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Inhaltsverzeichnis

Hofrat Klementi machte mit seinem Freunde, dem Professor Ritter von Truxa, und seinem Hunde »Cyrus« den täglichen Morgenspaziergang in den Liechtensteinpark. Hofrat Klementi, der Direktor der altorientalischen Spezialsammlung des kunsthistorischen Museums, derzeit vorübergehend auch mit der Oberleitung der ethnographisch-anthropologischen Abteilung betraut, muß den Lesern wohl nicht erst vorgestellt werden. Mit seinem grundlegenden, von der Akademie der Wissenschaften subventionierten Werke über die »Bildung altassyrischer Eigennamen« hat er sich in der Gelehrtenwelt eine angesehene Stellung gesichert, während seine scharfsinnigen Untersuchungen über »indische Kachelmotive und ihren Einfluß auf die persische Teppichornamentik« seinen Namen auch in weitere Kreise der Künstler, Kunstfreunde und Sammler getragen haben.

Professor Ritter von Truxa, wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften (philosophisch-historische Klasse) und Lehrer an der Konsular-Akademie, ist weniger bekannt.

Von seinen zahlreichen sprachwissenschaftlichen Arbeiten ist sein vorzügliches kalmückisch-deutsches Wörterbuch an erster Stelle zu nennen. Andere Werke, so zum Beispiel seine Studie über die Häufung der Halbvokale r und l in den kymrischen Dialekten und sein umfangreiches Werk: »Zur Ethnographie und Sprache der Somalistämme« haben auch den Weg ins Ausland und in der dortigen Fachwelt Anerkennung gefunden.

Die wissenschaftliche Tätigkeit dieser beiden Herren spielt jedoch in dieser Erzählung keine bedeutende Rolle, und so sei nur noch rasch angemerkt, daß Professor Ritter von Truxa erst vor kurzem von einer mehrmonatlichen Studienreise aus dem nördlichen Haurangebiet zurückgekehrt und derzeit damit beschäftigt war, die wissenschaftliche Ausbeute dieser Reise, eine Anzahl mehr oder weniger gut erhaltener chettischer und phönizischer Sprachdenkmäler, gemeinsam mit Hofrat Klementi zu bearbeiten und zu veröffentlichen.

Was des Hofrats Hund Cyrus betrifft, so läßt sich seine Rasse mit absoluter Zuverlässigkeit nicht feststellen. Man wird sich jedoch nicht allzuweit von der Wahrheit entfernen, wenn man ihn als – im großen und ganzen – zu der Familie der Spitze gehörig bezeichnet. Er konnte apportieren, Pfotl geben und »bitten« und besaß ein weißes, braungeflecktes Fell und ein verwegenes Temperament.

Hofrat Klementi ging langsam und hatte zudem die Gewohnheit, im Gespräche öfters, am liebsten in besonders belebten Straßen, stehen zu bleiben; er schien sich nur als Verkehrhindernis wirklich wohl und behaglich zu fühlen. Selbst der durch heftiges An-der-Leine-Zerren zum Ausdruck gebrachte Unmut seines Hundes Cyrus, der den alten Herrn sonst grausam tyrannisierte und ihm in allem und jedem seinen Willen aufzwang, konnte gegen diese Schwäche des Gelehrten nichts ausrichten, und Professor Truxa hatte seine liebe Not, den Freund beim Überqueren der Porzellangasse glücklich aus dem Gefahrenbereich der elektrischen Tramway zu bringen.

Der Liechtensteinpark war um diese Zeit – es mochte gegen halb zehn Uhr vormittag sein – bereits ziemlich stark besucht. Kleine Mäderln und Buben liefen mit Reifen und Gummibällen über den Kiesweg, Kinderfräuleins und Ammen schoben plaudernd ihre Wägen vor sich her, Gymnasiasten sagten einander mit wichtigen Mienen ihre Lektionen vor. Die beiden Gelehrten strebten einer abgelegenen Stelle des Parkes zu, an der sie eine von alten Akazienbäumen beschattete und durch dichtes Gebüsch den Blicken der übrigen Parkbesucher entzogene Bank erwartete. Auf diesem Plätzchen pflegten sie allmorgendlich, unbeachtet und von dem lärmenden Treiben ringsumher nur wenig gestört, ein oder zwei Stunden der Durchsicht ihrer Manuskript- und Korrekturbögen zu widmen.

