Читать книгу Mit dem Fahrrad vom Atlantik bis ans Schwarze Meer - Mady Host - Страница 6

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Vorwort

Mady Host hat eine unglaubliche Reise gewagt – vom Atlantik zum Schwarzen Meer, und das mit Fahrrad – sagenhafte 5000 Kilometer!

Während ich ihren spannenden Bericht lese, denke ich bei jedem Umblättern, bei jedem Kapitel – bitte mehr davon! Bitte nicht ankommen, damit es immer weiter geht.

Obgleich ich der mutigen Radlerin gleichzeitig von Herzen wünsche, dass sie ihr Ziel erreichen wird.

Mich begeistert die farbige Sprache. Mady schreibt so gekonnt, dass ich mir alle Details vorstellen kann, sie bildlich vor mir sehe. Beim Lesen fühlt es sich so an, als sei ich mit dabei, würde leibhaftig ihre Tour erleben.

Die junge Frau ist auf eine sympathische Art neugierig, sie beobachtet genau und scharfsinnig, und versteht es zudem, eine Begegnung, ein Erlebnis, einen Menschen so darzustellen, dass sich das Geschilderte, wie eine Fotografie in einem Entwicklerbad, mit Konturen und Farben zu einem ausdrucksstarken Bild vervollständigt.

Die Autorin kann aber nicht allein bildhaft beschreiben, auch bringt sie Dialoge in eine natürliche Form. Die Gespräche wirken echt, man hört die Menschen beim Lesen sprechen, mehr noch, so wie Mady den Leuten die Wörter in den Mund legt, werden die Personen durch ihre Sprache charakterisiert.

Das Schönste aber ist der Humor der Autorin; er ist nie verletzend, immer fröhlich und köstlich.

Also kurzum: Das Buch von Mady Host besitzt alles, was einen guten Reisebericht ausmacht. Doch damit noch nicht genug – Mady hat sich über die sportliche Leistung hinaus eine Aufgabe gestellt – nämlich Menschen, denen sie unterwegs begegnet, nach dem Glück und deren glücklichen Momenten zu befragen. So erhält ihr Buch neben dem „blauen Faden“, als den man die Strecke entlang der Donau und die beiden blauen Farbtupfer Atlantik am Anfang und Schwarzes Meer am Ende ansehen kann, einen zusätzlichen „roten Faden“, und damit eine philosophisch-menschliche Tiefe.

Neben ihrem wunderbaren Humor hat mir am besten gefallen, wie sie anderen Menschen begegnet, nicht allein offen und neugierig, sondern mit Aufmerksamkeit, Zuwendung und Wärme!

Ein klasse Buch! Wenn man schon nicht ihr Reisepartner sein kann, dann wenigstens ein Leser ihres Buches.

Carmen Rohrbach

carmenrohrbach.de

Vor der Reise ...

Ich schließe meine Augen und in meiner Fantasie taucht ein Bild von mir auf. Ganz klar, gestochen scharf und in kräftigen Farben sehe ich mich selbst: Braungebrannt, mit kernigem Gesicht und wohl trainierten Beinen stehe ich im Sportshirt vor endlos blauer Kulisse. Das Schwarze Meer, eine weite Fläche ohne erkennbares Ende, gestaltet das Foto vor meinem geistigen Auge. Neben mir steht brav mein weißes Fahrrad. Der Helm, der mir auf knapp 5000 Kilometern die Frisur zerstört hat, baumelt am Lenker, meine Ponyfransen kleben mehr an meiner Stirn, als dass sie mir attraktiv verspielt ins Gesicht fallen. Das macht mir aber überhaupt nichts aus, im Gegenteil, ich lächle, in die Kamera und in die Welt. Ich sehe glücklich aus, der Stolz über die geschafften Kilometer steht mir ins Gesicht geschrieben und die Freude über meine erlebten Abenteuer und die Erinnerung an die dabei gemachten Bekanntschaften lassen mich strahlen. Glück.

Ich öffne meine Augen, das Bild verblasst und ich spüre die Kühle des Autofensters an meiner Stirn, die vorbeisausenden Fahrzeuge zeichnen ein verschwommenes Bild aus Licht in die Dunkelheit, während unser Motorengeräusch seinen akustischen Beitrag leistet zu diesem Kunstwerk der Nacht, meiner Nacht, der Nacht, in der mein großes Abenteuer beginnt.


