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Eine Taufe, und was man dabei erleben kann

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Das Innere der Kirche war hell, weiß und glatt, ohne Schmuck, nur neben dem Altar stand eine schöne barocke Figur. Und auf der anderen Seite lag der Adventskranz auf einem weißen Steinsockel; eine seiner dicken Kerzen brannte. Anja blickte die ganze Zeit in dieses am hellen Vormittag fast unwirklich scheinende Licht und hörte nur mit halbem Ohr auf das, was der Pfarrer sagte. Vater und Mutter hatten je einen der Zwillinge auf dem Schoß, sie wiegten sie ein wenig hin und her und versuchten sie zu beruhigen und zu beschwichtigen, wenn sie mauzen wollten. Schließlich durften sie aufstehen und an den Taufstein treten. Anja stand auch auf und folgte ihnen. Außer ihr waren noch zwei Paten da, Vaters jüngerer Bruder Kurt für Volker und Mutters Kusine für Reinhold. Mutter hatte keine Geschwister.

Jetzt setzte die Orgel ein, rauschend, gewaltig. Die Erwachsenen sangen mit, Anja kannte das Lied nicht, aber sie fand es schön. Zum Schluß kam dann noch eins, das sie konnte und mitsang, sogar die Melodie, die sie so liebte. Es war ein Adventschoral.

Es war ja Advent, erster Advent, und draußen immer noch Schnee. Ob der bis Weihnachten blieb? Das wäre etwas ganz Besonderes! Vielleicht konnte sie sich zu Weihnachten wünschen, daß sie in den Reitverein dürfte, richtig als Mitglied, zum Reitenlernen? Das war teuer, sie hatte es von verschiedenen Seiten gehört. Wenn sie sich nichts, aber auch gar nichts anderes wünschte, nur das?

„Na, du guckst ja so verträumt – wo warst du denn mit deinen Gedanken?“ fragte die junge Tante munter, als der Taufakt vorbei war und sie der Kirchentür zugingen. „War es nicht schön? Ich wünsche mir auch Zwillinge, und die taufe ich dann auch zu Advent, und dann bist du Patin, so wie ich jetzt bei deinem Brüderchen. Wirst du ja sagen?“

„Wenn man sich Zwillinge eben mal einfach so bestellen kann ...“

„Leider nicht. Und ich habe noch nicht einmal einen Mann, also kannst du dir’s noch überlegen“, sagte Tante Sabine und nahm Mutter das Baby ab. „Aber einen Patensohn hab’ ich nun wenigstens, und um den werde ich mich kümmern, das könnt ihr glauben! Ich hab’ mich so gefreut, daß ihr mich für dieses Ehrenamt erwählt habt! Und auf den Besuch bei euch und auf die Taufe und alles.“

Anja hatte sich auf die Taufe überhaupt nicht gefreut. Immerzu: Das müssen wir zur Taufe haben und jenes – und wenn erst Taufe ist – und: aber zur Taufe ... Auch jetzt fand sie es nicht überwältigend. Die Feier war schön in dem hellen Gotteshaus, und daß erster Advent war, freute sie auch, aber den ganzen Nachmittag nur mit Erwachsenen Zusammensein zu müssen und zu helfen und zu laufen und zu springen, um die anderen zu bedienen, das war keine wunderbare Aussicht. Um so mehr leuchtete ihr Gesicht auf, als sie, aus der Kirche heraustretend, Petra sah. Petra! Sie stand auf der obersten Stufe der Kirchentreppe und hielt einen riesigen Rosenstrauß in den Händen.

„Für Sie – und für Ihre beiden Jungen – und Mutter läßt grüßen und einen wunderschönen Tag wünschen –“

Anjas Mutter sah sie gerührt an.

„Du bist Petra, nicht wahr? Von der Anja immer erzählt. Woher wußtest du denn –“

„Ihr Mann hat mich eingeladen“, berichtete Petra sprudelnd vor Eifer, „er sagte, für Anja wäre es vielleicht ein bißchen langweilig, wenn nur große Leute da sind. Darf ich den Täufling mal halten? Ich kann es bestimmt, ich lass’ ihn nicht fallen. Früher dachte ich immer, Täufling kommt von Teufel.“

„Ich auch“, sagte Mutter lachend und übergab ihr das Bündel, vorsichtig, aber ohne Besorgnis. „Du läßt ihn schon nicht fallen, da bin ich ganz sicher. Das war aber lieb von Vater, dich einzuladen –“ Sie blickte Anja auffordernd an. ‚Na los, nun sag schon‘ hieß dieser Blick.

