Читать книгу Die verschleppte Prinzessin - Mandy Hopka - Страница 3

PROLOG

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Schicksal ist,

wenn sich zwei Menschen finden,

die sich nicht einmal gesucht haben.

[Unbekannt]

Der Zigarettenqualm reizte meine Nase, dennoch verzog ich keine Miene, so wie es sich eben beim Pokern gehörte. Immerhin hatte ich nicht gerade eine kleine Summe als Einsatz gelegt. Meine schönen 10.000 €… Wenn ich Glück hatte, würden es bald mehr als 30.000 € sein. Für ein kleines Haus würde es vielleicht reichen, allerdings nicht für eine neue Identität. Diese waren in den letzten Jahren auf dem Schwarzmarkt ziemlich teuer geworden – zumindest wenn man Wert auf Qualität legte. Ich blickte in die Runde. Diese Männer waren gut aber nicht so gut wie ich. Ich hatte eine Glückssträhne, der Sieg war mir sicher. Nicht mehr lang und ich könnte endlich ein neues Leben anfangen. Weit weg von dieser beschissenen Stadt. Ich stellte mir ein kleines Haus, irgendwo am Rande eines Strandes vor. Vorzugsweise in Brasilien. Dort, wo ein ehemaliger Auftragsmörder wie ich nicht weiter auffallen würde. Eigentlich war es mir egal wo, die Hauptsache war, ich hatte endlich meine Ruhe vor diesen geleckten Anzugträgern, die mit ihren Geldscheinen umher wedelten wie mit ihren Schwänzen. „Tja, Red. Sieht schlecht für dich aus.“ Bart, ob er nun wirklich so hieß oder nicht, verzog seine Lippen, die von einem Vollbart umrahmt wurden, zu einem gönnerhaften Grinsen. Ich hingegen blieb gelassen. Euphorisch schmiss er seine Karten auf den Tisch und die anderen beiden, die bereits ausgestiegen waren, beugten sich über den Tisch um sie zu begutachten. „Full House.“ Siegessicher verschränkte er die Arme vor der Brust und lehnte sich nach hinten. Langsam ließ ich meine Zigarre in den Aschenbecher sinken, blies den Rauch aus und legte meine Karten auf den Tisch. „Straight Flush.“ Ich versteckte meine Schadenfreude nicht. Nicht vor diesem Zuhälter. „Sieht so aus, als müsste dein Traum von einem weiteren Haus voller Nutten in dieser Stadt warten“, rieb ich ihm seine Niederlage mit einem angewiderten Ton unter die Nase. Sein siegreiches Grinsen erstarb und ein feindseliger Ausdruck legte sich über sein Gesicht. „Sag mir nicht, dass du noch nie in einem meiner Häuser warst, Red. Es gibt nur zwei Dinge auf dieser Welt, die ein Mann wirklich braucht. Geld und Sex.“ Ich sammelte mein Geld ein und zählte nach. 32.500 € plus einen Ring, der mir noch mal ein paar Hunderter einbringen würde, zumindest, wenn der Goldwert günstig lag. „Du musst es ja wissen“, erwiderte ich gleichgültig, während ich zählte. „Der Kerl braucht keine Nutten“, begann Roy, der jüngste Mitspieler am Tisch, dessen Ehering ich nun mein Eigen nennen konnte und von dem ich wusste, dass ihn die Spielsucht hier in die Gosse getrieben hatte. „Wenn man so aussieht liegen einem die Weiber zu Füßen.“ Er trank seinen Wodka aus. Wahrscheinlich dachte er, er könnte seinen Kummer damit ertränken. „Hartes Training“, erwiderte ich knapp und zog ein letztes Mal an meiner Zigarre. Vielleicht würde ich doch eher nach Kuba, anstatt Rio gehen. „Spielen wir noch eine Runde.“ Barts Augen funkelten mich an. Er war zwar kein Leichtgewicht aber angst machte mir dieser Kerl nicht. Ehe er seine Pistole in der Hand halten würde, hätte er bereits meine Kugel im Schädel. Ich war schnell. Schnell, gnadenlos und sauber. Konnte mich mit dem Schatten bewegen und lautlos agieren. Ich stellte keine Fragen und war klug genug, mir Strategien aufzubauen. Das hatte mir einen Ruf gemacht. Einen Ruf, von dem ich gut leben konnte. Wie viel Geld würde ich brauchen, um in Kuba die restlichen Jahre meines Lebens zu verbringen?

