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Borstel

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Borstel hob leise quiekend ihren kleinen Rüssel aus dem Pflanzenpolster der Nestmulde. Sie war noch ein wenig erschöpft vom Tauziehen mit der Nabelschnur. Endlich war sie das lästige Ding los. Nun blinzelte Borstel neugierig in das helle Licht. Nach dem Dunkel im Leib der Mutter und dem Halbdämmer im geschlossenen Kessel sah sie zum erstenmal in ihrem Leben die Sonne, spürte ihre wärmenden Strahlen. Und das gefiel ihr.

Doch lange konnte sie die Sonne nicht genießen. Ein dunkler Schatten fiel über sie. Und ein anderes kleines Wesen krabbelte ungestüm über sie hinweg, stupste sie mit seinem Vorderlauf in den Rücken. Borstel erschrak.

Ganz in der Nähe ertönte ein Quieken; und ein vielstimmiges Gequieke antwortete. Verdutzt blickte Borstel sich um. Da waren noch mehr solcher Wesen, längsgestreift und winzig wie sie selbst: ihre fünf Geschwister. Sie rangelten wild umeinander und drängelten sich am Bauch ihrer Mutter, die sich nach dem Öffnen des Kessels mit einem Grunzlaut wieder auf die Seite gelegt hatte.

Auch Borstel spürte Hunger. Instinktiv wandte sie sich dem warmen Bauch zu. Aber so leicht kam sie nicht an ihre mütterliche Milchquelle heran; da waren schon die anderen. Und die ließen sich nicht stören. Borstel mußte sich erst eine freie Saugstelle suchen. Und als sie die endlich fand, trank sie gierig von der warmen Milch.

Borstel streckte sich wohlig. Alles um sie herum war warm: die Milch in ihrem kleinen Bauch und die Sonnenstrahlen auf ihrem gestreiften Fell, der riesige Leib der Mutter und die winzigen Körper ihrer kleinen Geschwister. Einige saugten noch eifrig, die anderen schliefen schon wieder, dicht aneinandergeschmiegt.

Borstel gähnte. Sie fühlte sich satt und schläfrig. Und in der wärmenden Geborgenheit des Kessels fiel sie in einen tiefen Schlummer.

Lange aber währte ihre Ruhe nicht. Irgend etwas wuselte neben ihr herum, stieß mit feuchtem Rüssel gegen ihren Bauch und suchte weiter. Es war ihr Bruder Kurf. Er hatte ausgeschlafen und suchte nach Milch. Und er drängte sich zappelnd an Borstels Saugstelle am Bauch der Mutter und begann zu schmatzen.

Borstel blinzelte verschlafen. Oben am Rand des Kessels schilpte ein Spatz, hüpfte flatternd von Zweig zu Zweig. Borstel stutzte. Sie hatte noch nie einen Vogel gesehen. Aber der Spatz flog weg. Und Borstel spürte ein Knurren im Bauch. Sie suchte sich eine andere Saugstelle neben Kurf und trank. Wenig später war sie wieder eingeschlafen.

Als sie erneut erwachte, war es nicht ihr Bruder, der sie weckte, und auch nicht der Hunger. Ihr war kalt. Die Schatten der Baumwipfel fielen über den Kessel, hielten die wärmende Sonne ab. Auch die anderen froren. Und ihr Quieken scheuchte ihre Mutter auf, die sich nach der anstrengenden Geburt ein wenig Ruhe gegönnt hatte.

Die Bache erhob sich, streifte mit einem kurzen Blick ihre beiden vorjährigen Jungen, die am Rande des Dickichts nach Nahrung wühlten, stieß einen kurzen Warnlaut aus und begann dann die Öffnung des Kessels zu schließen. Kaum lag sie grunzend wieder auf der Seite, spürte sie sechs kleine Schnauzen gierig an ihrem Bauch.

Auch Borstel trank, bis sie satt war. Im Kessel war es jetzt dämmerig. Und in der warmen Geborgenheit der Dämmerung schlief Borstel eng an die anderen gekuschelt wieder ein.

Borstel, der Frischling vom Eichwald

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