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Die schönste Zeit

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Es ist erstaunlich, das man sich mit 60 immer noch so jung fühlen kann wie mit 30. Man kann sogar so leben, als wenn man noch 30 wäre. Aber je weiter man sich von den 30 entfernt, desto mehr entfernt man sich von der realen Welt. Mit 90 wäre man dann wie ein Kleinkind unter Pflegefällen.

Aber fangen wir doch da an, wo der erste große Ärger auftaucht – nämlich bei der ersten großen Liebe. Fast ohne jede Ausnahme findet sie ein oft jähes Ende. Es ist wohl eine der schmerzlichsten Erfahrungen, die das Herz in so jungen Jahren erleiden kann. Begriffe wie Herzschmerz und Herzensleid finden Einzug in unser Leben.

Es ist wirklich Jammerschade, war unsere erste Liebe doch so schön vorbehaltlos, unschuldig, rein und ehrlich. Man konnte es kaum erwarten den Anderen zu sehen. Wenn es dann soweit war, fingen die gemeinsamen Träume an. Träume von Liebe, Hoffnung, Zukunft, kurzum dem gemeinsamen leben und erleben. Und musste man den Anderen verlassen, war jede Sekunde wertvoll, der letzte Kuss fand kein Ende und den Armen fiel es schwer loszulassen. Sehnsucht beginnt in unserer Herz einzuziehen.

Das Erste, was auf der Strecke bleibt ist die Ehrlichkeit dem Anderen gegenüber. Es ist bequemer die Wahrheit zu verschweigen oder gar zu verfälschen und schon muss eine ‚Notlüge’ her. Aber vorher leben wir nach den Grundsätzen der Märchen von gestern. Vom Aschenputtel das glücklich wurde, vielleicht weil sie Hans im Glück fand? Im Märchen siegt das Gute immer über das Böse, der Mann ist tapfer und edel (und vor allem immer wohlhabend^^), die Frau immer eine Prinzessin. Wenn nicht, wird sie es zum Ende des Märchens. Und so ist die Liebe und das Glück im realen Leben auch oft nur noch am Ende ein Märchen. Oder nennen wir das Kind gleich beim richtigen Namen und sagen – eine einzige Lüge?

Und damit nicht genug, denn wie im Märchen gewinnt immer die Schönheit, weswegen wohl auch heute die meisten Frauen daran intensiv arbeiten, sehr zur Freude der Kosmetikindustrie und der Schönheitschirurgen. Und so heiraten dann Prinz und Prinzessin und lebten glücklich bis an ihr Lebensende. Außer manchmal, da musste der Prinz feststellen, das er nach der Erbschaft des Königreiches die böse Königin am Hals hatte.

Die erste Liebe ist so einfach zu finden, weil wir noch keine Vorurteile haben. Es herrscht blindes Vertrauen und das Einzige auf das man hört sind die im Bauch trommelnden Schmetterlinge. Eine geradezu instinktive Handlung lässt uns diese Liebe finden. Begriffe wie „im Stich lassen“, „verletzen“, „dem anderen Böse sein“ sind Fremdwörter. Egal wie der Andere denkt oder handelt, nichts kann dies beeinträchtigen.

Wir sind uneinsichtig und unbeirrbar.

Eltern die Einfluss auf diese Liebe nehmen wollen („der ist doch nicht gut genug für Dich“), merken schnell, dass sie Nichts oder eher das Gegenteil erreichen. Als Kinder vertrauen wir nur unseren Gefühlen und denken nicht darüber nach, ob der andere einem schadet. Und selbst wenn wir es bemerken, unserem Herzen ist das egal. Toleranz, Nachsicht und Verzeihen spielen eine geradezu unvernünftige mächtige Rolle.

Hier fangen wir an den ersten Fehler zu machen, in dem wir dem Anderen alles nachsehen.

„Lieb macht blind“ hat in diesem Alter wohl seine allergrößte Bedeutung. Wir wollen es nicht wahr haben. Und wehe dem, der von außen dazu Ratschläge erteilt. Das kann dann schnell das Ende einer Freundschaft sein. Und obwohl wir wissbegierig und lernfähig sind, dazu wollen wir nichts hören, nichts von anderen lernen oder abgucken.

Aber je nach der geistigen Entwicklung beginnt in der Jugend irgendwann ein Effekt wirksam zu werden, der eine Kluft entstehen lässt. Während Mädchen immer noch in einer Gefühlsebene leben, verfallen Jungen häufig schneller in Imponiergehabe. Gutes Aussehen und Stärke kommen in den Vordergrund, Ehrlichkeit und Gefühle treten zurück. Der Kampf um die ‚Bräute’ beginnt.

