Читать книгу Auf der Schwelle zwischen Leben und Tod - Lucian Vicovan - Страница 5
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Оглавление“Ich kann mir echt keinen Reim daraus machen, wieso ausgerechnet Sie?”, sagte Pilo, nachdem der erste Tropfen Bier meine Zunge berührt hatte. Vor lauter Vorsicht hatte er so lange gewartet bis der ganze Doseninhalt, an meiner Zunge vorbei fließend, im Magen landete.
“Mich interessiert der ganze Scheiß doch gar nicht. Sei doch froh, dass du keinem Hund mehr hinterherlaufen musst.”
“Und das ich wieder reden kann, das fühlt sich auch noch ziemlich fremd an, nach all dieser Zeit,...”
“Hast du nichts geredet in dieser Zeit?”
“Nein.”
“Hat dir der Hund den Mund verboten?” Ich lachte wieder schallend, öffnete mir eine neue Dose.
“Was verstehen Sie schon davon, hahahaha, einem Hund hinterhergelaufen, haha, wie lustig.”
Der Mönch klang empört und ich hoffte, dass dies nicht als Sünde galt und ich mir auch noch eine Verleitung zum Sündigen am Ende dieser Angelegenheit ankreiden lassen müsste.
“Ich verstehe tatsächlich nichts davon.” Antwortete ich also kleinlaut. `Der hat´s schon schwer genug.´ sagte ich mir selbst.
“Außerdem geben Sie mir auch gar nicht so sehr den Eindruck, als ob es Sie jemals interessieren würde, etwas davon zu verstehen.”
“Ach da kann ich dich schnell beruhigen, Interesse besteht da nicht einmal im Ansatz. Also, hör mal, bis zum Ansatz ist sogar noch viel Raum. Ein ewig großer Raum wenn du so willst, bis nach obenhin gefüllt mit Desinteresse. Wie ein Bauer, der in der Saatzeit nur Desinteresse gesät hat, um im Herbst so viel Desinteresse zu ernten, dass er nur nach Einsetzen seines ganzen Körpergewichts und seiner Kraft, die Scheunentore zu bekam.”
Der Mönch sah mich verblüfft an, sprachlos.
“Weil die Scheune so voller Desinteresse w....”
“Jaja, das ist mir schon klar Sie komischer Kauz. Wie heißen Sie?”
“Luczizcki.”, kam wie aus der Pistole geschossen. Ich selber wollte ihm meinen Namen ja gar nicht nennen.
“Gesundheit!”, antwortete der Kerl in Mönchskluft, der eigentlich aus Texas stammte, in Deutscher Sprache. Er klang dabei sehr amerikanisch.
“Danke sehr. Das war aber mein Name.”
“Sehr gut, Verzeihung, ich bin der Pilo.”
“Das hatten wir schon einmal, trotzdem: Gesundheit.”
“Unczinzcki,...” Probierte mein Gegenüber meinen Namen.
“Tu das nicht.” Bat ich ihn.
“Sind Sie auch manchmal glücklich, Luczizcki?”
“Geht ja.” Lobte ich anerkennend die Aussprache meines Namens.
“Es ist aber doch ein Zungenbrecher.”
“Ich bin nur selten glücklich, noch seltener, wenn ich dummen Diskussionen über den Klang meines Namens beiwohnen muss.”
“Und doch ist das Leben schön.”
“Bis mal der Zug drüberfährt.”
“Das war nicht sehr sensibel, haben Sie ein Glück, dass ich selber einen eher makabren Humor praktiziere.”
“Lässt sich der auch woanders praktizieren?”
“Wollen Sie mich loswerden, Luczizcki? Nach all dieser Zeit, nach all dem Erlebten?” Er lachte fröhlich, tat bestürzt und schockiert, öffnete seine dunklen Augen ganz weit und hob seine Brauen hoch, nur um sein Gesicht wieder zu entspannen, und wieder fröhlich zu lächeln. Er hatte einen runden, kahl rasierten Kopf, seine mönchische Aufmachung ließ keine konkreten Schlüsse über seinen Körperbau zu, doch ich vermutete es mit einem spindeldürren Lauch zu tun zu haben, der um einen halben Kopf kleiner war als ich. Seine Augen schienen einen immerzu umarmen und trösten zu wollen, auch wenn man nicht hingefallen war und sich die Knie nicht aufgeschürft hätte. Sie waren warm und voller Leben. Der Rest des Gesichtes sah so aus, als hätte es entweder schon viel Schlimmes gesehen oder als hätte es sich immer noch nicht an den kahlen Haarschnitt gewohnt. Ich tippte auf Letzteres.
