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Das Vollbringen von Wundern dauert länger

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In Anbetracht dessen, dass mehr als zwei Jahrzehnte nach Öffnung der innerdeutschen Grenze immer noch nicht mehr als ein kleiner Bruchteil der Autobahn gebaut und befahrbar ist und dass noch immer Verzögerungen durch laufende und angekündigte Klagen drohen, möchte man der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die über zwanzigjährige Planung dereinst nicht noch mit dem dreißigjährigen Krieg verglichen werden muss. Rein zeitlich versteht sich.

Die eigentliche Planung als solche geht auch heute sehr schnell. Die Planer beauftragten spezielle Büros, die modernste Satellitentechnik einsetzten (Global Position System GPS bei der Vermessung) und Geländedaten effizient aus Flugzeugüberflügen erfassen ließen (Photogrammetrie zur Gewinnung dezimetergenauer Daten für ein digitales Geländemodell). Diese Daten waren Grundlage für die komplexen Computermodelle zur Beplanung und Berechnung aller relevanten Daten. Von der Geländemodellierung mit Massen- und Kostenermittlungen bis zur Berechnung der Schall- und Schadstoffausbreitung für jeden Punkt entlang der Trassen usw.usf.

Mit den neuen Hilfsmitteln waren die Planungen schneller und vor allem exakter erstellbar. Koordinatenmäßig und zentimetergenau war jeder Baum und Strauch, jedes Vogelnest und jede Wildschweinsuhle bestimmbar. Ob die Zentimetergenauigkeit so wichtig ist? Für die Straße nicht. Ob sie nun ein paar Dezimeter weiter südlich verläuft und nördlich ebenso wenig dann nicht beansprucht, oder umgekehrt, ist ganz egal. Es ist eben ein Nebeneffekt der modernen Befliegungsdaten.

Die Umweltplanungsbüros brauchte sicher auch nicht die Genauigkeit. Denn die Begrenzung der Lebensräume unzähliger Tiere und Pflanzen ist ohnehin nicht genau bestimmbar. Nur scheinbar genau erscheint das bei der flächenhaften Darstellung der infolge Autobahnbau drohenden Verkleinerungen. Penibel wurde das alles errechnet. Man hat genau bestimmt, welchen Umweg ein Luchs wird laufen müssen, wenn er die künftige Autobahn nur noch da unterqueren kann, wo eine Brücke geplant ist. Man bestimmte, wo zusätzliche Wilddurchlässe eingefügt werden müssen, damit die Umwege für die Tiere nicht zu groß werden. Man erforschte die Fledermausflugrouten, die Amphibienwege und alle sonst noch drohenden Zumutungen für die Tierwelt. All das dauerte natürlich.

Eins zwei drei im Sauseschritt, läuft die Zeit, wir sausen mit

Leisten wir uns hier noch einen heiteren Blick auf den Einsatz der modernen Computertechnik. Der zu Planungsbeginn Anfang der 90ziger Jahre zeitweise noch zu Späßen aufgelegte Mitstreiter Casparos sagt einst platt zu Mandamo, dass Straßenbau die Umwelt beeinträchtigt und daher eine aufwändige Umweltplanung erforderlich sei. Hingegen sei die reine Straßenplanung nur eine einfache Zeichnerei. So was unwichtiges wie das Packpapier rund um die Umweltplang, dachte Mandamo. Bei der technischen Straßenplanung müsse man lediglich aufpassen, dass sie nicht zu früh fertig wird. Sonst könnte die Planung tatsächlich noch zum Bau führen und die ist ja das eigentlich umweltschädliche an dem Wirkungskreis.

Mandamo wollte sich damals nicht vorstellen, dass die Späße der grünspanfarbenen Spaßvögel mehr sein könnten, als was schalkhaftes. Doch schon sehr bald folgte die Ernüchterung. Es zeigte sich, dass der Vogel tatsächlich nicht gescherzt hatte. Diese Dinge hat ein Rosella gezwitschert, der damals noch Humor hatte.

Was Casparos damals auf jeden Fall hinter den Späßen todernst auf den Weg bringen wollte, war das Perfektionieren der integrierten Planungsverfahren. Er sagte, dass wir (vereinfacht ausgedrückt) das Stricheziehen beschleunigen müssten. Dabei würde ein Computer einen Plotter steuern, dessen Stifte dann mit raketenartiger Geschwindigkeit über das Papier flitzen und dabei Bäume, Sträucher und Gestrüpp darstellen, um die Straßenplanung zu durchkreuzen. Computer aided design (CAD) heißt das auf neudeutsch. Oder First Aid für die Botanik.

Toll, sagte Mandamo und dachte daran, dass auch das manuelle Zeichnen bisher noch nie länger als ein paar Tage gedauert hat. Vielmehr ging es immer nur darum, dass erst mal ein Grundkonsens darüber gesucht werden musste, was wie wo warum weshalb überhaupt zu Papier gebracht werden soll darf kann muss. Und noch wichtiger, was NICHT auf das Papier gebracht werden darf. Heute weiß Mandamo, was Casparos als Pionier im Hintergrund vorbereitete. Der war nämlich noch schlauer als die Computer und hatte erkannt, dass die vielmalige Variantenwechselei mit CAD bald viel einfacher und vor allem viel schneller sein würde. Viel schneller könnte dann die fünfzigste oder hundertste Variante aufs Papier und vor die Naturschützer kommen. Die unterbrechen dann jeweils ihr Dartspiel und werfen mit Pfeilen auf Teile der Pläne. Quatsch, das ist nun wirklich ein Scherz.

Die Planunterlage für alle 100 Varianten würde dabei nahezu gleich bleiben, nur die Autobahntrassen könnte man dann beliebig oft hin und her schieben. Mit wachsender Begeisterung. Wie beim tanzen: rechts rück, links rück, seit rück, rechts ran und so weiter. Achtung, nicht auf den Allerwertesten fallen.

Aus Sicht der auf die Autobahn wartenden Verkehrsteilnehmer brach mit den listigen "Naturprogrammen" eher so was wie eine Naturkatastrophe über die Menschheit herein. Sie richtete große Schäden an, war aber für fast alle vor Ort betroffenen Bürger unsichtbar. Daher kam auch keine Versicherung dafür auf. Die künstlichen Intelligenzen der im Aufbau begriffenen modernen Elektronengehirne haben das schlau angefangen.

Aber sei es drum. Ein Faible für moderne Verfahren am PC hatte auch Mandamo. Er wusste, dass den zugrunde liegenden Berechnungen in dreidimensionalen Geländemodellen sicher die Zukunft gehören wird. Deshalb hatte er, der damals in Zweitfunktion auch DV-Koordinator war, das Nachziehen der technischen Programme gefördert. Zumal ohnehin alle Datenverarbeitungsverfahren voneinander abhängig waren und eine einseitige Aufrüstung, genau wie auch auf der politischen Weltbühne, das fragile Gleichgewicht der gestellten Ansprüche gefährden würde. Andererseits war zu befürchten, dass die neuen Verfahren mit gänzlich unausgereiften Programmen anfangs bestimmt viel Zeit zusätzlich kosten würden.

Sicherlich, hinterher sind alle schlauer, aber nun (über 25 Jahre später) ist festzustellen, dass die von Mandamo bis 1993 analog erstellten Linienkonzeptionen für alle seine Planungen von Ortsumfahrungen und die A44-Varianten technisch schon genauso aussahen, wie jene von heute. Nur waren sie eben damals noch nicht per CAD erzeugt worden. Den analog erstellten Trassen fehlte vor allem eines: die mit dem PC in knallrot hervorgehobenen Konflikte zwischen dem geplanten Straßenbau und den umgebenden Grashalmen, Büschen, Bäumen ….

Ab etwa 1993 wurden von den Umweltplanern digitale Trassenkörper im dreidimensionalen Modell gefordert. Die Notwendigkeit dafür bauten die Umweltplaner damals als so eminent wichtig auf, dass damit die erste lange Verzögerung vorprogrammiert war, denn bis dahin war noch nirgends mit der gerade erst in der Entwicklung befindlichen CAD-Software schnell und erfolgreich geplant worden. Aber natürlich waren das faszinierende Produkte der Programmierschmieden. Den potentiellen Anwendern wurden sie auch in den schillerndsten Farben angepriesen. Sie waren anfangs sehr teuer, wurden aber trotzdem von den Verwaltungen gekauft, zuerst für die A44-Planung. Man wollte ja mit der Zeit gehen.

Manche Protagonisten der modernsten Straßenplanungsprogramme sausten abends am heimischen Computer bereits mit photonengetriebenen Raumkreuzern der terrestrischen Föderation durch das Weltall, um die Raumschiffe der Piraten vom Stern der Klingonen mit Laserkanonen abzuknallen. Klick - Peng - Weg! Und am nächsten Morgen im Dienst wurde immer noch mit Lineal und Bleistift stromlos am Zeichentisch konstruiert.

Wo man doch schon von Planungsprogrammen gehört hatte, die es erlauben, in verschiedenen Layern (Planschichten) übereinander die unterschiedlichsten Aspekte darzustellen und in Verbindung zu bringen. Nämlich den Bestand an Flora und Fauna, den sich abzeichnenden Verlust derselben durch die geplante Straße, die farbliche Darstellung der daraus erwachsenden „Konflikte“ in einer sehr detaillierten bunten Form usw.. Die angespitzten Ökos gerieten darüber in immer größere Verzückungen, sowohl die von den damit beauftragten privaten Büros, als auch jene der Auftraggeber in den Planungsbehörden.

