Читать книгу Ponyreiten - Lise Gast - Страница 4

Оглавление

I. Sehnsucht nach Pferden

Der Wunsch des Menschen, ein Pferd zu besteigen, mit ihm gleich einem Zentaur zu einer Einheit zu verschmelzen, ist sicherlich beinahe so alt wie die Menschheit. Jahrtausende lang war das Reiten fast ausschließlich den herrschenden Schichten und ihren berittenen Soldaten vorbehalten; der einfache Mann ging »auf Schusters Rappen«, zu Fuß.

Heute ist das Reiten zum Volkssport geworden. Fast in jeder Stadt gibt es einen Reitverein, in dem man zu erschwinglichen Preisen aufs Pferd kommt. Die meisten dieser Reiter sind nicht etwa Hochleistungssportler, die sich auf Dressur- oder Springprüfungen vorbereiten, sondern Menschen, die der Hetze des motorisierten Alltags entfliehen möchten. Sie suchen nach ihrem nervenaufreibenden Arbeitstag ein Hobby, das in ganz anderer Hinsicht körperliche und geistige Ansprüche an sie stellt als ihre Arbeit. Das Reizvolle am Reiten ist, daß man es bei diesem Sport mit einem lebendigen Partner zu tun hat. Man muß sich auf jedes Pferd neu einstellen, seine Eigenarten erkennen, sich ihm anpassen oder sich gegen seinen Dickkopf behaupten. Ganz neue Muskelpartien Ihres Körpers werden beansprucht, was Sie vor allem nach den ersten Reitstunden an einem kräftigen Muskelkater spüren werden!

Für Anfänger wirkt das Großpferd allein durch seine Körpergröße, aber auch durch sein Temperament mitunter beängstigend. Mit einem Pony dagegen – es handelt sich um eine große Gruppe verschiedener Rassen, für die sich allmählich der Begriff Robustpferde durchsetzt – haben die meisten Menschen schnell Kontakt; die vielen Ponyhöfe, die in den letzten zwanzig Jahren entstanden sind, beweisen das. Dort kann man ohne viel theoretischen Ballast die ersten Reiterfahrungen sammeln. Da der Neuling zu den zutraulichen Ponies schnell Vertrauen gewinnt, werden Anfangsschwierigkeiten leichter überwunden, so daß er nach einigen Stunden in der Reitbahn das verwirklichen kann, wovon er träumt: nämlich auszureiten und die Natur vom Pferderücken aus zu erleben. Sie werden spüren, daß sogar Sturm und Regen Ihnen nichts anhaben können, wenn es im urwüchsigen Galopp über die Stoppelfelder geht und die Ponies mit Lust an der eigenen Schnelligkeit immer weiter ausgreifen. Die vielen Weißt-du-nochs in Erinnerung an solche Ritte ketten Freunde und Familienmitglieder aneinander, und die Vielfalt der Erlebnisse läßt diesen Sport nie einförmig werden.

Voraussetzung

für ein glückliches Zusammenspiel

von Reiter und Pferd ist eine

solide Grundausbildung.

Ein eigenes Pferd im Reitstall stehen zu haben, ist eine sehr, sehr teure Angelegenheit, ein Pony beim Bauern – ungleich billiger. Voraussetzung dafür, ein Pony zu halten, ist selbstverständlich, daß man etwas davon versteht. Ehe man ein Auto durch den heutigen Verkehr steuern darf, muß man nachweisen, daß man wenigstens etwas von der schweren Kunst versteht. Um wieviel diffiziler ist es, richtig mit einem lebendigen Wesen umzugehen, nicht nur mit einer etwas romantischen Liebe, sondern mit sachlichem Wissen und vernünftigem Verständnis. Wie oft haben wir zusammen mit Gleichgesinnten geseufzt: Warum gibt es keinen Reitführerschein! Wenigstens einen kleinen Anfängerkurs in Theorie und Praxis sollte jeder mitgemacht haben, der sich ein Pferd anschafft. Wieviele Fehler und Kümmernisse für Mensch und Tier würden vermieden werden!