Vorerst waren die Herren jedoch in ein Gespräch über das Verbreitungsgebiet des Haschischgenusses vertieft. Professor Truxa vertrat die Ansicht, daß der Gebrauch dieses Berauschungsmittels immer auf den Orient beschränkt geblieben sei, eine Behauptung, die den Hofrat zu lebhaftem Widerspruch herausforderte.

»Sicher ist es Ihnen bekannt,« sagte er, »daß in den prähistorischen Gräbern Südfrankreichs kleine Tonpfeifchen gefunden worden sind, welche Reste der Canabis sativa L. enthielten. Unsere Vorfahren haben zweifellos Hanf geraucht, und auch den alten Griechen war er bekannt. Erinnern Sie sich doch der Stelle in der Odyssee, in der der Trank Nepenthes erwähnt wird, der ›Kummer tilgt und das Gedächtnis jeglichen Leides‹. Und das ›Gelotophyllis‹, das ›Kraut der Gelächter‹ der alten Skythen, von dem Plinius spricht.«

»Ich möchte doch lieber auf gesichertem, wissenschaftlichem Boden bleiben,« warf Professor Truxa ein. »Wirth in München geht ja noch viel weiter als Sie, ohne übrigens auch nur den Schatten eines ernstzunehmenden Beweises für seine Theorien zu erbringen. Nach seiner Behauptung wären die großen Massenpsychosen der Vergangenheit, der Flagellantismus ebenso wie die merkwürdigen Tanzepidemien, als Folgen des übermäßigen Genusses des Haschischs oder eines Narkotikons von ähnlicher Wirkung anzusehen.«

»Ich kann mich natürlich diesen Seitensprüngen Professor Wirths, der in seinem eigenen Wissensgebiet übrigens Tüchtiges geleistet hat, nicht anschließen. Ich habe ja nur behauptet, daß vereinzelte Fälle von Haschischgenuß auch in Europa zu allen Zeiten einwandfrei beobachtet worden sind und wahrscheinlich auch heute noch auftreten. Wohlgemerkt: Vereinzelte Fälle! Ich erinnere mich beispielsweise eines neapolitanischen Hafenarbeiters – welche Symptome könnten Sie übrigens feststellen, Professor?«

»Ich erkenne Haschischraucher sofort an ihren blitzartig wechselnden Neigungen und Stimmungen und an ihrer aufs äußerste gesteigerten Einbildungskraft. Ein Limonadenverkäufer in Aleppo, den ich im Rauschzustande beobachten konnte, hielt sich für den Erzengel Gabriel. Ein arabischer Briefträger in Waran gab sich für eine Heuschrecke aus und machte solange Flugversuche von der Stadtmauer herab, bis er das Bein brach. Manchmal treten ganz unerwartet brutale Roheitsakte bei sonst sehr ruhigen und friedliebenden Temperamenten auf. Ich habe gesehen, wie ein Nachtwächter in Damaskus einem harmlosen Spaziergänger ohne jeden Anlaß einen solchen Tritt in den Magen versetzte, daß der arme Teufel vom Fleck weg ins Spital gebracht werden mußte.«

»Die Rauschwirkung wird sich aber wahrscheinlich bei den einzelnen Rassen doch auf verschiedene Art äußern, nicht wahr?« fragte der Hofrat.

»Ich möchte da sogar noch weitergehen. Wenn ich von einzelnen, unbedingt sich immer wieder zeigenden Symptomen absehe, dürfte jedes einzelne Individuum in besonderer Art auf den Haschischgenuß reagieren.«

Die Herren waren im Eifer der Debatte stehen geblieben. Es wäre aber unrichtig, zu glauben, sie wären durch das Gesprächsthema so weit absorbiert worden, daß sie den Blick für all das, was in dem menschenerfüllten Park rings um sie vorging, verloren hätten. Das Gegenteil ist richtig. Ein Gummiball, den ein kleiner Bub seinem Kameraden aus der Hand geschlagen hatte, war knapp vor die Füße des Hofrates gerollt. Der Gelehrte hob ihn auf, betrachtete ihn nachdenklich und versuchte ihn sodann in seiner Rocktasche unterzubringen, offenbar im Glauben, daß ihm selbst der Ball eben aus den Händen gefallen sei. Professor Truxa lächelte nachsichtig und nahm dann behutsam seinem Freunde das Spielzeug aus den Händen, sehr darauf bedacht, den Hofrat in seinem Gedankengang nicht zu stören. Gleich darauf vergaß er jedoch selbst, wie er in den Besitz des Balles gekommen war, hielt ihn ratlos in den Händen und wußte nicht, was mit ihm beginnen. Der unglückliche Eigentümer des Spielzeugs war bis auf einige Schritte herangekommen und beobachtete mißtrauisch und stets fluchtbereit die weitere Entwicklung der Dinge.

