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Forschungsstand

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Die bislang vorliegenden Veröffentlichungen, in denen die Einsatzgruppe H behandelt wird, sind zahlenmäßig sehr überschaubar. Bei den Beiträgen in deutscher Sprache muss in erster Linie der 1998 in der Festschrift für Hans Lemberg erschienene Aufsatz von Tatjana Tönsmeyer erwähnt werden.1 Auf knapp zwanzig Seiten bietet sie einen soliden Einstieg in die Problematik, indem sie einige der wichtigsten Aspekte darstellt. Anhand der ihr zur Verfügung stehenden Quellen zeichnet sie in groben Zügen das Operationsgebiet der Einsatzgruppe, widmet sich dem Chef der Einheit sowie am Rande der Zusammenarbeit weiterer Stellen und den Reaktionen der einheimischen Bevölkerung. Im Hinblick auf den Umfang des Aufsatzes ist es verständlich, dass Tönsmeyer statt eingehender Ausführungen die von ihr ausgewählten Geschehnisse und Zusammenhänge vielmehr nur andeutet und vor allem auf die Forschungslücken auf diesem Gebiet hinweist.

Die bisherige weitgehende Vernachlässigung des Themas der Einsatzgruppe H seitens der deutschen Geschichtsforschung bemängelte auch Konrad Kwiet in seinem im selben Jahr veröffentlichten Beitrag.2 In diesem widmet er sich dem Einsatzkommando 14, schildert die Aufgaben und die Tätigkeit des Kommandos, skizziert seine Angehörigen sowie deren Helfershelfer und nennt einige der größten in der Slowakei begangenen Massenmorde, etwa die in Kremnička und Nemecká. Diese Erschießungen werden auch in einem Beitrag von Gila Fatran behandelt, in dem sich die Verfasserin bemüht, eine Bilanz zur Deportation bzw. Ermordung der slowakischen Juden seit dem Spätsommer 1944 zu ziehen.3

Zum Personal der Einsatzgruppe H ist festzuhalten, dass auch diesem bislang in der Forschung keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Lediglich dem Führer des Einsatzkommandos 14, Georg Heuser, kam größere Beachtung zu. Jürgen Matthäus zeichnete in zwei Aufsätzen dessen Lebensweg nach, wobei er dessen Karriere sowohl in der NS-Zeit als auch in der Bundesrepublik verfolgt.4 Die Person Heusers sowie gerade seine Tätigkeit in der Nachkriegszeit werden des Weiteren von Christina Ullrich ausführlich geschildert.5 Unter den von ihr untersuchten 19 NS-Tätern finden sich neben Heuser darüber hinaus noch weitere vier, die zumindest eine Zeit lang auch der Einsatzgruppe H angehörten (Werner Schönemann, Heinz Tangermann, Rudolf Theimer und Fritz Zietlow). Wenngleich bei Ullrich die Integration dieser Männer in die Nachkriegsgesellschaft im Vordergrund steht, behandelt sie teilweise auch ihre Tätigkeit in der NS-Zeit und erwähnt so am Rande ebenfalls ihren Einsatz in der Slowakei. Vom führenden Personal der Einsatzgruppe H muss noch auf den Führer des Sonderkommandos 7a, Gerhard Bast, hingewiesen werden, zu dem ein Buch seines Sohnes vorliegt.6 Was die strafrechtliche Verfolgung der Angehörigen der Einsatzgruppe H betrifft, wird diese in der Forschung – abgesehen von den bei Ullrich erwähnten fünf Tätern bzw. einem kurzen Beitrag von Willi Dreßen7 – kaum erörtert.