„Ja. Danke, Vater“, sagte Anja nach einem Augenblick Zögern. Doch, es war lieb von Vater und nett ausgedacht, nur –

„Ich hab’ schon gehört, wie hübsch ihr wohnt, ihr seid ja erst hergezogen“, schwatzte Petra und trug den kleinen Jungen vor sich her, immer wieder in sein Gesicht hineinlachend. „So nahe am Reitverein–ja, wer das Glück hätte! Aber bei euch drin war ich noch nie!“

„Komm, Anja, nimm den anderen“, flüsterte Vater und legte ihr den kleinen Bruder auf den Arm. „Das ist hübsch anzusehen, wie ihr da an ihnen schleppt, das muß ich festhalten fürs Familienalbum. Ich hab’ den Foto da.“

Er machte nicht nur ein Bild. Der Schnee und die Sonne, die schöne Kirche im Hintergrund – alles bot sich geradezu an, geknipst zu werden, und auch Mutter und die Paten mußten immer wieder stillhalten, mit und ohne Täuflinge. Erst nach einer Weile setzte sich der kleine Zug endgültig in Bewegung, Richtung nach Hause, wo schon der gedeckte Tisch wartete.

„Wir trinken gleich Kaffee, wir feiern eine Kaffeetaufe“, erklärte Mutter, „so hab’ ich es auch bei Anja gehalten. Nach der Kirche einen tüchtigen Kaffee und dazu Kuchen und abends dann etwas Warmes. Ich hab’ ja jetzt so viele und tüchtige Helfer!“

Anja sah ein wenig geniert zu Petra hin. Die war ja nun wahrhaftig nicht zum Helfen eingeladen worden! Aber sie schien geradezu mit auf gekrempelten Ärmeln hergekommen zu sein, sie fragte sofort von sich aus, ob sie Kaffee holen oder Sahne schlagen oder Kuchen aufschneiden dürfte, und war entzückt von der Durchreiche.

„Nein, so was Schönes haben wir in unserem ganzen Haus nicht! Da kann man ja durchkriechen – also ich käme durch, bestimmt! Und jemandem, der im anderen Zimmer ist, einen Ball an den Kopf werfen und sich dann ducken, damit er sich wundert, oder Kasperle spielen. Ja, Kasperle! Das machen wir später, wenn die Jungen größer sind und es schon kapieren, wollen wir, Anja? Ich hab’ Kasperpuppen zu Hause, die bring’ ich mit!“

„Wunderbar. Da ladet ihr mich aber dazu ein, das möchte ich miterleben“, sagte die junge Tante. „Hier, nimm bitte den Kuchen.“ Sie stand in der Küche und reichte Petra eine Platte nach der anderen durch. „Bist du zu Hause auch so patent und brauchbar?“

„Nein. Ein Faultier, wie es im Buche steht“, gestand Petra vergnügt. „Meine Mutter ärgert sich grün und gelb über mich. Aber hier gefällt es mir eben.“

„So ist es wohl immer. Woanders sind die Kinder hilfsbereit und tüchtig, und zu Hause lassen sie sich jeden Handgriff abkaufen“, dachte Mutter, die dieses Gespräch zufällig mitbekommen hatte, „vielleicht benimmt sich Anja bei Hartwigs auch aufmerksam und gefällig. Hoffentlich ...“

Sie tat es übrigens auch heute und hier. Angesteckt von Petra, lief sie hin und her und brauchte überhaupt nicht erst aufmerksam gemacht zu werden, wenn etwas fehlte, sondern wetteiferte mit der jungen Tante und Petra darin, tüchtig zu sein. Mutter konnte nur staunend den Kopf schütteln, aber sie lachte dabei.

Der Tisch war mit Kerzen und Tannengrün geschmückt, er sah wirklich hübsch aus. Und die Täuflinge benahmen sich hervorragend, nuckelten ihre Fläschchen und schliefen dann im Nebenzimmer, wohin man sie verfrachtet hatte, dick und satt ein.

„Dick und satt bin ich auch“, verkündete Tante Sabine, die eine Taille hatte wie eine Mondscheinprinzessin, „ich muß mich jetzt unbedingt rühren, sonst habe ich fünf Pfund Schlachtgewicht drauf, und dann paßt mir kein Kleid mehr. Darf ich spülen gehen?“

„Nein, das darfst du nicht!“ sagte Mutter mit lachenden Augen, „weißt du, was mein Teurer mir zur Taufe geschenkt hat? Eine Spülmaschine! Ist das nicht wunderbar? Nun brauche ich nie mehr abzuwaschen!“

„Und ich nicht mehr abzutrocknen, das hasse ich!“ flüsterte Anja so laut zu Petra hinüber, daß alle es hörten und lachen mußten. Mutter erhob sich.