„Wir wissen beide, dass du kein Geld mehr hast.“ Seine Augen wurden schmaler. „Ich könnte mein Bordell als Einsatz legen.“

„Was soll ich mit ein paar Huren?“ Bart kam nicht zu seiner Antwort, denn die Tür öffnete sich. Eine meiner Hände legte sich automatisch um meine Glock, allerdings drehte ich mich nicht um. Schon an dem Geruch des teuren Parfums und dem Geräusch, welches die teuren Schuhe auf dem Boden hinterließen, konnte ich ahnen, dass sich ein reicher Mann wohl verlaufen haben musste. Meine Mitspieler blickten feindselig hinter mich, was meine Vermutung nur bestätigte. „Sie haben sich wohl verlaufen, feiner Herr“, fragte Bart belustig und zeigte ihm seine Colt. „Mister David Behrens.“ Ich ließ mir meinen Schock nicht anmerken. Hier unten, in den dunklen Gassen der Welt, war ich Red. Niemand kannte meinen Namen. Niemand! Es ließ mich neugierig werden. „Woher kennen sie meinen Namen“, sprach ich gedehnt und tonlos. Der Mann trat um den Tisch herum und unsere Blicke trafen aufeinander. Ein Mann um die Mitte 50. Er war recht klein und rundlich, besaß blaue Augen, die von fast pechschwarzem Haar umrahmt wurden. Sein Anzug war von Brioni. Schon komisch, ich gehörte zwar nicht zu dieser Schicht von Menschen, aber ich kannte mich wohl besser mit den Reichen und Schönen aus, als mit den Menschen meinesgleichen. Irgendwie kam mir sein Gesicht bekannt vor … Mit dieser Schweinchen Nase, den Hamsterbacken und seinem runden Kinn … „Ich weiß vieles über sie, Mister Behrens.“ Mister … Wann hatte mich jemals jemand mit Mister angesprochen? „Und sie sind?“, fragte ich diesen Mann, da ich im Moment einfach nicht darauf kam, wo ich ihn schon einmal gesehen hatte. Am liebsten würde ich seinem Leben sofort ein Ende bereiten. Ich mochte die Vorstellung nicht, dass auch nur ein Mensch auf dieser Welt meine wahre Identität kannte. Aber zuerst sollte er mir sagen, wer er war. „Ich bin Clemens Ahrens. Mein Name sollte selbst ihnen etwas sagen.“ Aha. Jetzt wusste ich, woher ich sein Gesicht kannte. Immerhin flimmerte es auch täglich durch die Nachrichtensender. „Was verschlägt einen beinahe Präsidenten in diese dunkle Gegend?“, fragte ich ihn und lehnte mich zurück. Ahrens hatte letztes Jahr als Präsident kandidiert, jedoch knapp gegen Jansen verloren. Weiter nicht tragisch, wäre da nicht der Tod seiner Frau und seines Kindes, die beide bei einem Autounfall während der Wahlperiode ums Leben kamen. Seither wurde spekuliert, ob er deshalb die Wahl verloren hatte. Er und Jansen lieferten sich eine Schlammschlacht in der Politik und selbst ein Jahr nach der Wahl, kehrte einfach keine Ruhe in den heiligen Hallen der Regierung ein.

Ahrens ließ mich nicht aus den Augen, wohl ebenso wie seine beiden Bodyguards. Einer an der Tür, der andere dicht neben ihm. Kein Problem für mich, sollte es zu einer Auseinandersetzung kommen, allerdings bezweifelte ich, dass Ahrens seinen 5000 € Anzug beschmutzen wollte.