Möge dieses Buch Ihnen einen Schritt auf dem Weg zu diesem sicherlich wünschenswerten Ziel weiterhelfen: in den Sattel zu gelangen oder sogar eines Tages glücklicher Pferdebesitzer zu werden.

Mit Pferden in Kontakt kommen

Heute gibt es in fast jeder Kleinstadt einen Reitverein, in der Großstadt mehrere. Dort sollten Eltern, deren Kinder zum Reiten noch zu klein oder zu ängstlich sind, diese erst voltigieren lassen. Beim Voltigieren läßt der Reitlehrer ein besonders verläßliches Pferd an einer langen Leine (Longe) im Kreis laufen. Das Pferd trägt einen Gurt, an dem oben zwei steife Griffe befestigt sind. An ihnen ziehen sich die Kinder im Schritt, Trab und Galopp auf den Pferderücken hinauf und machen Turnübungen, etwa so, wie man es auch im Zirkus sieht. Die Kinder bekommen beim Voltigieren schnell Zutrauen zum Pferd, werden gelenkig und lernen in der Balance zu sitzen, so daß sie später beim Reiten wenig Anfangsschwierigkeiten haben. Voltigierstunden sind auch nicht so teuer wie Reitstunden.

Danach erst kommt der nächste Schritt (der bei Erwachsenen der erste ist), das Reiten. Man kann in die Reitervereine gehen oder seine Kinder dort anmelden. Anfängerstunden gibt es immer. Dies für Stadtleute, die den Geldbeutel nicht allzu klamm zuhalten müssen. Denn dort zahlt man: Eintritt, Jahresbeitrag und Einzelstunden, die es zwar auch im Abonnement gibt, aber dann nicht viel billiger. Immerhin ist es zugleich teurer – und gefährlicher –, dem Nachwuchs ein Mofa oder gar Motorrad zu kaufen. Das aber wollen viele Eltern nicht einsehen. Auf dem Land empfiehlt es sich, die ländlichen Reitvereine aufzusuchen. Dort kann man eventuell ohne Eintrittsgeld und Jahresbeiträge zu Reitstunden kommen. Etwas möchte ich hier noch hinzufügen: Ich habe viele Kinder gehört, die sagten, sie dürften nicht mehr reiten, weil sie schlechte Zeugnisse gebracht hätten. Reitverbot wegen schlechter Schulleistungen halte ich für verfehlt. Beim Reiten lernt man, was man oft in der Schule nicht lernt: Fairness, Durchhaltevermögen, Tapferkeit und Zielstrebigkeit. Natürlich muß man mit den Kindern vernünftig reden und ihnen klarmachen, daß die anderen Pflichten nicht leiden dürfen.

Nimmt ein Kind also Reitstunden und erweist sich als wirklich passioniert, so wird es immer öfter Gelegenheit finden, auch ohne Geld einmal zu reiten. Bedingung dazu ist: Man muß sich nützlich machen (beim Ausmisten helfen, putzen, tränken, Heu einräumen) und zwar ohne ausdrückliche Aufforderung (Abb. 1 und 2). Es gibt wirklich fleißige Kinder, und der Reitlehrer merkt sehr bald, ob solche jungen Helfer nur so tun, um sich beliebt zu machen, oder ob sie wirklich interessiert sind. Den Eltern noch einen kleinen Wink: Seufzen oder schelten Sie nicht, wenn das Kind einmal den ganzen Nachmittag im Stall verbringt. Ein Kind ist im Reitverein besser aufgehoben als auf einer städtischen Straße, ich wage sogar zu behaupten, besser als auf einem Spielplatz. Man lernt auch beim Zusehen viel, sofern der Reitlehrer korrigiert, zum mindesten die Kommandos, die schwer zu behalten sind. Zum andern lernt man viel durch das Lesen von Fachbüchern. Aber Reiten lernt man bloß durch Reiten (Abb. 3).

