Читать книгу Willkommen bei Kitty - 21 erotische Novellen - Lisa Vild, B. J. Hermansson - Страница 11

Showgirl

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„Jetzt stoßen wir an – auf Ella!“ Ihr Vater strahlt sie an. Man sieht in seinen Augen und an seiner Haltung und man hört in seiner Stimme, wie stolz er auf sie ist. Der Garten hallt von den Reaktionen, den fröhlichen Hurrarufen und Beglückwünschungen von Familien und Freunden wider. Ella sitzt mittendrin und lächelt, während sie für den unmittelbaren Weltuntergang betet.

„Also, Ella, was hast du jetzt vor?“, fährt ihr Vater fort. „Kannst du nicht mal herkommen und uns erzählen, was als Nächstes passiert?“ Da war es. Das Todesurteil. Ella sieht, wie sich ihr alle erwartungsvollen, neugierigen Gesichter zuwenden – bereit, an ihrem Lebensplan teilzuhaben. Den Lebensplan, den es nicht gibt. Wie erzählt man seinen Eltern, seinen Verwandten und seinen entfernt bekannten Freunden, dass man die Prüfung zur Sozialarbeiterin gemacht hat, dass man drei Jahre lang richtig hart dafür gearbeitet hat, und dass man alles verabscheut, was damit zu tun hat? Dass man nie in diesem Beruf arbeiten will?

„Ähm … danke, dass ihr heute alle gekommen seid. Und danke für all die tollen Geschenke“, beginnt sie mit zittriger Stimme. Ihre Hände zittern nervös. „Ich hab keinen direkten Plan.“ Sie lacht nervös – sie sieht, wie die schlechte Stimmung sich über den Garten legt. „Oder doch … ich werde nach Stockholm ziehen.“ Das ist neu. Stockholm? Ihre Eltern sitzen mit offenem Mund da, wahrscheinlich haben sie einen Schock. „Ich habe von einem … Freund gehört, dass sie dort Kuratoren für eine Grünanlage für junge Erwachsene suchen. Nächste Woche habe ich ein Vorstellungsgespräch.“ Sie sieht, wie alle Gäste – besonders ihre Eltern – erleichtert aufseufzen. Es gibt einen Plan. Alles ist, wie es sein soll. Ella ist schon fast selbst davon überzeugt.

Ella packt ihre letzten Besitztümer zusammen und sieht sich ein letztes Mal in ihrer engen Einzimmerwohnung um. Ihr Zuhause. Als sie auf ihrer Examensfeier Panik bekam und hervorstotterte, dass sie nach Stockholm ziehen würde, hatte sie nicht einberechnet, wohin ihre Lüge führen würde. Sie würde ihre Wohnung verlassen und fast 500 km weit wegziehen müssen, in eine ganz neue und unbekannte Stadt.

Ihre Eltern hatten eine kurze Weile gebraucht sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ihre Tochter nach Stockholm ziehen würde, doch dann wurde aus ihrem Schock und ihrer Verzweiflung ein Gefühl unglaublichen Stolzes. Sie sind davon überzeugt, dass Ella in Stockholm große Taten vollbringen wird. Ella ist ihrerseits nicht so sehr überzeugt davon. Sie hat weder einen Job, noch eine Wohnung. Stockholm ist eine teure Stadt – das ist etwas ganz anderes als ihr Heimatort, in dem man eine Falafel für 30 Kronen bekommt. Ella will sich gar nicht vorstellen, was eine Falafel in Stockholm kostet. Aber sie hat einen Plan B. Wenn alle Stricke reißen, denkt sie, kann ich immer noch als Camgirl arbeiten. Mit dem Gedanken fühlt sich alles etwas leichter an.

Sie seufzt tief und lässt ein letztes Mal ihren Blick durch die Wohnung schweifen. Erinnert sich an den Tag, an dem sie einzog, das Gefühl der Freiheit, wie sie in genau diesem Zimmer den ersten Orgasmus ihres Lebens bekam und wie sie danach den ganzen Sommer damit verbrachte, sich vor Publikum selbst zu befriedigen. Sie erinnert sich an das Gefühl, als sie letzten Sommer zurückkam – die Sicherheit, die ihr diese Wände boten. Und plötzlich fühlt sich die Wohnung kleiner als je zuvor an.

Ella ist in den letzten Jahren so viel gewachsen in diesem engen Zuhause. Sie kann nicht den Finger darauflegen, aber irgendwann muss sie aus der Wohnung herausgewachsen sein. Dieses Zimmer mit der Kochnische ist das letzte Überbleibsel von der alten Ella. Als ihr dieser Gedanke kommt, fühlt sie, dass sie mit diesem Teil ihres Lebens abgeschlossen hat. Als sie da steht, die Hinfahrkarte nach Stockholm in der Hand, und sich von dem Letzten verabschiedet, das sie hier noch hält, fühlt sie sich das erste Mal bereit – neugierig auf das, was kommen mag.

Sie hatte sich selbst eine Woche gegeben. Eine Woche, um so viele Vorstellungsgespräche wie möglich zu führen. Eine Woche, um eine – eher – dauerhafte Bleibe zu finden. Seit sie nach Stockholm gekommen war, hatte sie bei einer Bekannten auf dem Sofa geschlafen, die keine besonders nahestehende Freundin war. Nicht länger als eine Woche, hatte sie sich nach der ersten Nacht geschworen, als sie mit schmerzendem Rücken aufgewacht war und dann am schrecklichsten Frühstück ihres Lebens teilnehmen musste.