»Haben Sie die Wirkung des Haschischs auch am eigenen Leib erprobt?« fragte der Hofrat.

»Ja. Aber nur einmal. Ich sah einige Arabesken sinnlicher Natur und bekam Magenbeschwerden.« Professor Truxa war hinsichtlich des Gummiballs zu einem Entschluß gelangt. Er säuberte ihn mit seinem Rockärmel sorgsam von Lehm- und Sandspuren, blies einige Staubkörnchen weg und legte ihn dann behutsam auf den Kiesweg zurück. Der kleine Junge stürzte sich sofort auf sein Eigentum und machte sich mit einem Triumphgeheul aus dem Staube.

Die beiden Gelehrten setzten ihren Weg fort. Sie waren jetzt in dem weniger belebten Teil des Parkes angelangt. Der Kiesweg, durch dichtes Buschwerk zu beiden Seiten in einen Fußweg verengt, führte sie zu ihrem Lieblingsplätzchen, der hinter einer sandsteinernen Gruppe – Kinder, die mit einer Rehkitz spielten – und Gesträuch verborgenen und von zwei Akazien beschatteten Bank.

Auf der Bank saß Stanislaus Demba.

Er war beim Frühstück. Er saß vornüber gebeugt, den Kopf in die Hände gestützt und kaute. Der Rest des Butterbrots und eine Anzahl Wurstscheibchen lagen neben ihm auf der Bank. Sein hellbrauner Überzieher schien ihm jetzt als eine Art Serviette zu dienen. Er hing ihm vom Hals herunter, wie ein Theatervorhang, und verbarg Brust, Hände, Arme und Beine hinter seinem Faltenfluß. Die langen, leeren Ärmel flatterten im Wind.

Der Hofrat und der Professor trafen ihre Vorbereitungen. Die Bank war feucht und nicht sehr sauber. Professor Truxa suchte in seinen Taschen nach einer Unterlage und entschied sich, als er nicht gleich etwas Passendes fand, mit der raschen Entschlossenheit, die diesen Gelehrten in großen, wie in kleinen Dingen kennzeichnet, dafür, dieser Verwendung die Korrektur- und Manuskriptbögen zuzuführen, zu deren Durchsicht der heutige Vormittag bestimmt war. Nur der Geistesgegenwart des Hofrates, der noch im letzten Augenblick die kostbaren Papiere dem Freunde entriß, war es zu danken, wenn ein nicht wieder gutzumachender Schaden verhütet wurde.

Cyrus wurde mit der Leine an die Banklehne gebunden und dafür vom Maulkorb befreit. Dann nahmen die Herren Platz.

Stanislaus Demba schien die Ankunft der beiden Gelehrten als lästige Störung zu betrachten. Er hörte zu essen auf, hob den Kopf und biß sich verdrießlich in die Lippen. Er schien enttäuscht, als er sah, daß Vorbereitungen zu längerem Aufenthalt getroffen wurden, stand auf und wandte sich zum Gehen. Da fiel sein Auge auf das Butterbrot. Er zögerte, blieb eine Weile unentschlossen stehen und ließ sich dann resigniert wieder auf die Bank nieder.

Hofrat Klementi und Professor Truxa hatten ihre Manuskriptbögen geordnet und zurechtgelegt, machten sich Notizen und tauschten halblaute Bemerkungen. Ein paar Minuten vergingen, dann wurden sie in ihrer Arbeit gestört.

»Würden Sie vielleicht die Güte haben, Ihren Hund zu sich zu rufen?« sagte Demba mit einem unangenehmen Lächeln zum Professor, der ihm zunächst saß.

Professor Truxa hob den Kopf. Cyrus verspeiste eben zwei Stücke von Dembas Extrawurst.

»Er ist mir lästig. Ich kann Hunde nicht vertragen.« Dembas Stimme zitterte vor Wut.