Im Verlaufe einiger Jahre wurden die laufenden Planungen von der analogen Form durch besonders eingewiesene CAD-Planer auf eine digitale umgestellt. Im Dienste des Fortschritts. Ein Trassenplaner rief in ekstatischem Tonfall vor seinem PC öfter mal "Schei… (Scheibenkleister)", wenn der Zeichenknecht nicht wie gewünscht spurte, wenn z.B. ein Versuch zur Abrückung von einem Distelfeld nach der alten Computerregel "try and error" fehlgeschlagen war und er nun mitten drin saß, im Distelfeld. Das ließ sich nicht mehr aus dem Plan rausradieren oder am PC mit der Entertaste ändern. Es soll übrigens irgendwo schon vorgekommen sein, dass jemand, der wegen der Auslöschung zu vieler Disteln gescholten wurde, sich hinterher beim Barkeeper ausweinte und ihn anschließend fragte "ham se mal nen Strick für mich"?

Dabei war alles ganz einfach. Die umweltfachlichen Layer wurden den Trassen untergeschoben, bzw. umgekehrt. An den Bildschirmen sah das für Laien wunderschön bunt aus. Die großformatigen Ausdrucke davon waren eigentlich reif für die Kunstausstellung Documenta in Kassel. Manchem Freak gefielen die Pläne im Stile des Öko-Expressionismus sogar besser wie die Tapeten im heimischen Kinderzimmer.

Aber natürlich waren sie notwendig (die Pläne). Geradezu unverzichtbar, um die drohenden Beeinträchtigungen der Natur durch die geplante Straße grellbunt herausstellen und vor allem breit diskutieren zu können. Darin lag der eigentliche Sinn der kunstvollen Meisterwerke. Wie sagte doch der italienische Kunstlehrer Prof. Dr. Aquarell dereinst in der Kunstakademievon Kassel? Die Beurteilung jeden Werkes ist immer auch eine Frage der Interpretation und die hängt nicht zuletzt davon ab, wie der Künstler sein Werk aufgebaut hat, was er im Vordergrund groß herausstellte und was er klein unterordnete.

Das Hervorheben beherrschten die Umweltplaner bestens. Die als Ursprungsziel geplante Straße war nach den Darstellungen in Wort und Bild sehr bald nur noch eine untergeordnete Nebensache. Im Vordergrund standen alle möglichen Arten von Pflanzen und Tieren. Von vielen dieser Arten und Gattungen hatte manch einer noch nie gehört, von anderen nie geglaubt, dass die genau hier, direkt auf der geplanten A44-Trasse so besonders häufig vorkommen.

Errare humanum est

In einem ganz anderen Zusammenhang hat mal ein desillusionierter Finanzbuchhalter gesagt, Menschen können Fehler machen, aber ein richtiges Chaos anrichten, das kann nur ein Computer. Er hatte auf seinem Bildschirm gerade die Meldung bekommen, dass ein Unterprogramm aus den unübersehbar groß gewordenen Datenwüsten, genau die Liste der Schwarzgeldanlagen nicht an die Bank of Lichtenstein transferiert hatte, sondern an das Finanzamt. Wie ist denn das passiert?

Sowas kam bei den hier diskutierten Verkehrsplanungen sicher nicht vor. Weder eine Bank, noch ein Finanzamt würde sich einen Kehricht um sensible Daten zum Naturschutz rund um Straßenplanungen scheren. Vielleicht jedoch hatten die schärfsten Projektkritiker Interesse an einer vorzeitigen Information über brisante Infos. Wenn z.B. jemand bei der Begehung des Planungsraumes einen Kammmolch totgetreten hatte und genau der dann fehlte für die hoffnungsfrohe Bekämpfung der Maßnahme. Aber wer sollte ein Interesse am Petzen haben?

Nach dem ersten Spatenstich nahe Hessisch Lichtenau trat ein dunkel gekleideter Herr mit Hut, an Mandamo heran und bekundete, dass er aus dem näheren Umfeld des Planungsraumes komme und bisher nur zurückhaltender Verfahrenskritiker war, aber kein Projektkritiker, sondern ein Verfechter der Autobahnplanung. Jovial erzählt er erstmal aus seiner Schulzeit, wo klein Erna das Abschreiben von Klein Fritzchen beobachtet hatte und dies dem Lehrer heimlich petzte. Die rothaarige Erna hatte dem schwarzhaarigen Fritzchen eins auswischen wollen, da der ihre Avancen auf der Schulbank nicht erwidert hatte, sondern sich dem Mädchen mit dem gelben Pulli zuwandte.

Weil beide Herren Defizite in der Region sahen, ließ sich der Observer auf ein Gespräch mit dem redseligen Fremden ein. Der stellte sich dann als Magnus Antipode vor und sprach unverfänglich von der schönen Landschaft hier, den trotzdem fehlenden Touristen und so weiter. Schließlich kam er unvermittelt wieder zum Thema Autobahnplanung und erklärte, dass er sich darüber wundere, an welchen Detailfragen sich die Planung festgefahren hat und dass er gern einmal Näheres zum Umgang mit den offenbar so strittigen Teilen der aufwändig erhobenen Umweltdaten wüßte. Zum Beispiel, ob dabei bestimmte kritische Aspekte besonders herausgehoben wurden, mit welcher Zielrichtung und wie das heraus gepickte verbreitet wurde.

Statt auszuweichen, bekam der Interessent besser doch eine Antwort und zwar die Folgende: Außerhalb der Verwaltung erhielten nur die beauftragten Umweltplanungsbüros alle Daten im frühesten Stadium. Meist geschah das einfach durch digitale Versendung per Mausklick am Computer. Natürlich hatten die Ämter die besten fire walls, Schutzsoftware gegen alle Arten von Trojanern, Viren, Würmern und anderen Schädlingen, damit Unbefugte nicht in ihre Datenbestände eindringen konnten. Die Büros hatten solche sicher auch.

Andererseits sind im Laufe der Zeit Unmengen von Datenbeständen an viele Büros versandt worden, weil sie nach dem Vergaberecht manchmal gewechselt werden mussten und weil bestimmte Büros für spezielle Aufgaben hinzugenommen worden seien. Beiträge erstellten mindestens 20 Büros aus ganz Deutschland.

Deren Auftrag war es, die absehbaren Konflikte mit dem Naturschutz planerisch so zu lösen, dass es dem Projektfortschritt dient. Es bestünde kein Zweifel, dass sie das auch stets gewissenhaft taten. Dafür wurden sie bezahlt und zwar aus dem Straßenbauhaushalt, nicht aus irgendeinem Budget der Naturschutzverwaltungen. Dass die Spezialisten jeden Pfeifengrashalm in das richtige FFH-Gebiet, jeden Frosch in das richtige Naturschutzgebiet und jeden Spatz auf den richtigen Baum in einem Vogelschutzgebiet setzten, wurde später von anderen Umweltexperten vielfach geprüft und (meist) für richtig befunden.

Was dem fremden Herrn allerdings damals niemand bestätigen wollte, war der Hinweis darauf, dass die Recherchen für die Erstellung von solch phänomenalen Meisterwerken der modernen Kunst … Entschuldigung, ein Versprecher … Meisterwerken der Naturschutzverwaltung und der gleichfarbigen Planungsbegleitung, natürlich viel Zeit brauchten. Sorry, aber der freudsche Versprecher rührt daher, dass die Bürger sich genau für die Pläne am meisten interessieren, die am buntesten und grellsten waren. Und die immer wieder die Zeitpläne bersten ließen.

Mit moderner Technik zu moderner Kommunikation

Hingegen ist das, was Otto Normalbürger normalerweise unter der Planung einer Autobahn versteht, nämlich die Trassenführung nach Lage und Höhe im Gelände darzustellen, wirklich sehr schnell erstellt. Dafür wird höchstens ein halbes Jahr benötigt. Das muss immer wieder betont werden, denn viele Romanhelden wissen, dass darüber völlig falsche Annahmen kursieren.

Zur technischen Planung kommen allerdings die umweltfachlichen Untersuchungen hinzu und die ewig langen Diskussionen mit den Naturschutzbehörden, Naturschutzverbänden, Umweltplanungsbüros, allen Trägern öffentlicher Belange und so weiter. In den Anfangsjahren der Planung erfolgten diese Abstimmungsgespräche im 2-wöchigen Rhythmus. Doch, tatsächlich. Allein das waren hunderte an der Zahl.

Dazwischen gab es noch unzählige verwaltungsinterne Termine. Und - das ist wichtigste - und auch viele inoffizielle Vier-Augen-Gespräche unter den Spezialisten für besondere Fachfragen. Der in Rechtswissenschaften und organisatorischen Verwaltungsabläufen gut bewanderte Justus Klarmann vermutete immer, dass dabei die entscheidenden Fäden geknüpft worden sind. Aber auf Anfrage hieß es stets, dass es dabei nur um harmlose fachspezifische Details gegangen sei. Wenn in einem größeren Kreis später doch mal ein Unvorsichtiger versehentlich auf ein solches Gespräch Bezug genommen hat, beschwichtigten die Umweltplaner Rosenbusch, Feigenbaum oder Plötzlich-Ebert dazu, dass dabei die Einbindung der Projektleitung gestört hätte .... Quatsch, noch ein Versprecher ... dass sie dafür nicht erforderlich gewesen sei.