Es ist acht Uhr, als Ella allein durch die Straßen von Stockholm geht. Überall sieht sie fröhliche Menschengruppen, die das Wochenende in Bars und Draußencafés einläuten. Es ist noch hell und ziemlich warm – die Stadt saugt die Sonnenwärme auf und gibt sie fast doppelt zurück.

Sie fühlt sich so einsam, so klein, als sie an diesem Freitagabend herumgeht. Neulich hat sie sich eine Wohnung angesehen, es sah richtig gut für sie aus – sie hätte sie beinah bekommen. Aber als der Vermieter erfuhr, dass sie noch keinen richtigen Job hat, ließ er sie den Vertrag nicht unterschreiben. Sie hatte ihm hoch und heilig versprochen, dass sie eine Möglichkeit hatte, an Geld zu kommen, dass sie Geld hätte. Er hatte sie angeekelt angesehen und nichts gesagt, aber Ella konnte genau sehen, was er dachte. Sie ist eine Nutte.

Nein, denk jetzt nicht daran. Ella schüttelt den Kopf. Es ist Freitagabend, ihr erstes – und letztes – Wochenende in Stockholm. Am Montag wird sie aufgeben und nach Hause fahren. Aber jetzt, heute Abend, ist sie noch frei. Sie biegt in die nächstbeste Kneipe ab und setzt sich an die Bar.

„Einen Gin Tonic, bitte.“ Der Barmann nickt lächelnd und serviert ihr in Windeseile den Drink in einem hohen Glas. Sie will gerade bezahlen, als ein Mann seine EC-Karte herüberreicht und sagt: „Lass mich das …“ Ellas und seine Blicke kreuzen sich, sie lächelt dankbar und bemerkt seine dunklen Augen. Seine vollen Lippen sind zu einem Lächeln verzogen und unter dem Hemd sieht man die Bewegung der Muskeln, als er seinen Barhocker neben ihren schiebt und sich hinsetzt. Schweigend sitzen sie zusammen. Sie nippt nervös an ihrem Drink, im vollen Bewusstsein, dass der Mann sie anstarrt.

„Trinkst du nichts?“, fragt sie nach einer Weile. Die Eiswürfel klingen im Glas. Ella läuft ein Schauer vom Nacken zur Lende herunter, als er beim Lächeln die Zähne entblößt. „Nee, mir reicht das so“, antwortet er heiser. Der Schauer breitet sich weiter aus. Sie spürt, wie ihr ganzer Unterleib warm wird, wie ihr Magen sich zusammenzieht. Es ist lange her, dass sie mit einem Mann geschlafen hat – oder jedenfalls mit einem so gutaussehenden Mann. Sie beißt sich auf die Unterlippe und nickt still. Sie ist überzeugt, dass er diese elektrische Spannung auch spürt. Er will sie genauso haben, wie sie ihn.

Sie nimmt einen großen Schluck vom Drink und schluckt die kalte Flüssigkeit schnell herunter. Das halbvolle Glas bleibt auf dem Tresen stehen, als sie aufsteht. Mit der Hand auf seiner Schulter beugt sie sich kaum merkbar zu ihm und flüstert „Ich muss auf die Toilette“ in sein Ohr. Ihre Haare umschmeicheln sein unrasiertes Kinn.

Die Toilettentür lässt sie unabgeschlossen, sie lehnt sich gegen die gekachelte Wand und zählt leise vor sich hin: eins. Hat er den Wink verstanden? Zwei. Was ist, wenn jemand anders die Tür aufmacht? Drei. Vielleicht habe ich das alles fehlinterpretiert. Vielleicht wollte er nur nett sein. Vier. Ich fahre lieber morgen schon nach Hause. Ella stellt sich wieder richtig hin und will gerade die Türklinke herunterdrücken, als die Tür sich öffnet. Ein Keuchen entfährt ihrem Mund, wird aber sofort von ihm erstickt. Seine Lippen auf ihren und seine Hände um ihre Taille. Die Kraft seines Körpers an ihrem lässt sie ein paar Schritte rückwärts gehen. Sie stößt mit dem Rücken an das Waschbecken und ihre Körper drücken sich aneinander. Sein harter Brustkorb an ihrer zarten Brust und sein steifer Schwanz an ihren weichen Schenkeln. Das Gefühl bringt sie dazu, ihm in den Mund zu seufzen, sie spürt, wie es sie zwischen den Beinen prickelt – wie das Blut in ihre Muschi fließt und sich dort warm und brodelnd sammelt.

Als wäre Ella federleicht, hebt der Mann sie hoch und setzt sie auf das große Waschbecken. Mit den Händen auf den Innenseiten ihrer Schenkel spreizt er ihre Beine und kommt näher, küsst sie intensiver, während seine Hände nach oben gleiten. Sie ist bereits triefend nass. Als seine Finger ihr Höschen erreichen und er ebenfalls die Nässe spürt, hört sie ihn gedämpft stöhnen. Schnell schiebt er das Höschen zur Seite. Ihre Blicke treffen sich und Ella nickt leicht. Er öffnet seinen Gürtel und den Hosenstall und lässt seine Hose samt Boxershorts zu Boden fallen. Die Eichel glänzt im fluoreszierenden Licht der Leuchtröhre.

Ella verschränkt hinter ihm die Beine und drückt ihn näher an sich. So nah, dass sie spürt, wie seine Eichelspitze ihre willige Öffnung berührt. Sie braucht ihre ganze Selbstdisziplin, aber sie sitzt unbeweglich da, mit seinem Schwanz an sie gedrückt, und wartet, dass er reinkommt. Sie will ihn tief in sich haben. Will seine Härte gegen ihr nasses Weiches spüren. Die Augen des Mannes werden dunkler und etwas Wildes und Animalisches kommt über ihn. Sie spürt, wie er mit seinen starken Händen ihre Taille umfasst. Mit geschlossenen Augen nimmt sie ihn auf. Spürt, wie er langsam in sie hineingleitet. Beide atmen aus, als er ganz drin ist. Da öffnet sie ihre Augen und erhascht seinen Blick. Er sieht aus wie im siebten Himmel – sie lächelt.

