Читать книгу Die Ratte kommt - Lydia Drosberg - Страница 28
DAS WEIHNACHTSGESCHENK
ОглавлениеHeute ist kein Kind draußen, mit dem ich etwas unternehmen könnte. Doch ich rieche Mittagessen und renne schnell in die Küche. Oma bekommt ihr Essen aufs Zimmer. Tante Lena und ich essen in der Küche.
„Na, Ramona, was willst du dieses Jahr zu Weihnachten haben?“
Es rattert in meinem Gehirn. Wann bekommt man schon mal solch eine Frage gestellt? Genau genommen fast nie, außer von Tante Lena. Wenn jemand schon danach fragt, dann muss man sich auch etwas ganz Besonderes ausdenken. Etwas, was mir meine Eltern nie im Leben schenken würden, geht es mir durch den Kopf. „Ich hab es! Ich wünsche mir einen Affen“, verkünde ich.
„Einen Affen?“, fragt Tante Lena entsetzt. „Den kann ich dir nicht schenken.“
„Aber über einen Affen würde ich mich doch furchtbar freuen“, bettele ich. Ich muss nur beharrlich an meinem Wunsch festhalten, dann wird er schon in Erfüllung gehen, bin ich insgeheim überzeugt. Doch da habe ich mich gewaltig geschnitten!
In der Weihnachtszeit besuchen wir dann Tante Lena, um unsere Geschenke abzuholen. Meine zwei Cousins bekommen wundervolle Skier, nur ich schau mal wieder dumm aus der Wäsche. So wie voriges Jahr. Die Mädels erzählten mir nämlich, dass Onkel Franz für mich ein tolles Puppenhaus gebastelt hatte, mit allem Drum und Dran, kleinen Möbeln und Teppichen, sogar Licht legte er in das kleine Haus. Aber weil eine klitzekleine Glühbirne nicht funktionierte, bekam Onkel Franz solch einen Wutanfall, dass er das ganze Haus kurz und klein schlug. So ging ich letztes Jahr schon leer aus. An das Ersatzgeschenk kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Nicht, dass ich mich darum reißen würde, mit Puppen zu spielen, aber das Puppenhaus hätte ich doch liebend gern gehabt. So ergreife ich mein Geschenk und bin den Tränen nahe. Tante Lena nimmt mich in den Arm und sagt: „Es tut mir leid, dass du jetzt enttäuscht bist, aber ich habe dir gleich gesagt, dass du keinen Affen bekommen kannst. Du wolltest ja nicht auf mich hören.“ Das ist mir eine bittere Lehre.