Damit hätten die Vertreter der grünen Fraktion recht, wenn es dabei wirklich immer nur um nebensächliche Themen gegangen wäre, z.B. die Frage, wieviel Füße ein Tausendfüßler oder wieviel Augen ein Blindmull hat. Davon versteht ein Diplomingenieur mit technischem Studium ja sowieso nichts. Aber ging es wirklich nur um rein umweltfachliches und war das immer frei von strategischen Steuerungsüberlegungen? Möglicherweise nicht. Einen solchen Verdacht zu äußern, hat sich Mandamo bisweilen erlaubt. Aber gut, dass es die Romanfigur Mandamo in der Realität gar nicht gibt, er wäre sonst vorzeitig ins Fegefeuer hineingebetet worden. Genauso wie im Gegenzug die genannten irrealen Pfleger des Landes eine Vorzugsanwartschaft auf das Paradies bekämen. Hosiannah!

Projektkonferenzen, Abstimmungen und Vier-Augen-Gespräche

Der Observer hat mal überschlagen, wieviel Gespräche im Rahmen der A44-Planung für alle Verfahrensschritte und für alle Planungsabschnitte insgesamt durchgeführt wurden. Es waren bis 2010 insgesamt über 1000 Projektkonferenzen! Das hat, unter der durchschnittlichen Annahme von 5 Personen mal je 3 Stunden, etwa 15.000 Arbeitsstunden mit hochdotierten Beteiligten gekostet. Dazu kamen oft noch lange Anreisezeiten, denn die Vertreter der renommiertesten Umweltbüros kamen von weit her. Aus ganz Deutschland. Es ist sicher nicht zu hoch gegriffen, wenn allein für die vielen Termin ein Kostenaufwand von weit über einer Million Euro angenommen wird.

Ein Vielfaches davon haben die Planungen selbst gekostet. Ob zur A44 dereinst auch mal jemand fragt, ob die Projektalternativen trotzdem nicht ausreichend betrachtet wurden (wie im Herbst 2010 zu Stuttgart 21 zu hören), oder ob umgekehrt jemand sagt, dass der Untersuchungsaufwand längst ausgeufert war, dass er insgesamt im Verhältnis zum Nutzen unangemessen groß und teuer war?

Wie der Observer beobachtet hat, wurde in den vielen Projektkonferenzen keine Zeit vergeudet. Vielmehr wurden die vorab von Umweltbüros vorbereiteten Konzeptionen zu Naturbeeinträchtigungen erläutert und ausgiebig diskutiert. Es folgten dann die Vorschläge zur Minimierung derselben. Anfangs waren das meist Trassenverschiebungen in alle Himmelsrichtungen (immer wieder hin und her, her und hin). In späteren Stadien, wurden zusätzliche Brücken und Tunnel gefordert, für den Schutz von diesem oder jenem Getier. Ganz meilenweit über die technische Notwendigkeit hinaus.

War das dann alles? Nein, iwooo! Nach so wenigen Jahren, konnte das zwar schon weitestgehend durchgrünte und umrankte Konzept noch nicht abgesegnet werden. Man fand immer wieder neue Anhaltspunkte, um die zahlreichen Tunnel und Talbrücken noch zu verlängern. Es mussten noch Grünbrücken über die Autobahn und Wilddurchlässe unter derselben eingeplant werden. Die vielen Abstimmungen darüber zogen den Planungsprozess in regelmäßiger Folge weiter in die Länge.

Mandamo betont in steter Wiederholung, was von diesen kritischen Aussagen unberührt bleibt, nämlich dass die fachlichen Abstimmungen im Grundsatz sinnvoll und notwendig sind. Sie wurden auch von niemandem prinzipiell in Frage gestellt. Mandamo unterstrich das in den sehr kontroversen Diskussionen während vieler Planungsstadien immer wieder neu. Kritisch sind nur bestimmte Auswüchse zu sehen.

Dazu ist die Bandbreite der Meinungen sehr interessant. Die vielerlei Projektkritiker forderten unbekümmert, dass alle möglicherweise auftretenden Beeinträchtigungen der Natur so lange geprüft und diskutiert werden müssen, bis Fachleute eindeutig bestätigen, dass sie ausgeschlossen werden können. Das dürfe eben so lange dauern, wie es nötig ist.

Manche Projektbefürworter fühlen sich davon provoziert. Fragen wir als nächstes den neutralen Allrounder Albin Kenner. Der hat Ökonomie mit Vertiefung des Teilbereiches Volkswirtschaft studiert und versteht auch verkehrliche und raumordnerische Zusammenhänge recht gut. Alles Relevante betrachtet er anfangs immer erst mal unvoreingenommen. Jedenfalls lässt er sich von niemandem auf Spuren lenken, die er nicht selbst auf Stichhaltigkeit prüfen konnte. Nicht zuletzt hat er auch einen ausgeprägten Sinn für den Natur- und Umweltschutz. Aber er trägt den nicht wie eine Monstranz vor sich her, sondern bezieht ihn intern in seine Überlegungen mit ein. Dann wägt er alles objektiv mit Augenmaß ab. Er begrüßt die naturschutzfachlichen Prüfungen bis zu einem gewissen Grade, beanstandet aber deutlich die übermäßig ausgedehnten Diskussionen, die ganz offensichtlich andere Hauptziele, als die vorgegebenen haben.

Auch der sachlich analysierende Ökonom Johannes Mehrwert, der ebenfalls alle Vorgänge immer erst mal vorurteilslos betrachtet, kann die Verschwendung von Volksvermögen so wenig gutheißen, wie die Verzögerung der Projektumsetzungen. Zwei andere Herren haben noch größere Probleme mit den offenbar hinterlistigen Aktionen der Grünen im weitesten Sinne. Da ist einmal der aus verschiedenen Anlässen meist antigrün denkende Praktiker Sigismund Rüstig und der noch mehr mit den grünen Auswüchsen auf Kriegsfuß stehende Magnus Antipode, der sich ja dem Observer schon mal vorgestellt hatte. Beide Herren lassen es sich nicht nehmen, so zu reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Sie sind ja keine Beamte.

Aber alle Gesprächsteilnehmer dieser Runde legen Wert auf die Feststellung, dass sie nur die hemmungslos überbordende Ausweitung der Diskussionen um den Naturschutz kritisieren. Hier speziell die unter diesem scheinbar sinnvollen Deckmäntelchen betriebene Ausbremsung von wichtigen Infrastrukturprojekten. Die inszenierten Schiebungen sollten endlich als solche in vollem Umfang erkannt und vehement öffentlich in Frage gestellt werden. Im wohlverstandenen Interesse des Fortschrittes vieler Projekte.

Genau hier liegt der Unterschied zu den Planungen früherer Jahrzehnte, jenen in der Aufbauzeit nach dem Kriege und noch bis in die 70er Jahre hinein. Da wurden auch schon Straßen und Autobahnen gebaut, aber mit einem weit kleineren Bruchteil des Planungsaufwandes von heute. Nur so konnte der Straßenausbau den damals anerkannt wichtigen Beitrag zum deutschen Wirtschaftswunder leisten.

Heute sagt auch der zeitlose Observer, dass es müßig ist, über die damaligen Erfolgsrezepte zu räsonieren. Bei der heutigen Diskussions- und Streitkultur in der Gesellschaft und erst recht jener in den Parteien, lassen sich diese Rezepte nicht wiederbeleben. Aber die in solchen Zusammenhängen häufig gescholtenen Planer müssen zumindest darauf hinweisen dürfen, wo die Ursachen für die langen Planungszeiträume liegen. Besonders schwierig ist die Antwort, wenn platt gefragt wird, warum im dritten Reich alles so unendlich viel schneller ging als heute.

Der Planer Mandamo hat sich schon seit Jahrzehnten mit verkehrshistorischen Themen befasst und Beiträge zur Verkehrshistorie des nordosthessischen Raumes geschrieben. Er sammelte dazu zielstrebig Daten und Fakten, merkte aber bald, dass es zu bestimmten Zeitepochen nur wenig Material gibt, das sich konkret auf diesen Raum bezieht. Mandamo stand 43 Jahre lang aktiv in den Diensten der Hess. Straßenbauverwaltung und hatte Zugriff auf viele Archive. Das erreichbare und inzwischen weitgehend ausgearbeitete Material in diesem Roman voll umfänglich einzuflechten, würde dessen Rahmen sprengen. Aber ein kleiner Auszug wurde in dem Kapitel zur Verkehrshistorie eingearbeitet.

Zuvor wollen wir uns jedoch noch mit Zeitzeugen zu den Grundsatzfragen heutiger Straßenplanungen unterhalten.

Ist die bekannte Planungsgeschichte A44 so vertrauenswürdig wie die Bibel?

Eine zeitgenössische Chronik ist für alle kulturellen, soziologischen und technischen Bereiche wichtig. Die Betonung liegt auf zeitgenössisch. Sonst geht es so wie bei der Bibel. Das schreiben des Neuen Testaments ist nämlich erst viele Jahrzehnte nach Jesu Ableben begonnen worden. Manche Teile wurden sogar erst Jahrhunderte später aufgezeichnet und geben dann natürlich nur das wieder, was beim Schreiber und seinen Vorerzählern hängen geblieben ist bzw. das was nach seiner Umdeutung für die Zukunft bei künftigen Lesern hängen bleiben soll.