Obwohl wahre Gefühle für Mädchen noch eine tragende Rolle spielen, ändert sich das Auswahlverfahren. Immer stärker wird das gute Aussehen, Muskeln und der Rang beachtet. Die ruhigen Jungs werden nicht beachtet, der Charmeur oder ‚Großkotz’ umlagert. Na, und das liebe Geld spielt dann auch so seine Rolle. Vielleicht sollten Jungs in diesem Alter nicht so spendabel sein und dadurch Mädchen langsam angewöhnen, selbst zu bezahlen. Das gehört doch inzwischen auch irgendwie zur Emanzipation dazu.

Auch das Protzen der Jungs mit Markenklamotten scheint Mädchen fast immer die Sinne zu vernebeln. Wäre schön, wenn der Gesetzgeber endlich eine einheitliche Schulkleidung einführen würde. Das Balzgehabe wäre Jugendlichen dann in den entscheidenden Entwicklungsjahren nicht mehr möglich. Und wenn ein Kind den Unterscheid zwischen einem coolen Typen in der Freizeit und vorher in der Schuluniform gesehen hat, wird es eher in der Lage sein, vernünftiger zu urteilen.

Willkommen in der Steinzeit kann man da nur sagen. Die Auswahl der Mädchen beim starken männlichen Geschlecht in seiner Natur als Jäger (Versorger) und seine Potenz hat begonnen. Nicht selten schauen Mädchen deshalb nach älteren Jungs Ausschau. Sie haben gelernt, dass Ältere durch längere Erfahrungszeiträume das Minus ausgleichen. Die jungen Männer fechten unterdessen ihre Rangkämpfe auf die eine oder andere Art aus, während sie gleichzeitig nach dem hübschesten und vollbusigsten Girl zwecks Paarungsrituals auf die Jagd gehen. Wir wissen zwar nicht worüber die Mädchen in der Steinzeit miteinander sprachen – während die Jungen schon auf die Jagd mitgingen -, können aber raten, das es heute noch die gleichen Themen sind. Wer ist wie stark, wer sieht wie gut aus und wer hat wohl den Größten unterm Mammutfell – äh, in der Hose natürlich.

Da haben wir dann auch schon das nächste Problem. Das liebe Erste Mal wird zur Enttäuschung, oft genug auch noch zu einer Schmerzvollen. Die Mädchen träumen von einem wundervollen Erlebnis, der Junge vom schnellen Glück. Und obwohl Jugendzeitschriften sich dieser Themen immer wieder annehmen, scheint dieser Bereich trotz aller Offenheit ein Tabu-Thema zu sein. So bleibt dem Mädchen die Hoffnung auf ein wunderbares erstes Mal, während der Junge sich abmüht, möglichst schnell vorwärts zu kommen und nicht vor dem Ziel fertig zu sein.

Kein Wunder, kommen Jungs doch in dem Alter viel zu schnell zur Sache und haben keine Ahnung davon, das Mädchen eine längere Anlaufzeit haben. Und trotz Oswald Kolle und Aufklärung in der Schule, darüber zu reden scheint eine peinliche Angelegenheit zu sein. So wird zwar über „wer den Größten hat“ gesprochen, oft unwissend, das es genau darauf am Wenigsten ankommt. Es nutzt eben der größte Bagger nichts, wenn man ihn nicht bedienen kann.

Warum eigentlich nehmen sich Eltern für ihre Kinder nicht mal Zeit und reden auch über die Gefühle. Die Zeiten, wo Sex schmutzig war, sind doch nun wirklich vorbei. Gerade Jungs sollte man mal in einem Gespräch vorbereiten, was einem Mädchen beim ersten Mal gefallen würde und was ihr ganz gewiss wehtun wird. Stattdessen scheinen sich Eltern zu schämen, mit ihren Kindern darüber zu reden. Erinnere Dich mal zurück, wie es bei Dir war. Bei Jungs gibt es das Thema „Zärtlichkeit“ doch gar nicht. Entweder wird mit der Größe angegeben, oder wer zuerst flach gelegt wurde. Und das ist obertraurig. Eltern versuchen doch sonst ihren Kindern ihre Erfahrungen zu vermitteln. Aber genau bei diesem Thema sind Eltern offenbar wie geblockt. Und das obwohl sie es oft selbst durchgemacht, bzw. erlebt haben. Oder herrscht hier eine Angst, man könnte das Thema zu sachlich in Form einer Bedienungsanleitung anpacken?

Und viele Eltern haben auch ein Problem damit, ihren Kindern zu erklären was Zärtlichkeit ist und bewegen kann. Dabei kommt es im späteren Leben aber genau darauf an. Denn mit zunehmendem Alter sehnen wir uns auch wieder nach mehr Berührungen. Viele Frauen vermissen in ihrer Beziehung später den liebevollen Kontakt zum Partner.

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