Eine ähnliche Situation herrscht in der slowakischen Literatur. Auch in dieser erfährt das Thema der Einsatzgruppe H nur eine sehr dürftige Behandlung. Während Stanislav Škorvánek die Einsatzgruppe allein im breiteren Kontext des nach dem Ausbruch des Aufstands eingeführten deutschen Besatzungssystems erwähnt,8 wird ihre Tätigkeit in weiteren Beiträgen hauptsächlich im Rahmen der seit dem Spätsommer 1944 in der Slowakei begangenen Verbrechen dargestellt. Einen relativ detaillierten Überblick über die „faschistischen Repressalien“ dieser Zeit bietet vor allem ein von Dušan Halaj 1990 herausgebrachter Sammelband, in dem die Ereignisse in der Mittel-, West- und Ostslowakei geschildert werden.9 Die Autoren der drei Teilstudien stützen sich auf ausgewählte slowakische Quellen und Arbeiten, wobei als zentrales Dokument eine Niederschrift slowakischer Ermittlungsorgane aus der Nachkriegszeit herangezogen wurde, auf dessen Grundlage eine Übersicht über die verübten Verbrechen nach den einzelnen Bezirken und Orten aufgestellt wird.10 Diese Texte – vor allem der zur Mittelslowakei von Ján Stanislav – finden sich später in gekürzter Fassung ohne größere Änderungen bzw. ohne weitere wesentliche Forschungsergebnisse in verschiedenen Sammelbänden.11

Was neuere Studien betrifft, sind in diesem Zusammenhang in erster Linie die Beiträge von Michal Schvarc zu erwähnen. Schvarc beschäftigt sich vorrangig mit der Tätigkeit des SD in der Slowakei12 und erwähnt auch in seinen weiteren Beiträgen, wie zum Beispiel über den Deutschen Heimatschutz oder über die Massenerschießung von Volksdeutschen in Sklené, zumindest ansatzweise die Einsatzgruppe H.13 In einem kurzen, zusammen mit Ján Hlavinka verfassten Aufsatz schildert er zudem die Massenerschießung bei Brezno nad Hronom durch das Einsatzkommando 14.14 Bei Schvarc ist hervorzuheben, dass er sich bei seinen Ausführungen im Unterschied zum Großteil der slowakischen Forschungsliteratur teilweise auch auf deutsche Quellen stützt. Dasselbe gilt für die 2009 erschienene Studie über das Arbeits- und Konzentrationslager in Sered von Ján Hlavinka und Eduard Nižňanský, in der unter anderem die im Herbst 1944 begonnenen Deportationen aus diesem Lager und somit auch die Tätigkeit der Einsatzgruppe H behandelt werden.15 Die zweite Deportationswelle von Juden aus der Slowakei ist ebenfalls Thema eines kurzen Beitrags von Stanislav Mičev.16

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Einsatzgruppe H bislang seitens der Geschichtsforschung weitgehend ignoriert wurde. Die wenigen Beiträge zu ihren Aktivitäten – in vielen werden diese eher nur angedeutet – können die Forschungslücke keinesfalls schließen. Es werden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. So wird nicht gezeigt, wie umfangreich die Kompetenzen und das Tätigkeitsfeld der Einsatzgruppe H in Wirklichkeit waren und welche Ergebnisse und Folgen ihr Einsatz in der Slowakei zeitigte. Bisherige Untersuchungen ihres Personals sind als völlig ungenügend zu bezeichnen. Auch wenn in einigen Beiträgen die Angehörigen – nicht selten mit falscher Schreibweise – genannt werden, fehlen von wenigen Ausnahmen abgesehen Darstellungen ihrer Lebenswege sowie ein umfassenderer Gesamtüberblick zum Personal. Über die Nachkriegsschicksale und die strafrechtliche Verfolgung der Angehörigen der Einsatzgruppe H nach 1945 ist bislang so gut wie nichts bekannt.

