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Auf dem Höhepunkt der Macht

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„Der Schah ist eine besonders gefährdete Person“, hast du die letzten Wochen überall in Rothenburg ob der Tauber gehört. Daran muss jetzt auch der Bartholomäus König denken, wie er in seinem feschen Anzug unter den Altanen des mittelalterlichen Rathauses steht, die nicht weniger fesche Farah Diba neben sich. Die Frau, von der sogar seine Mutter träumt, die letztlich der Grund ist, also seine Mutter, warum er jetzt da steht, an der Stelle vom Schah.

Der Schäfertanz auf dem Marktplatz ist vorbei, der Oberschäfer tritt nach vorn. „Den kaiserlichen Majestäten zur Ehre sind wir angetreten und danken für die Huld und Gnad zum Ruhme unserer Vaterstadt. Ein Hoch dem alten Schäferstand. Ein Hoch dem ganzen deutschen Land. Ein Hoch den edlen Gästen. All stimmt ein und ruft mit lautem Schall: Sie leben hoch!“ Tusch.

„Hoch!“, jubeln die Rothenburger. Tusch. „Hoch!“ Tusch. „Hoch!“

Und dann ist der Schah dran. Der Dolmetscher neben ihm ahnt nicht im Geringsten, was ihm blüht. Kann also nicht einmal froh sein, noch einen kurzen Moment verschnaufen zu dürfen. Weil, der König sagt laut und deutlich „Grüß Gott!“, hebt dabei die Hand und winkt. Die Menschenmassen zu seinen Füßen jubeln: sein Vater, seine Mutter, die Rothenburgerinnen und Rothenburger, Alte, Kinder, sogar die Kranken haben sich rausgeschleppt. Manche verlieren die ein oder andere Träne, was im Regen völlig untergeht. Seine Tochter, die Aurelia, ist schon abgeführt worden von der Polizei, sitzt im Bully mit dem Blaulicht auf dem Dach.

Der Schah erhebt erneut seine Stimme: „Labe eâr chere fotlan mamnunam …“

Zuerst werden die Backen vom Dolmetscher rosig, dann der ganze Schädel fuchsrot, was auch die Schweißperlen nicht vereiteln können. Stille auf dem Marktplatz, die Rothenburger warten gespannt, was ihnen der Schah zu sagen hat, auf die Worte des rotkopferten Dolmetschers. Der schaut zum Schah, würd ihn am liebsten fragen, was er da eigentlich gesagt hat. Aber dem Schah sein gestrenger Blick, den er nur allzu gut kennt, hindert ihn daran, diesen Blödsinn zu machen, obwohl ja eigentlich der Schah, vulgo König, derjenige ist, der gerade Blödsinn macht.

In der geschlossenen Psychiatrie im Bezirkskrankenhaus (BKH) Ansbach tobt derweil ein Mann, der wie der König ausschaut, im Wechsel Flüche auf Farsi und Englisch ausstößt und behauptet, der Schah von Persien zu sein.

Der falsche Schah

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