Hinterher springt sie vom kühlen Waschbecken und zieht ihr Höschen hoch. Sie atmet aus und merkt, wie das warme Sperma ihren Körper verlässt. Der Mann, dessen Namen sie nicht erfragt hat, knöpft seine Hose zu und schließt seinen Gürtel. Im Nachhinein fühlt es sich total irre an. Was hat sie sich nur gedacht? Jemand hätte sie sehen können – hören können. Ihre Blicke treffen sich und er sieht nicht mehr so selbstsicher aus, er lächelt sie nervös an und plötzlich fragt sie sich, wieso sie überhaupt so geil auf ihn war. Und da sieht sie ihn. Den Ring.

„Was ist das denn?“ Sie zeigt auf seinen linken Ringfinger. Er folgt ihrem Blick und sieht auf seinen Ring. Das Lächeln verschwindet.

„Ach, nichts“, antwortet er. Ella sieht, wie er mit dem Gürtel rumhantiert, ihn schnell schließt. Und dann geht er und lässt sie einsam auf dem Klo zurück. Wieso hatte sie den Ring nicht früher gesehen?

Ella spürt die Tränen hochsteigen. Sie eilt aus der schmuddeligen Toilette, aus der Kneipe hinaus und geht planlos durch die Straßen von Stockholm. Es hat angefangen zu dämmern und es ist kühler geworden. Was ein schöner, heißer Moment zwischen zwei vollkommen Fremden hätte sein können, war nun etwas Schmutziges und Falsches. Ella hatte sich geschworen, nie die andere Frau zu sein und heute Abend hatte sie diesen Schwur gebrochen. Sie war arbeitslos, wohnungslos und jetzt auch noch rückgratlos. Wie konnte sie nur? Wie konnte er nur?

Ihre Füße führen sie zu Straßen und Plätzen, von denen sie noch nie gehört hat. Sie bewegt sich aus dem Zentrum und landet in den Außenbezirken der Stadt, wo das meiste schon geschlossen hat. Ihr Magen knurrt sauer. Ella flucht. Wo ist der McDonald’s, wenn man ihn braucht?

Etwas weiter die Straße runter blinkt ein Neonschild mit dem Wort Coffee. Sie beschleunigt ihre Schritte und geht dorthin. Ein Nachtcafé. Es liegt in einem Keller und scheint offen zu sein, denn durch die Milchglasfenster scheint es schwach hindurch. Sie trocknet ihre Augen mit dem Handrücken und geht die Steintreppe hinunter ins Café.

Was sie entdeckt, ist ganz anders als das, was sie erwartet hat. In ihrem Innern – hungrig, wie sie ist – hatte sie Kuchen und süße Stückchen gesehen, Baguettes und Kaffee. Stattdessen trifft sie auf eine starkgeschminkte Frau hinter einem Computerbildschirm. Als Ella eintritt, sieht die Frau sie an.

„Hast du einen Tisch reserviert?“, fragt sie und Ella sieht sich verwundert in dem leeren Kellerraum um. Da sind keine Tische. Sie muss Ellas verwirrten Gesichtsausdruck bemerkt haben, denn plötzlich grinst sie breit. „Oh, ich verstehe“, lacht sie, „Das hier ist kein Café, gute Frau. Aber wenn du Kaffee und ein bisschen Unterhaltung willst, kannst du dem Flur nach links folgen und durch den weinroten Vorhang gehen. Kannst du nicht verfehlen.“

Ella weiß nicht, was sie sagen soll. Stattdessen nickt sie stumm und geht um die Ecke, folgt dem Flur und bleibt vor dem schweren Samtvorhang stehen. Vom weinroten Stoff hebt sich der perlmuttfarben schimmernde Buchstabe „B“ ab. Sie hört dumpfe Musik, Gelächter und einzelne Rufe. Einen Augenblick zögert sie, die Hand an dem weichen Stoff. Ella sieht sich über die Schulter, da ist niemand. Sie seufzt und zieht den Vorhang zur Seite.

Der Raum ist dunkel, von der beleuchteten Bühne abgesehen. An runden Tischen sitzen um die Hundert Menschen und klatschen mit, jubeln und pfeifen, während die halbnackte Frau auf der Bühne ihre Hüften im Takt der Musik bewegt. Ella holt tief Luft, als sie an das helle B auf dem Vorhang denkt. Könnte es sein, dass … nein. Sie kann ja wohl nicht in ein Bordell geraten sein?

„Hallo! Willkommen im Blush!“ Der freundliche und unglaublich gut angezogene Mann legt ihr die Hand aufs Kreuz und führt sie an einen freien Tisch. Er zieht den Stuhl hervor und sie setzt sich automatisch hin. Er reicht ihr eine Speisekarte, feuert ein blendendes Lächeln ab und lässt sie am Tisch zurück. Sie versteht kaum, wie ihr geschieht. Ihre Augen bleiben an der erleuchteten Bühne hängen. Etta James‘ toughe Stimme dröhnt aus den Lautsprechern und drei Frauen in Netzstrumpfhosen, Korsagen, Federboas und hohen Schuhen tanzen zu den Tönen. Sie bewegen sich im Takt und Ella kann ihre Augen nicht von ihnen nehmen. And holla, ow, ow, ow, I’m a woman, a woman.Sie sieht, wie sie die Korsagen aufschnüren, wie sie die Kontrolle über alles haben und bei jedem „ow“ die Korsagen etwas weiter öffnen. Sie entblößen ihre mit Pasties versehenen Brüste und Ella spürt, wie sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitet. Um sie herum brüllt das Publikum, alle lieben das Trio auf der Bühne und Ella versteht das.