„Aber einräumen darfst du die Maschine, Sabine, wenn du möchtest. Komm, ich zeige dir, wie man es macht. Und dann ...“

„... gehen wir ein Stück in den Schnee hinaus, ehe es dunkel wird“, schlug Vater vor. „Die Jungen schlafen, und die frische Luft und etwas Bewegung täten uns allen gut.“

„Ja! Zum Reitverein!“ rief Petra sofort. „Dort wird heute geübt fürs Nikolausreiten, ich wäre dabei, wenn ich nicht hierher eingeladen worden wäre. Aber die Rumpel macht bestimmt, was sie soll, ich komm’ gut mit ihr aus, auch wenn ich sie einen Tag weniger reite. Kommen Sie?“

Ihr Gesicht war eine einzige Frage. Vater lachte.

„Dir kann man nicht widerstehen. Und wir wollten schon lange einmal hin und uns ansehen, was Anjas ein und alles ist, seit wir hier wohnen.“ Er sah seine Frau an und nickte ihr zu. „Meinst du, die Jungen tun uns den Gefallen und schlafen noch ein Weilchen?“

„Bestimmt. Es sind ja nur ein paar Schritte!“ sagte Mutter. Und dann zogen sie alle miteinander los.

Anja war nicht recht wohl in ihrer Haut. Nie, niemals hätte sie gewagt, die Eltern einfach aufzufordern, daß sie mitgingen; vielleicht war das dumm. Vielleicht fanden sie es wunderschön dort ...

Eltern finden ja immer ein Aber. Immer, immer. Wenn man von irgendwas begeistert ist, finden sie es gefährlich oder nicht passend – „dazu bist du noch zu klein“ – oder zu teuer. Anja kannte das schon. Sie war so lange Mutters Einzige gewesen, ihr ein und alles, gewiß, aber doch lebenslang ihr Baby. Nicht auf der Straße radfahren, nicht allein oder mit Freundinnen schwimmen gehen, nie später als um sieben zu Hause sein. Und so klein ist man mit zehn Jahren doch wahrhaftig nicht mehr. So ging sie also mit etwas zwiespältigen Gefühlen an diesem Adventssonntag mit der ganzen Familie den Weg, den sie sonst jeden Tag heimlich lief, eilig, sich dauernd umguckend, ob Mutter ihr etwa nachsah.

Der alte Stall mit dem gemütlichen Walmdach machte sich im Schnee wunderschön, und der Halle, die, etwas unterhalb gelegen, modern und zweckmäßig gebaut war, stand der weiße Schmuck auch gut. Sie gingen darum herum und an der anderen Seite hinein, weil geritten wurde. Petra schob die schwere Tür lautlos auf, und nacheinander traten sie an die Barriere. Dort standen ein paar Bänke, so daß man sich setzen konnte. Es war kalt, man sah den Hauch vor dem Mund.

Die Halle war schon für das Nikolausreiten vorbereitet und wirkte deshalb verändert. In der Mitte hatte man vier Hindernisse zu einem Kreuz aufgebaut, in dessen Mitte ein riesiger Tannenkranz lag. Die Hindernisse waren nicht hoch, etwa 80 Zentimeter, und an ihren Enden stand je eine dicke Kerze, die aber heute noch nicht angezündet war. Vier Reiter in schwarzen Jacken und Kappen bewegten ihre Pferde, ritten zunächst nur auf dem Hufschlag in der Halle rundum, erst im Schritt, später im Trab. Der Reitlehrer stand etwas abseits der Hindernisse und gab die Kommandos.

„Dort ist meine Rumpel, Paul reitet sie heute“, flüsterte Petra aufgeregt. „Es müssen vier sein, sonst geht es nicht auf. Sie reiten eine Springquadrille.“

Ja, es wurde sehr spannend. Petras Aufregung steckte an. Jetzt hieß es „Galopp marrrrsch!“, und sogleich fielen alle vier in Galopp. Erst auf dem Hufschlag, dann, nachdem der Reitlehrer ein Zeichen gegeben hatte, im Kreis und so, daß sie jedesmal eins der Hindernisse nahmen. Das sah leicht und gefällig aus, war aber, wie Petra hinterher erklärte, „sauschwer“, denn jedes Pferd mußte genau im selben Moment springen wie die drei anderen, und keines durfte aus dem Takt kommen. Heute war ja erst Probe und Training, und Flieder hatte, wie man sah, seinen widerspenstigen Tag. Er weigerte sich gleich das erste Mal und mußte mit der Gerte zurechtgewiesen werden, was er sehr übelnahm. Man sah seinem Schweif an, mit dem er seitlich schlug, wie ärgerlich er war. Sein Reiter mühte sich nach Kräften, ihn im Takt zu halten, er ritt im leichten Sitz und trieb, daß ihm das Wasser von den Schläfen an den Wangen heruntersickerte.

