Читать книгу Die verschleppte Prinzessin - Mandy Hopka - Страница 5

Kapitel 2

Оглавление

Ich schloss die Augen, nur um sie Sekunden später wieder zu öffnen. Was zum Teufel war nur los mit mir, dass ich nicht schlafen konnte? Jedes Mal wenn ich die Augen schloss, sah ich sie. Wie sie sich mit der Musik bewegte, wie ihr enges Top sich um ihren Körper spannte und ihre Shorts viel zu viel Sicht auf ihre nackten Beine freigab. Wie ihre sonderbaren Haare ihr über Schultern fielen und bei jedem Schritt durch die Luft wirbelten, als seien sie so wild wie sie selbst. Und dann ihr lächeln. Bereits auf dem Foto hatte ich es gespürt. Wenn sie lächelte, dann strahlte sie. Wenn sie glücklich war, drehte sich die Welt einzig um sie. Die Männer in dem Club hatten es auch gespürt aber dennoch Abstand gehalten. Ich erinnerte mich noch genau an ihr neckisches lächeln, als sie meinen Lügen keinen Glauben geschenkt hatte. Wie ihr pompöses Kleid durch die Luft wirbelte, als sie erhobenen Hauptes vor mir weglief. Bekommen hatte ich sie dennoch.

Ja, Isabella Jansen hatte mich überrascht. Ich hatte angenommen, sie sei ein verzogenes reiches Gör, doch stattdessen kletterte sie nachts aus ihrem Fenster, um mit ihren Freunden in einem zweitklassigen Club abzuhängen. Die kleine Präsidententochter hatte ein schlagzeilenfähiges Geheimnis und genau das, war ihr nun zum Verhängnis geworden. Jetzt saß sie gefesselt in einem Zimmer auf einer kleinen Insel im Meer. Ich hatte meinen Teil des Auftrages erfüllt. Hätte ich vorher gewusst, dass sie gerne mal die Regeln bricht, hätte ich nicht extra auf diesen beschissenen Ball gehen müssen. Das hätte mir eine Menge Zeit und Nerven erspart. Hätte Ahrens das gewusst, hätte er wohl auch nicht so viel Geld investiert. Würde ich es ihm unter die Nase reiben? Vielleicht … Nachdem ich mein Geld hatte, verstand sich.

Isabella war nicht nur Hübsch, sondern auch klug. Hoffen wir nur, dass sie mir keine Probleme bereiten würde …

Ahrens hatte nicht übertrieben. Sein kleiner Privatflieger hatte uns in weniger als 3 Stunden in die Sonne gebracht und das mit einem Massagesitz. Selbst die kleine Prinzessin würde sich die Tage über hier wohlfühlen. Die Betten waren riesig, mit ihren edlen Gestellen aus Mahagoniholz und diesen wohl sündhaft teuren Bezügen. Auch der Pool auf der großen Sonnenterrasse war alles andere als mickrig. Dann gab es da noch ein hauseigenes Kino und eine große Bar, die mir jede Menge schmackhafter Sachen anbot. Ich wusste nicht, wie Ahrens diese scheiß Erpressung durchführen würde aber ich hoffte für ihn, dass sein Plan aufging. Denn immerhin könnte es mich meinen Kopf kosten. Diesem Mann zu vertrauen könnte mein erster und letzter Fehler gewesen sein aber wenn alles glattging, wäre ich schneller als gedacht ein freier Mann. Außerdem wusste Ahrens mit Sicherheit, dass ich ihn ans Messer liefern würde, wenn etwas schief ging und ich war nur ein dummer Auftragsmörder ohne ein Motiv. Er hingegen hatte mehr Gründe Jansen schaden zu wollen, als alle anderen Menschen, mit dem Herr Präsident wohl kommunizierte. Nein, Ahrens wollte Rache und ich sah ihn als einen klugen, verbitterten Mann an und verbitterte Männer, waren die besten Strategen. Zumindest hatte das mein Vater immer gesagt, bevor ich ihn umbrachte.

Ehe ich mich versah, ging die Sonne am Horizont auf. Ich sah ihr dabei zu, wie sie sich aus dem Wasser erhob. Schon bald würden die Temperaturen wieder steigen, deshalb gönnte ich mir eine kalte Dusche, bevor ich hinunter in die Küche ging.