“Wir haben uns ja nicht viel zu geben oder zu sagen, also viel Spaß dir. Ich hoffe echt sehr stark, dass du die fette, goldenen Buddha Statue am Ende des Regenbogens findest und dann reich und glücklich wirst. Ich sollte mich auf den Weg nach Hause machen, da diese Bierdosen auch nicht ewig herhalten werden.”
“Sind Sie also ein Trinker, Luczizcki? Ist es so schlimm? Hat Sie die Welt ungerecht behandelt? Hassen Sie Ihr Leben?”
„Das Leben, pah, das ich nicht lache.“ Ich wollte ausspucken, doch irgendetwas in der Ausführung ging daneben, es wurde eher ein Zischen wie der einer nervösen, aber entschlossenen Schlange.
„Ja, das Leben Luczizcki, was halten Sie davon?“
„Geh mir weg damit, sonst spring ich dir gleich ins Gesicht!“ Ich schlug mit meiner Hand aus, in die Luft. Auch dabei lief nicht alles rund und ein stechender Schmerz in der Schulter bezeugte davon.
„Luczizcki, jetzt reden Sie doch einfach, was quält Sie? Seit Monaten habe ich mich nach einer Unterhaltung mit jemandem gesehnt, nun seien Sie nicht so, nennen Sie das Kind beim Namen. Auch mein Leben war nicht immer leicht, wissen Sie?“
“Du hast dich nach einer Unterhaltung gesehnt, ja?“, fragte ich mit grimmigen Blick und phlegmatischem Ton, „dann sollst du deine Unterhaltung bekommen. Dann werde ich dir mal etwas sagen Pilo. Mal sehen, ob du danach weiterhin deinen Kopf gemütlich auf ein Kissen legen kannst.“
Dann fuhr wieder ein Zug vorbei und ich leerte die zweite Dose. Pilo nuckelte immer noch an der ersten Dose herum. Die Sonne, die elendige, die war nun schon auf halber Höhe und schien wieder so fern, wie die Gnade Gottes gegenüber jemandem, der Schwierigkeiten hat, an die unbefleckte Empfängnis zu glauben.
„Also?“ Fragte der texanische, aber buddhistische Mönch nachdem der Zug schon in der nächsten Station stand, ich aber keine Anstalten machte meiner Ankündigung Folge zu leisten.
„Nun gut, das Leben ist Scheiße, Punkt. Ende der Vorstellung.“
„Ist das so? Alles daran?“
„Was willst du hören Hundestalker? Dass es doch auch seine guten Seiten hat? Dass in allem auch etwas Gutes steckt? Dass Freude im Herzen entsteht und man mit Freude das Antlitz aller Sachen verändern kann? Mit Freude im Herzen man über den Schmerz und die Trauer hinwegkommen kann? Dass man nach der Sonne Ausschau halten und ihr Licht in uns eindringen lassen sollte, um glücklich zu sein, um zu lachen, um klatschend unserem Grabe entgegen zu tanzen?“ Jetzt spuckte ich, aber eher unfreiwillig, ich hielt also inne und sammelt mich, da ich mich doch etwas zu sehr mitreißen gelassen haben. Alle Menschen die gerade auf oder an den Gleisen und auf den Steinen oder am Meer unterwegs waren, sahen schon von weitem in unsere Richtung. Sie sahen mich auf einen Mönch einredend und schreiend, ein nicht sehr alltägliches Bild. Ich setzte ganz leise fort.
„Dann will ich dir mal was sagen, du Hundeverfolger. Die Sonne ist eine Hure, eine ranzige, sie verrichtet ihr Werk und interessiert sich keine einzelne Sekunde für uns, sie will unseren Geschichten nicht einmal zuhören, nein, nein, würde sie sich darauf einlassen - sie würde glatt aus der Bahn fallen. Die Kinnlade würde ihr runter fallen, der Glanz abhandenkommen. Darum verrichtet sie klammheimlich ihr Werk, beglückt mal uns, mal die andern, favorisiert niemanden, jeder ist ihr willkommen, keinem trauert sie nach. Das ist die Sache mit der Sonne. Und alles, was vor ihrem Angesicht geschieht, kann dadurch nur verkehrt und unsinnig sein.“
„Ihnen ist aber schon klar, dass wir uns, mitsamt der Erde um die Sonne drehen und nicht umgekehrt.“
„Wenn du mich noch einmal unterbrichst verpasse ich dir eine, sodass du dich um drei Sonnen gleichzeitig drehst, haben wir uns verstanden?“
„Schon gut, Luczizcki, jetzt erzählen Sie schon weiter.“ Er hob die Dose an den Mund und nippte erneuet daran. Wie es schien, konnte er Bier nur tröpfchenweise vertragen. Schon wollte ich ihm die Bierdose aus der Hand reißen und sie ihm über den Kopf kippen, doch das hatte Zeit. Zuerst musste ich diesen auf merkwürdigen Wegen geratenen Texaner wieder zur Vernunft bringen und ihm die Realität wieder vor Augen halten, das Biertrinken würde dann schon von selber kommen.
