ging schneller, stoßweise. Dann endlich die ersehnte Berührung – langsam strich er ihr über die Brüste, den Bauch und die Beine entlang – ein unglaublich schönes Gefühl. Die Berührung endete abrupt, als er einen Schritt zur Seite machte und nach einer Kerze griff, die auf dem Nachttisch neben dem Bett brannte. Luna erschrak, er würde doch nicht …? Zuerst hielt er die Kerze neben sie, damit sie die Hitze spürte, dann vergrößerte er den Abstand, hielt die Kerze über ihre Brüste. »Vertrau mir«, flüsterte er und kippte die Kerze etwas, sodass das Wachs zu tropfen begann. Ein Schmerz durchfuhr sie …

Luna schreckte hoch, sah sich um und stellte fest, dass sie allein war und in ihrem Zimmer in ihrem Bett lag, schweißnass. Was hatte sie da nur geträumt?

Noch ein bisschen durch den Wind verschwand sie unter der Dusche. Das heiße Wasser auf der Haut tat gut, es erinnerte sie jedoch postwendend an ihren Traum. Trotz des warmen Wassers lief ihr ein Schauer den Rücken herunter. Sie schloss die Augen, seifte sich ein und wieder drängte sich der Traum in ihr Bewusstsein. Sie ließ ihn noch einmal vor ihrem inneren Auge ablaufen. Da spürte sie noch etwas – nicht nur die Gänsehaut, die sich bei dem Gedanken an die Vorgänge in ihrem Traum immer noch einstellte, sondern noch etwas anderes, ein Gefühl, das sie kannte – dieses warme Gefühl in ihrer Leistengegend … Was war nur mit ihr los? Seit dem Gespräch mit Sina und ihrer Internetrecherche war sie einfach nicht mehr dieselbe. Sie versuchte, das Gefühl zu ignorieren und stellte das Wasser ab.

Nachdem sie sich fertig gemacht hatte, griff sie zum Telefon und machte es sich mit einem Kaffee auf dem Sofa gemütlich. Sie nahm an, dass dies ein längeres Gespräch werden würde.

Sina ging sofort ans Telefon.

»Na, hast du schon sehnsüchtig darauf gewartet, dass ich anrufe?«

»Na ja, sagen wir es so: Ich freue mich, dass du dich meldest. Hast du unser Gespräch von gestern etwas verdaut?«

»Ja, das hab ich, zumindest ist der erste Schreck überwunden. Was ich dir noch sagen wollte: Für mich ändert das nichts, du bist meine beste Freundin, egal was dir gefällt oder nicht. Ich halte dich nicht für unnormal oder so!«

»Danke, dass du das sagst.« Sina atmete erleichtert auf.

»Jetzt erzähl mal: Wie hat das mit Marc angefangen?«

Sina erzählte von ihrem zweiten Besuch in der Kneipe, wie sie sich – nachdem Kim und Tom sie allein gelassen hatten – lange mit Marc unterhalten hatte. Und dass er dann nach ihrer Nummer und einem Treffen – allein oder auf der nächsten Party dort – gefragt hatte, aber ohne irgendwie aufdringlich zu sein.

»Und wie ging es dann weiter?« Luna war nun doch neugierig.

»Wir haben uns tatsächlich auf der nächsten Party dort wiedergetroffen. An dem Abend war nur Kim dabei, Tom musste arbeiten. Ich hatte Marc eine Nachricht geschickt und Bescheid gesagt, dass ich und Kim hingehen wollten, und er hat sofort zugesagt. An dem Abend waren wir ja nun zu dritt, daher ist da nicht weiter was gewesen, außer dass wir uns für den nächsten Tag auf einen Kaffee verabredet haben. Den Rest der Geschichte kennst du, wir haben uns weiter ab und zu getroffen und irgendwann hat es gefunkt.«

»Ich meinte eigentlich, wie er dir dann das Ganze schmackhaft gemacht hat. Also, wie bist du auf die Idee gekommen, das auszuprobieren?« Als Sina nicht gleich antwortete, erklärte sie noch: »Ich hab gestern einiges zu dem Thema im Internet gelesen. Ich wollte wissen, was das alles zu bedeuten hat, aber so richtig weit bin ich nicht gekommen.«

Sina zögerte einen Moment. Wahrscheinlich wollte sie ihr nicht so viel auf einmal zumuten oder überlegte, wie sie anfangen sollte, um sie nicht doch noch zu verschrecken. »Okay, ich versuch es dir zu erklären, frag einfach, wenn du nicht mitkommst.«

»Mache ich.« Luna war mehr als gespannt.