„Ich habe ein Angebot für Sie. Gäbe es die Möglichkeit unter vier Augen zu reden.“ Ein Angebot von einem Politiker. Das mein Ruf mir so weit vorauseilt, hatte nicht einmal ich gewusst. Ich blickte zu Bart, der Ahrens musterte. „Das Spiel ist vorbei. Ich denke, es wäre besser für euch zu gehen.“ Er blickt auf sein Geld. Jetzt war es meines. „Damit wir uns verstehen, ich gehe nicht wegen dir. Aber mit einem Politiker werde ich mich nicht anlegen“, erklärte er sich und erhob sich. „Ich hatte damals echt für sie gestimmt. Mein Etablissement wird immer eine offene Tür für sie haben.“ Ahrens beachtete ihn nicht und so bewegt Bart seinen fetten Arsch um ihn herum zur Tür. Die anderen beiden schlichen stumm und voller Ehrfurcht aus dem Raum.

Dann waren wir allein.

Ahrens setzte sich mir gegenüber.

„Also was kann ich für Sie tun?“ Egal was es war, ich würde eine Menge Geld dafür verlangen. Eine halbe Million vielleicht? Vielleicht würde dies sogar mein letzter Auftrag werden. Ich roch bereits das Geld und die damit verbundene Freiheit. „Es geht um dieses Mädchen.“ Er ließ ein Foto über den Pokertisch gleiten. Ich nahm es in die Hand, drehte es auf die richtige Seite und musterte das Bild. „Mädchen?“ Beim Anblick dieser perfekten Kurven war diese eher eine Frau. Ihr Haar war lang und nicht blond und nicht rot, fast roséfarben. Hatte ich so etwas schon einmal gesehen? Konnte diese Farbe natürlich sein? Helle blaue Augen strahlten in die Kamera, die von ihrem warmen Lächeln verschlungen wurden. Ihre Figur ließ wohl jeden Mann schwach werden, aber das war es nicht, was mich beeindruckte. Es war ihre Ausstrahlung. Ihr fröhliches, ja fast schon reines Lächeln. Als wäre sie ein Engel. Was sollte sie getan haben, dass ihren Tod rechtfertigte? „Erkennen Sie sie?“, fragte Ahrens mich. Fragend wandte ich mich wieder ihm zu. „Ich bin mir sicher, so ein Gesicht hätte ich mir gemerkt.“ Ich ließ das Bild sinken und nahm eine zweite Zigarre aus meiner Schatulle. „Das ist Isabella Jansen. Die Tochter von Andreas Jansen.“ Ich sog kräftig und inhalierte den Rauch, bevor ich antwortete. War das sein ernst? „Sie erwarten von mir, dass ich die Tochter des Präsidenten ermorde?“

„Nicht ermorden. Entführen.“ Meine Augen verengten sich. „Ich bin kein Entführer. Ich töte. Lassen Sie das ihre Leute erledigen.“ Ahrens strich sich mit den Fingern über sein Kinn. Anzeichen für Nervosität. „Isabella wird streng bewacht. Es gibt niemanden, der besser dafür qualifiziert wäre, als sie es sind. Manche sagen sie seien der Schatten selbst. Ich brauche Isabella und ich will Sie dafür, ganz egal, wie viel Geld sie von mir verlangen.“ Was wollte Ahrens nur von dieser jungen Frau? Ich blickte unbewusst erneut zu dem Foto hinunter. Wie alt war sie? 25 vielleicht? Ich stellte nie fragen aber das hier verlangte danach. „Warum soll ich sie entführen, anstatt zu töten?“ Wieder diese nervöse Reaktion. Scheinbar hielt er sich nicht oft in diesen Gegenden auf, was ihn wohl verunsicherte. Vermutlich war es auch der Respekt mir gegenüber. „Ich weiß, dass ihr Vater meine Frau und meine Tochter ermorden ließ. Ich will mein Geständnis, aber ich bin nicht wie er. Ich will, dass dieser Mistkerl für den Rest seines verfluchten Lebens im Knast verrottet!“

„Und sie denken, sie können ihn damit erpressen? Mit dem Leben seiner Tochter? Damit bringen Sie sich selbst in den Knast.“

„Im Zweifel steht es immer für den Angeklagten. Wie ich die Erpressung zustande bringe, sollte sie nicht interessieren. Ihr Job ist es, die Kleine in die Finger zu bekommen. Alles Weitere erledige ich schon selbst.“