„Was zur Hölle?“ Ein Mann saß am Tresen. Mitte 40, seine rechte Gesichtshälfte war stark vernarbt. Vielleicht durch ein Feuer oder einer Explosion? Scheinbar schien es ihm nicht zu stören, denn viele hätten sich die Haare wachsen lassen, um das entstellte Gesicht zu verstecken. Er jedoch trug eine Glatze, als müsste er jedem beweisen, dass er dem Tod schon einmal entkommen war. Als ich neben ihm stand, schätzte ich seine Größe auf etwa 1.80 Meter. Kleiner als ich aber er hatte Kraft, dass versicherte mir sein bulliger Körper. „Wer sind sie?“, fragte ich ihn tonlos und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nenn mich Ratte. Ich bin wie du hier um auf die Kleine aufzupassen.“ Er blickte zu mir auf und musterte mich eingehend. „Ich brauche keine Hilfe, um auf eine wehrlose 20-jährige Frau aufzupassen“ Ich ließ ihn meine Feindseligkeit spüren. Das war so nicht abgemacht gewesen! Ratte atmete hörbar aus und schlug seine Zeitschrift zu, die er wohl zu seinem Morgen Kaffee hatte lesen wollen. „Es is’ mir egal, was du willst und was nicht. Ich bekomme mein Geld, du bekommst dein’s. Wir haben dasselbe Ziel, also warum streiten mein Freund?“ Ich spürte Wut. Ahrens hatte mir einen zweitklassigen Idioten angeschleppt. Wahrscheinlich würde er mir mehr Probleme bereiten, als er mir nützlich sein würde. Ich arbeitete nie im Team. Nicht umsonst war ich ein Einzelgänger. „Wir sind und werden nie Freunde werden“, stellte ich klar. Er schien unbeeindruckt und widmete sich seinem Kaffee. „Is’ mir auch egal, ich will nur meine Kohle. Außerdem, sieh dich mal hier um, ey! Hast du schon mal in so viel Luxus gelebt? Alter! Uns wird’s hier richtig gut gehen.“ Immer noch wütend, ging ich zum Kühlschrank hinüber, holte Käse und Butter heraus und begann mir und unserer Gefangenen etwas zu essen zu machen. Sie würde bald aufwachen und dann würde sie nicht nur wahnsinnigen Durst, sondern auch Hunger haben.

„Du kannst dir ja gern ein schönes Leben hier machen. Ich werde mich um alles kümmern, also wäre es besser für dich, wenn du mir nicht in die Quere kommst“, teilte ich ihm mit, während ich die Brote schmierte. Hatte ich jemals für jemanden Essen zubereitet, außer für mich selbst? Ich glaube nicht.

„Ich bin nicht dein Schoßhund und du bist nicht mein Boss, kleiner.“ Ich blies die angestaute Luft aus meiner Lunge, um mich zu beruhigen. „Ich weiß, wer du bist. Aber ich habe sicherlich keine Angst vor dir. Also solltest Du vielleicht etwas netter zu mir sein Bursche. Ich bin 20 Jahre älter als du und viele, viele Jahre länger im Geschäft.“ Meine Finger umklammerten das Messer, bis meine Knochen weiß hervortraten. Hatte dieser Mann mir tatsächlich gerade gedroht? Und hatte er mich wirklich gerade Bursche und kleiner genannt, nur weil er ein alter Sack war? Scheint so, als müssten wir hier erst einmal die Rollen verteilen.

Ich drehte mich zu ihm um und sah ihm direkt in die Augen, während ich auf ihn zuging und mit einer schnellen Bewegung das Messer zwischen seine Finger rammte, da seine Hand auf dem Tisch lag. Er schrie auf und Blut quoll hervor.

Jetzt hatte er einen Finger weniger.

„Du wirst mir nicht drohen und du wirst mir erst recht nicht sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Nur damit wir uns richtig verstehen. Dieser Job ist mein Job und du wirst dich nach mir richten.“

„Du Wichser!“ Ich zog das Messer aus seiner Hand und das Blut schoss noch schneller aus seiner Wunde, während er sein Gesicht vor Schmerzen verzog. „Du solltest die Wunde versorgen. Sonst stirbst du vielleicht noch und ich habe keine Lust deine Leiche zu vergraben.“ Es interessiert mich nicht, was aus diesem Kerl wurde, aber ich hatte keine Lust bei dieser Affenhitze ein Grab auszuheben. „Das wirst Du mir büßen!“

„Ist das schon wieder eine Drohung?“ Meine Augen durchstachen ihn, aber scheinbar war er momentan nicht in der Lage weiter mit mir zu diskutieren, denn er flüchtete aus dem Raum, während seine blutende Hand eine Spur auf dem Boden zeichnete. Mit einem Lappen säuberte ich das Messer und setzte da an, wo ich aufgehört hatte.