Um die Tätigkeit und das Personal der Einsatzgruppe H untersuchen zu können, erschien es aus den eben dargelegten Gründen für die vorliegende Arbeit geboten, fast ausschließlich Primärquellen auszuwerten. Bei der Darstellung des Umfeldes, in dem die Einsatzgruppe tätig war und das hier ebenfalls zumindest in seinen Grundzügen zu erläutern ist, verhielt es sich allerdings anders. Dies betrifft vor allem die folgenden vier Themenkomplexe: Entwicklung in der Slowakei 1938 bis 1945, Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, Täter der NS-Zeit sowie strafrechtliche Aufklärung von NS-Verbrechen in verschiedenen Ländern in der Nachkriegszeit. Zu diesen Themen konnte in der Regel auf zahlreiche Studien aus der Sekundärliteratur zurückgegriffen werden, von denen die wichtigsten im Folgenden kurz genannt seien.

Die erste Slowakische Republik gehört in der slowakischen historischen Wissenschaft zu den am meisten behandelten Forschungsgegenständen. Durch die kommunistische Historiographie wurde das Thema weitgehend instrumentalisiert, weswegen in der Slowakei überwiegend erst nach 1989 Arbeiten entstanden, die heutigen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. In gewissen Bereichen bestehen bis heute noch Forschungslücken, während in anderen diese bereits geschlossen wurden. So erwiesen sich insbesondere die Arbeiten von Ivan Kamenec, Ján Korček und Martin Lacko für ein Gesamtbild der Entwicklung im slowakischen Staat als hilfreich.17 Einen soliden Überblick zur Situation der Juden, die ausdrücklich berücksichtigt werden muss, bieten vor allem die Studien von Ivan Kamenec und Ladislav Lipscher.18 Darüber hinaus konnte auf zahlreiche Sammelbände19 und Quelleneditionen zurückgegriffen werden. Von den letzteren sind neben den von Vilém Prečan 1965 und 1971 herausgebrachten Quelleneditionen zum Slowakischen Nationalaufstand20 in erster Linie die acht 2001 bis 2008 in der Reihe „Der Holocaust in der Slowakei“ erschienenen Bände hervorzuheben.21 Für eine Gesamtdarstellung des Aufstands und seines militärischen Verlaufs war zudem eine 2009 in Prag veröffentlichte umfassende Studie über die Befreiung der Tschechoslowakei besonders aufschlussreich.22

Eine detaillierte deutschsprachige Schilderung der Kampfhandlungen sowie eine Beschreibung der einzelnen Einheiten im slowakischen Aufstand bietet Klaus Schönherr. In seinem äußerst gelungenen Beitrag setzt er sich darüber hinaus kritisch mit der lange in der deutschen Geschichtsforschung allgemein als Standardwerk geltenden Studie von Wolfgang Venohr auseinander, indem er auf zahlreiche sachliche Fehler in dessen Arbeit hinweist.23 Das Buch Venohrs, das 1969 erschien,24 wird auch von Tönsmeyer dahingehend abgelehnt, dass es eine „Rechtfertigungsschrift für die deutsche Wehrmacht“ sei.25 Von der weiteren deutschen Literatur sind im Zusammenhang mit der Slowakei die Studien von Jörg K. Hoensch und Johann Kaiser zu erwähnen, sowie von den neueren insbesondere die von Tönsmeyer.26 Alle haben allerdings gemein, dass sie die Zeit nach dem Ausbruch des Aufstands – die hier vor allem interessiert – nicht thematisieren.27

Auch in der umfangreichen Literatur zur Shoah findet die Entwicklung in der Slowakei ab Sommer 1944 oder die Einsatzgruppe H wenig Beachtung. Raul Hilberg etwa widmet der Slowakei ab August 1944 in seinem Standardwerk über die „Vernichtung der europäischen Juden“ lediglich drei Seiten.28 In der 1998 von Eberhard Jäckel, Peter Longerich und Julius H. Schoeps herausgebrachten „Enzyklopädie des Holocaust“ ist zwar der Slowakische Nationalaufstand als ein eigenes Schlagwort verzeichnet, die Ausführungen haben aber kaum neuere Studien berücksichtigt, sodass es unter diesem Stichwort zu mehreren sachlichen Ungenauigkeiten kommt und die Einsatzgruppe H vollkommen unberücksichtigt bleibt.29 Auch in den auf diesem Gebiet in vielerlei Hinsicht aufschlussreichen Gesamtdarstellungen von Christopher Browning und Peter Longerich werden die Ereignisse in der Slowakei nach dem Ausbruch des Aufstands und die Tätigkeit der Einsatzgruppe weitgehend außer Acht gelassen.30 Diese Studien dienten von daher allein als Hintergrundwissen für das breite Thema der Judenverfolgung und -vernichtung.