„Da – da – na, es ging gerade noch“, flüsterte Anja und ließ kein Auge von ihm. Petra hatte die Zähne in die Unterlippe gegraben und verfolgte schweigend den Ritt, was bei ihr ein Zeichen von sehr starker Konzentration war. Sonst schwätzte sie ohne Pause, jetzt aber war sie unheimlich still.

Nach einer Weile ging es wieder rundum im Galopp, ohne zu springen. Reiter und Pferde atmeten auf, dann aber kam eine neue, noch viel schwierigere Aufgabe. Zwei Reiter mußten von der einen Seite über den großen Kranz springen und zwei von der anderen, aber abwechselnd, immer einer nach dem anderen. Auch das sah einfach aus, wie eine Art Reigen, es klappte aber überhaupt nicht. Flieder scheute vor dem Kranz und ging hoch, so daß sein Reiter fast aus dem Sattel kam, und Wisky drehte überhaupt ab und wandte dem Hindernis den Schweif zu, unmißverständlich zeigend: „Ich mach’ euern Quatsch nicht mit.“ Thielo, der draufsaß, ließ das Tier daraufhin ein paar Runden im schnellen Galopp gehen, um ihn mürbe zu machen. Der Reitlehrer schimpfte.

„Der ist wohl sehr streng?“ fragte Vater Petra ganz leise. Petra nickte, ohne den Blick von den Pferden zu wenden. Anja sah den Reitlehrer an, vor dem sie immer schon großen Respekt gehabt hatte.

Eigentlich sah er gut aus. Er hatte ein faltiges, verschlossenes Gesicht, war meist ruhig. Seine Bemerkungen aber, wenn jemand mit seinem Pferd nicht zurechtkam, waren bissig und von allen Schülern gefürchtet. Auch Thielo, ein anerkannt guter Reiter, hatte jetzt vor Verlegenheit einen roten Kopf.

„Und noch mal – erst Flieder, dann Rumpel –“

Beide sprangen.

„Jetzt Wisky – los, treib ihn, er muß tun, was der Reiter will!“

„Himmel, nein, das ist kein Kinderspiel. Und da reitest du schon mit?“ fragte Vater, als in der Halle eine Pause eingelegt wurde. Die Reiter durften im Schritt rundum reiten, sie wischten sich immer wieder den Schweiß von der Stirn und klopften ihren Pferden die Hälse. Die Pferde dampften so, daß die Spiegel rechts und links an den langen Seiten der Halle beschlugen. „Wie alt bist du denn?“

„Zwölf. Ich werde nächstes Jahr aber schon dreizehn“, sagte Petra eilig. „Und so schwer, wie es aussieht, ist es gar nicht. Die Rumpel – ich kenn’ sie doch. Ich kenn’ sie besser als Paul, wenn der auch gut reitet. Er ist Bereiterlehrling, wissen Sie.“

„Hm. Und da muß man von Anfang an solche Figuren reiten und wird angeschimpft, wenn das Pferd es nicht tut.“ Vater machte ein bedenkliches Gesicht. In Petras Kopf ging ein Licht auf.

„Zu Anfang? Keine Spur!“ eiferte sie. „Das macht man erst, wenn man schon lange reitet, schon jahrelang.“

„Jahrzehnte“, vollendete Vater trocken, „du bist wohl schon als Baby geritten.“

„Aber nein, so doch nicht.“ Petra mußte lachen. „Als Anfänger reitet man nur Schritt und Trab in der Abteilung, das heißt, die allerersten Stunden sogar an der Longe.“ Galopp unterschlug sie, sie wußte aus langer Erfahrung, daß Leute, die nichts vom Reiten verstehen, Galopp für schwer und gefährlich halten, und dabei ist Galopp so leicht und so angenehm ...

„Na, ich weiß nicht.“ Vaters Gesicht blieb skeptisch, zumal Rumpel jetzt wirklich Schwierigkeiten machte. Sie übten wieder.