Trotzdem gelten die Bibelsprüche als „Gottes Worte“ noch heute vielen Christen im wahrsten Sinne des Wortes als seligmachendes Evangelium. Halleluja! Die halbe Welt richtet sich seit mehr als zwei Jahrtausenden danach. Manche Gläubige nehmen die Bibel sogar exakt wortgenau. Obwohl ja „glauben“ eigentlich nur so viel heißt wie „nicht wissen“.

Aber welchen Wert haben die angeblichen Worte des Wanderpredigers aus Galiläa eigentlich, wenn sie auf so fragwürdigen Quellen beruhen? Allein die vier traditionellen Evangelien und auch das neu hinzugekommene Judasevangelium (bis zum 4. Jhdt. soll es sogar noch viel mehr gegeben haben) unterscheiden sich in Wort und Botschaft beträchtlich.

Zum Beispiel ist im Judasevangelium (das übrigens auch nicht von Judas selbst geschrieben wurde) der Apostel Judas selbstredend nicht der Verräter Jesu. Vielmehr war der bekannteste Sündenbock der Bibel und der Welt bis zu Jesu Tod am Kreuz dessen engster Vertrauter! Welch ein krasser Widerspruch zum Lukasevangelium und zu anderen. Wie kam es zu den eklatanten Differenzen? Weil es bei vielen Niederschriften keine Zeitzeugen mehr gab. Niemand konnte mehr authentische Aussagen zu Jesu Leben und Wirken machen, nicht mal aus zweiter Hand. So sind später sehr unterschiedliche Texte verfasst worden, die dann in den vergangenen Zeiten von religiösen Eiferern nach eigenem Gusto umgeschrieben worden sind. Einige davon wurden später als Ketzerschriften verdammt und verbrannt.

Man kann also nicht mal den allerhöchsten moralischen Institutionen, wie eben auch der Bibel, ohne weiteres glauben. Die Bibelquellen sind so widersprüchlich, weil verschiedene Dogmatiker aufgrund fehlender Primärquellen später jeweils ihre eigene Heilsbotschaft in die Welt setzen wollten. Noch heute gibt es viele verschiedene Glaubensbekenntnisse und einige Priester erkennen als einzig wahre Lehre hinter der Soutane insgeheim nur Ihre eigene an. Viele Priester verschiedener Religionen bezeichnen sich gegenseitig als bloße Sektenführer. Noch schlimmer ist das beim Islam, wo sich Sunniten und Schiiten bis aufs Messer bekämpfen, beide im Namen Allahs.

Zu den Religionen bemerkte schon der deutsche Physiker Lichtenberg (+1799 in Göttingen) dass es doch sonderbar sei, dass viele Menschen so gerne und so heftig für ihre Religion kämpfen, aber so ungern nach ihren Vorschriften leben. Im Prinzip genau das gleiche und oft noch verbissener gilt das für die grünen Ersatzreligionen heutiger Tage in Deutschland. Sie haben manchmal schon was von Götzenverehrung. Inklusive den pseudoreligiösen Drohungen „wenn Du das vorgebetete nicht glauben willst, kommst Du in die Hölle“.

Legendenbildungen

Aus diffizilen Gemengelagen werden Legenden gebildet und das zu jeder Zeit und zu allen Themen. Auch zu ganz anderen als den biblischen, nämlich der zur vorliegenden Thematik aus der Neuzeit. Angeblich „hat Hitler die Autobahnen geplant“. Das stimmt so nicht ganz. Doch hält sich diese Legende einiger politischer Dogmatiker, obwohl es noch Zeitzeugen dazu und viele Originaltexte gibt, die anderes belegen. Daher wird in den folgenden Kapiteln auf diese Mär eingegangen. Heute gilt es zu vermeiden, dass die Grundsteine so gesetzt werden, dass auch zur A44 Legenden gebildet werden können, die sich womöglich ebenfalls so verbreiten, dass sie irgendwann unausrottbar sind.

Meistens ist es besser, wenn Chronisten mit einer gewissen Distanz und Neutralität zu umstrittenen Ereignissen ihrer Zeit informieren, aber dann können sie nicht gleichzeitig direkt aus den Werkstätten berichten. Dieser Spagat ist dem neutraleren Observer ebenso bewusst, wie dem Planer Mandamo. Beim vorliegenden Thema ist es nun einmal so, dass ein Verkehrsplaner und langjährige Projektleiter selbstredend keine echte Distanz zu dieser Thematik haben kann.

Zwar wäre die Darstellung der bloßen Chronologie der Ereignisse als solche relativ neutral machbar, aber wenn das vorliegende Werk auch den jeweiligen Zeitgeist widerspiegeln soll, kommt der Erzähler nicht umhin, hier und da auch diverse Bewertungen abzugeben und andere zu reflektieren. Naturgemäß lässt sich solches nicht ganz so neutral darstellen. Die davon Verschreckten können aber damit beruhigt werden, dass in einem Roman „sowieso alles reine Erfindung“ ist (insbesondere alles Unliebsame). Lassen wir ihnen dieses Hintertürchen offen.

Hinterher sind alle schlauer…

.... aber das vorausahnen dessen, was aller Voraussicht nach eintreten wird, ist so schwierig wie das Kaffeesatzlesen. Bei der Autobahnplanung ist das mindestens so problematisch, wie bei der Wettervorhersage. Das Thema ist zwar sehr ernst und nicht witzig, dennoch liest sich manches in der ironischen Form besser. Die folgende Anekdote beschreibt das Problem kurz und treffend:

Im wilden Westen fragt ein Siedler im Herbst beim Holzsammeln einen alten Indianer, der als besonders weise galt: „Wie wird der Winter?“ „Kalt“ ist die kurze Antwort. Und der Siedler sammelt noch mehr Holz. Bei nächster Gelegenheit fragt er den Indianer nochmals nach der Wettervorausschau. Der sagt nun „es wird sehr kalt“ und der weiße Mann sammelt noch mehr Brennholz. Als sich das eine Weile weiter aufschaukelt und der Holzstapel inzwischen riesig geworden ist, fragte der Siedler den Indianer, worauf er denn seine Vorausschau eigentlich begründe. Da sagt dieser lapidar „Bleichgesicht holt viel Holz“.

Obwohl Vergleiche immer hinken, erinnerte die Geschichte fatal an die Autobahnplanung, wo auch ständig neue "Empfehlungen" ausgerufen wurden. Veränderte Gesetzestexte, neue Gerichtsurteile, Verordnungen, Erlasse, Verfügungen, Statuten, Annahmen, Vermutungen, Hoffnungen und Unkenrufe der Kritiker, die in Nachforderungen von weiteren Untersuchungen mündeten. Auch dabei hat oft eine Aussage die andere beflügelt. Und nicht selten wurden welche mit der Drohung verbunden, dass die im Zusammenhang mit der A44 geplanten umweltfachlichen Maßnahmen allesamt noch immer nicht „gerichtsfest“ sein würden. Also wurde noch mehr Umweltplanungsaufwand erforderlich. Dazu sammelte man fleißig weiter unterstützende Gutachten. So wie die Leute im Wilden Westen Holz sammelten und weitere Meinungen.

Dass ein Autobahngegner aus dem Witz mit dem Indianer und dem Trapper, gegenüber dem Planer Mandamo eine andere Lehre zog, zeigte, dass man alles auch aus einem entgegen gesetzten Blickwinkel betrachten kann. Er sagte "Ihr Betonköpfe redet Euch gegenseitig immer mehr ein, wie wichtig die Autobahn sei, aber wirklich notwendig ist sie nicht". Jedenfalls ihm erschien das so. Er sah das alles umgekehrt, der gute Herr Feigenbaum.

Mandamo hatte ihm darauf vorgehalten, dass das ständige Warnen der Umweltschützer vor dem angeblich drohenden Weltuntergang noch viel weniger glaubwürdig bzw. rational begründet sei. Oder soll versucht werden, den bevorstehenden Untergang der Welt tatsächlich auch mit kleinen Autobahnplanungen zu begründen?

Magnus Antipode beobachtet gern Pferdesport und Kutschwagenrennen. Er fiebert immer mit, wenn die von eifrigen Kutschern angetriebenen Zugpferde dahin stürmen. Seit den legendären Wagenrennen im Circus Maximus in Rom vor 2000 Jahren lief das immer relativ regelgerecht ab, doch in den letzten Jahren kamen neue Gepflogenheiten hinzu. Nun kam es mehrmals vor, dass die Pferde kurz vor dem Ziel plötzlich von grünen Absperrordnern mit grellroten Fahnen scheu gemacht wurden und sie dann vom rechten Weg abkamen.

Nach dem Beruhigen der aufgeregten Tiere und des Kutschers wurden die Gespanne dann nicht etwa wieder in die Zielrichtung gestellt, um weiter dem Ziel entgegen zu rennen, nein, sie wurden in die weit zurück liegenden Startpositionen getrieben. Aller Protest der Kutscher nutzte nichts, denn die oberste Rennleitung stellte sich blind. Welchen Zweck sollte das haben, wenn die geheimnisvollen Ordner doch aus demselben Rennstall zu kommen vorgaben?