Das Licht auf der Bühne geht aus und die vielen Frauen und Männer, die getanzt haben, verschwinden unter den aufmunternden Rufen und dem Applaus des Publikums hinter der Bühne. Ella applaudiert ihnen im Stehen. Sie ist ekstatisch.

Die Bar leert sich schnell. Ella setzt sich wieder und beobachtet das Publikum, das den Club in Paaren oder als Gruppen verlässt – es sind genauso viele Frauen wie Männer und das Alter ist bunt gemischt. Als das Licht angeht, sieht Ella, dass die Serviererinnen, die noch da sind, Strapse und Hüte sowie gut geölte Schnurrbärte tragen, oder dass sie lange Perlenketten, kurze Kleider und rote Lippen haben. Sie wendet den Blick in den Raum und sieht die samtbekleideten Stühle, die düstere Einrichtung und die Schwarzweißfotografien an den Wänden. Auf der Karte vor sich liest sie Blush – Speakeasy & Burlesque in Stockholm und plötzlich ergibt das Puzzle einen Sinn. Sie ist in einer Mondscheinkneipe gelandet – oder zumindest in einer nachgebauten Mondscheinkneipe -, die stark von den 20er-Jahren inspiriert ist.

Mit einem Lächeln, das nicht so recht verschwinden will, steht sie auf und geht in Richtung Ausgang. Und da – gerade, als sie den Samtvorhang aufziehen will – sieht sie sie. An der Wand hängt ein Poster, auf dem Ella lesen kann, dass sie nach neuen Mitarbeiterinnen suchen. Keine Vorkenntnisse nötig – wir bringen alles bei. In Ellas Bauch tanzen die Schmetterlinge. Sie denkt an die Tänzerinnen, die sich gerade gesehen hat und versucht, sich selbst unter ihnen vorzustellen. Würde sie das wirklich hinkriegen?

„Hast du Interesse?“ Die Stimme klingt hoffnungsvoll. Ella dreht sich um, schnell und erschrocken, als wäre sie gerade in flagranti bei etwas Verbotenem erwischt worden. „Wir brauchen echt eine neue Tänzerin, wir suchen schon, seit Nicki schwanger ist, aber wir haben noch keine gefunden, und nun sieht man es ihr langsam an“, fährt die hübsche Frau fort. Es braucht eine Weile, bis Ella bemerkt, dass es eine der jungen Frauen ist, die sie zu Etta James hat tanzen sehen.

„Ich …“, Ella wird unterbrochen, als die Frau sie unterhakt und zum Backstage-Bereich zieht. Das starke Licht, das sich in all dem Glitter und den Kunstdiamanten spiegelt, blendet sie. Der Raum ist voller Kleiderständer, die mit Outfits vollhängen. So viele verschiedene Farben und Materialien. So viele neue Gesichter, die sich ihr zuwenden.

„Das hier ist … was hast du gesagt, wie du heißt?“ Die Frau, die Ella am Arm hält, lächelt sie breit an.

„Ella. Ich heiße Ella“, stammelt sie nervös. Die Tänzer – Frauen wie Männer – betrachten sie neugierig. Von oben nach unten. Einige lächeln und nicken zustimmend, andere schütteln den Kopf und murmeln etwas, das Ella nicht versteht.

„Ella wird unsere neue Tanzpartnerin! Sie übernimmt für Nicki. Oder, Ella?“ Die Frau klingt so selbstsicher und bestimmt, dass Ella nur noch nicken kann. Sie lächelt nervös und spürt, wie es in ihrem Bauch vor Nervosität und Spannung blubbert.

„Weißt du … wir sind hier wie eine Familie“, sagt eine blonde Frau, die am Rand des Zimmers stand und nun auf Ella zugeht, „Wir helfen einander bei allem. Wir sind uns sehr nah.“ Sie sieht Ella tief in die Augen und lächelt. „Bist du bereit, alles für diesen Job und für deine Kollegen zu tun?“

Zunächst versteht Ella nicht, was die Frau meint, aber dann sieht sie, wie sie ihre Lippen benetzt und den Blick von Ellas Augen zu ihren Brüsten heruntergleiten lässt. Ella sieht, wie sie sich auf die Lippe beißt und der Anblick lässt es wunderbar zwischen ihren Beinen prickeln. Der Raum ist voller halbnackter Frauen und Männer, high von dem Gefühl einer geglückten Vorstellung – froh, eine weitere Nacht gemeinsam überstanden zu haben. Nun entspannen sie sich auf ihre eigene Art. In einer Ecke sieht Ella zwei Frauen, die gerade beginnen, einem der männlichen Tänzer einen zu blasen. Sie sieht zwei Frauen, die sich bei einem heißen Kuss ineinander verschlingen, und der Rest des Raumes ist voller Gelächter, von dem Geräusch eines knallenden Sektkorkens und leisem Stöhnen. Ellas Augen treffen wieder die der blonden Frau, sie sagt keinen Mucks. Stattdessen geht sie einen Schritt vorwärts, bis sie so nah vor ihr steht, dass ihre Nasenspitzen sich beinah berühren, und nickt als Antwort. Ja, sie ist bereit, wirklich alles zu tun. Sie braucht diesen Job.