„Ich lache dich zwar aus, und du wirst selber zugeben müssen wie lustig das klingt, wenn man erzählt man wäre acht Monate lang einem Hund hinterhergelaufen. Doch an diesem Lachen könnte ich genauso ersticken. In Wahrheit machen wir ja nichts anderes, als irgendwelchen Kötern nachzujagen. Wir benennen sie zwar anders. Nennen sie die Liebe, eine angenehme Zukunft, ein gemütlicher Lebensabend, Erfolg, Anerkennung, Vollkommenheit, Glück, Frieden, Freude, Pony, Haus, Kuchen, Lust, Geld, Macht, Rang, Namen, Lorbeeren, Ziele, Auszeichnungen, Ruhe, Gott, Errettung, zu Hause, ewiges Leben und was uns sonst noch so einfällt. Und doch unterscheidet sich die Verfolgung all dieser `Sachen´ in keiner Weise von der Verfolgung eines räudigen Straßenköters. Verfolgt man dasselbe wie die andern auch, muss man sich einordnen, anstellen, in Reih und Glied begeben, sieh sie dir an!“ Ich schrie den letzten Teil schon wieder lauter als ich es gewollt hätte, und war mir zuerst nicht sicher, mit welchem Arm ich zur Straße deuten sollte, auf der sich der Stau immer noch nicht gelöst hatte und einem endlosen Zug glich. Im Unterschied zu vorher, fuhren jetzt immer mehr Autos auch in die andere Richtung, nach Süden, weg vom Zentrum, oder in die kleinen Querstraßen hinein die zu den anderen Hauptstraßen führten, die ebenfalls alle verstopft waren.
„Mit etwas Glück erreichen die auch eines dieser Ziele, und dann was? Dann will der Hund, der innere Schweinehund, erst recht keine Rast einlegen, sondern wieder weiter ziehen. Man hat doch nicht genug und gereicht hat es immer noch nicht. Auch sind wir dann nur zu selten von dem was wir leisten, manchmal sogar verbrechen, nicht einmal eingeschüchtert, nein es beflügelt uns, wir ziehen weiter den “Hund“ verfolgend. Wie leicht wäre es für dich gewesen diesen, deinen, Hund zu fangen und das Genick zu brechen? Eigentlich nur eine Frage des Geschicks, nicht?“
Die Augen des Mönches waren kurz zur Straße gewandert, dann drehte er schnell den Kopf weg und blickte lieber aufs Meer hinaus. Zum Ende meines Plädoyers sah er mich erschrocken an.
„Er hätte mich dann beißen können. Und überhaupt, warum hätte ich das machen sollen?“ Gab er verstört zurück und schüttelte den Kopf.
„Na weil es sowieso noch eintausend anderer Hunde gäbe, denen man folgen könnte.“
„Dann muss ich diesen doch nicht gleich umbringen, dann laufe ich halt einem anderen Hund nach, und aus.“
„Pilo, du gehst mir schon den ganzen Morgen auf den Keks, und jetzt nehme ich mir Zeit, dir ein wenig Vernunft einzubläuen, wie ein Kauz, der seine Küken aus dem eigenen Schnabel füttert, und du erhängst dich nur in unbedeutenden Details. Eine Tracht Prügel sollte man dir verpassen und dich mal eine Woche lang mit eitrigen Wunden in der Sonne schmoren lassen. Dann wirst du endlich auch verstehen, was ich dir erzähle, die Sonne ist eine elendige Hure. Geht es dir schlecht, lacht sie dir ins Gesicht, sodass du dich nur noch miserabler fühlst.“
„Jetzt lassen Sie endlich einmal die Sonne aus dem Spiel, Luczizcki, sie tut doch auch nur, was sie kann und muss, jetzt reden Sie endlich Tacheles, bringen Sie Ihr Palaver auf den Punkt, wie ist es also mit den Verfolgungen, denen wir uns alle hingeben?“
Ich wollte ihn zum Teufel schicken, Menschen die im unpassenden Moment zu beschwichtigen versuchen, sind ja fast noch schlimmer als Dromedare mit zwei Höckern. Dennoch hatten seine Augen doch etwas Geheimnisvolles, etwas Einzigartiges und gleichzeitig Starkes, Kräftiges und trotzdem Weiches. Ich wurde mir immer mehr bewusst, dass obwohl ich die ganze Zeit sprach, er es war, der mit mir kommunizierte. Ich sah ihn lange an, die Sonne schien seine Glatze an wurde von dort wieder reflektiert, vielleicht in eines der Fenster der Gebäude, die über den Gleisen und der Colombo Plan Road standen. Seine Augen habe ich ja schon beschrieben, die Augenfarbe spielte da meiner Meinung nach keine Rolle, doch ich erwähne sie der Vollständigkeit halber, sie war braun, wie meine Augenfarbe, ohne eine spezielle oder außergewöhnliche Augenform zu haben. Sein Mund, die Lippen waren schmal und lang, sein Kinn stand hervor, die Nase etwas zu lang und unschön geformt.