Dann wurde es klar. Wieder einmal hatten sich die Regularien geändert. Mitten im Rennen. Die grünen Brems-Ordner bemerkten schnell, dass es nun auf jede Sekunde ankam. Wenn es gelang, den bis hierhin gut gelaufenen Wagen vor der nahen Ziellinie abzufangen, musste neu gestartet werden. Das dann natürlich erst in der nächsten Saison und unter den gerade wieder geänderten Bedingungen. Gewonnen! Das konnten nun nicht mehr die rufen, die auf eine frühe Zielerreichung gewettet hatten, so wie es bisher immer üblich war, sondern ominöse andere "Vorhabensträger".

Vor und zurück wie bei Sisyphus

Irgendwie erinnerte die Vor-und-Zurück-Rennerei daran, dass auch bei wichtigen Straßenplanungen, die eigentlich zügig vorankommen sollten, die Randbedingungen ständig gewechselt wurden. Mandamo sagte nach den immer wieder neu aufgerollten Verfahrensschritten oft, dass den Projektverantwortlichen schon viel geholfen wäre, wenn die Legislative endlich mal ein Gesetz auf den Tisch legen würde, nach dem ein Fixpunkt gesetzt wird, der es ausschließt, dass fortwährend nachgebessert werden muss, wenn sich im Laufe der langen Verfahren ständig etwas ändert. Zum Beispiel neue Richtlinien, Verordnungen, Gesetze oder Gerichtsurteile denen man irgendeine Grundsatzwirkung zuschreibt. Zumindest während des laufenden Planfestellungsverfahrens sollten Nachbesserungen nicht verpflichtend sein.

Der tief aufgewühlte Übernormalsteuerzahler Sigismund Rüstig fragt verdutzt, ob das bisher noch nicht so war!? Leider nein, auch wenn das jeder Normalbürger denkt. Das darf doch nicht wahr sein! Sind wir denn in einem Zirkus oder höre ich auch dies wieder nur als freie Erdichtung aus einem Roman? Nochmals nein, brummt da jemand aus dem Hintergrund in seinen Vollbart.

Könnte das zeit- und kostenaufwändige Verfahren vielleicht einen vernünftigen Hintergrund haben? Wozu führte eigentlich das ständige Hinterherhasten der Planer? Der für alle Abschnitte übergeordnete Projektverantwortliche Herr Stauf erklärt seinen Leuten, dass die Planungen dann eben noch mehr nach rein juristischen Aspekten umgestellt werden müssen.

Die Rückfrage, wo dann die anderen Anforderungen an eine vernünftige Planung (z.B. Verkehrstechnik) bleiben, ging ins Leere. Nach mehrmaligem Auflaufen muss es also nun nur noch darum gehen, um jeden Preis etwaige Prozesse zu gewinnen. Alles andere muss sich dem unterordnen. Die ärgsten Schlangenlinien sind erlaubt, Hauptsache die Piepmätze können geradeaus fliegen. Politische Zusagen, Zeitpläne, Planungs- und Baukosten sind dagegen alle völlig nebensächlich.

Man darf durchaus der Säugetierart X auf den Pelz rücken, der Insektenart Y auf die Füße treten und der Pflanzenart Z die Sonne wegnehmen, wenn dem formaljuristisch momentan (noch) kein Gesetz entgegensteht. Aber wenn etwas auf einen Plan gemalt wurde, das für Kammmolch, Bechsteinfledermaus, Ameisenbläuling und Co. eventuell ein Wenig ungelegen kommen könnte, ist das eine absolute Katastrophe. Denn das würden Projektgegner wieder ausnutzen, um lapidar von "Planungsfehlern" zu sprechen. Womit sich die Klageaussichten verbessern.

Logisch ist das nicht. Und dem großen Ganzen dient es auch nicht. Aber gut, die Projektverantwortlichen haben sich inzwischen daran gewöhnt bzw. gewöhnen müssen, unsachlich kritisiert zu werden. In einer Demokratie scheint so etwas eben üblich zu sein. Staatsdiener der Exekutive haben das widerspruchslos hinzunehmen. Sicherlich darf man es besonders den Vertretern der Natur- und Tierschutzpartei nicht verübeln, dass sie auf Tiere fixiert sind. Leider suchen manche von ihnen nicht nur schöne Paradiesvögel, sondern vor allem Läuse. Und zwar in den Pelzen ihrer Kontrahenten (zwar tragen die überhaupt keine Pelze, aber deshalb kann man doch trotzdem Läuse suchen).

Der lange Weg durch unseren Bürokratendschungel

Allein aus der Tatsache heraus, dass jede Medaille immer zwei Seiten hat, ergäbe sich eigentlich die Sinnhaftigkeit, eine sukzessive fortschreitende und dann abschließend zusammenfassende Chronologie zu schreiben. Sie würde damit ein Nachvollziehen des stets wechselnden Standes zu den immerfort veränderten Rahmenbedingungen erlauben. Aber wer wollte es sich denn aufjochen, in einem solchen Hornissennest zu wühlen? Viel schöner ist es doch, in einem blumenübersäten Wiesental zu wandern und sich eines ungezwungenen Lebens zu erfreuen.

Aber wenn wir alle bloß in der Natur herumtapsen, die schönen Blumen bewundern und den lieblich zwitschernden Vögelchen zuhören wollen, wie sollten wir dann erfahren, warum sich die wirtschaftlichen Grundlagen in unseren Regionen unterdurchschnittlich entwickeln? Jene Fundamente, auf die sich die Sicherung unseres Lebensunterhaltes gründet? Natürlich kann man davor auch die Augen verschließen und einen mehr harmlosen Roman mit genau vorgezeichnetem rotem Faden zu einem glücklichen Happy End lesen.

Nach der wirtschaftlichen Erholung von 2015/16/17 liegt es zwar einseitig denkenden Menschen auf der Zunge, diese Aussagen des Romanschreibers als überholt anzusehen, da Deutschland wieder steigende Bruttosozialprodukte aufweist, aber man sollte bedenken, dass dieses Industrieland noch leistungsfähiger sein könnte, wenn die Bremser sich beim Bremsen mal etwas bremsen würden. Dann bräuchten wir nicht solche Unsummen für grüne Hirngespinste zu vergeuden. Die fast niemandem etwas bringen, nicht mal der Natur selbst. Nur der politischen Kaste von grünen Träumern, innerhalb ihres viel zu engen Horizontes.

Auch wenn die Prognose des Bruttoinlandsprodukts für Deutschland im November 2017 von 1,8 % um 0,3 % angehoben wurde, ist es doch geringer als das der Gesamt-EU, das für 2018 mit 2,4 % angegeben wurde. Und viel geringer als das der gesamten Welt, wofür 3,7 % angegeben wurden (OECD). Gegenüber China und sogar Indien sind wir weit abgehängt. Wir dürfen uns nicht dauernd hinter dem leeren Spruch "wir sind ein reiches Land" verstecken.

Im vorliegenden Roman zeichnet sich leider noch kein Happy End ab. Aber es werden die maßgeblichen Meilensteine bei der Durchwanderung des Natur- und Planungsraumes beschrieben. Dabei geht es nicht nur um das Endergebnis "lebendiger Kulturraum oder unberührte Landschaft", also nicht übermäßig eingeschränkter Lebensraum für Menschen versus Optimum für Tiere. Um diese Zuspitzung, die aus den konträren Gruppen heraus geschrien wird, möglichst nicht öffentlich machen zu müssen, taumeln wir dauernd auf einem Zickzackkurs.

Elektroautos bringen die Patentlösung?

Die ellenlange Story erinnert schon längst an die „unendliche Geschichte“. Der Weg mit den vielen Sackgassen, Hindernissen und Blockaden. Der auferzwungene Pilgerpfad, dessen Begehung wegen der vielen Umwege so viel Zeit gekostet hat. Es geht hier um nicht weniger als die Frage „Mit dem Auto in die Zukunft, oder mit Bus/Fahrrad/Esel zurück in die Vergangenheit“. Momentan wird gerade mal der Dieselmotor verteufelt. Morgen wird es mal wieder der Benzinmotor sein. Übermorgen der Reitesel.

Dass man mit Elektroautos abermals in eine Sackgasse fahren wird, weil sie letztendlich doch Kohlestrom verwenden, nachdem auch die Kernkraftwerke ermordet wurden, ist nochmals eine andere Frage. Von Windstrom kommen hier nur 12 % des Stromes.

Außerdem liest man nie etwas davon, dass die Versorgungsnetze der Stromanbieter zusammenbrechen würden, wenn einmal viele Menschen auf Elektroautos umgestiegen sein sollten und dann nach Feierabend alle ihre kraftlos gewordenen E-Mobile an die Steckdose hängen. Gerade der Startstrom nach dem Anschluss zieht besonders viel Strom. Dann würde zwischen 17 und 18 Uhr, wenn ein Kfz nach dem anderen angeschlossen wird, ein totaler Zusammenbruch erfolgen. Nicht nur wenn abends die Sonne nicht mehr scheint und der Wind nicht weht, sondern immer!

Fast alle Autos müssten ja zur selben Zeit geladen werden, also abends, damit dann morgens wieder Saft drauf ist. Man stelle sich auch mal vor, wie das aussieht, wenn die vielen Autos, die keine Garage haben, auf dem Gehweg geladen werden müssen. Da hängen dann Tausende von Kabeln aus den Fenstern heraus zu den Autos. Oder wie soll das gehen?