»Herr Hofrat, sehen Sie doch, was Ihr Hund angestellt hat!« rief der Professor verlegen.

»Ich bitte tausendmal um Entschuldigung!« klagte der Hofrat, dem das Benehmen seines Hundes sehr peinlich war. »Ich muß Sie wirklich um Verzeihung bitten. Cyrus! Daher zu mir!«

Es ist nicht bekannt, in welcher Sprache Hofrat Klementi sich für gewöhnlich mit seinem Hunde verständigte. Vielleicht hatte sich Cyrus in langjährigem Zusammenleben mit seinem Herrn einige Kenntnisse im Aramäischen oder Vulgärarabischen erworben. Deutsch schien er auf keinen Fall zu verstehen. Er wiederholte seinen Angriff auf die Wurst, und der Versuch des Hofrats, ihn an den Ohren zurückzuziehen, hatte nur die Wirkung, daß Cyrus böse wurde, knurrte und nach seines Herrn Hand schnappte.

Demba folgte mit ängstlicher Spannung jeder Bewegung des Hundes, rührte jedoch keine Hand, um ihn zu verjagen oder seine Wurst zu schützen.

»Könnten Sie vielleicht Ihre Eßwaren auf die andere Seite der Bank legen? Dorthin kommt der Hund gewiß nicht,« bat der Hofrat.

»Auf die andere Seite?« Demba sah keinen Anlaß, die Sachen auf die andere Seite zu legen. Er wäre dazu nicht verpflichtet. Und überhaupt dort sei Sonne und die Wurst würde zweifellos in der Sonne verderben, das werde der Herr wohl einsehen.

Der Hofrat sah das natürlich ein, obwohl der Himmel bewölkt und keine Spur von Sonne zu sehen war.

»Übrigens,« fuhr Demba fort, »ist die Wurst eigentlich schon jetzt nicht mehr zu genießen. Sie ist nicht mehr frisch, man kann sie ruhig dem Hund geben. Brot frißt er wahrscheinlich nicht? Auf das Brot habe ich nämlich selbst Appetit. Es ist das beliebte Hasenmayersche Kornbrot und feinste dänische Butter.«

»Wollen Sie es nicht doch von hier fortnehmen?« bat der Hofrat. Cyrus war mit der Wurst fertig und fiel rücksichtslos über das Butterbrot her. Stanislaus Demba schluckte ein paarmal, verschlang das Butterbrot gierig mit den Augen, aber er tat nichts, um es in Sicherheit zu bringen.

»Na!« zischte er wütend. »Ihr Hund scheint ja geradezu ausgehungert zu sein. Nicht ein Stückerl läßt er übrig, nicht das allerkleinste Stückerl.«

»Ja, warum haben Sie es denn nicht fortgenommen?« fragte Professor Truxa.

»Das Brot ist altbacken, wissen Sie, und vor Butter habe ich bei warmem Wetter geradezu einen Ekel. Ich hätte es ohnedies nicht berührt.«

Die beiden Gelehrten wandten sich wieder ihrer Arbeit zu. Aber für Demba schien die Angelegenheit noch nicht beendet zu sein. Ob es den Herren etwa nicht recht sei, fragte er herausfordernd, daß er ihren Hund mit seinem Butterbrot füttere. Es sei merkwürdig, daß manche Leute ihrem Hunde sein bißchen Fressen mißgönnten, selbst wenn es sie nicht einen Heller kostete.

Professor Truxa fragte seinen Freund, ob er es nicht für rätlich halte, sich nach einer anderen Bank umzusehen. Der junge Mensch wolle einen Streit vom Zaun brechen. – Um von Demba nicht verstanden zu werden, bediente Professor Truxa sich des Idioms der nördlichen Tuaregvölker, und zwar – der größeren Sicherheit halber – des Dialekts eines bereits seit längerer Zeit ausgestorbenen Stammes.

Stanislaus Demba schien es wirklich darauf abgesehen zu haben, die Gelehrten an der Weiterarbeit zu verhindern. – Ob der Herr vielleicht etwas Besonderes daran finde, wenn es ihm einfiele, einem fremden Hund sein Frühstück zu schenken, – fuhr er in gereiztem Ton den Professor an. Was denn weiter dabei sei? Bißchen Wurst und Brot. Um vierundsechzig Heller in jedem Greislerladen zu haben. Oder ob der Herr etwa glaube, daß man besondere Tricks oder Schliche oder Winkelzüge anwenden müsse, um in den Besitz von Wurst und Brot zu gelangen.