„Wie es mit den Verfolgungen ist, will er wissen, wie es ist?“ Sagte ich mehr zu mir selbst, auch um mich etwas abzuregen, doch es war eher, als würde ich kaltes Wasser auf heißes Öl schütten.
„Wie es mit den Verfolgungen ist? Du bist ja noch dümmer als die Sonne.“
„Jetzt regen Sie sich endlich ab, Luczizcki, niemand in Sri Lanka gebraucht so einen Ton, wenn er mit einem Mönch spricht, Sie wollen uns doch keine Probleme einhandeln. Sagen Sie einfach, worauf dieses Suchen, dieses Folgen oder Verfolgen hinausläuft und lassen Sie uns dieses Thema ein für alle Mal ausdiskutieren.“
„Am Kühlergrill eines Zuges, dort endet alles, dort haben ja auch Sie das Ende ihrer Verfolgung gefunden, oder etwa nicht?“
„Dieser einen bestimmten Verfolgung gewiss, doch damit fängt die Reise erst wieder an.“
„Dann pass mal schön bei den Bahngleisen auf, auf fast allen fahren regelmäßig Züge hinweg.“
„Und die Welt ist deprimierend, das Leben Scheiße und jede Suche, jede Ambition, jede Verfolgung ohne Sinn und Zweck.“
Wie er das sagte, klang es als würde er mich verspotten, meine ganze Mühe war umsonst gewesen. Ein letztes Aufbäumen steckte aber noch in mir, das wollte ich mir nicht ersparen.
„Die Liebe endet im Chaos und ist nur selten etwas anderes als der Nährboden, auf dem alles Schlechte das in uns steckt, wächst und gedeiht. Unser Dürsten nach Anerkennung und Verständnis führt uns dazu, dass wir uns so stark verdrehen und verstellen, bis wir uns selbst nicht mehr erkennen. Die Mutterliebe wird immer mehr zum Mythos. Den allmächtigen Gott haben wir ja auch schon seit Jahrhunderten gelangweilt, der hat neue Wege gefunden die Ewigkeiten zu verbringen, hat uns dem Karma überlassen und das scheint mit der Aufgabe bis über beide Ohren überfordert zu sein. Es kommt ja nicht einmal damit hinterher, die Bösen zu bestrafen, geschweige denn, die Guten zu belohnen. Freundschaften, ach, nicht der Rede wert, es gibt keine echten Freundschaften mehr, es gibt Zweckgemeinschaften, es gibt „die Starken“ und deren Speichellecker! Wir wollen Frieden und versuchen dies mit Kriegsgeschrei herbeizubringen. Wir wollen Ruhe und geben unserem Alltag noch mehr Geschwindigkeit, wir wollen Geborgenheit und versperren uns gegenüber allen, wir sehnen uns nach Sicherheit während wir unser Leben auf Scheinwerte wie Geld und digitalisierten Währungen aufbauen. Leben gesund aber arbeiten uns in den Tod, wollen lachen, fühlen uns aber von allem und jedem angegriffen, wollen etwas zu sagen haben, obwohl unsere Hirne ausgewaschen sind. Trachten nach Lob, sind aber nie bereit, jemanden aufzumuntern, gehen Beziehungen ein, um die Grenzen des anderen zu testen, um zu sehen, wer als erstes am Zeiger dreht, aufgibt, zu Boden geht. Quälen uns ab, doch sobald wir den Eindruck gewinnen, irgendwo angekommen zu sein, fährt uns das Leben wie ein Zug drüber, nimmt alles mit was wir erbaut haben, wofür wir uns verausgabt haben, worin wir uns und unsere Lebenszeit investiert haben. Alles Schall und blöder Rauch. Vergänglich und eine Farce. Eine Komödie, die niemals lustig ist und niemanden zum Lachen bringt.“
Ich sank erschöpft auf einen Stein nieder, eine Kante bohrte sich in meine Hinterbacke, ich sprang wieder hoch, verfluchte den Stein, schrie außer mir vor Wut, reckte meine Faust zur Sonne.
