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Kapitel 1

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Wo du auch sein wirst

Mady Chambers

Für die großen Lieben meines Lebens,

sie wissen wer gemeint ist.

Und für den Einen.

Damals.

Es war ein sonniger Morgen, in einem kleinen verschlafenen Ortsteil einer großen Stadt, etwas außerhalb in einem kleinen Waldstück gelegen. Bereits jetzt war es schon so warm, dass sogar die Vögel sich schattige Plätze suchten. Die Luft flirrte um die besonders heißen Stellen und gab einem das Gefühl sich in einer Wüstenstadt zu befinden. Feline spielte mit ihrem kleinen Bruder im Garten ihres herrschaftlichen Hauses. Es war eine wunderschöne Villa. Prunkvoll und gepflegt. Die gesamte Anlage war ganz bewusst angelegt worden, um jedem Besucher zu zeigen, dass hier das Geld wohnte.

Sie wohnte dort mit ihren Eltern und da es genug Zimmer gab, musste sie sich mit ihrem Bruder noch nicht mal ein Zimmer teilen. Oft genug fragte sie sich, wozu man so viele Zimmer brauchte, wenn es nicht genug Menschen gab, die dort drin wohnen konnten.

Große Holzfenster ließen in jeden Raum genug Licht, riesige, hohe Decken ließen die Zimmer noch größer wirken. Wenn man noch so klein war wie Feline, dann konnte man schnell das Gefühl haben in dem großen Haus verloren zu gehen. Es gab aber auch genug Platz um sich zu verstecken, wenn der Vater böse auf einen war, oder der Bruder einen ärgerte. Feline wuchs in einer Zeit auf, in der die Frauen den Männern gehorchen sollten, oftmals nicht arbeiteten und zu Hause für Kinder und Haushalt verantwortlich waren. Jedoch hatte Felines Mutter eine Haushälterin, deshalb fragte sie sich oft, was ihre Mutter eigentlich dann den ganzen Tag tat. Feline selbst wurde schon in ihrem jungen Alter dazu erzogen zu gehorchen. Zunächst ihren Eltern und der Haushälterin, aber dieser nur bedingt. Später dann einmal ihrem Ehemann. Feline hatte jedoch ihren eigenen Kopf und hielt es oftmals nicht für nötig, jeder Anweisung Folge zu leisten. Das Haus war auf einer kleinen Anhöhe gelegen, mit einer eigenen Zufahrt und einem riesigen Teich vor dem Grundstück. Der Teich war öffentlich und durfte auch von anderen Menschen benutzt werden, der Garten des Hauses allerdings nicht, da durften nur sie hin.

Oft stand Feline vor dem alten Zaun und schaute hinunter auf das Wasser, sie beobachtete die fremden Familien, die Enten fütterten oder spazieren gingen. Bei dieser Hitze gingen jedoch nicht viele Menschen vor die Tür. Sie zogen es dann vor in ihren kühleren Häusern zu verweilen und auf den Abend zu warten, um hinaus zu gehen. Sie selbst durfte nur selten hinunter und alleine schon gar nicht.

Entweder musste sie die Haushälterin mit Bitten und Betteln überreden, oder ihre Mutter erbarmte sich mitzugehen. Das waren aber sehr seltene Ausflüge.

An diesem Morgen spielte Feline wie gesagt mit ihrem kleinen Bruder Charlie im Garten. Charles war 6 und Feline 10 Jahre alt. Normalerweise hörte Charlie immer auf das was sie sagte und das gefiel ihr ganz gut. Sie kam sich dann wie eine Erwachsene vor und konnte bestimmen, was das Kind tun sollte. Da sie sonst nicht allzu viel zu bestimmen hatte, nutzte sie diese Gunst solange sie noch konnte. Sie wusste, dass es kommen würde und Charlie über sie bestimmen würde. Es wurde immer wärmer im Garten und die große Tanne spendete noch keinen Schatten, die Sonne stand zu hoch. Feline sehnte sich danach ihre Füße in den kühlen Teich zu hängen und mit dem Wasser zu planschen. Sie versuchte über den Rasen zu laufen, ohne die Gänseblümchen kaputt zu machen.

Von ihrer Mutter oder der Haushälterin war weit und breit nichts zu sehen.