„Und dann?“ Provokant blies ich den Rauch in den Raum. Er unterdrückt seinen ekel sichtlich. „Ein Wagen wird sie beide zu meinem Privatjet bringen. Von dort aus fliegen sie auf eine private Insel im Mittelmeer. Dort werden sie beide sicher sein, solange wie die Erpressung läuft. Sehen Sie es als einen gut bezahlten Urlaub an. Immerhin herrschen dort derzeit gute 27 bis 30 Grad.“ Meine Limousine, mein privates Flugzeug, meine private Insel. Ich hasste diese Menschen wirklich. Ich wusste nicht, was ich von Ahrens halten sollte, ebenso wenig von diesem Angebot. Ich hatte noch nie jemanden entführt. Ich nahm die Aufträge an, führte sie aus und nahm das Geld entgegen. Das war sauber und unkompliziert. Aber das hier war mir zu hoch. Zumal es sich um niemand Geringeres, als die Prinzessin des Präsidenten handelte. Allein das Anwesen, auf dem sie lebte, wurde strenger überwacht, als das Gefängnis. „Ich stehe nicht auf Entführungen, tut mir leid. Wenn ich mal jemanden für die umbringen soll, kommen sie gern wieder.“

„Ich zahle ihnen eine Million. In weniger als einem Monat könnten sie Millionär sein und dafür brauchen Sie nur das Mädchen auf diese Insel zu verfrachten und darauf zu achten, dass sie keinen Mist baut.“ Eine Million? Hatte er das gerade wirklich gesagt? Jansen soll also seine Familie ermordet haben? War es also doch kein normaler Unfall, wie sie es in den Medien behauptet hatten? Hatte er wirklich ein Kind ermordet, nur damit er die Wahl gewann? Eigentlich interessierte ich mich herzlich wenig für die Wehwehchen der Reichen aber eine Million! Das war schon eine Überlegung wert.

„Diese Insel verfügt über einen Swimmingpool, eine Bar und Lebensmittelvorräte für gut ein halbes Jahr. Zur Unterhaltung werden Sie sicherlich auch etwas finden. Es gibt nichts, worauf sie verzichten müssten, außer natürlich dem Internet. Ich habe gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergriffen.“

„Und wie sollen wir wieder von dort wegkommen?“ Seine Nervosität schien mit meinem Interesse zu sinken, auch wenn er sichtlich zu schwitzen begann. Sein schöner Anzug …

„Nachdem Jansen gestanden hat, werde ich sie beide wieder abholen lassen. Mein Flugzeug wird sie beide dort absetzen und auch wieder zurückfliegen. Dann kann sie wieder in ihr Luxusleben zurückkehren und Sie können mit ihrer Million machen, was immer Sie wollen.“

„Ich will das Geld und einen neuen Pass. Einen, bei dem selbst die Ausländerbehörde nicht nachvollziehen kann, dass ich jemals jemand anderes war.“ Ahrens lächelte zufrieden. Tat ich hier wirklich das Richtige? Eine Frau zu entführen, war nicht meine Art. Außerdem war sie unschuldig. Ich tötete lieber die reichen Egoisten, die sich ohnehin für niemand anderes außer sich selbst interessierten. Ja, es hatte sogar mal eine Zeit gegeben, wo ich diesen Job gern ausführte. Hatte mich gefühlt, als wäre ich Robin Hood, nur die abgefuckte Variante davon.

„Das bekommen wir hin. Sagen Sie mir nur, welche Staatsangehörigkeit und welchen Namen sie wollen.“ Ich ließ meine Zigarre erneut sinken. Blickte erst zu ihm und dann auf das Gesicht dieser Frau. Sie würde lebend wieder zu ihrer Familie zurückkehren, dafür würde ich sorgen und danach wäre ich ein freier Mann. Allerdings war diese ganze Angelegenheit mehr als nur riskant. Ich würde auf der Insel festsitzen, mit einem quengelnden Prinzesschen, und wenn die Bullen Ahrens hochnehmen, wäre ich dran. „Okay. Dann erklären sie mir jetzt mal genau, wie das alles ablaufen soll. Ich will jedes Detail wissen. Dann kommen wir vielleicht ins Geschäft.“

Die verschleppte Prinzessin

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