„Und du, du Elendige, du Schmutzige, du siehst dir das alles an, und es geht dir an der Hinterseite vorbei! Ich verfluche dich! Ich verfluche dich! Mach doch etwas, falls es dich stört! Guck her, ich verfluche dich du Hure! Und natürlich wirst du nichts unternehmen, denn nichts, auch rein gar nichts was mit uns Menschen zu tun hat, betrifft dich auch nur im Geringsten! Verflucht sei´s du!“
Ich sah mich nach einem anderen Stein um, auf dem ich sitzen konnte, fand die Bierdosen, trank noch eine, setzte mich, es war ungemütlich, ich stand wieder auf, verfluchte den Stein, die Sonne.
Der Mönch hatte einen Stein gefunden und saß. Er sagte nichts, sondern beobachtete mich wie man einen Straßenmusikanten beobachtet, bei dem man sich nicht sicher ist, ob die gehörte Stimme, seine ist oder von einem Tonband abgespielt wird.
Ich sah ihn an und hätte ihn am liebsten, wegen seiner Klarheit und Fröhlichkeit inmitten meines Nervenausbruchs irgendetwas gegen seinen runden Kopf zerschmettert. Doch da waren sie wieder, seine Augen und sein Blick.
„Luczizcki, ich weiß, wieso der Hund zu Ihnen wollte. Der Spieß wird sich umdrehen, jetzt werden Sie mir folgen müssen.“
„Dir das Fell über die Ohren ziehen, das werde ich tun, du Wappler !“
„Jetzt hören Sie mir mal zu, lassen Sie mich ausreden.“
Ich fand endlich einen Stein, auf dem ich sitzen konnte, setzte mich und drehte Pilo den Rücken zu. Er stand auf und kam zu mir.
„Ich werde Sie an die Schwelle zwischen Leben und Tod führen, dort können Sie dem Tod in den Rachen blicken und das Leben aus seinen Augen und von seiner Perspektive aus sehen. Wie fänden Sie das, Luczizcki? Das Leben mit oder durch den Augen des Todes zu sehen, wäre dies etwas, wofür Sie sich begeistern ließen?“
„Ich werde dir ein Bein ...“ Dann geriet ich ins Stocken, wollte ich sein Bein brechen, ausreißen, verstümmeln, verbrennen, zerhacken,....
„Luczizcki, Sie sind doch ein Mann, der mit allen Wassern gewaschen ist, Sie fürchten sich doch nicht etwa vor dem Tod, oder doch?“
Es war verblüffend zu beobachten, wie gut diese adoleszente Herangehensweise wirkte, ich war schon beinahe überredet.
„Halten Sie doch mal dort, an der Schwelle, im Rachen des Todes solch ein Plädoyer und sehen wir zu, welche Auswirkungen dies hat.“
„Nun, den Tod fürchte ich nicht im Geringsten.“
„Gut, worauf warten wir also.“
„Du willst jetzt gleich los? Ich würde schon noch gerne ausschlafen, bevor ich mich in den Rachen des Todes begebe.“
„Sehr gut, können Sie haben, also gehen wir schlafen.“
„Willst du mitkommen?“
„Nehmen Sie mich mit?“
„Zum Teufel auch, was soll´s. Du scheinst ein netter Kerl zu sein, obwohl ich dir noch nicht garantieren kann, dass ich dir nicht doch irgendwo einmal ein Bein brechen werde, wenn nicht gar beide.“
„Ach ja, und noch etwas Luczizcki.“
„Die Arme auch? Den Hals?“
„Nein, Sie müssen ein Schweigegelübde ablegen und dürfen erst, nachdem Sie in das Antlitz des Todes geblickt haben wieder reden.“
„Ab jetzt?“
„Wollen Sie noch etwas Wichtiges sagen?“
Ich wollte nur trinken, also trank ich das verbleibende Bier aus.