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Das Exterieur

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An diesem unnatürlichen Schönheitsideal des Pferdes möchte ich mich in diesem Buch nicht orientieren, sondern an dem, was durch unser angeborenes ästhetisches Empfinden bestimmt wird. Zuerst konzentriere ich mich auf das Exterieur – also das äußere Erscheinungsbild sowie den Körperbau des Pferdes. Dies kann im Gegensatz zum Interieur schon beim ersten kurzen Anblick bewertet werden. Einer der wichtigsten Faktoren in der Beurteilung eines Lebewesens im Hinblick auf seine Schönheit ist der Gesundheitszustand. Nur wenn es gesund ist, wird es als schön empfunden. Denn Gesundheit bedeutet Überlebens- und Leistungsfähigkeit – Eigenschaften, die in der gesamten Evolution maßgeblich waren und es immer noch sind, weswegen sie unsere Wahrnehmung wesentlich beeinflussen. Um als gesund eingeschätzt zu werden, sollte das Pferd vor allem einen guten Ernährungszustand haben. Knochige Wirbelsäulen und sichtbare Rippen lassen ein Tier eher krank aussehen. Aber dicke Fettpolster neben dem Schweif sowie hinter den Schultern verschlechtern den Eindruck vom Gesundheitszustand. Die Muskulatur des Pferdes gibt ebenso Aufschluss über seine Leistungsfähigkeit und damit über seine Schönheit. Gewünscht wird eine harmonische Verteilung der gut ausgeprägten Muskulatur über den gesamten Körper. Gänzlich oder nur in bestimmten Körperregionen fehlende Muskulatur lässt das Pferd nicht vital erscheinen. Übermäßig ausgeprägte und zumeist verspannte Muskelpartien, wie sie zum Beispiel häufig am Unterhals oder den Sitzbeinmuskeln vorkommen, sind ebenfalls nicht sehr ansehnlich.


Dieses Pferd sieht nicht schön aus. Das struppige Fell, die fehlenden Muskeln und sichtbaren Rippen sprechen für einen schlechten Gesundheitszustand. (Foto: Lisa Kittler)


Mit einer Vielzahl von eingezeichneten Linien können Sie überprüfen, ob Ihr Pferd ein harmonisches Gebäude hat. (Foto: Lisa Kittler)

Auch Fell und Langhaar des Pferdes fallen beim Betrachten des äußeren Erscheinungsbildes sofort ins Auge und tragen entscheidend dazu bei, ob wir das Pferd als schön empfinden oder eher nicht. Glänzend und voll sollen Mähne, Schweif und Fell sein. Struppiges und löchriges Fell oder dünne, stumpfe Mähnen sowie Schweife lassen das Pferd krank aussehen und sind wenig attraktiv.

Das Gebäude der Pferde kann im Hinblick auf seine Wirkung auf den Betrachter wissenschaftlich untersucht werden. Auf einem Bild eingezeichnete Linien geben Aufschluss über die Harmonie des Körperbaus. Als schön wird dabei ein Pferd wahrgenommen, dessen Gebäude stimmige Proportionen und klare Symmetrien aufweist. Einige allgemeingültige Anhaltspunkte möchte ich anhand des (auf Seite 15) abgebildeten Pferdes erläutern. Es ist nur eine auf dieses Tier beispielhaft zugeschnittene Auswahl an Kriterien. Sicherlich lassen sich noch viele weitere finden, was aber den Rahmen dieses Buches sprengen würde.