Dazu sind Sie nicht zu alt: Urlaub im Sattel

Über eins müssen Sie sich im klaren sein: Dies ist etwas ganz anderes als Urlaub am Strand und im Liegestuhl. Vielleicht haben Sie im letzten Sommer auf Tenneriffa drei Wochen im Sand gefaulenzt und in der Sonne gebraten oder eine Schiffsreise gemacht mit herrlicher Seeluft, schlemmerhaftem Essen und – einem Minimum körperlicher Bewegung. Dabei waren Sie früher solch ein Bewegungsmensch! Sie haben gern Sport getrieben, sind viel gewandert, geklettert oder Ski gelaufen. Bewegung im Freien, ein richtiges, sinnvolles Ausarbeiten, und das im Kreis Ihrer ganzen Familie vielleicht, das haben Sie sich doch immer schon gewünscht! Frau und Kinder werden gern einstimmen, wenn Sie einen Urlaub im Sattel vorschlagen. Der Zauber, von dem ich sprach, wirkt auch heute noch.

Reiten hier und anderswo

Achten Sie einmal darauf, wie oft Ihnen heute der Begriff Reiterferien begegnet. Da sind Bekannte von Ihnen mit dem Zigeunerwagen durch Irland gefahren, haben im Wagen geschlafen, gekocht, das Pferd selbst ein- und ausgeschirrt und dabei Menschen und Landschaften kennengelernt. Andere sind durch die Pfalz oder die Lüneburger Heide geritten, haben einsame Bauernhöfe oder alte Burgen als Nachtquartier bezogen und sich in die Zeit ihrer Vorväter zurückgeträumt, während die Pferde im Turnierhof wieherten; und gar aus Stiefeln getrunken, weil einer vergessen hatte, die Bügel überzuschlagen und eine Runde ausgeben mußte. Oder Reiterferien an der See: Neben der Brandung über den feuchten Sand galoppieren, im harten, salzigen Seewind, rechts das Meeresrauschen, links die Marsch, wie der Schimmelreiter! Oder gar durch Island reiten! Feuerspeiende Berge und sprühende Geysire erleben, im Zelt schlafen, Schwarzen Tod trinken – und das alles zusammen mit Frau und Kindern erleben! Ist das nicht ein Traum, den zu verwirklichen es lohnt? Und dann nach langem Ritt die Heimkehr in den Stall. Erst die Pferde versorgen – immer kommen die Pferde zuerst! Abgesattelt, abgehalftert. Wasser angeboten, Heu gegeben, Hufe ausgekratzt. Alles mit klammen Fingern und ein wenig wacklig auf den Beinen. Muskelkater kriegt man vom Reiten ...! Und dann in die warme Gaststube! Die Glieder strecken, und Vater spendiert einen Grog, auch für die Minderjährigen ...

Urlaub im Sattel, gibt es das wirklich? Sollte das auch für Sie möglich sein?

Was Sie mitbringen sollten

Natürlich ist ein solcher Urlaub für Sie möglich. Sie müssen jedoch fähig und bereit sein, sich umzustellen, sich einzustellen auf Neues, Überraschendes, sich nicht an Schwierigkeiten und Nebensachen zu stoßen, und, wenn etwas schief geht, lieber zu lachen als zu maulen oder gar zu schimpfen. Sie sind doch noch jung oder Sie werden es wieder. Sie kommen der Natur wieder nahe, es wird Ihnen wichtiger sein, daß Grani oder Schecki zur Zeit sein richtiges Futter bekommt, als daß Sie selbst reichlich und gut essen. Sie werden die Wonne der Kameradschaft mit dem Tier neu spüren, wenn es Ihnen morgens vergnügt entgegenwiehert, und Sie werden sich wie ein König fühlen, wenn Sie in tauiger Morgendämmerung den Sattel aufgelegt haben und den Fuß in den Bügel heben, um das zu erleben, von dem immer gesungen und gesagt wird: vom höchsten Glück der Erde, das auf dem Rücken der Pferde liegt.

Freilich, die allerersten Ahnungen vom Reiten müssen Sie haben. Sonst quälen Sie das Pferd und sich selber. Deshalb – suchen Sie sich einen Ponyhof, auf dem Sie in ein paar Wochen die ersten Grundlagen erlernen können – samt Frau und Kindern.

Ponyreiten

Подняться наверх