Ella weiß nicht genau, wie es passiert ist, aber als sie das Blush eine Stunde später auf wackligen Beinen verlässt, und die ersten weichen, vorsichtigen Sonnenstrahlen des Tages sie empfangen, tut sie das mit einem Vertrag in der Hand und einem albernen Lächeln auf den Lippen. Sie kann nicht glauben, dass es wahr ist, dass ihre ganze unlösbare Situation mit der Arbeits- und Wohnungslosigkeit wie durch Magie sich in einer Nacht aufgelöst hat.

An Ellas Seite geht die blonde Frau, Linn. Sie ist groß und kurvig, ähnlich der jungen Marilyn Monroe. Wäre sie in den Fünfzigern geboren worden, wäre sie unglaublich von den Jungs begehrt worden, denkt Ella. Auf ihrer anderen Seite geht Malin – die Frau, die Ella in den Backstage-Bereich mitgenommen hat. Malin ist so dunkel wie Linn hell ist. Sie hat ein hübsches Lächeln und sieht wie ein typisches Mädchen von nebenan aus. Laut dem Vertrag soll Ella Nickis Platz im Trio einnehmen und mit Linn und Malin zusammen tanzen – der Gedanke, mit den beiden zu tanzen fühlt sich unwirklich an.

„Danke, dass ihr mich bei euch wohnen lasst. Nur, bis ich was Eigenes gefunden habe, das verspreche ich!“ Ella lächelt die beiden dankbar an und sie legen ihre Arme um ihre Taillen und lachen im Chor.

„Kein Ding, Mädchen. Du kannst gern bleiben“, antwortet Malin und Linn nickt eifrig. „Dann haben wir mehr Zeit fürs Training – mehr Zeit, einander kennenzulernen. Weißt du, die Chemie ist wichtig, denn auf der Bühne sieht man, wenn sie nicht stimmt“, fährt Linn fort.

Als sie zur Wohnung kommen, fallen sie müde ins Bett, hopplahopp, alle drei. Obwohl das Bett groß ist, ist es recht eng. Ella fühlt sich als Eindringling und versucht, auf ihrer Seite zu bleiben und so wenig Platz wie möglich einzunehmen. Sie zieht das Kleid über den Kopf und kriecht schnell unter die Decke, den Rücken zu den anderen gewandt. Linn und Malin kichern leise und flüstern dazwischen. Ella schließt ihre Augen und spürt, wie sie sich entspannt – sie ist so müde.

Als sie sich zwischen Traum und Wirklichkeit befindet, spürt Ella, wie eine Hand ihren Rücken streichelt. Eine Weile lang ist sie sich sicher, dass es ein Traum ist. Aber dann hört sie Linn mit heiserer Stimme flüstern: „Ella … schläfst du?“ Sie schlägt die Augen auf und dreht sich um. Ihr Gesicht ist nur Zentimeter von Linns entfernt. Die elektrische Spannung zwischen ihnen von vorhin ist wieder da. Ella denkt daran, wie sie backstage so nah an Linn stand, daran, was Linn gesagt hat übers Nah-Sein und sich gegenseitig Helfen. Es war deutlich gewesen, wie Linn sie angestarrt hatte – aber da hatte Ella eher geglaubt, dass es dabei um Macht ging, um ihre Position im Club klarzumachen. Nun wird Ella klar, dass es um Lust ging. Linn wollte sie haben – will sie haben.

Ella spürt das Kribbeln. Eine Weile liegen beide ganz still und atmen dieselbe Luft. Dann passiert es. Linns Augen bewegen sich zu Ellas Mund und Ella kann nicht mehr stillhalten. Sie sucht Linns Lippen und küsst sie gierig. Linns Hände streicheln Ellas Wangen, ihren Hals, ihre Brüste und ihren Bauch. Sie sind überall und Ella kann nicht genug bekommen. Sie stöhnt leise und drückt ihren Körper an Linns.

Am anderen Ende des Betts wacht Malin auf. Sie war gerade eingeschlafen, als das Bett wackelte. Als ob sich jemand bewegte. Sie späht über die Schulter und sieht, wie Linn auf Ella liegt und sie mit Küssen bedeckt, während ihre Hände sich nach unten entlangstreicheln. Malin lächelt stumm und schließt erneut die Augen. Sie hört mit gespitzten Ohren zu, wie Linns Hände Malin zum Aufstöhnen bringen, wie beide sich leise in den Mund stöhnen. Vorsichtig, um nicht zu zeigen, dass sie wach ist, lässt sie ihre eine Hand in ihr Höschen gleiten. Ihre langen Finger beginnen die Klitoris zu streicheln. Sie lässt sich Zeit, streichelt langsam mit kreisenden Bewegungen drumherum und lässt ab und zu den Finger über die geschwollene Perle gleiten. Malin muss sich auf die Lippen beißen, um nicht zu stöhnen. Sie will nicht, dass Ella und Linn merken, dass sie wach ist. Noch nicht.