Wie werde ich die Geister wieder los, die ich rief

Einige Zeitgenossen aus den obersten Kreisen der politischen Steuerung haben wie die Zauberlehrlinge Prozesse in Gang gesetzt, die sie selbst nicht mehr stoppen konnten, als ihnen erstmals Zweifel kamen. Also besser Augen zu und durch. Man möchte mit Goethe fragen „wie werde ich die Geister wieder los, die ich rief“?

Bequemer wäre es ja, wenn jedermann, der im öffentlichen Auftrag bedeutende Projekte plant, alles widerspruchslos hinnähme, was zu ändern nicht in der eigenen Macht steht – ja kaum ansatzweise modifizierbar ist (sh. Kapitel „Viele Köche verderben den Brei“). Zu resignieren und nur „Mensch ärgere Dich nicht“ zu spielen, führt sicherlich zu weniger Ärger als diverse Missstände zu beschreiben und die Chronologie der Nachwelt zu erhalten. Denn daran werden sich einige anders denkende Menschen stoßen.

Wenn der Romanautor stattdessen Kindermärchen schreiben würde, wäre das hingegen eher gelitten. Auch wäre es schriftstellerisch viel leichter zu verfassen. Aber für solche Märchen ist die ins Auge gefasste Zielgruppe längst viel zu alt. Daher ist es unvermeidlich, den schon zahlreichen Autobahnmärchen noch ein weiteres hinzuzufügen. Nun mal ein ganz anders geartetes. Welche Rolle darin die Beschreibung reiner Tatsachen spielt, muss der Chronist leider offen lassen.

Mandamos Grundeinstellung zum Naturschutz war vor 40 Jahren eine uneingeschränkt positive. Sogar im Jahre 1990 waren davon noch Reste vorhanden. Erst im Verlaufe seiner Dienstzeit hat er sie langsam differenziert. Einige Projektbeteiligte haben ihn manchmal gefragt, ob er für seinen Aufgabenbereich nicht zu "grün" voreingestellt sei (wenn er notwendige Naturschutzmaßnahmen verteidigte und damit verdächtig wurde). Orthodoxe Umweltplaner taxierten aber umgekehrt, dass er dafür "nicht grün genug" sei. Wiederum andere, nämlich welche die das umfassend beurteilen konnten, sagten, dass er bei der Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe zumeist den am ehesten machbaren Mittelweg eingeschlagen hatte.

Diesen Hinweis schickt Mandamo vorsorglich voraus, wenn sich abzeichnet, dass sich eine Diskussion über Naturschutz kontra Straßenbau zuspitzt. Natur- und Umweltschutz hält er nach wie vor für wichtig. Aber mit Augenmaß! Das impliziert, dass er dem ursprünglichen Umweltschutzgedanken nach wie vor näher ist, als es beim Lesen seiner Kritik an "den" Grünen aussieht. Er ist eben mehr Ökorealist und nicht Ökoutopist. Was dem Planer zunehmend mehr aufgestoßen ist, waren substanzlose Angriffe gegen den Autobahnbau. Darunter einige schwülstige, akademisch anmutende Episteln, die für den absolut kompromisslosen Schutz der Natur plädierten, dabei aber voller ignoranter und bigotter Verachtung für jene waren, welche die selbstgerechten Standpauken der Umweltexperten nicht nachvollziehen wollten.

Was kann eigentlich Anlass sein, jemanden als "zu grün" einzuschätzen? Bei Mandamo vieles. Seine alten Bekannten wissen, dass er in den 70ern für 3 Jahre sogar Mitglied der Grünen war. Leser dieses Romanes werden das kaum glauben, aber es ist wahr. Aufgegeben hat er seine Mitgliedschaft zunächst, weil sie latent mit seiner akkuraten Dienstauffassung kollidierte, aber auch weil die Denkweise der anderen Grünen ihm mehr und mehr suspekt wurde. Der Parteiaustritt geschah aber damals trotzdem freundschaftlich. Völlig ohne rosenkriegähnliche Diskussionen. Das Thema muss hier kurz gehalten werden, denn das Buch ist keine Biografie.

Grün wirkt der Planer Mandamo aber weiterhin, weil er mit seiner Familie seit 1975 eine weitgehend vegetarische Lebensweise praktiziert. Dies jedoch nicht wegen drohender Gefahren für sich selbst (Cholesterinmast, Gammelfleischskandale, BSE-Rinderwahnsinn, Vogelgrippe, Fischwürmer etc.) - also aus egoistischen Beweggründen, sondern ausschließlich aus rein uneigennützigen Motiven. Die Ermordung von Tieren um sie zu essen, erscheint ihm aus ethischer Sicht unrecht. Ökologisch gut zu bewerten ist auch der von Mandamos Frau Eva betriebene große Biogarten. Wer sonst gibt so ein gutes Beispiel? Von den linksgrünen Ideologen so gut wie niemand.

Dass die vegetarische Lebensweise auch in höchstem Maße naturschonend ist, betont Mandamo in diesem Zusammenhang besonders, weil für die Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel ein sehr viel geringerer Energieeinsatz erforderlich ist. Denn hierfür muss nur ein Bruchteil der landwirtschaftlichen Fläche bebaut werden. Mandamo versucht niemanden zur Nachahmung zu überreden, verweist aber darauf, dass bei weiterer Verbreitung des Vegetarismus, weniger Gülle anfallen würde, welche das Trinkwasser verseucht und die Atemluft verpestet. Heute liest man das selten schon mal, aber in den 70ern war das Vorbild Mandamos noch belächelt worden.

Erst seit der besonderen Hochspielung der Kohlendioxid-Problematik (CO2), wird es auch in weiteren Kreisen diskutiert, dass die Tierzucht im Allgemeinen eine große CO2-Erzeugung mit sich bringt. Die Verbraucherorganisation Foodwatch teilte im Oktober 08 mit, dass die Herstellung von z.B. 1 kg Rindfleisch ebensoviel CO2 verursacht, wie ein Mittelklassewagen auf 71 Kilometern Fahrt ausstößt. Und in dem neuen Bestseller „Tiere essen“ des amerikanischen Autors Jonathan Foer heißt es, dass ein Drittel der auf diesem Planeten verfügbaren Ackerbauflächen für Viehzucht genutzt wird und dass die Nutztierhaltung „erheblich mehr zur Erderwärmung beiträgt als alle Autos dieser Welt zusammen“. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen!

Von der großen Mehrheit der „Durchschnittsgrünen“ hebt sich Mandamo in vielerlei Beziehung ab. Auch mit seiner seiner grünen Hausnummer die er für umweltgerechte Maßnahmen und ökologisch sinnvolle Lebensweisen verliehen bekam. Darunter die konsequente Verwendung regenerativer Energien, die solare Heizung und WW-Bereitung (seit 1981, damals noch was ganz seltenes), die Photovoltaikanlage und die Regenwasseranlage für WC´s und Planzenbewässerung im ganzen Haus.

Allgemein beschweren sich alle Arten von Phantasten über "die Politiker". Natürlich nur die schwarzen Teufel dieser Zunft. Die grünen Götter sind ausgenommen. Überhitzte Klimatologen halten den schwarzen Ignoranten vor, dass sie viel zu wenig für das tun, was ihr persönliches grünes Steckenpferd ist. In letzter Zeit wollen sie in großen Propagandareden vor allem, dass mehr gegen die globale Erwärmung getan wird. Ansonsten würde die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel gesetzt usw.usf.. Darauf fußend versteigen sich manche zu der Forderung, Politiker zur Verantwortung ziehen zu wollen für ihr „Fehlverhalten“.

Okay, Fehlverhalten muss beanstandet werden. Aber was ist wirklich Fehlverhalten und wann hat mal jemand Vergleichbares von den vielen falschen Propheten verlangt, welche ständig auf die Regierungen eindreschen? Aber auch auf die vielen privaten Entscheider, die sich zu falschen Entscheidungen haben drängen lassen. Es ist noch nicht lange her, wo der Holzofen als Alternative zur Ölheizung angepriesen wurde. Heute alles ganz falsch. Viele Öfen müssen heute für viel Geld ersetzt werden, weil sie zuviel Feinstaub durch den Schornstein blasen. Die Feinstaubmenge aus Ofenheizungen soll sogar größer sein als die aus allen Motoren zusammen. Auch das ist nachlesbar, es wird nun in den üblichen Nachrichtensendungen und Printmedien nicht gebracht.

Zu den vielen Fehlentscheidungen im grünen Deutschland haben gerade die grünen Katastrophentheoretiker und Phantasten die meisten Beispiele beigetragen. Es fehlt nur leider an mutigen, klar denkenden Menschen, die ihnen das regelmäßig vorhalten. Daher kann weiterhin jeder alles behaupten, muss nichts belegen und schon gar nichts verantworten. Wie bequem! Denen müßte das Handwerk noch viel eher gelegt werden, als den halbseidenen Politikern, von denen manche auf falsche Empfehlungen hereingefallen sind.

Besonders überdramatisiert wurde in letzter Zeit das Problem der sogenannten „globalen Erwärmung“. Nun, wirklich belegen lässt sich weder das nahe Bevorstehen einer Überhitzung noch einer neuen Eiszeit. Aber der neutrale Observer meint angesichts der vielen anderen staatlichen und gesellschaftlichen Aufgaben, dass die maßlose Übertreibung aufgrund dürftiger und verschieden deutbarer Hinweise mal demaskiert werden sollte. Dazu müsste endlich mal damit angefangen werden, auch die Forschungsergebnisse von den Wissenschaftlern gegenüber zu stellen, die nicht dem allein verbreiteten mainstream folgen, nach der die Menschen an der globalen Erwärmung schuld seien. Der These von der anthropogenen Verursachung.

