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2. Die Besonderheit der Erde

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Die Erde ist im Vergleich mit den anderen Planeten des Sonnensystems etwas Besonderes, denn sie weist einige optimale Eigenschaften auf, die dafür sorgen, dass sie das sein kann, was sie heute ist. Sie hat die ideale Entfernung zur Sonne, um eine große Menge an flüchtigen chemischen Elementen anzuziehen bzw. zu bewahren und zu vermeiden, dass das Wasser verdampft. Wenn sie der Sonne näher wäre, wie etwa die Venus, hätten sie die Solarwinde verbrannt. Wenn sie, wie Jupiter oder Saturn, weiter weg von der Sonne wäre, dann bestünde sie hauptsächlich aus Gasen, Helium und Wasserstoff, und die physisch-chemischen Elemente wiesen nicht jene Dichte auf, die die Bildung einer Atmosphäre, der Ozeane, der Flüsse und der Gesamtheit der Faktoren ermöglichte, die die Biosphäre ausmachen – die Biosphäre als die geeignete Umgebung für das Leben in all seinen Formen.

Doch bis dahin bedurfte es einer Reihe von dramatischen Prozessen. Achthundert Millionen Jahre lang war die Erde in einem Schmelzzustand aufgrund ihrer ungeheuren Hitze, die von ihrem stellaren Ursprung herrührte und die noch durch Einschläge von Asteroiden und Meteoriten vergrößert wurde. Ein Teil von ihr löste sich ab und ermöglichte die Entstehung des Mondes. Als sich dank der geeigneten Entfernung von der Sonne die Erdoberfläche abkühlte, bildeten sich die für die Entstehung des Lebens in all seinen Formen nötigen Bedingungen heraus (Lovelock 1991).

Das Leben ist ein Teil der Evolution des Kosmos und gehorcht der Logik der Quantenphysik und den chemischen und physikalischen Gesetzen unter den Bedingungen hoher Komplexität und eines Zustandes, der weit entfernt ist vom Gleichgewicht. (Absolutes Gleichgewicht wäre der Tod). Wenn die Gravitation nicht das richtige Maß hätte und die Gesetze auch nur leichte Abweichungen von ihrer faktischen Geltung aufwiesen, dann wäre diese Art von Leben niemals entstanden.

Simulationen, die man unter höchst ausgeklügelten Versuchsanordnungen realisiert hat, legen es nahe, dass das Leben zwangsläufig entsteht, wenn eine Reihe von Aminosäuren, Proteinen und Nukleinsäuren ein bestimmtes Maß an Wechselwirkung und Komplexität erreichen (De Duve 1997).

Nachdem das Leben einmal entstanden war, schuf es sich die für seine Selbstentfaltung günstigsten Bedingungen. Wir können deshalb in Übereinstimmung mit James Lovelocks Gaia-Hypothese behaupten, dass die Biosphäre eine Schöpfung des Lebens selbst ist. Es entwickelt sich also eine Art Feedback: Das Leben bringt die Biosphäre hervor, und diese wiederum bringt das Leben hervor. Beide unterstützen sich gegenseitig darin, dass die Erde allen Formen des Lebens stets förderlich ist. Das Leben entwickelte sich innerhalb unserer Galaxie, des Sonnensystems und des Planeten Erde immer weiter, erreichte immer höhere Stufen von Komplexität, bis es als menschliches Leben hervorbrach, das heißt als ein mit Bewusstsein ausgestattetes, zur Liebe fähiges, fürsorgliches, der Synergie und der Wahrnehmung Gottes im Universum fähiges Leben. Das geschah vor etwa sieben Millionen Jahren. All diese Entwicklungen stellen auch für die Wissenschaften ein Geheimnis dar. Diese sind zwar in der Lage, zu beschreiben, wie diese Prozesse vonstatten gingen, doch den tieferen Grund ihres Ursprungs können sie nicht entdecken (Collins 2007, 70 – 71).

Möglicherweise gibt es ein inneres kosmologisches Prinzip, einen geheimnisvollen Impuls, der das gesamte Universum mitsamt allem, was in ihm existiert, nach vorne und nach oben bewegt, der ihm die Richtung zu immer höher entwickelten Formen von Ordnung, Komplexität und Bewusstheit vorgibt. Wohin wird dieser Prozess letztendlich führen? Die Wissenschaft hüllt sich in Schweigen. Die Religionen und spirituellen Weltanschauungen hingegen haben den Mut, eine Wette dafür einzugehen, dass dieser gewaltige Prozess einen Kulminationspunkt hat, einen „Punkt Omega“, der ins Innerste des großen Mysteriums hineinreicht, das Gott genannt wird.

Bereits vor 4,4 Milliarden Jahren erreichte die Erde ihre endgültige Gestalt mit den Größen, wie wir sie heute kennen: einem Radius von 6400 Kilometern und einem Erdumfang von ca. 40.000 Kilometern. Und sie wird von konzentrisch angeordneten Schichten, ähnlich einer Zwiebel, gebildet. Die äußerste Schicht bildet die aus Gasen bestehende Atmosphäre. Auf der Oberfläche gibt es die Hydrosphäre, die aus den Ozeanen, den Meeren und den Flüssen auf den Kontinenten besteht. Dann haben wir die aus dem Wasser ragenden Landmassen und den Meeresgrund. Dann kommt der Erdmantel, der etwa 70 % des Erdvolumens ausmacht, und 2900 Kilometer unter unseren Füßen befindet sich der Erdkern, der im Wesentlichen aus flüssigem Eisen und festem Nickel besteht (Morris 2001).

Dies ist nur eine oberflächliche, ich würde sogar sagen dürftige Beschreibung. In Wirklichkeit ist die Erde viel mehr: Sie ist das Zusammenleben und die gegenseitige Vernetzung all dieser Faktoren, die stets voneinander abhängig und auf eine solche Weise miteinander verbunden sind, dass sie aus unserem Planeten ein lebendiges und dynamisches System machen, das stets in Bewegung und in Entwicklung begriffen ist.

Während ihrer ganzen langen Geschichte hat sich die Erde im geologischen Sinn als äußerst aktiv erwiesen. Immer wieder brachen Vulkane aus oder es schlugen riesige Meteoriten ein, die riesige Krater auf der Erdoberfläche hinterließen, aber auch beträchtliche Mengen von Wasser und mineralischen Stoffen mit sich brachten. Einigen Forschern zufolge haben wir diesen Meteoriten die Moleküle zu verdanken, die die Grundlage für das Entstehen des Lebens bildeten (Collins 2007, 94 – 100).

Die Erde ist uns anvertraut

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