Ella presst die Fußsohlen in die Matratze und hebt ihren Hintern, als Linn ihr das Höschen über die Schenkel zieht. Die kühle Luft an ihrer warmen, nassen Muschi lässt sie erschaudern und allein der Gedanke daran, was jetzt passieren wird, bringt Ella zum Stöhnen. Sie hat noch nie Sex mit einer Frau gehabt, aber seit sie den Genuss am Sex gefunden hat, hat sie oft gedacht, dass sie es gern probieren würde. Linns lächelndes Gesicht verschwindet, als sie es zwischen Ellas Schenkeln vergräbt. Linns Zunge an ihren Schamlippen, an ihrer Klitoris und in ihr drin lassen Ella laut aufstöhnen. Ihre Hände graben sich in die Decke und ihr Körper lebt sein eigenes Leben. Sie bewegt sich so stark, dass sie beinah eine Brücke macht, bemüht sich, Luft in ihre Lungen zu bekommen und die ganze Zeit denkt sie, dass es nun endlich passiert. Davon hat sie immer geräumt. Linn lässt zwei Finger in Ellas nasse Muschi gleiten. Die Lippen fest um die Klitoris geschlossen, saugt und leckt sie abwechselnd, während die Finger in sie hinein und wieder raus gleiten. Das Gefühl schlägt alles. Ella spürt, wie sie sich dem Orgasmus nähert, wie er sich schnell in ihr aufbaut.

Malin hört, wie Ellas Stöhnen tiefer wird, spürt, wie Ellas Körper sich neben ihr windet und anspannt. Sie muss jetzt kurz davor sein, denkt Malin. Sie wendet sich um und sieht Ellas geschlossene Augen und ihren offenen, o-förmigen Mund. Zwischen Ellas Schenkeln sieht sie Linn, die sehr konzentriert ist. Der Anblick lässt Malin lächelnd ihre Lippen beißen. Sie weiß genau, wie sich Linns weiche Zunge anfühlt und sie weiß genau, wie dieser Abend enden wird. Das Wissen erfüllt sie mit Wärme. Wer braucht schon Schlaf?

Als Ella gerade glaubt, dass es besser nicht werden kann, schließt sich ein zweites Lippenpaar um ihre eine steife Brustwarze. Malins Zunge leckt die empfindliche Haut und ihr Blick trifft Ellas. Linns Finger tief in ihr drin, Linns Zunge an ihrer Klitoris und Malins Lippen an ihrer Brust, kommt Ella mit aller Gewalt. Sie zittert unkontrollierbar und lacht schockiert. Über ihr knien Linn und Malin und küssen einander. Eine Weile liegt Ella still da und beobachtet sie, aber dann sieht sie, wie es an Malins Innenschenkel glänzt. Ellas Finger suchen den Weg und streicheln Malin vorsichtig. Als ihre Fingerspitzen das Nasse erreichen, keucht sie auf – Malin ist so nass, dass es aus ihr herausläuft. Ella zieht ihre Hand zurück und sieht, wie Malin und Linn sich im Einklang bewegen.

Linn legt sich auf den Rücken und Malin küsst ihre Brüste, lässt die Zungenspitze zwischen ihren Brustwarzen und zum Bauchnabel herunter gleiten. Sie setzt den Weg mit der Zunge über den Venushügel fort und findet den richtigen Fleck. Linn seufzt zufrieden und schließt die Augen. Malin kniet vornübergebeugt zwischen Linns Beinen, den Hintern in die Luft gestreckt. Ihre nasse Muschi liegt frei vor Ella, die sich vorsichtig nähert. Vor Anspannung reißt sie die Augen auf und hält die Luft an. Sie legt ihre Hände auf Malins Hintern und spreizt ihn vorsichtig. Oh, Gott. Das Gefühl bringt Malin dazu, ihre Beine weiter zu spreizen. Sie stöhnt in Linn hinein und geht ins Hohlkreuz, sodass Ella noch bessere Sicht bekommt. Heißt sie willkommen.

Malin zuckt zusammen, als Ellas Zunge sie erreicht. Sie drückt ihre Muschi nach hinten zu Ellas Mund, während sie ihre Zunge tiefer in Linns empfindlicher Haut vergräbt. Alle drei bewegen sich im Takt. Ellas Zunge in Malin bringt ihre Zunge in Linn zum Pulsieren. Mithilfe von Zungen, Lippen und Fingern kommen Malin und Linn beide mit wunderbaren, nassen Orgasmen.

„Noch mal“, keucht Ella danach. Sie liegen dicht aneinander nackt im Bett und hören nur den Regen am Fenster in der Stille, die nach den Höhepunkten entstanden ist. Ella ist vollkommen erschöpft, nachdem sie gekommen ist und Malin und Linn beim Kommen geholfen hat. Trotzdem pulsiert die Lust noch immer unter ihrer Haut. Sie bewegt sich an der Grenze und spürt, dass sie mehr will – sie will warme Haut an ihrer spüren. Wieder und wieder. Ella greift die Hände der beiden und führt sie an ihre nasse, pochende Muschi. „Wir machen das noch mal.“

Die Wochen vergehen schnell. Ella wird von fast allen Tänzern und Tänzerinnen mit offenen Armen empfangen. Die meisten helfen ihr sehr, und nach vielen Stunden harten Trainings, unzähligen Blasen und gezerrten Muskeln hat Ella endlich alles Grundlegende gelernt. Gemeinsam mit ihren Mitbewohnerinnen und Tanzpartnerinnen geht sie Unterwäsche, Federboas, Korsagen, Schuhe, halterlose Strümpfe und Unmengen an Make-up und Accessoires shoppen.

Sie üben einige unterschiedliche Nummern ein, und jedes Mal, wenn sie zusammen tanzen, wird Ella von einer starken Lust erfüllt. Sie ist Malin und Linn so nah, sowohl privat als auch bei der Arbeit, aber wenn sie tanzen, wird es richtig intim. Ihre langen, muskulösen Beine und kurvigen Körper berauschen Ella. Wenn sie sieht, wie sie sich zur Musik bewegen – sich zur Musik ausziehen – kribbelt es in ihrem ganzen Körper und sie muss sich geradezu anstrengen, um weiterzutanzen, um sich nicht von der Lust verschlucken zu lassen und sich auf sie zu werfen. Erst, wenn sie ihre Trainingseinheiten für den Tag beenden, fallen alle Hemmungen. Dann hängen sie untrennbar aneinander. Im Tanzstudio, in der Umkleide, unter der Dusche und auch zu Hause in der Wohnung, die sie teilen. Ella bekommt nicht genug von ihnen, und sie bekommen nicht genug von ihr.