Aber fragen wir doch auch mal . . . .

Ist die globale Erwärmung wirklich unser Hauptproblem?

Na ja, bei uns schon, aber das ist nur herbeigeredet. In anderen Ländern lächelt man nur müde über unsere "Probleme".

Ohnehin, erst im nachhinein sind alle schlauer. Meist erst lange Zeit nach so langen obskuren Vorhersagen erfährt man, was die Natur wirklich an Veränderungen gebracht hat. Aber was dies ausgelöst hat, bleibt oft auch dann noch unter den Deckmäntelchen der Falschmelder. Solange die noch leben. Welchen Wert hat der heute oft gehörte Vorwurf, dass gewisse national oder gar global bedeutenden Entscheidungen falsch gewesen seien und dass Kinder, Enkel und Urenkel eines Tages fragen, ob zu bestimmten Zeiten richtig entschieden worden ist? Dazu ist unbedingt erst mal die Grundsatzfrage zu stellen, ob es wirklich richtig wäre, auf zeitweilige Temperaturschwankungen so stark zu überreagieren, wie es einige fiebrige Meteodramaturgen verlangen, oder ob die damit ausgelöste Ausbremsung von ökonomischen Weiterentwicklungen und wichtigen Infrastrukturmaßnahmen nicht der viel größere Fehler ist.

Für unsere Nachfahren ist es nämlich im Grunde noch viel wichtiger, dass unser Wirtschaftsgefüge, von dem wir alle geradezu existenziell abhängen, nicht so stark beeinträchtigt und beschädigt wird, dass es künftig ein Abhängen Deutschlands von der Weltwirtschaft zur Folge hat. Dann würde nämlich China, Indien und Brasilien mit noch größeren Riesenschritten an uns vorbeiziehen. Die ohnehin schon unvorstellbare Verschuldung unseres Landes würde noch stärker anwachsen, die Wirtschaft geschwächt. Die Leidtragenden darunter wären aber nicht die bösen Millionäre, liebe Phantasten, sondern wir alle. Arbeitsplätze würden hier in großem Umfang verloren gehen und die Armut würde rasant zunehmen. Genau deshalb - und nicht weil der Hartz IV-Satz zu gering ist.

Als Mandamo nach Rückkehr von seiner dritten Chinareise (1998) gegenüber Vertretern der heimischen Wirtschaftsverbände eindringlich von der ökonomischen Entwicklung in China berichtete, wurde da noch abgewiegelt. Man meinte in Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse, dass von dort so bald noch keine Konkurrenz für den Exportweltmeister Deutschland drohte. Mandamo widersprach schon damals vehement, weil sein vertiefter örtlicher Eindruck vom gigantischen Tempo des dortigen Aufschwungs ihm etwas ganz anderes vermittelte. Aber er ist ja nur Ingenieur und kein promovierter oder habilitierter Ökonom. Bei zwei weiteren Chinareisen (zuletzt 2010) sah der Kosmopolit und Nichtökonom Mandamo, dass seine früheren Analysen und Prognosen nochmals überholt worden sind.

Bei uns verschlossen leider viele Menschen lange Zeit die Augen davor. Aus Kreisen der naturbesorgten A44-Gegner wurde dem Planer sogar noch im Jahre 2007 entgegnet, dass man keine Bedenken haben müsste, mittelfristig würden die Chinesen schon noch sehen, wohin sie mit ihrem Raubbau an der Natur kämen. Welch eine Fehleinschätzung! Mandamo berichtigte immer wieder mit Verve, dass auch dort (ebenso wie in den USA etc.) keineswegs unbesonnen Natur beeinträchtigt würde, man würde nur die wichtigsten Ansprüche der vielen Menschen bedachtsamer gegen fragwürdige Forderungen aus dem Naturschutz abwägen. Im Übrigen gäbe es viel mehr Grund zu der Annahme, dass VOR dem ökologischen "Untergang" Chinas längst das naturverhätschelte Deutschland in die Steinzeit zurück katapultiert worden sei. Das hätte ungleich dramatischere Auswirkungen. Wer schlägt dann bei den Risiken und Nebenwirkungen seine verantwortlichen Politiker? Insbesondere Frau Merkel, die zu den Grünen konvertiert ist.

Vor allem konservativere Kreise der Bundes- und Landespolitik haben den Zug der Zeit früher erkannt. Inzwischen sind auch nordosthessische Politiker aufgesprungen. Zwei Vertreter der CDU, der Landtagsabgeordnete Landau und der Eschweger Bürgermeister Heppe, haben mit heimischen Wirtschaftsvertretern Kontakte nach China aufgebaut. Ob die darüber gelächelt haben, dass sie Besucher aus fernen Provinzen bereist haben? Den Vertretern aus den anderen Lagern fällt zu China nur ein, dass sie mit Staudämmen große Täler überfluten und viele andere Sünden wider die Natur begehen. Man sieht das ebenso einseitig wie vieles andere auch in unserem Lande, wo man sich mehr auf den Wahlspruch verlässt: Grün ist die Hoffnung. Mehr erwächst daraus aber nicht.

Die Chinesen agieren in nahezu jeder Beziehung weit rationaler als wir. Auch in Sachen Umwelt. Unsere Wirtschaft hat sich dem mainstream folgend verstärkt auf die Herstellung von Solar- und Windkraftanlagen konzentriert und rutschte genau damit (trotzdem) in die roten Zahlen. Ausgerechnet nach dem Atomausstieg begannen bei uns die grünen "Zukunftsbranchen" zu schwächeln und in 2011 verstärkte sich das. Obwohl die Bundesregierung die verlangte Energiewende beschlossen hat und diese sehr üppig gefördert wird. Trotz der Subventionen in Milliardenhöhe verloren die deutschen Hersteller für regenerative Anlagen Weltmarktanteile. Unsere Grünen würden das gerne unter den Tisch kehren. Hier wird es gesagt! Die Chinesen dominieren längst auch diesbezüglich den Weltmarkt. Sie sind nicht nur billiger, sondern auch innovativer als die vor Selbstgefälligkeit und Überfettung träge gewordene deutsche Ökobranche.

Wenn dann irgendwann tatsächlich mal eine nennenswert wärmere Zeit kommen sollte und sie wirklich auf den CO2-Anteil zurück zu führen wäre, müssten unsere Kinder mit Recht fragen, ob es um 2000 tatsächlich von Bedeutung war, dass wir auch in Deutschland ein paar Bruchteile von Promille dazu beigetragen haben. Dann werden nämlich völlig andere Aspekte im Vordergrund stehen. Die heute vermeintlich umsorgten Kinder werden herangewachsen sein und mit Sicherheit noch eine lebenswerte Umwelt um sich herum haben. Ob sie aber auch eine noch funktionierende Wirtschaft vorfinden, die ihnen ein ausreichendes Auskommen sichert, ist fraglich, wenn wir weiter so maßlos auf Klimaschwankungen überreagieren. Dann nur noch Billigprodukte aus China auf Jahrmärkten zu verhökern, wird gerade für unsere Nachfahren zu wenig sein.

Heute werden aber genau dafür die Weichen gestellt. Wie die Lemminge fokussieren fast alle Vortänzer mit Führungsanspruch, die Zugang zu öffentlichkeitswirksamen Verkündigungen haben, ihren Blick auf die Dinge, die ihnen von Interessenvertretern so geschickt serviert worden sind. Dabei kommen die Kellner keineswegs nur aus der Atomindustrie. Die grünen Lobbyisten sind nicht besser, nur erscheint das zu selten in den Medien. Einer der Hauptpriester verstand es sogar mit seinem Schlagwort "global warming" mehrfacher Millionär zu werden. Er heißt Al Gore und schaffte das im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten. Da wo jeder Tellerwäscher zum Millionär werden kann. Insbesondere viele Politiker merken anscheinend nicht, dass sie durch ihr leichtfertiges Nachbeten grüner Hirngespinste zu Multiplikatoren und Lenkern eines sehr einseitig geprägten Mainstreams werden.

Ratschläge aus höherer Warte gibt es unzählige. Ein plakatives Beispiel ist die Neujahrsansprache des Papstes am 1.1.10. Auch der hat zu „noch weiter verstärkten Anstrengungen gegen den Klimawandel“ aufgerufen. Wird nun auch das Spurengas CO2 zum Dogma der heiligen römischen Kirche? Der Papst hätte sich besser mehr um die tollen Klöster, Orden und Schulen kümmern sollen, wo es um weit schlimmere Probleme ging, nämlich um schreckliche Menschenrechtsverletzungen.

Wenn der Papst die Probleme mit dem Klima und auch dem Hunger wirklich bei der Wurzel packen wollte, müsste er mal unvoreingenommen über die Geburtenkontrolle nachdenken. Es gibt Kritiker, die sogar sagen, dass er mit der Problemlösung am besten anfängt, wenn er zuerst den Vatikan abschafft, oder mindestens viele Glaubensregeln der römisch-katholischen Kirche. Würde die Erde weiterhin nur von 2 oder 3 Milliarden Menschen bevölkert wie ehedem, wären viele der heutigen Probleme gar nicht erst aufgetreten. Doch im Oktober 2011 wurde die Anzahl von 7 Milliarden Menschen erreicht.