„Charlie, wenn ich den Ball über den Zaun fallen ließ, würdest du ihn holen wollen?“

Ihr kleiner Bruder zog die Stirn in Falten und legte den Kopf schief. Er war nicht dumm, obwohl er erst 6 Jahre alt war, wusste er genau was er durfte und was nicht.

„Nein, das dürfen wir nicht.“ Er machte dicke Backen.

„Aber es ist dein einziger Ball und du bekommst sicher keinen Neuen.“

Er stemmte seine kleinen Fäuste in die Seiten und schürzte schmollend die Lippen.

„Du darfst den Ball nicht da runter werfen.“

Mit einem „ups“ ließ Feline den Ball fallen, er rollte über die kleine Straße die zwischen der Anhöhe des Hauses und dem Teich verlief und mit einem „Platsch“ landete er im Wasser. Dicke Kullertränen sammelten sich in den Augen ihres kleinen Bruders.

„Oh man, Jungs weinen nicht, du Baby.“

Seine Unterlippe zitterte und Feline wusste, dass es gleich Geschrei geben würde, wenn sie nicht sofort etwas unternahm.

„Ist ja gut, du Baby, ich gehe und hole ihn.“

Das Zittern beruhigte sich und die Zornesfalte in Charlies Stirn glättete sich ebenfalls ein wenig.

Feline schlüpfte durch ein Loch im Zaun hinter einer Hecke und Charlie rannte schnell an die lange Seite des Gartens um sie beobachten zu können. Sie schlängelte sich durch die, von den Kutschen hinterlassenen, Pferdeäpfel und schon stand sie direkt am Wasser. Der Ball hatte sich in ein paar Ästen verheddert die ins Wasser ragten. Er war also nicht ohne weiteres raus zu fischen. Sie sah sich nach einem langen Stock um, fand einen ein paar Meter von ihr entfernt und versuchte damit nach dem Ball zu angeln. Fast hatte sie ihn erwischt, da sprang er durch das schwappende Wasser noch weiter weg und trudelte in die Mitte des Sees.

Charlie fing oben am Zaun schon wieder an zu jaulen und Feline legte einen Finger auf ihre Lippen um ihm zu zeigen, dass er still sein soll. Es half nichts, sie musste also um den Teich ein Stück herum gehen um vielleicht von der anderen Seite an den Ball zu kommen. Fast bekam sie ein schlechtes Gewissen, da sie ihre Mutter und die Haushälterin hinterging, aber sie war zu beflügelt vom Reiz des Verbotenen und außerdem musste sie den Ball ja wieder zurückholen. Sie hüpfte den Weg um den Teich weiter, ihr weißes Kleidchen mit den roten gestickten Blumen drauf flatterte dabei ihm Wind. Sie hätte viel lieber Hosen angehabt wie Charlie und ein Hemd. Das war sicher viel bequemer.

Ihre blonden Locken hatte ihre Haushälterin heute früh zu Zöpfen hochgeflochten. Feline mochte diese Frisuren nicht, sie drückten und machten Kopfschmerzen, aber ihre Mutter wollte es so.

„Du siehst aus wie eine kleine Dame“, sagte sie dann immer. Welches kleine Mädchen wollte schon wie eine alte Dame aussehen?!

Eine kleine Weggabelung brachte Feline zum Stehen. Links ging es weiter um den Teich herum, rechts schimmerte irgendwas auf dem Boden einer kleinen Lichtung.

Die Bäume um den Teich waren hochgewachsen und machten es in manchen Ecken schwer zu erkennen was auf dem Weg vor einem lag. Trotz der hellen Sonne. Aber irgendetwas blitzte dort und Feline war einfach zu neugierig. Sie zuckte mit den Schultern. Ärger würde sie sowieso bekommen.

Sie blickte noch einmal in Richtung Haus und konnte Charlies kleinen dicken Arme durch den Zaun winken sehen. Sie wusste dass er Angst hatte, dass sie beide Ärger bekommen könnten. Berechtigt, vermutete Feline. Das würde als geringste Strafe mit Hausarrest enden, wenn nicht mit schlimmerem. Sie lief schnell zu der Lichtung, die vom Teich wegführte und näherte sich dem Blitzen. Zwischen zwei Bäumen an einer Gabelung lag eine große viereckige Glasscheibe auf dem Boden. Das Gras um die Bäume war relativ hoch gewachsen, so dass Feline näher ran gehen musste um genau zu sehen was darunter war. Die war ihr noch nie aufgefallen.