„Ach, wenn ich doch draufsäße.“ Petra trappelte, zwar lautlos, aber hochgradig nervös hinter der Bande hin und her. „Paul ist viel zu grob. Die Rumpel muß mit Gefühl geritten werden, mit Fingerspitzengefühl...“

„Dann spring doch runter!“

„Was glauben Sie, was da passierte!“ Petra streifte Vaters Gesicht sekundenlang mit einem Blick. „Der Reitlehrer würde mich – in den Boden stampfen wäre gar nichts. Nie wieder dürfte ich auf ein Pferd, auch nicht auf mein eigenes ...“

„So streng geht das hier zu?“

„Noch strenger!“

Als die Stunde zu Ende war, ohne daß einer der Reiter den Sattel geräumt hatte, atmeten alle auf, Mitwirkende und Zuschauer.

„Am besten ritt der Junge auf dem Rappen, fand ich“, sagte Onkel Kurt, Vaters Bruder, und wunderte sich, daß Petra und Anja gleichzeitig in Lachen ausbrachen. „Etwa nicht?“

„Der Junge ist eine Dame“, erklärte Petra, „das ist Cornelia. Aber die ist mutig wie ein Mann, wahrhaftig.“

„Was? Eine Dame? Cornelia? Wie heißt sie denn weiter?“

„Cornelia Nolde, Dr. Cornelia Nolde, Kinderärztin mit rotem VW – und ein Schatz. Ganz, ganz goldig“, berichtete Petra, „da staunen Sie, was? Sie hat schon Jagden mitgeritten und eine L – wissen Sie, was das ist?“

Vaters Bruder staunte noch mehr, als sie erwartet hatte.

„Cornelia Nolde, die kenn’ ich ja! Mit der hab’ ich studiert“, rief er, und seine Augen hinter den dicken Brillengläsern blitzten auf. „Du, sag mal, kann man sie mal sprechen? Jetzt gleich? Oder darf man nicht?“

„Doch, können Sie. Sie muß aber erst den Flieder fertigmachen“, sagte Petra, „absatteln, Trense abspülen, Hufe auskratzen und Sattellage und Fesseln auswaschen. Das dauert eine Weile, aber dann können Sie schon.“

„Ich warte. Ich muß sie sprechen“, sagte Onkel Kurt bestimmt, „nein, so ein Zufall! Jahre und Jahre haben wir uns nicht gesehen. Wollt ihr auch warten?“

„Ich möchte eigentlich heim, wegen der Jungen“, sagte Mutter schüchtern. „Aber ihr könnt ja noch bleiben.“

„Wir gehen mit. Kurt bleibt, bis die Dame fertig ist, und begrüßt sie“, entschied Vater. „Wirst du zurückfinden?“

„Wir bleiben auch!“ erboten sich Anja und Petra wie aus einem Mund, und Onkel Kurt nahm sie sogleich rechts und links an die Hand.

„Ja, wunderbar! Und ihr führt mich zu Cornelia. Es ist schon so lange her, daß wir uns das letztemal sahen. Womöglich fällt sie hintenüber, wenn sie mich erkennt!“

„Ach was, Cornelia ist hart im Nehmen“, sagte Petra und zog ihn an der Hand mit sich, „Überraschungen sind immer schön. Kommen Sie.“ Kurt mußte im Laufschritt mitrennen, über den festgetretenen Schnee zum Stall hin. Anja zog an der anderen Hand. Atemlos kamen sie an.

„Laßt mich nur erst Luft holen“, stöhnte Onkel Kurt, „ich bring’ ja sonst kein Wort über die Lippen. Nein, was man alles erleben kann bei einer normalen Taufe!“

„Na, normal! Immerhin eine Zwillingstaufe“, jappte Petra, und die beiden anderen mußten lachen. Und lachend traten sie in den Stall, der nach der Schneehelle draußen dämmerig und behaglich wirkte. „Dort steht sie – dort steht Cornelia“, flüsterte Anja.

Ja, dort stand sie, Flieders Huf auf ihrem Knie, während sie mit einer Hand die Fessel umspannte und mit der anderen die Lohe aus der Höhlung des Hufs heraushebelte.

„Steh still, mein Guter, ja, so ist es brav. Siehst du – ja, einen schönen sauberen Huf haben wir ...“

Sie ließ los, und er setzte den Fuß wieder ins Stroh. Cornelia sah auf.

„Nein! Kurt!“ Sie starrte ihn an, mit halboffenem Mund. Dann lachte sie. „Wie kommen Sie denn hierher?“

„Mit diesen beiden Stallburschen da.“ Er wies auf die Mädchen. „Wahrhaftig, Cornelia Nolde, und ich hielt Sie beim Reiten für einen jungen Mann. Dabei haben Sie sich überhaupt nicht verändert.“ Sie gaben einander die Hand. Petra versetzte Anja einen kleinen Schubs.

„Komm, wir gehen mal zur Rumpel rüber.“

Anja lernt reiten

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