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Prolog - Jeder zweite Mord bleibt unentdeckt!

In Deutschland liegt nach offizieller Statistik die polizeiliche Aufklärungsquote bei Mord weit über 90 Prozent. Das tönt gut, aber in den Leichenkellern der Rechtsmedizinischen Institute werden ganz andere Listen geführt. Nach einer Studie der Universität Münster bleibt jeder zweite Mord unentdeckt.

Das heißt, von den rund 11.000 Toten, bei denen in Deutschland Jahr für Jahr fälschlicherweise eine natürliche Todesursache diagnostiziert wird, sind rund 1.200 Opfer von Tötungsdelikten. Bei den anderen Todesfällen handelt es sich um Unfälle, Suizide und ärztliche Kunstfehler,

Ein Mörder muss sich rein rechnerisch nicht zu viele Gedanken machen. Selbst bei ungeschicktem Vorgehen ist die Chance groß, dass das Verbrechen unentdeckt bleibt.

Wie ist so etwas möglich?

Durch privat finanzierte Obduktionen, durch überraschende Geständnisse der Täter, landen immer wieder Mordopfer auf dem Seziertisch, die laut ihrem Totenschein auf natürliche Weise gestorben sind. Und dann wird festgestellt, dass es kein natürlicher Tod war.

Wer ist da Mittäter?

Ein herbeigerufener Arzt stellt die Weichen bei der Leichenschau. Er alleine entscheidet, wie er das amtliche Dokument (Formular) ausfüllt. Er setzt ein Kreuz auf den Totenschein bei: Todesart – natürlich – gewaltsam – unklar.

Ein Mann stirbt an einem frischen Herzinfarkt, Todesart natürlich. Vor ein paar Tagen war er wegen Luftnot und Brustschmerzen bei einem Arzt. Da wurde geprüft, ob der Mediziner bei der Diagnose einen Fehler gemacht hat. Da gibt es einen Verdacht auf einen ärztlichen Kunstfehler.

Alle approbierten Mediziner sind dazu verpflichtet, bei jedem Sterbefall und für jede verstorbene Person einen Totenschein auszustellen. Nur wenn eine äußere Leichenschau erfolgt ist und der Totenschein ausgestellt wurde, kann das Standesamt die Sterbeurkunde ausstellen. Danach kann der Bestatter die Beerdigung durchführen.

Gewaltverbrechen

Bei Tötungsdelikten können die Spuren sehr winzig sein: eine Stichwunde, die sich wieder geschlossen hat, kleine mikroskopische Spuren einer Injektionsnadel, eine Unterblutung der Haut als Folge von Erstickung, Giftmorde oder Tötungen durch inszeniertes Ertrinken in der Badewanne.

Es gibt perfekte Mordmethoden.

Eine ist die, dass es keine Leiche gibt. Ist die Person tot, woran könnte sie gestorben sein?

Oft wird der leichenschauende Arzt getäuscht.

Wie kann man einen Arzt täuschen?

Die Familie sitzt zusammen, da kommt der herbeigerufene Arzt. Eine richtige vorschriftsgemäße Leichenschau wird nicht durchgeführt. Da genügt oft der Eindruck, der Verstorbene sei herzkrank gewesen. Rein äußerlich ist nichts auffällig, obwohl Gewalt gegen den Hals vorliegt. Da wird der Hemdkragen bis ganz oben zugeknöpft und der Fall wird nicht der Polizei gemeldet. Der Arzt will ja, dass die Familie des Verstorbenen weiterhin zu ihm in die Praxis kommt. Haben Hausärzte eine enge Beziehung zur Familie, dann fehlt die nötige Distanz.

Oft besteht die Leichenschau aus Gründen der Pietät nur aus einem schnellen Blick statt einer gründlichen Untersuchung. Die meisten Morde geschehen im nahen Umfeld des Verstorbenen. Auch bei einer äußeren Leichenschau müsste der Arzt beim Toten die Kleider abziehen und in alle Löcher schauen. Nur etwa ein Viertel der herbeigerufenen Mediziner gibt an, den Toten für die Leichenschau (äußere Untersuchung) vollständig entkleidet zu haben.