Die Scheibe lag wie ein Deckel auf einem viereckigen Tunnel, der senkrecht in die Erde ragte.

Das Glas stand nur ungefähr 15 cm aus der Erde heraus. Zwischen Tunnel und Glas war ein kleiner Luftraum, da die Scheibe auf kleinen Säulen unter jeder Ecke lag.

Feline versuchte durch die Scheibe in den Tunnel nach unten zu blicken, aber sie sah nur ein paar grüne Pflanzen, die sich von unten an das Glas drückten und den Tunnel hinunterwuchsen. Oder hinauf dachte sie. Ob das Glas sie halten würde? Wenn sie sich oben drauf stellte, konnte sie vielleicht besser sehen was darunter lag?

Sie legte den Kopf schief und setzte vorsichtig einen Fuß drauf. Sie testete wie stabil es wirklich war, dann verlagerte sie ihr Gewicht nach vorne und zog den zweiten Fuß hinterher.

Das Glas schien sehr dick zu sein und hielt sie problemlos. Sie kniete sich hin und hielt ihre Nase ganz dicht über der Scheibe. Sie war sehr schmutzig und ihre Kniestrümpfe jetzt mit Sicherheit auch.

Mutter würde schimpfen.

Aber sie war einfach zu neugierig. Der Tunnel war ganz dunkel, nur ein kleines Licht schien am Ende zu leuchten, aber was könnte das sein? Feline kniff ihre Augen zusammen.

Sie hörte ihren kleinen Bruder ihren Namen rufen. Aber er traute sich noch nicht richtig laut zu rufen. Er hatte zu viel Angst, dass ihre Mutter ihn hörte. Feline konzentrierte sich wieder auf den Tunnel und kniff die Augen erneut zusammen. Sie sah immer noch nur das kleine Licht.

Das Glas um ihre Knie fing an zu flimmern. Feline erschrak und wollte noch runter springen, aber es war zu spät. Mit einem Klack war das Glas verschwunden und sie fiel in den Tunnel, steil nach unten. Sie versuchte zu schreien, aber der Luftstrom der durch den Fall von unten nach oben zischte raubte ihr den Atem.

Sie fiel und fiel und fiel und konnte während des Fallens ihren ersten Schreck schon wieder vergessen und sah sich um, aber außer schwarz war nicht viel zu sehen. Sie fiel immer noch und versuchte nach unten zu schauen, das kleine Licht kam immer näher. Irgendwann musste doch der Boden kommen. Nach ein paar Sekunden sah sie tatsächlich einen grünen Boden auf sich zu rasen. Jetzt packte sie wieder die Angst, den Aufprall konnte sie doch nicht überleben, sie war viel zu schnell und würde sich schrecklich wehtun.

Es waren nur noch Zentimeter und ihr Po berührte den grünen Rasen und schleuderte sie wie ein Trampolin wieder in die Luft. Sie quietschte schrill, damit hatte sie nicht gerechnet. Sie federte zurück auf den grünen Rasen und hopste dann nur noch etwas, bis sie schließlich zum Stillstand kam. Schnell versuchte sie sich aufzurappeln, der Boden war plötzlich nicht mehr weich sondern hart, wie normaler Rasen. Kein Trampolin mehr. Zwischendurch hatte sie schon gedacht, dass sie am anderen Ende der Welt hinauskommen müsste, so lange wie sie gefallen war. Sie strich sich das Kleid glatt, eher aus Gewohnheit, denn sie sollte immer ordentlich aussehen, und fing an sich umzusehen. Es war sehr hell, der Fall durch den dunklen Tunnel hatte ihre Augen an das dunkle Licht gewöhnt, deshalb war sie noch immer geblendet und musste die Augen zusammen kneifen. Nur langsam konnte sie ihre Umgebung ausmachen.

Über ihr schien der Himmel zu sein, strahlend blau. Sie stand auf einer kleinen Lichtung mitten in einem Wald. Die Bäume waren riesig, noch viel höher als in dem Wald bei ihr zu Hause. Wie konnte denn über ihr ein Himmel sein? Sie war doch in die Erde gefallen?

Wo du auch sein wirst

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