Zu sehen ist ein Warmblüter mit vielen Volloder Halbblütern in der Ahnenreihe vor dem Beginn seiner Ausbildung. Die Stute steht im Quadrattyp, die Tendenz ist aber durch den ausreichend langen Rücken nicht zu stark ausgeprägt, weswegen das Format ansprechend wirkt. Die Proportionen zwischen den einzelnen Körperpartien des Pferdes sind ebenfalls harmonisch. Der schön geschwungene Hals findet wie gewünscht im Genick seinen höchsten Punkt. Dieser und der ausdrucksstarke Kopf haben eine passende Größe im Verhältnis zum Restkörper. Die Beine sind ausreichend lang und haben kräftige Gelenke sowie klare Sehnen. Dies alles sind Punkte, die unserem Verständnis von Schönheit entsprechen. Einige Punkte verdeutlichen aber, dass das Exterieur nicht optimal ist. Die Proportionen und Symmetrien zwischen Vor- und Hinterhand sind nicht besonders günstig. Die Vorhand wirkt aufgrund der relativ steilen Schulter gedrungener als die Hinterhandpartie, die deutlich flacher und harmonischer geformt ist. Die steile Schulter in Kombination mit dem etwas tiefer angesetzten Hals bewirkt eine verstärkte Vorhandlastigkeit des Pferdes, die durch die rückständigen Vorderbeine noch klarer zu erkennen ist. Die Rückenlinie beginnt mit einer guten Widerristpartie, endet aber leider in einer aufgewölbten Lende, die nicht gewünscht ist.


Die Stute knapp drei Monate später: Die Muskulatur wurde gut aufgebaut und lässt das Pferd nun deutlich harmonischer erscheinen. Die Rückständigkeit ist weniger geworden, die Aufwölbung im Lendenbereich nicht mehr zu sehen. Nur der Hals dürfte sich noch etwas entwickeln. (Foto: Lisa Kittler)

Solche Pferde wie die abgebildete Stute begegnen Ihnen bestimmt oft. Sie wirken ansprechend, aber aufgrund ihres nicht optimalen Gebäudes nicht unbedingt sehr schön. Doch das können sie noch werden! Zwar ist das Exterieur von Geburt an vorgegeben und kann nicht wirklich verändert werden, aber eine ganzheitliche Ausbildung gleicht viele Mängel aus. Indem die veränderbaren Strukturen des Pferdes (wie die Muskulatur und über einen langen Zeitraum auch die Sehnen und Bänder) durch Training gut ausgebildet und/oder positiv verändert werden, können Exterieurmängel „kaschiert“ werden.

Stellen Sie sich zum Beispiel vor, die Fuchsstute hätte eine weniger verkrampfte Lendenmuskulatur und würde somit diesen Bereich nicht so stark stauchen. Die Erhebung der Rückenlinie wäre gar nicht mehr so deutlich zu sehen. Würde die Hinterhand- und Rumpfmuskulatur etwas besser aufgebaut, wäre die Rückständigkeit der Vorderbeine wahrscheinlich kaum noch vorhanden, weil sie die Vorhand tragen helfen würden. Die Stute würde – trotz des immer noch nicht optimalen Gebäudes – durch die muskuläre Entwicklung insgesamt viel harmonischer aussehen und damit schöner wirken. Kann der Betrachter ein Pferd live sehen, bezieht er ebenfalls die Bewegungsqualität in seine Beurteilung der Schönheit mit ein. Die Bewegungen eines Pferdes sind zwar abhängig vom angeborenen Gebäude, lassen sich aber durch ein sinnvolles Training formen und deutlich verbessern.

Bei der Beurteilung sind ebenfalls bestimmte Symmetrien und Proportionen entscheidend. Vorgriff und Rückschub der Vorder- und Hinterbeine sollten möglichst gleichmäßig sein. Auch die Auf-und-ab-Bewegung des Rückens oder die Pendelbewegung des Halses und Schweifes wünscht sich der Betrachter nahezu ausgeglichen. Der Takt in allen drei Gangarten muss absolut gleichmäßig sein und vieles mehr. Insgesamt sollte sich das Pferd also losgelassen, fließend, leicht und harmonisch bewegen, um vom Betrachter als schön wahrgenommen zu werden.

Das angeborene Gebäude des Pferdes ist die Grundkomponente bei der Beurteilung seiner Schönheit. Doch können durch eine ganzheitliche Ausbildung der Fütterungszustand, die Muskulatur und die Bewegungsqualität verbessert werden, sodass das Pferd deutlich schöner erscheint. Jedes Pferd hat demnach Entwicklungspotenzial!

Schöne Pferde durch Training

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