»Ich wusste von Anfang an, dass er diese Vorliebe hat, und er wusste, dass ich damit weder Erfahrungen hatte noch anstrebte, es zu probieren. Nach ein paar Wochen sprach ich das Thema einfach an und fragte ihn, ob ihm nicht etwas fehle. Kim hatte mir vor einiger Zeit mal ihr Leid über die Zeit geklagt, in der sie mit Männern zusammen gewesen war, die nicht auf SM standen. Somit hatte ich eine Ahnung, dass es bei ihm vielleicht auch so sein könnte – egal, wie ernst es ihm mit mir war. Ich musste es einfach wissen. Er schlug vor, eine Runde spazieren zu gehen, um sich ganz offen darüber unterhalten zu können.

Zuerst hat er mich gefragt, was ich mir unter SM vorstelle. Ich wusste im ersten Moment gar nicht, was ich dazu sagen sollte. Schließlich fielen mir ein paar Dinge ein, die ich von Kim wusste. Und ich hatte mitbekommen, dass Tom die ein oder andere Sache auch in der Öffentlichkeit nicht duldete und Kim sich einen bösen Blick einfing, wenn sie es doch tat. Da war zum Beispiel das Zappeln mit dem Bein, wenn sie die Beine übereinandergeschlagen hatte, oder das ständige Spielen mit ihrem Zungenpiercing zwischen den Lippen. Ich hatte das Spiel zwischen den beiden immer eher amüsant gefunden. Und dann kam ich natürlich erst mal mit den »Klassikern« um die Ecke – Schmerzen, Zwang, Schläge und Strafe. Da hat er ein bisschen geschmunzelt und ich hab es ihm fast übel genommen, dass er sich über mich lustig gemacht hat. Sollte er doch mal erklären, worum es denn dann ginge!

Er kam fast schon ins Schwärmen, als er von der Hingabe und dem grenzenlosen Vertrauen zu erzählen begann und davon, wie sanft und anschmiegsam ein Herr seine Sub behandeln konnte. Ich hab ihm lange zugehört, hab auch verstanden, was er sagte, aber so richtig nachempfinden konnte ich es nicht. Nach einer langen Pause fragte er mich dann einfach, ob er es mir zeigen dürfe, nur um mir zu vermitteln, was es bedeuten kann.

Ich hab damals recht schnell und aus dem Bauch heraus zugesagt, es mal zu probieren – zu verlieren hatte ich ja nichts. Ich glaube, in dem Moment war auch eine gehörige Portion Neugier dabei. Marc hat sich unglaublich gefreut, dass ich mich darauf einlassen wollte, aber an dem Abend ist erst mal nichts weiter gewesen.

Die Woche über konnten wir uns nicht oft sehen und ich dachte schon fast, dass er gar nicht mehr daran dachte. Aber als wir uns dann für das Wochenende verabredeten, kam das Thema wieder auf, allerdings so völlig anders, als ich es erwartet hätte. Wir haben miteinander telefoniert und er fragte, ob ich mir immer noch sicher sei, mit ihm einen Ausflug in diese Welt zu wagen. Ich zögerte nicht und versicherte ihm, dass ich das wolle. Er bedankte sich für mein Vertrauen und versprach mir, gut auf mich aufzupassen, sodass mir nichts passierte, fügte aber nach einer kurzen Pause hinzu: ›Du wirst vielleicht erschrocken sein nach diesem Abend, entweder weil es dich abstößt oder weil es ungeahnte Gefühle und Dinge in dir freisetzt, mit denen du nicht gerechnet hast. Aber lass dich von mir führen.‹ Damit machte er mir fast ein bisschen Angst, aber das sagte ich ihm nicht. Ich sollte um acht bei ihm sein und … ähm, ja … ohne Unterwäsche auftauchen.«

Luna atmete hörbar ein. Nun wurde es ernst und sie wusste nicht, ob sie noch mehr von Sina hören wollte, gab sich dann aber einen Ruck. Sie wollte sie einfach nicht vor den Kopf stoßen.