Wie ist es bei Alters- und Pflegeheimen?

Was Mörder nicht wissen …

… einen Mörder nicht zu entdecken, ist in Alters- und Pflegeheimen am wahrscheinlichsten. Die nehmen es mit der Dosierung von Beruhigungsmittel nicht so genau, weil die Pfleger überlastet sind. Dies passiert ohne Absicht, es wird aufgrund des personellen Notstandes oft eine zu hohe Dosis verabreicht. Das wäre kein Mord, sondern Körperverletzung mit Todesfolge.

Es wurde festgestellt (Studie mit über 9.000 Verstorbenen), dass die Hälfte der Todesfälle Pflegeheimen zugeordnet werden konnten. Sie hatten ein Dekubitus-Druckgeschwür. Das ist ein typisches Merkmal, wenn Patienten lange auf einer Stelle liegen, das heißt, sie wurden nicht bewegt. Jedes Einzelschicksal müsste abgeklärt werden. Es ist reiner Zufall, wenn in Alten- und Pflegheimen Tötungsverbrechen entdeckt werden.

Das liegt daran, dass die Leichenschauen in Deutschland qualitativ schlecht sind. Das kann sich nur ändern, wenn es mehr Obduktionen gibt. Die finden nicht statt, weil von der Politik zu wenig finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Es bräuchte professionelle Leichenbeschauer. Die Ermittlungsverfahren würden sich dann verdoppeln. Justizminister, die Bundesärztekammer und der Bund der Kriminalbeamten bemängeln die deutschen Zustände. Generalstaatsanwälte weisen seit Jahrzehnten auf Missstände bei der Leichenschau hin.

Kein Politiker will, dass dann die Statistik die doppelte Anzahl Tötungsdelikte vorweist. Das wäre beunruhigend für die Gesellschaft.

Welcher Arzt möchte nachts die Polizei und den Notfalldienst ins Haus holen und den Angehörigen eine Autopsie nahelegen? Die Ärzte attestieren auf dem Totenschein „Herzversagen“. Das ist dann eher eine Verlegenheitsdiagnose, die sich auf die Todesursachenstatistik verheerend auswirkt. Die Leiche wird beerdigt oder kremiert und damit auch die Wahrheit der Todesart.

Es gibt Polizeibeamte, die einen Arzt bremsen. Ein Ermittlungsverfahren bedeutet eine Menge Arbeit: Spurensicherung, Zeugenbefragungen, Nachforschungen, Schreiben ausführlicher Berichte. (kriminalpolizei.de/jeder-zweite-mord-bleibt-unentdeckt)

Was viele Mörder nicht wissen …,

dass bei einer Einäscherung jeder Leichnam ein zweites Mal begutachtet wird. Dabei werden oft in letzter Sekunde Straftaten entdeckt. Deutschland hat eine der höchsten Exhumierungsraten der Welt. Es gibt immer wieder nachträglich berechtigte Zweifel bezüglich der Todesart.

Da zeigt sich, dass diese Statistiken wertlos sind, sie erfassen die wahren Umstände nicht. Die Kriminalitätsrate würde sich nicht erhöhen, die gibt es ja schon, sondern nur die Entdeckungsrate der Tötungsdelikte.

Was viele Mörder nicht wissen …,

sie haben das Recht, zu schweigen und zu lügen. Niemand muss sich selbst belasten. Deshalb darf man als beschuldigte Person grundsätzlich lügen, dass sich die Balken biegen – und zwar in jedem Stadium eines Verfahrens, also bei der Polizei, bei der Staatsanwaltschaft und vor Gericht.

Man darf keine andere Person in ihrer Ehre verletzen oder gar bewusst einer Straftat beschuldigen, die sie nicht begangen hat. Geschichten zu erfinden, ist nicht empfehlenswert. Die Strafverfolger haben raffinierte Fragetechniken, so dass man sich früher oder später in Widersprüche verstrickt. Einfacher ist es, die Aussage konsequent zu verweigern. Die taktische Überlegung dieser Art bespricht man am besten mit dem Anwalt (Strafverteidiger) ab. Der Anwalt kann bei der Einvernahme schon dabei sein.

Was Mörder nicht wissen ...

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