***

Als die Benommenheit verschwand, spürte ich einen tiefen Schmerz, der sich durch meinen Körper und vor allem meinem Kopf zog. Ich versuchte, meine Gelenke etwas zu entlasten aber es gelang mir nicht. Nur mühsam öffneten sich meine trägen Augen, die von der Helligkeit der Tagessonne überrascht zu sein schienen. Jedoch wurden dadurch die Kopfschmerzen schlimmer, also schloss ich sie lieber wieder. Meine Sinne kehrten nach und nach zurück. Langsam kämpfte sich mein Körper zurück ins Leben. Ich nahm die Fesseln an meinen Händen und Füßen war. Bemerkte, dass ich auf einem Stuhl saß und mein Körper deshalb schmerzte, da meine Arme hinter der Lehne verbunden waren. Wer weiß, wie lange ich hier schon so dasaß. Mein Gehör meldete sich zurück und ich wusste, dass ich nicht allein war. Kalte Angst zuckte durch meinen Körper und trieb mir den Angstschweiß auf die Stirn. Wo auch immer ich mich befand. Jemand aß und trank. Der Geruch von Kaffee ließ mich an zu Hause denken. Sicher, wenn ich die Augen aufmachen würde, wäre ich bei uns in der Küche. Mutter und Vater würden sich über irgendwelche belanglosen Themen streiten und ich würde gelangweilt mein Brot essen, bis ich mich auf den Weg nach draußen zu meinen Freunden machen konnte, um die Semesterferien zu genießen. Sicher, dass hier war nur ein Traum. Nur ein ganz schlechter Scheiß Traum.

Doch das war es nicht.

Ich zwang meine schweren Augenlider dazu, sich zu öffnen. Kämpfte gegen die Kopfschmerzen an. Was ging hier nur vor? Mein Gehirn sog alle Eindrücke auf. Die Wand mit der edlen Tapete, der Fußboden aus dunklem und teurem Mahagoniholz.

Und da war er.

Wie er da saß … lässig, gleichgültig. Sein Brot mit Gelassenheit aß.

Ich wurde entführt. Von ihm.

Gehen Sie mit mir nach draußen? Die Abendluft ist heute sehr angenehm, zumindest angenehmer als die hier drin.“

Ich hatte gleich gewusst, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Ich zwang meine aufkommende Panik in mein innerstes zurück. Jetzt war nicht die richtige Zeit um die Nerven zu verlieren.

„Ich wusste gleich, dass mit dir etwas nicht stimmt“, krächzte ich und bemerkte, wie trocken meine Kehle war. Ich hob meinen Kopf und sah in seine dunklen, gefährlichen Augen. Sein blondes Haar war zerzaust und er hatte den Anzug gegen eine lässige Jeans und ein dunkles Shirt getauscht, welches jede seiner Muskeln nachzeichnete. Dieser Look passte besser zu ihm. Zu ihm und seinen dunklen Augen mit dieser bedrohlichen Aura, die ihn umgab. Er stand auf, nahm das Glas mit Wasser in die Hand und kam langsam auf mich zu.

„Du hast sicher Durst.“ Ich beobachtete ihn mit finsterem Blick. Wie er sich vor mich kniete und mir das Glas an die Lippen hielt. Ich trank widerwillig, da mein Durst viel zu überwältigend war. Jedoch behielt ich mir den letzten Schluck im Mund, bis er das Glas sinken ließ und ich es ihm ins Gesicht spucken konnte. Er taumelte nicht zurück. Als wäre er kein Mensch, zuckten nicht einmal seine Augenlider. „Wer bist du?“, flüsterte ich mehr zu mir selbst, als zu ihm. Hier in diesem ungewohnten Raum, ohne Anzug und einer edlen Frisur, wirkte dieser Große, muskulöse Mann eher wie ein Monster auf mich. Kalt und unheilvoll. „Es wäre besser für dich, dass nicht noch einmal zu tun.“

„Sonst was? Bringst du mich um?“ Ich schnaufte hysterisch. „Du willst Geld von meinem Vater erpressen oder nicht? Wenn ich tot bin, kannst du dir dein Geld in den Arsch schieben.“ Daves Lippen zuckten, bevor er sich aufrichtete und sich wieder in seinen Stuhl setzte, der neben einem weiß lackierten Kaffeetisch stand. Vielleicht war Dave ja auch gar nicht Sein richtiger Name …

„Ich will kein Geld von deinem Vater.“

„Was dann?“ Er nahm einen Apfel und ein Messer vom Tisch, begann ihn in aller Ruhe zu zerteilen. Es verfehlte seine Wirkung bei mir nicht, aber ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Ich wollte diesem Dreckskerl einfach keine Macht über mich geben.

