Читать книгу Schöne Pferde durch Training - Lisa Kittler - Страница 11
Das Interieur
ОглавлениеUnter dem Begriff „Interieur“ werden alle Charaktereigenschaften sowie Verhaltensmerkmale (wie zum Beispiel Aufmerksamkeit, Nervosität oder Ausgeglichenheit) eines Pferdes zusammengefasst – also das innere Erscheinungsbild wird beschrieben. Wie beim Exterieur gibt es genetisch vererbte Dispositionen, die durch das Training nicht veränderbar sind. Deswegen sollte bei der Zucht nicht nur darauf Wert gelegt werden, möglichst optimale körperliche Merkmale, sondern auch positive psychische Eigenschaften zu vererben.
Glücklicherweise kann aber auch das Interieur des Pferdes durch Umwelteinflüsse und Erfahrungen geformt werden. Eine prägende Rolle haben dabei das Lebensumfeld des Pferdes und natürlich die Menschen, mit denen es regelmäßigen Kontakt hat. Die positive Entwicklung der Pferdepersönlichkeit mithilfe einer ganzheitlichen Ausbildung hat direkte Auswirkungen auf die körperliche Erscheinung. Denn das seelische Befinden eines jeden Lebewesens beeinflusst immer auch sein gesamtes Dasein und somit ebenfalls seinen Körper.
Es ist der Geist, der
sich den Körper baut.
(Friedrich Schiller)
Sind Pferde zufrieden und stolz, strahlen sie dies beispielsweise durch einen offenen, interessierten Blick und federnde Bewegungen nach außen hin aus. Sie wirken gesund, leistungsfähig und leistungsbereit. Ihr Gesamteindruck von Körper und Geist fesselt alle Betrachter in seiner Schönheit.
Außerdem beeinflusst die psychische Konstitution viele körpereigene Prozesse positiv. Ist das Pferd glücklich, schüttet es zum Beispiel spezielle Hormone aus, die das Fell zum Glänzen und die Muskulatur zum Wachsen bringen. Ist ein Lebewesen also seelisch mit sich und anderen im Einklang, wird seine äußere Erscheinung schöner.
Andersherum spiegeln sich Trauer und Demotivation ebenso in der „äußeren Hülle“. Schon nach einem einzigen Blick auf ein Tier, das über einen längeren Zeitraum unglücklich ist, stufen wir dieses als eher wenig ansprechend bis sogar hässlich ein. Das Fell ist häufig zottelig, die Augen trübe, die Muskulatur eingefallen, die Bewegungen schleppend und vieles mehr. Das Tier scheint sich körperlich nicht zu entwickeln, obwohl es nicht zwingend schlecht gehalten oder gepflegt sein muss. Seine Unzufriedenheit allein reicht aus, um die körperliche Ausbildung zu hemmen.
Ein Pferd kann somit nur schön werden oder schön sein, wenn die beiden Komponenten Körper und Seele zusammen gefördert werden. Hat ein Pferd schlechte Vorerfahrungen gemacht, macht häufig erst die Verbesserung des seelischen Befindens die physische Ausbildung möglich. Schulen Sie dann den Körper des Pferdes, lernt es, sich ausbalancierter und koordinierter zu bewegen. Das beeinflusst wiederum ebenso die positive Entwicklung seiner Seele. Denn wer seinen Körper besser nutzen kann, wird meist auch selbstbewusster, stolzer und freudiger. Einem stolzen Schwan steht so nichts mehr entgegen!
Leider kann sich diese Spirale auch abwärtsdrehen – vor allem dann, wenn Druck und Zwang in der Ausbildung des Pferdes eingesetzt werden. Anfangs entwickelt sich der Körper vielleicht noch in eine positive Richtung. Die Muskulatur wächst, ist aber meist verspannt und vielleicht schon schmerzhaft oder sogar an den falschen Stellen zu finden. Die Bewegungen mögen noch spektakulär sein, wirken aber bei genauerem Hinsehen hölzern und mechanisch, denn es fehlt ihnen die Leichtigkeit und Eleganz. Der schöne und freudige Ausdruck dieser Pferde ist längst verloren gegangen. Die Augen als Spiegel ihrer Seele künden den bald folgenden körperlichen Verfall schon viel früher an. Falten haben sich um sie herum gebildet, dreieckig sind sie geworden und es ist kein Glanz mehr in ihnen zu finden. Wie Roboter drehen diese Pferde ihre Runden, um in naher Zukunft aussortiert zu werden, da nun auch ihre Körper nicht mehr funktionieren.
Die Augen als Spiegel der Seele: Die angespannte Dreiecksform und die deutlichen Falten zeugen von Stress und Demotivation. (Fotos: privat)
Im Gegensatz dazu sprühen die Augen dieses Pferdes nur so vor Selbstbewusstsein.
Lassen Sie sich also nicht von den jeweiligen Modeerscheinungen leiten, sondern verlassen Sie sich lieber auf Ihr unbewusstes fühlendes Schauen, um die wirkliche Schönheit der Pferde zu erkennen und sie ganzheitlich zu fördern.