»Nein. Natürlich nicht,« sagte der erstaunte Professor höflich. Und der Herr sei augenscheinlich ein großer Tierfreund, – setzte er hinzu.

»Aber du bist ja ein liebes Hunderl!« rief Stanislaus Demba in plötzlich erwachter Begeisterung. »Du bist ein reizendes Hunderl.« Ob die Herren den Hund vielleicht abgeben wollten. »Nicht? Schade!« – Der Hund würde es bei ihm gut haben. Stanislaus Demba, – wenn er sich den Herren vorstellen dürfe. Demba, cand. phil. … Nach so einem Hund sei er schon lange auf der Suche. »Und von wem hat denn der Hund das schöne, rote Mascherl bekommen? Du bist aber ein herziger Hund! Na, so komm doch her zu mir! Willst du Zucker haben?«

»Geh hin, Cyrus!« sagte der Hofrat. »Gib dem Herrn schön das Pratzerl.«

Cyrus ging arglos ganz nah an Stanislaus Demba heran und hob die Vorderpfote.

Darauf schien der Student jedoch gewartet zu haben. Der unglückliche Hund erhielt statt des Zuckers einen gewaltigen Fußtritt und fiel heulend auf den Rücken.

Und nun sprang Stanislaus Demba auf und stürmte ohne Gruß davon. Das untere Ende seines Mantels, den er über den Armen hängen hatte, geriet ihm unter die Füße und brachte ihn zum Stolpern. Ein leises, metallisches Klirren war plötzlich zu hören, ähnlich dem Rasseln eines Schlüsselbundes. Aber Demba bewahrte sein Gleichgewicht, raffte den Mantel zusammen und verschwand hinter der Biegung des Fußpfads.

Professor Truxa erholte sich nur langsam von seinem Entsetzen. »So ein roher Mensch!« rief er entrüstet dem Hofrat zu.

Der Hofrat war merkwürdig ruhig geblieben. »Professor!« sagte er leise, ohne sich um den jammernden Cyrus zu kümmern. »Haben Sie das gesehen?«

»Natürlich! So ein roher Mensch!«

»Ist Ihnen sonst nichts an dem Menschen aufgefallen?« flüsterte Hofrat Klementi geheimnisvoll. »Ich habe ihn die ganze Zeit hindurch beobachtet. Denken Sie doch: Dieser jähe Umschwung der Stimmungen! Dieser anfängliche Heißhunger, der sich plötzlich in Ekel vor allem Eßbaren verwandelte. Dieser Roheitsausbruch, diese Brutalität gegen ein harmloses Tier, das er kurz vorher geradezu liebevoll gefüttert hat. Professor! Merken Sie nichts?«

»Sie meinen –?« fragte Professor Truxa.

»Haschisch!« schrie der Hofrat. »Ein Haschischraucher hier bei uns! In Europa!«

Professor Truxa erhob sich langsam und starrte dem Hofrat ins Gesicht.

»Sie könnten recht haben, Herr Hofrat,« sagte er. »Wie merkwürdig! Ein Haschischtrunkener! Er wäre der erste, dem ich in Europa begegne!«

»Natürlich hab' ich recht!« frohlockte der Hofrat.

»Mir ist die Art, wie er seinen Mantel trug, aufgefallen,« meinte der Professor nachdenklich. »Als ob er etwas Kostbares unter dem Überzieher vor den Augen der Menge zu verbergen hätte. Sie wissen, der Haschischraucher bildet sich immer ein, irgendeinen geheimnisvollen Schatz bei sich zu tragen.«

»Kommen Sie, Professor!« rief der Hofrat, »rasch! Wir holen ihn noch ein, wir dürfen ihn nicht aus den Augen lassen!«

Sie eilten dem Studenten in solcher Aufregung nach, daß sie den Hund Cyrus ganz vergaßen, der, mit der Leine an die Bank gebunden, vergeblich seinen Herrn durch Bellen und Winseln an seine Existenz zu erinnern suchte.

Als die beiden Gelehrten atemlos den unteren Teil des Parkes erreichten, war der Haschischtrunkene schon lange im Gewühle der spielenden Kinder verschwunden.

Zwischen neun und neun

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