Читать книгу Die blauen Schuhe - Lisa Beiersmann - Страница 11

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Der Gedanke an dieses Plakat ließ sie allerdings nicht mehr los. Leslie konnte nicht einmal sagen, weshalb er sich so hartnäckig festsetzte. Den ganzen restlichen Tag musste sie darüber nachdenken und auch am folgenden schwirrte er in ihrem Kopf herum, was jedoch auch Karla verschuldete.

Die redete in der Schule von nichts anderem mehr als von dem Wettbewerb: Welches Kleid sie tragen wollte, wie sie gewinnen, Leroy später heiraten und mit ihm Kinder kriegen würde.

Leslie konnte darüber nur den Kopf schütteln. Als ob ausgerechnet Karla gewinnen sollte. Sie konnte zwar tanzen, aber nicht herausragend gut. Bei der letzten Schulaufführung strauchelte sie mehrfach. Mit ihrem Rhythmus hing sie gelegentlich hinter dem Takt her und somit erklärte es sich von selbst, dass sie nicht in der vordersten Reihe tanzte.

Vor allem aber amüsierte sie Karlas Fantasie, denn nur weil die Siegerin als Tanzpartnerin angedacht war, bedeutete das noch lange nicht, dass aus dieser Kooperation jemals mehr werden würde als eine berufliche Angelegenheit.

Es war vorhersehbar, dass viele Frauen daran teilnehmen würden, auch welche die tanzten, seit sie stehen konnten und bereits weltweit aufgetreten waren.

Leroy genoss trotz seines jungen Alters einen überaus großen Bekanntheitsgrad und selbst etwas ältere Kandidatinnen würden wohl kaum „Nein“ zu einer solchen Gelegenheit sagen.

Dieser Wettbewerb konnte einem den beruflichen Einstieg ins Ballett ebnen oder den bisher mäßigen Erfolg einer Tänzerin um ein Vielfaches steigern.

„Deswegen musst du alle Konkurrentinnen besiegen“, flüsterte eine leise Stimme in ihrem Kopf und Leslie nickte.

Dann hielt sie inne und runzelte die Stirn. Was hatte sie gerade eben gedacht? Das war doch verrückt! Sie konnte weder tanzen, noch mochte sie es überhaupt.

Und so gut sah Leroy nicht aus. Okay, vielleicht ein ganz kleines bisschen. Aber es existierten auch noch andere Typen, die gut aussahen.

Da gab es noch…zum Beispiel…Jack! Jack sah gut aus. Er war zwar ein Arsch, aber er sah gut aus. Wer wusste schon, ob dieser Leroy nicht noch viel schlimmer sein konnte? Aussehen allein machte einen Menschen schließlich nicht aus.

Sie riss sich zusammen und sortierte ihre Gedanken. Leslie sehnte sich nach einer Idee, was genau sie nach der Schule beruflich machen wollte. Das bedeutete jedoch noch lange nicht, dass sie sich etwas widmen würde, an dem sie keine Freude fand und sich dem nächstbesten Kerl an den Hals schmiss, der eine Chance bieten konnte.

Sie schüttelte sich, verspürte Wut auf sich selbst. Es störte sie, dass sie sich über so etwas den Kopf zerbrach.

Leslie versuchte, sich weiter auf den Unterricht zu konzentrieren, allerdings gelang ihr das nicht besonders gut. Versuchte sie Gleichungen zu lösen, rannten die Zahlen wirr über die Seite und ihre Kurzanalyse verlor sich nach zwei Sätzen in einem heillosen Durcheinander.

Das stetige Geplapper von Karla und ihren Freunden aus der Reihe hinter ihr trug nicht dazu bei, dass sich ihre Konzentration besserte. Im Gegenteil, Leslie fühlte sich zunehmend gereizt und verspürte große Lust Karla anzupflaumen, sie solle die Klappe halten.

„Das wird bestimmt total cool“, meinte diese gerade und Leslie warf einen genervten Blick nach hinten.

Karla bemerkte ihn und grinste spöttisch.

„Willst auch daran teilnehmen, Leslie? Ach, ich vergaß, du verabscheust Tanzen!“

Sie und ihre Freunde brachen in Gelächter aus. Leslie kniff die Augen zusammen und versuchte, nicht aus der Haut zu fahren. Je länger sie allerdings in das glucksende Gesicht von Karla starrte, desto mehr Wut stieg in ihr auf.

„Hey Louis“, rief Leslie, der der Kragen platzte.

Ihr fiel auf die Schnelle kein direkter Angriff gegen Karla ein, gegen einen ihrer Freunde jedoch schon. Der Junge schaute zu ihr, immer noch am Lachen.

„Hast du Darja eigentlich schon von der Blondine erzählt, die du letzte Woche…aufs Klo begleitet hast?“

Ihm blieb das Lachen im Hals stecken und er starrte sie einfach nur an, während nun auch der Rest allmählich leiser wurde und zu Louis blickte. Der lief rot an.

„Louis?“, fragte seine Freundin Darja mit zitternder Stimme.

Ihre kurzen blonden Haare fielen ihr ins Gesicht und verdeckten ihre Augen. Leslie konnte dennoch erkennen, wie sich Tränen darin sammelten. Darjas Unterlippe zitterte und Leslie schien, als wäre sie ein wenig blasser um die Nase.

Augenblicklich bekam sie ein schlechtes Gewissen. Die Beziehung der beiden ging sie im Grunde genommen nichts an und Darja hatte ihr nie direkt etwas Böses getan.

Doch ihre Worte konnte sie nicht mehr rückgängig machen und um ihr Gewissen zu beruhigen, dachte sie an all die Momente, in denen Darja nicht gehandelt und nur zugesehen hatte, wie man versuchte, ihr Leben zu zerstören.

„Das stimmt doch überhaupt nicht…sie erzählt Scheiße!“, sagte Louis.

Sein Gesicht verdunkelte sich. Ob vor Ärger oder Verlegenheit, das konnte Leslie nicht sagen. Schweiß trat ihm auf die Stirn und seine Bewegungen wurden hektisch. Der Blick sprang zwischen den anwesenden Personen hin und her, als suche er nach einem Rettungsring.

Darja stand wortlos auf.

Als sie an Leslies Tisch vorbeiging, lächelte sie kurz gezwungen und meinte: „Danke“.

Das war netter als alles, was sie die letzten zwei Jahre zu Leslie gesagt hatte.

Die blauen Schuhe

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