Genau einen Monat, nachdem Ella ihren Vertrag unterschrieben hat, steht sie mit Malin und Linn in der Umkleide und schminkt sich. Sie helfen einander, ihre Körper mit Pasties, Glitter und engen Korsagen zu schmücken. Sie muntern einander auf, beruhigen einander und stoßen mit Sekt an. Zum ersten Mal treten sie als Trio auf. Sie haben ihren Song und ihre Nummer und, was am wichtigsten ist, einander. Eine Show und dann wird gefeiert.

„Oh, Gott. Ich schaff das nicht.“ Ella nimmt Linns Hand und drückt sie fest. Ihr Herz schlägt laut in ihrer Brust und das Zimmer dreht sich. Linn streichelt ihre Wangen und gibt ihr einen großen, feuchten Kuss, der nach Lippenstift, Kaugummi und Tabak schmeckt.

„Du wirst nichts sehen, wegen der Scheinwerfer. Guck einfach nur zu Malin und mir. Mach, was wir machen. Du kriegst das hin, Mädchen.“ Ella versucht, ruhig zu atmen. Im Kopf geht sie zum hundertsten Mal ihre Nummer durch und versucht, die Schmetterlinge im Bauch zu ignorieren.

Als die Lautsprecher losdröhnen, der Vorhang hochgeht und ihr die Scheinwerfer in die Augen leuchten, weiß Ella genau, was sie zu tun hat. Zur Musik von Aretha Franklins Rough Lover, gepaart mit den anfeuernden Rufen und dem Applaus vom Publikum tanzt sie die Nummer vom Anfang bis zum Ende, gemeinsam mit Linn und Malin – und sie macht es perfekt.

Als die Musik vorbei ist und die Scheinwerfer ausgehen, sieht Ella zum ersten Mal die Zuschauer. Sie sieht das Lächeln, die strahlenden Augen und die unglaubliche Energie – beim Publikum sieht sie genau das, was sie selbst bei ihrem ersten Besuch im Blush verspürt hat. Ella, Linn und Malin haken sich unter und wollen gerade von der Bühne gehen, als Ella ein Gesicht aus dem Publikum hervorstechen sieht. Weder lächelt der Mann, noch klatscht er. Er sieht ihr direkt in die Augen und sieht aus, als hätte er einen Geist gesehen.

„Das lief super, Mädels! Ella, you killed it darling!“ Malin legt den Arm und Ellas Schulter und drückt sie fest. Als Ella weder antwortet, noch zurückdrückt, tauschen Malin und Linn einen Blick. „Was ist? Du siehst ganz blass aus, Mädchen.“

Ella setzt sich auf den nächstbesten Stuhl und vergräbt ihr Gesicht in den Händen. Mist, Mist, Mist. Sie spürt, wie sich ihr der Hals zuschnürt – wie es schwer wird zu atmen. Linn hockt vor ihr, die Hände auf ihren Knien, und Malin streicht ihr über den Rücken. Keine der beiden sagt etwas, sie trösten sie still und warten auf eine Antwort.

„Ich habe einen Freund von meiner Familie, von meinen Eltern, im Publikum gesehen.“ Es klingt so kindisch, wenn sie das laut sagt. Sie sieht es nicht, aber sie kann sich vorstellen, wie Linn und Malin sich entspannen und zu lächeln beginnen. Sie ist schließlich erwachsen und kann machen, was sie will – also was macht es, wenn ein Freund der Familie ihre Show sieht?

„Deine Eltern wissen nicht, dass du tanzt, oder?“ Ella blickt hoch. Linn sieht sie an. Besorgt. Weder sie, noch Malin lächeln und der Anblick lässt Ella erleichtert ausatmen. Auf diese Mädchen kann sie sich verlassen. Sie unterstützen sie, worum es auch geht. Ella schüttelt als Antwort den Kopf und alle drei schweigen. Hören, wie ihre Kollegen mit stürmischem Applaus auf der Bühne begrüßt werden. Ella atmet tief ein und aus. „Ich muss es ihnen erzählen“, sagt sie laut zu sich selbst und lächelt tapfer. Sie sieht in die besorgten Augen der anderen und spürt plötzlich, wie ein Kichern in ihr aufsteigt. Laut und unkontrolliert fängt sie an zu lachen.

„Was ist, Ella?“ Jetzt sehen sie noch besorgter aus und der Anblick bringt Ella noch mehr zum Lachen.

„Er war ganz grün im Gesicht! Ich kenne ihn wahrscheinlich, seit ich noch Windeln getragen habe. Auf jeden Fall, so lange ich mich erinnern kann … Das war wohl das Letzte, was er erwartet hat … Ihr hättet sein Gesicht sehen sollen!“ Malin und Linn sehen einander an und ihre besorgten Mienen entspannen sich langsam. Ella sieht, wie sie vorsichtig zu lächeln beginnen, wie sie ihre Worte begreifen. Bald stehen alle drei da und halten sich die Bäuche vor Lachen.