Anreise mit meinem Vater Ingo

Mein Vater Ingo und seine Frau Franka fahren mich zum Ausgangspunkt meiner Reise. Für diese Tour habe ich mich entschieden, weil ich genau eines will: Europa aus eigener Kraft durchfahren, auf einem Weg, der unterschiedlichste Länder miteinander verbindet. Ich will verschiedene Sprachen hören, neue Kulturen erleben, lebendigen Geschichtsunterricht erfahren und meine eigene Geografiestunde konzipieren. Ein Kontinent, der im Größenvergleich unserer Erdteile klein abschneidet, sich dabei aber aus so zahlreichen unterschiedlichen Ländern zusammensetzt, muss einfach erkundet werden.

Für mein Vorhaben gibt es wohl kaum einen besseren Radweg als den, der sich mit der Bezeichnung „ausgesprochen beliebt“ schmückt. Der EuroVelo 6 zählt zu den besonders weit ausgebauten Strecken von mehreren Routen des EuroVelo-Netzwerks. Er ist auch bekannt als Flussroute und wird mich auf etwa 5000 Kilometern von West nach Ost, von der französischen Atlantikküste bis zur rumänischen Schwarzmeerküste durch zehn Länder führen.

Die Strecke entspricht in Frankreich zunächst dem Loire-Radweg, führt dann in die Region Burgund, in das südliche Elsass sowie durch das Sâone- und Doubstal. Anschließend ebnet der Rhein-Rhône-Kanal den Weg nach Basel, von wo aus es nördlich nach Tuttlingen geht. Ab hier folge ich dem Donauradweg bis zu meinem Ziel. Dieser mächtige Fluss geleitet mich nicht nur durch Deutschland, sondern auch weiter durch Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien und zuletzt Rumänien.

Den ersten Teil der Reise werde ich allein meistern, dann wird mich für einige Tage mein Sandkastenfreund Daniel begleiten und von Ungarn aus geht es mit meiner Freundin und Kamerafrau Cornelia bis ans Ziel Constanța am Schwarzen Meer. Auf meinem Weg werde ich nicht nur die Kontraste erfahren, die das Allein- und zu zweit Reisen mit sich bringen, sondern vor allem die Diversität in Landschaft, Infrastruktur, Architektur und in den Kochtöpfen von Frankreich bis Rumänien beobachten.

Und die Menschen? Welche Mentalitätsunterschiede werde ich ausmachen? In den Portemonnaies der Franzosen wird durchschnittlich mehr Füllung sein als im Geldbeutel des rumänischen Dorfbewohners, der mir vom Straßenrand aus zuwinkt. Spielt das eine Rolle, wenn es um das Glücksempfinden eines Menschen geht? Ich werde genauer hinsehen, auch nachfragen und fürs Fotoalbum festhalten, was zwischen Atlantik und Schwarzem Meer zum Glück dazu gehört. Falls mir jemand interessant erscheint, zu dem ich mir gezielt Zugang wünsche, werde ich zu meinem Hilfsmittel, dem „magic letter“, meinem „magischen Brief“, greifen. Für jedes Land, das nicht deutschsprachig ist, habe ich nämlich einen Zettel dabei, der mich vorstellt und mein Interesse am Glück bekundet, natürlich in der jeweiligen Landessprache.


Die ersten Tage in Frankreich unterwegs

Das Leben ist zu kurz zum Unglücklichsein. Also, ab auf den Fahrradsattel und los geht es …

Als ich am letzten Maitag an der französischen Atlantikküste in Richtung der westfranzösischen Großstadt Nantes losrolle und meiner Familie zum Abschied winke, habe ich bereits meine erste Antwort: Diese Menschen, die sich liebevoll um mich kümmern, machen mich glücklich. Sie sind bei mir. Ganz gleich, ob wir uns sehen können oder aus der Ferne aneinander denken. Ich kehre ihretwegen immer wieder gern nach Hause zurück.

Aber bis dahin wird es noch dauern und ich freue mich auf eine Reise, die vor mir liegt, inklusive aller Ungewissheiten, die das individuelle Unterwegssein mit sich bringt. Morgens nicht zu wissen, wo ich abends schlafe und keine Idee davon zu haben, welchen Menschen ich begegnen werde, liebe ich. Diese Art des Reisens steht im Kontrast zu meinem ansonsten recht durchstrukturierten Alltag mit terminlichen Verbindlichkeiten, die teilweise sogar schon ein, zwei Jahre im Voraus feststehen. Wenn ich in den nächsten Wochen allmorgendlich mein Fahrrad in Bewegung bringe, indem ich die Füße auf die Pedale setze und losfahre, rolle ich also nicht nur in die Welt, sondern lasse die Welt auch auf mich zukommen.

Mit dem Fahrrad vom Atlantik bis ans Schwarze Meer

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