Читать книгу Ein weiteres Intermezzo mit dem Bösen - Lucian Vicovan - Страница 4

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„Guten Abend, Sie kommen gerade rechtzeitig, Herr Luczizcki, vier Delfine tummeln sich hier gerade rum, so ein wunderbarer Tag - nicht wahr?”

Tom´s freundliches Gesicht strahlte mir schon von Weitem entgegen. Seine dunkle Haut, seine großen Augen und sein strahlendes Lächeln stimmten mich fröhlich, wann auch immer ich ihn sah. Ein wenig unterbelichtet, mit einem leichten Hang zum Geschichten erfinden, war er doch eine gutmütige Seele und von ausgesprochen herzlicher Art.

„Wie geht´s dir heute, Tom? Viel zu tun?”

„Ah, Sie wissen schon, jeden Tag dieselbe Leier. Ich glaube wir haben wieder einmal ein volles Haus. Gut, dass Sie Ihren Tisch immer sicher haben.”

Seit etwa zwei Monaten kam ich fast täglich her, um den Sonnenuntergang zu sehen. Schöner als hier - im Süden Australiens, Adelaide, Glenelg, Marina Pier - konnte man nur selten einen finden. Davor saß ich immer im Sand am Strand neben dem Jetty, lief bis zum Ende des selbigen oder suchte mir im Park um den `Pioneers Memorial´ eine Sitzmöglichkeit. Aber eines Tages spazierte ich bis zum Ende des Strandes und fand dieses Plätzchen: Sam´s war der Name des Restaurants, welches auf Fisch und Meeresfrüchte spezialisiert war. Ich reservierte mir damals sofort einen Tisch auf Lebensdauer, oder so lange ich halt in Glenelg bleiben sollte.

Der Besitzer, Amid, war ein kleiner indischer Mann, der in allem was er machte, sehr hektisch und überfordert wirkte. Erst kürzlich hatte er das Lokal übernommen und versuchte nun den Sprung von dem Café, welches er bis zu dessen Übernahme im Zentrum Adelaides führte, in die Welt des Fine Dinings zu schaffen. Meiner Meinung nach, mit mäßigem Erfolg. Dennoch überzeugte das kalte Bier, welches ich dort während des Sonnenuntergangs an einem Tisch sitzend genießen konnte. Mittlerweile war ich der beste Freund des Hauses. Die Belegschaft kannte und grüßte mich, sogar dann, wenn ich ihnen anderswo über den Weg lief. Ich kam oft auch zu Schichtende und spendierte dann auch meistens eine oder mehrere Runden für die Arbeiter. Dann saßen wir bis spätnachts, unterhielten uns, spielten Schach, tranken, unterhielten uns mehr und es kam schon oft vor, dass wir lustig und gesellig bis in die frühen Morgenstunden auf der Terrasse des Sam´s verweilten.

„Wissen Sie was Shelly während der Mittagspause behauptet hat?”, fragte mich Tom während er grinste, seine Unterbelichtung unterstreichend.

„Nein, Tom, was war es denn?”

Shelly war eine der Kellnerinnen. Ihr Körperbau konnte sowohl der eines Mannes, als auch der einer Frau sein, wenn er oder eben sie der gesunden Ernährung keine große Bedeutung beimisst. Ihr Gesicht hätte ihr mit Leichtigkeit erlaubt, zu den `Hübschen´ zu gehören, und verleitete einen zu dem Gedanken: „Was wäre, wenn sie sich etwas beherrschen könnte und nicht immer Nachschlag verlangen würde?”

Ebenso außer Kontrolle waren auch ihr Mundwerk und ihre Lachtiraden.

Tom beugte sich vor und hielt sich eine Hand vor den Mund, es musste sich um etwas sehr geheimnisvolles handeln.

„Sie hat behauptet, dass sie Sie mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit ins Bett bekommen würde, wenn da nur die eine Sache nicht wäre.”

Wir standen ans Geländer gelehnt und blickten auf die Einfahrt zum Yachthafen, das Meer war ruhig, die Brise kaum spürbar.

„Welche eine Sache, Tom?”

„Na Ihre Freundin natürlich!”

„Aha”, sagte ich, „sehr mutig unsere kleine Shelly, nicht wahr?”

„Sie würden sich niemals auf sie einlassen, Herr Luczizcki, hab ich recht? Sie ist ja gar nicht Ihr Typ, man kann sie ja überhaupt nicht mit Ihrer Freundin vergleichen. Sie sind wie ein Vorbild für mich, Herr Luczizcki, eines Tages werde ich auch ein Model treffen und sie für mich gewinnen.”

„Tom, es fehlt Besteck! Schnell! Schnell!”

Amid war im Eingang des Restaurants erschienen und schrie seinen Arbeiter, wie einen entlaufenen Hund, herbei. Tom nickte mir zu, sein fröhliches Lachen aber machte einer gelangweilten und genervten Miene Platz. In Momenten wie diesen, ließ er seine Beschränktheit am ehesten durchblitzen. Ein Mensch mit allen Heften im Fach, weiß seine Mimik und seine Körpersprache zu kontrollieren. Vor allem vor seinem Arbeitgeber, besonders wenn ihm schon seit Wochen mit dem Rauswurf gedroht wird.

„Schönen Abend, Herr Luczizcki! Essen Sie heute bei uns zu Abend?” Amids Kopf begann sofort zu schaukeln, seine Zähne schienen sehr weiß, seine Hautfarbe war nur um einiges heller als jene Tom´s.

„Das entscheidet meine Freundin, vorerst einmal ein Bier für mich, um nicht zu verdursten während ich auf sie warte."

Sein Kopf schaukelte noch kräftiger, um mich wissen zu lassen, dass er meine Bestellung aufgenommen hat. Er verschwand hinein und ich blieb wieder ganz alleine.

Ein Boot fuhr auf die Einfahrt zu, darauf johlten einige Betrunkene und ich hoffte, um meiner Ruhe willen, dass diese sich nicht für ein Abendessen im Sam´s entscheiden würden, sobald sie an Land gingen.

„Diese verflixte Shelly!“, schimpfte ich leise vor mich hin und musste grinsen.

Ich überlegte, ob nicht doch Tom der Dümmere in dieser ganzen Angelegenheit war. Wieso musste er aus dem Nähkästchen der Belegschaft plaudern?

Ich entschied für mich, dass sie beide dieselben Vollpfosten waren. Doch damit war nichts gelöst. Shelly und ihr Selbstvertrauen setzten alle Arten von verwickelten und eigenartigen Gedankenläufen frei. Das Bier kam gerade richtig.



Ein weiteres Intermezzo mit dem Bösen

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