„Es gibt da jemand, der deinem Vater anderweitig schaden will. Ich bin nur ein Mittelsmann.“

„Ein Sklave.“ Wieder zuckten seine Lippen, aber ich konnte nicht sagen, ob er belustigt oder wütend war. „Ich bin niemandes Sklave und das werde ich auch niemals sein.“ Mein Hunger zwang mich dazu, ihn beim Essen zu beobachten. Langsam schob er sich das Stück in den Mund und zerkaute es genüsslich. Das war definitiv volle Absicht. „Du bist ziemlich mutig.“ Wie hypnotisiert verfolgte ich seinen Mund, während mein Magen rebellierte und zu grummeln begann. „Das beeindruckt mich.“ Wieder erhob er sich und kam auf mich zu. Langsam ging er auf die Knie und ich roch den Apfel, jedoch interessierte ich mich mehr für das Messer in seiner anderen Hand. Da sprach wohl mein Überlebenswille. „Du hast Hunger. Sei artig und du bekommst dein Essen.“ Ich blieb stumm, während er mir das Stück in den Mund schob. Ich hatte zwar Hunger, aber mein Willen zu leben, von ihm wegzukommen und zu fliehen war größer. Ich nutzte die Nähe, nutzte alle Kraft, die ich aufbringen konnte, und stieß meinen Kopf nach vorn. Mein Stuhl flog um und mühsam versuchte ich an sein Messer zu gelangen, welches er fallen gelassen hatte, als er mit mir nach hinten fiel. Dave, dem mein Kopfstoß nichts auszumachen schien, riss meinen Stuhl nach oben, als wären ich und der Stuhl aus Watte. Wie viel Kraft konnte ein Mensch in seinen Armen besitzen? Nun trug er zum ersten Mal Gefühle in seinem Gesicht. Ein Hauch von Menschlichkeit, selbst wenn es nur rasende Wut war. Seine Finger umfassten mein Kinn und er zwang mich, ihn anzusehen. Zwang mich seine Wut zu erkennen. Aber er machte mir keine Angst. Noch brauchte er mich lebend. Das war das Einzige, woran sich mein Verstand im Moment klammern konnte, um nicht komplett der Angst und der Panik zu verfallen. „Du bist wirklich unglaublich, weißt du das?“ War das jetzt ein Kompliment oder fluchte er vor sich hin? Dave war verdammt schwer einzuschätzen. Konnte man seine Gefühle wirklich abstellen? Außer Wut war da nichts. Als wäre er ein toter Geist. Was hatte er nur erlebt, gesehen oder getan, was ihn so kalt werden ließ?

„Na schön!“ Er hob das Messer auf und zerschnitt meine Fesseln.

„Geh!“ Perplex und verwirrt blieb ich wo ich war. War das eine Falle? Wollte er mich verarschen? Er bemerkte mein Zögern, richtete sich auf und ging zum Fenster hinüber. „Auch ohne Fesseln wirst du deinen reichen Papi nicht um Hilfe anflehen können, Prinzessin.“ Misstrauisch erhob ich mich. Nur schwerfällig bewegten sich meine Beine, als wäre ich zuvor einen Marathon über Tausende von Kilometern gelaufen. Die Sonne blendete meine gereizten Augen noch immer und es dauerte eine Weile, bis sie sich an das grelle Licht gewöhnt hatten.

Wasser.

Überall Wasser.

Die Sonne spiegelte sich im Meer wieder, dessen Wellen an den Sandstrand brandeten. Im Grunde ein wunderschöner Anblick, wäre da nicht die Kleinigkeit, dass ich hier hin verschleppt worden war. „Wir befinden uns auf einer Insel, wie du sehen kannst. Weit weg von deinem Zuhause. Du kommst hier also nicht weg. Je schneller du das begreifst, desto eher kannst du aufhören, hier so rum zu zicken.“ Mein Blut gefror in meinen Adern, während mein Herz zu rasen begann. Heilige schieße! Ich wurde entführt. Verschleppt von einem Mann ohne Gefühle, Reue und höchstwahrscheinlich auch ohne Gnade. Es schien, als begriff ich erst jetzt, was mit mir passiert war.

Das Konzert. Die U-Bahn. Der Mann und das schwarze Nichts in das ich gesunken war. Ich atmete schwer und hielt mich am Fensterbrett fest, da meine Beine nachzugeben drohten. „Du solltest dich erst mal beruhigen und etwas essen.“ Daves Stimme hatte nichts Beruhigendes, was mich nur noch mehr der Panik verfallen ließ. Diesem Mann konnte man nicht trauen. Ich sah es in seinen dunklen Augen. Er würde mich töten. Und es würde ihm nichts ausmachen. Er würde wahrscheinlich nicht einmal mit der Wimper zucken. „Dein Essen steht dort drüben, dein Bett dort und hinter dieser Tür ist dein Bad. Ich komme später noch einmal wieder. Wenn du dich beruhigt hast.“ Ich blicke ihm nach, diesen Mann aus Eis. Er ging zur Tür aber überraschenderweise drehte er sich noch einmal zu mir herum. Er suchte meine Augen und als sie sich fanden, verschwand er hinter der Tür, die er verschloss.

Die verschleppte Prinzessin

Подняться наверх