Es gelingt ihnen, in die Umkleide zu gehen und sich ihre normalen Klamotten anzuziehen. Um sie herum laufen andere Tänzerinnen und Tänzer, halbnackt, geschminkt und mit hohen Hacken. Einige sind für den Abend fertig, wie Ellas Gruppe, andere bereiten sich noch auf ihre Nummer vor.

„Das war ziemlich cool da oben. Es lief besser, als ich gedacht hätte.“ Ella sitzt auf der schmalen Bank in der schlecht beleuchteten Umkleide und sieht Linn an, die ihre nassen Haare föhnt. Malin steht am Spiegel und trägt Eyeliner auf. Beide drehen sich zu ihr um und lächeln sie an. „Das müssen wir feiern!“, fährt sie fort. Ihre Worte lassen Malins und Linns Augen aufleuchten. Darauf hatten die beiden gewartet.

„Ich hole den Sekt!“, ruft Malin über die Schulter, als sie zurück in den Backstagebereich läuft.

Als Ella als frisch examinierte Sozialarbeiterin nach Stockholm kam, ohne Plan oder Ziel, war das Blush überhaupt nicht das gewesen, was sie vorgehabt oder erwartet hatte. Sie hatte sich im Traum nicht vorgestellt, dass sie all die wunderbaren Menschen kennenlernen würde, mit denen sie jetzt ihre Tage und Nächte verbrachte, geschweige denn, dass sie gemeinsam auf der Bühne stehen würden.

In den vorherigen Sommern hatte Ella die Freude und den Genuss durch ein intimes Verhältnis am eigenen Körper entdeckt. Sie hatte angefangen, sich selbst zu lieben und dadurch hatten sich ihr neue Türen geöffnet. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatte sie sich ganz gefühlt, und er, als dieses Gefühl in ihr entstanden war, hatte sie erkannt, dass es dieses Puzzleteil gewesen war, das all die Jahre gefehlt hatte. Als Ella an die vergangenen Jahre denkt, an ihre Arbeit als Camgirl und den Sommer mit Claude, erkennt sie, dass sie sich noch nie mehr angekommen gefühlt hat als jetzt. Auf der Bühne, mit den fremden Augen, die an ihrem Körper kleben. Die Liveshows als Camgirl brachten mehr Geld, aber da zeigte sie auch deutlich mehr Haut. Ihr ehemaliger Sugardaddy Claude schenkte ihr alles, worauf sie zeigte, aber auch das hatte seinen Preis. Bei Claude hatte sie sich am Ende eingesperrt gefühlt – wie ein Vogel in seinem Käfig.

Die beiden letzten Sommer waren wundervoll gewesen. Sie hatten sie zu der Person gemacht, die sie jetzt war. Aber im Vergleich ist dieser Sommer besser als die anderen. Zum ersten Mal ist sie nicht in der Bittstellerposition. Zum ersten Mal geht es nur um sie selbst – um ihren eigenen Genuss und keinen sonst. Mit diesem Gedanken erkennt sie, dass es das ist, was sie ausmacht. Ella wird nie in einem Büro sitzen und mit Menschen reden können, um zu versuchen, deren Probleme zu lösen. Sie wird nie etwas anderes als genau das – Burlesque – machen können, weil sie endlich zu Hause ist. Ihre Kolleginnen und Kollegen sind zu ihrer Familie geworden. Das Trio mit Malin und Linn ist die beste Beziehung, in der sie je war – heiß, frei und trotzdem sehr sicher.

Ella zieht ihr Handy aus der Jeanstasche und scrollt durch die Kontakte. Da ist sie. Die Nummer, die sie so oft in ihrem Leben angerufen hat, dass sie im Gedächtnis ihres Fingers festsitzt. Sie spürt das Herz im Hals schlagen. Ihr Mund ist trocken und ihr Bauch grummelt.

„Ella! Wie schön, dass du anrufst. Wie geht’s dir da oben?“ Ihre Mutter klingt aufrichtig froh und wenn möglich, tut Ellas Magen nun noch mehr weh. Alles in ihr versucht sie dazu zu bewegen, wieder aufzulegen, aber sie widersteht dem Drang. Jetzt oder nie. Sie muss für sich selbst geradestehen. Dieses eine Mal in ihrem Leben muss sie die Wahrheit sagen – erst dann kann sie ganz frei sein. Es fühlt sich wie eine halbe Ewigkeit an, bis Ella endlich ihren Mund öffnet.

„Mama, ich muss etwas erzählen.“

Ella, Malin und Linn stehen in der Dunkelheit und halten sich an den Händen. Sie atmen nervös im Takt und lächeln sich breit an. In einigen Sekunden wird ihr Lied einsetzen. Der Vorhang wird geöffnet werden und die Scheinwerfer werden sie anleuchten. Das Publikum wird sie beobachten, wird sehen, wie ihre Körper sich zu der sanften Musik im Takt bewegen. Ihre Kleider werden Stück für Stück fallen und zu Boden gleiten. Das Publikum wird vor Spannung die Luft anhalten, wenn Ella mit ihren Kolleginnen alles geben wird und noch ein bisschen mehr.

Sie bringen sich in Position: Linn mit den Händen auf den Knien, Ella in der Mitte mit den Ellenbogen auf Linns fülligem Hinterteil und Malin mit ihren Ellenbogen auf Ellas Hintern. Etta James‘ Stimme füllt den Raum und der Vorhang geht auf. Die Musik dröhnt und die Drei kreisen die Hüften im Takt dazu. I just want to make love to you. Das Publikum tobt. Ella lächelt breit in die Menge und fühlt sich vollkommen berauscht vor Freude. Sie ist endlich zu Hause – zum ersten Mal bereit, der ganzen Welt zu zeigen, wer sie wirklich ist.

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