Ähnlich verhält es sich mit der Literatur zu den Einsatzgruppen. Wie bereits dargestellt, fand die Einsatzgruppe H in der historischen Forschung bislang fast keine Beachtung. In den Übersichtsdarstellungen, so etwa bei Helmut Krausnick, Ralf Ogorreck, Richard Rhodes oder Helmut Langerbein,31 werden fast ausschließlich die in der Sowjetunion eingesetzten mobilen Einheiten des RSHA behandelt. Ausführliche Fallstudien gibt es zu den Einsatzgruppen A und D,32 während zu den Einsatzgruppen B und C lediglich kürzere Beiträge vorliegen.33 Unlängst erschienen Studien zu den Einsatzgruppen in Polen, zum Einsatzkommando bei der Panzerarmee Afrika sowie zu dem in Finnland.34 Eine komplette Darstellung für die Jahre 1938 bis 1945 sowie detaillierte Untersuchungen weiterer Einsatzgruppen und Einsatzkommandos stehen hingegen weiterhin nicht zur Verfügung. Als Gesamtdarstellung wurde hier hauptsächlich der im Jahr 2000 verfasste Beitrag von Klaus-Michael Mallmann verwendet.35

Die vorliegende Studie versteht sich in ihrer Ausrichtung auch als Beitrag zu der sich seit den 1990er Jahren in Deutschland etablierenden neueren Täterforschung. In dieser werden, wie insbesondere von Klaus-Michael Mallmann und Gerhard Paul ausführlich dargelegt, NS-Täter als für ihr Handeln verantwortliche Menschen mit eigenen Interessen sowie weitreichenden Entscheidungs- und Handlungsspielräumen gedeutet.36 Den Anstoß zu dieser neuen Interpretation gaben ohne Zweifel die Studien von Christopher Browning und Daniel Jonah Goldhagen.37 In der Folge wurden dann zahlreiche Sammelbände zu diesem Themenkomplex herausgegeben.38 Außerdem dürfen die eingehenden Studien von Ulrich Herbert, Jens Banach und Michael Wildt, die mittlerweile als Standardwerke auf dem Gebiet der Täterforschung gelten, in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben.39 Als hilfreich für die vorliegende Arbeit erwiesen sich des Weiteren eine Darstellung über 380 SS-Führer der Einsatzgruppen von French MacLean sowie die bereits erwähnte Untersuchung von 19 NS-Tätern von Christina Ullrich.40

Hinsichtlich der strafrechtlichen Verfolgung von NS-Verbrechen in der Bundesrepublik konnte ebenfalls auf eine aufschlussreiche Sekundärliteratur zurückgegriffen werden. Hinzugezogen wurden hier insbesondere die Studien von Adalbert Rückerl, Norbert Frei, Michael Greve und Kerstin Freudiger, die diese Problematik unter unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachten.41 Eine aktuelle Statistik zu diesem Bereich konnte aus dem Beitrag von Andreas Eichmüller gewonnen werden.42 Die Prozesse gegen die Angehörigen der Einsatzgruppen wurden unter anderem von Hilary Camille Earl und Bettina Nehmer näher untersucht.43 Als wesentlich unbefriedigender erwies sich jedoch der Forschungsstand zur Strafverfolgung von NS-Tätern in anderen Ländern. Hier mussten in der Regel einzelne Beiträge aus verschiedenen Sammelbänden herangezogen werden,44 da einschlägige Detailstudien zu diesem Thema für die jeweiligen Staaten zumeist nach wie vor ausstehen.

Finale der Vernichtung

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