»Erzähl weiter, ich bin ganz Ohr«, versuchte sie es locker.

»Als ich damals bei seiner Wohnung ankam, war die Tür offen. Auf der Fußmatte lag ein Umschlag mit meinem Namen – der Umschlag war richtig schick, ganz fest und mit tiefblauer Tinte beschrieben. Es befanden sich zwei Seiten darin. Auf der ersten standen einige Anweisungen.«

Luna hörte gebannt zu.

»In dem Brief stand: Du wirst den Flur entlang zum letzten Zimmer gehen. Die Tür steht offen, dort wirst du etwas auf dem Sessel finden, und du wirst nur dieses Stück tragen, nichts anderes. Danach begibst du dich zurück in das erste Zimmer des Flures.

Das Zimmer am Ende Gangs war eine Art Bibliothek, es standen deckenhohe Bücherregale drin. Das passte zu Marc, ich wusste, dass er leidenschaftlich gern las. Das Licht war gedämpft, in der Mitte des Raums erkannte ich einen Sessel, auf dem ein lila Samttuch lag. Ich zog mich aus und legte es mir um den Hals, locker über die Schultern, um meine Brust etwas zu bedecken. Ich atmete tief durch. Mir war flau im Magen und doch war es kein unangenehmes Gefühl. Langsam ging ich den Flur zurück. Als ich vor dem ersten Zimmer stand, fiel mir ein, dass noch ein zweiter Bogen Papier in dem Umschlag gewesen war. Ich zog ihn heraus. Es stand ein einziges Wort darauf: Topas – ein Stein. Ich runzelte die Stirn, etwas verwirrt, was ich damit anfangen sollte, und schob das Papier zurück in den Umschlag. Zitternd legte ich meine Hand auf die Türklinke, ließ sie kurz darauf ruhen. Das kalte Metall brannte fast in meiner Hand, ich drückte die Klinke hinunter und betrat den Raum. Außer einigen Kerzen war es fast dunkel. Ich sah mich um, konnte Marc aber nirgends entdecken.

›Stell dich in die Mitte, ich möchte dich anschauen‹, vernahm ich seine Stimme aus der hinteren Ecke des Raumes. Ich tat, was er gesagt hatte. Obwohl ich sein Wohnzimmer kannte, wirkte es völlig fremd auf mich, das gedämpfte Licht veränderte die Atmosphäre völlig. Ich konnte nun erkennen, dass er auf einem Stuhl saß, ein Glas Wein in der Hand, und mich ernst, aber sanft ansah.

›Ich gebe dir noch mal die Möglichkeit zu entscheiden, ob du dich wirklich auf dieses Abenteuer einlassen möchtest. Wenn ja, musst du mir einfach vertrauen. Ich werde gut auf dich achtgeben! Hast du dir das Wort gemerkt, das auf dem Zettel stand?‹

›Ja – Topas.‹ Meine Stimme bebte.

›Mit diesem Wort kannst du mir jederzeit signalisieren, dass du nicht weitergehen möchtest, es ist das Zeichen für mich, nicht weiterzumachen. Ich werde das Spiel ohne zu zögern sofort abbrechen. Es ist dein Safeword.‹

Ich glaube, ich habe nur stumm genickt und darauf gewartet, was als Nächstes passiert.

Er stand auf, stellte sein Glas ab, kam auf mich zu und ging um mich herum. Als ich ihn ansehen wollte, befahl er mir, nach vorn zu schauen. Ich spürte, wie er hinter mir stehen blieb und das Tuch von meinen Schultern gleiten ließ. Sanft berührte er meine Ellenbogen, die Unterarme und schließlich meine Handgelenke, wo er plötzlich verharrte.

›Ich habe dir gesagt, du sollst nur dieses Tuch tragen.‹ Seine Stimme hatte sich verändert, sie war nun dunkler und bestimmter. Ich dachte an den Armreif, den ich immer trug, und schluckte.

›Du wirst genau sein müssen, wenn du meinen Anweisungen folgst, merk dir das!‹

Er nahm das Tuch, legte es auf den Tisch und schaute mich eine Weile einfach nur an. Ich wurde etwas nervös unter seinem Blick, wobei ich nicht wusste, warum. Wir hatten uns schon oft nackt gesehen, aber nun war ich es und er nicht, das veränderte alles …

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er wieder auf mich zu und blieb erneut hinter mir stehen. Seine Finger strichen meinen Nacken entlang – ich bekam sofort eine Gänsehaut und ein wohliger Schauer lief mir über den Rücken. Einen kurzen Moment war seine Berührung verschwunden, dann merkte ich, wie er mir etwas um den Hals legte, und ein jäher Anflug von Angst überkam mich. Er hielt inne, sprach sanft auf mich ein.

›Denk daran, du musst mir vertrauen! Ich würde dich nie in Gefahr bringen.‹

Mir schossen tausend Dinge durch den Kopf. Hatte ich mich getäuscht? War er ein Verrückter, dem ich auf den Leim gegangen war? Das Herz schlug mir bis zum Hals.

Er setzte seine Bewegung fort und ich spürte, wie er mir ein Band umlegte und es im Nacken schloss. Er nahm meine Hand und trat vor mich, um mich direkt anzuschauen.

Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. ›Das hast du gut gemacht, ich bin stolz auf dich! Weißt du, was ich dir um den Hals gelegt habe?‹ Ich schüttelte nur den Kopf. Ich hatte zwar eine Ahnung, aber sicher war ich mir nicht.

›Das ist ein Halsband, ein Symbol dafür, dass du auf diese spezielle Art und Weise zu mir gehörst. Natürlich musst du es nicht immer tragen, aber ich wollte dir einmal das Gefühl geben, wie es ist, wenn ich es dir anlege.‹

Mein Atem beruhigte sich langsam wieder, mir war auch nicht mehr ganz so warm und irgendwie war ich stolz, dass ich keinen Rückzieher gemacht hatte. Das war also SM?

›Und soll ich dir etwas zeigen? Ich bin mir sicher, dass es etwas in dir ausgelöst hat.‹ Er strich mit seiner Hand an meinem Bauch entlang, schob sie zwischen meine Beine …

Und, na ja, ich glaube, das möchte ich dir nun nicht so genau beschreiben, den Teil lasse ich jetzt mal aus.«

Luna konnte fast hören, dass Sina gerade tiefrot anlief. Ihr ging es nicht anders, Sina hatte sie zum zweiten Mal an diesem Wochenende gänzlich sprachlos gemacht. »Wow, ich meine, ja, sorry, ich weiß gerade nicht, was ich dazu sagen soll.«

»Das musst du auch nicht, ich habe dir die Geschichte ja nur erzählt, mehr nicht.«

»Ich muss zugeben, ich kann nun immerhin verstehen, warum dich dieser Abend neugierig gemacht hat. Dabei wird es sicher nicht geblieben sein.«

Weil sie beide nicht so richtig wussten, was sie dazu noch sagen sollten, wechselten sie das Thema. »Was hältst du davon, wenn wir heute Nachmittag eine Runde Squash spielen gehen und danach in die Sauna?«, schlug Sina vor.

Luna war sofort dabei, es würde guttun, sich nach diesem geständnisreichen Wochenende einfach auszupowern und danach die Wärme zu genießen.

»Ich hole dich um 17 Uhr ab, ja?«

»Alles klar, ich warte unten an der Straße auf dich.«

Nachdem sie aufgelegt hatten, starrte Luna den Hörer an, als könnte er etwas dafür, was sie gerade erfahren hatte. Eigentlich gab es keinen Grund, skeptisch zu sein, und schon gar nicht, sich zu schämen! Sie hatten beide schließlich immer offen über Sex gesprochen, warum sollte das jetzt anders sein?

Immer noch in Gedanken packte sie schon mal ihre Sachen für den Nachmittag zusammen. Vorher musste sie noch etwas für die Schule vorbereiten, da sie morgen früh den Unterricht einer Kollegin übernahm. Biologie, achte Klasse, da musste sie noch ein paar Unterlagen zusammensuchen.

Sie versuchte sich zu konzentrieren, so gut es ging, aber es gelang ihr nicht, die Bilder auszublenden, die in ihrem Kopf wie ein Film abliefen.

Jung! Schön! Devot! Erotischer SM-Roman

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