In der evangelischen Kirche ist es heutzutage nicht viel besser. Auch da glauben viele, dass sie die Schöpfung Gottes mit den untauglichen Mitteln der Grünen am besten schützen können. Nun, glauben heißt ja bekanntlich "nicht wissen" und alles Religiöse lebt vom Glauben an die verkündeten Botschaften. Nicht achtend, dass die alle von Menschen erstellt wurden, nicht etwa von Messias selbst.

Gut ist es jedenfalls, dass Petrus den grünen Wichten mal gezeigt hat, wer wirklich für das Wetter der Welt zuständig ist. Er hat uns im Dezember 09 schon wieder eine lange Kälteperiode gesandt. Leider etwas zu spät, sie begann erst richtig nach dem Klimagipfel in Kopenhagen, dort wo sich vor allem Chinesen und Amerikaner, aber auch andere Nationen gegen die Bevormundung durch übereifrige Experten aus Europa zur Wehr gesetzt haben. Diese Kältewelle dauerte übrigens auch danach noch lange an. Von ein paar einzelnen Wochen abgesehen, war es durchgehend bis zum Spätsommer 2011 zu kalt. Geredet wird davon aber nur wenig. Das Klima ist immer nur dann ein Thema, wenn es mal irgendwo auf der Erde mal etwas wärmer ist.

Lassen sich auch Pflanzen von Klimaforschern übertölpeln?

Die in Mandamos Garten seit 30 Jahren kultivierte Pflanze Topinambur ist ein kluges Gewächs. Das Wurzelgemüse lässt sich von niemandem für dumm verkaufen. Topinambur liest keine Zeitung und sieht keine TV-Nachrichten, weiß daher auch gar nichts von der angeblich grassierenden globalen Erwärmung. Normalerweise werden seine Stängel zwei bis drei Meter hoch und oben erscheint Mitte August eine Blüte, die ähnlich wie eine Sonnenblume aussieht. Ende August hat Mandamos Frau Eva Geburtstag und weil dabei immer Topinamburblüten in großen Vasen zusätzlich auf die Veranda gestellt wurden, weiß Mandamo so genau, wann ihre Blütezeit in normalen Jahren ist und dass sich diese „Normalität“ nun schon im vierten Jahr in eine ganz andere Richtung entwickelt hat als uns die Klimafrösche erzählen wollen.

Offenbar hat sich die „globale Erwärmung“ hier eher ins Gegenteil verkehrt. Die Pflanze blühte später oder gar nicht mehr. Im Jahre 2010 hat sie sogar bis Ende September keine einzige Blüte hervorgebracht. Sie ließ sich eben nicht von den überhitzten Klimatologen täuschen, die immer noch trotzig und unverdrossen von drohenden schlimmen Auswirkungen unter der CO2-Glocke reden, dabei aber nur leichtgläubige Menschen erschrecken. Pflanzen nicht. Es gab schon immer wärmere und kältere Jahre. Dazu an anderer Stelle mehr.

Zeitgleich war zu lesen, dass sich die Grönländer mehrheitlich über die Erwärmung freuen. Haben wir dafür die grönländischen Verhältnisse jetzt in Mitteleuropa? Für die wenigen Menschen, die an der Südspitze der Eisinsel wohnen (wo der Golfstrom schon immer für moderatere Temperaturen sorgte) hat sich in den letzten Jahren angeblich die Chance verbessert, unter Glas angesätes Gemüse auch mal groß zu bekommen. Jeder deutsche Gärtner weiß, dass sogar hierzulande die Anzucht im April/Mai erst unter Glas erfolgen muss. In Grönland sowieso.

Wieviel sich die Verhältnisse dort verbessert haben und ob das auch für die letzten 4 Jahre gilt, kann nicht jeder zweifelnde Mitteleuropäer ständig überprüfen. Deshalb eignet sich die Verlagerung der dramaturgisch hochgeschaukelten Effekte auf diese ferne Insel auch so gut. Als Mandamo im Jahre 1999 selbst Grönland besuchte, hatte er sich zuvor intensiv vorbereitet und dabei gelesen, dass die Eisbedeckung an der Südspitze der Insel seit der Besiedlung vor Tausend Jahren immer unterschiedlich war, aber auch, dass ein wechselnd breiter Küstenstreifen in den letzten zwei Jahrtausenden nahezu durchgehend eisfrei gewesen ist. Die sprichwörtlichen dicken Eispanzer befanden sich schon von jeher nur in einem größeren Abstand von der Küste.

Hat unsere Gesellschaft keine anderen Probleme?

Natürlich, sogar säckeweise. Aber betrachten wir doch jedes Problem für sich und gehen wir es einzeln an. Sonst wird wieder nur abgelenkt, so wie es zwanzig Jahre lang zu erleben war, wenn sich Autobahnkritiker in die Enge getrieben fühlten. Dann wurde versucht, das Thema zu wechseln, hin zu Lehrermangel, Kindergärtnerinnenmangel, Sozialarbeitermangel usw. Auch an der Autobahnplanung beteiligte Ökos lenkten sehr gern ab, wenn die fachlichen Argumente ausgingen.

Unbestritten ist, dass auch manches andere Thema auf den Prüfstand muss. Aber der Hinweis darauf, dass man sich nicht völlig "unter die Imperative des Marktes" unterordnen möchte, darf nicht ständig dazu herhalten, dass man wichtige Infrastrukturprojekte ablehnt, die nicht irgendeinem Markt zugute kommen, sondern den Grundinteressen der Menschen. Bei vielen A44-Kritikern hat sich nach vielen Jahren immer deutlicher gezeigt, dass sie aus einem bloßen Bauchgefühl heraus opponierten. Wirklich belastbare Argumente haben sie nicht gehabt.

Mandamo hat viele Weltreisen unternommen und dabei viel bitteres Elend, Armut, Hunger und Not unter den Menschen gesehen. Auch viele weniger weit Gereiste und Daheimgebliebene wissen, dass der Reichtum auf der Erde sehr ungleichmäßig verteilt ist. Aber Mandamo kennt das aus eigener Anschauung - und das geht mehr unter die Haut. Denn er reiste zumeist nur mit Rucksack, relativ unauffällig, einfach gekleidet, allein und mit bescheidenem Auftreten durch die Welt. Dabei hat er die Slums keineswegs gemieden. Im Gegenteil, er durchstreifte auch die ärmlichen Hüttendörfer der Favelas am Rande von Rio de Janeiro, die Townships von Soweto, die Wellblechhütten am Rande der Wüste von Rhajasthan, die schwimmenden Slums in Manila und sehr viele andere Elendsviertel der Erde.

Wenn Mandamo aus Ländern der dritten Welt heimkehrte und manchmal schon im Flugzeug nach Frankfurt in den ausgelegten Zeitungen aus der Heimat las, wie sehr wir uns in Deutschland um das Wohlergehen der Frösche und anderer Tiere sorgen, dann stieß ihm das sauer und immer saurer auf. Anscheinend dürfen bei uns die Tiere nicht die geringsten Abstriche an eventuellen Befindlichkeiten erleiden, während in den ärmeren Ländern die Menschen nicht mal sauberes Wasser oder ein Minimum an Nahrung haben.

Gleichzeitig werden in Deutschland alljährlich mehr als 20 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Sage und schreibe ein Drittel aller Lebensmittel werden nicht gegessen, sondern wandern in den Müll. Nach anderen Statistiken sind es sogar 50 Millionen Tonnen. Gründe dafür sind nicht nur Verdorbenheit (des Essens wohlgemerkt), sondern auch Gedankenlosigkeit. Hinter dem Satz "ich habe keinen Appetit mehr" steckt oft nur, dass der erste Bissen den Essern nicht so geschmeckt hat, wie es zuvor erwartet wurde. So etwas reicht hier bereits, um die aufwändig zubereiteten Gerichte einfach "zurückgehen" zu lassen. Hinzu kommt der völlig überzogene Frischewahn. Auch die Fernsehköche betonen stets, dass alles immer ganz frisch sein muss. Von den fertigen Speisen wird jeder Rest gedankenlos gleich weg geworfen. Dabei ist jahrtausendelang das adlige Essen (von gestern) am nächsten Tag gegessen worden.

Was im Einzelfall unwesentlich erscheint, wird in der Gesamtheit ein Skandal! Der Vizepräsident der Welthungerhilfe, Klaus Töpfer, sagte am 29.5.11, dass im Müll nicht selten sogar original verpackte Lebensmittel gefunden wurden, deren Haltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen war. Währenddessen sterben anderswo Millionen Menschen an Unterernährung.

Im Mai/Juni 2011 verschärfte sich das Problem. Als der EHEC-Erreger auftauchte, wurden gleich noch viel größere Lebensmittelmengen weggeworfen. Peinlich, dass sich dabei gerade ein Bio-Hof besonders herauskristallisierte. Die biologische Anbauweise birgt neben aller Umweltverträglichkeit eben auch Risiken. Größere als ihre Verfechter wahrhaben wollen.

Allgemein beeindruckt uns die Lebensmittelverschwendung meist nur am Rande. Viel mehr sorgen wir uns in Deutschland um den Atommüll, obwohl gerade hier so viele Menschen verschwenderisch und gedankenlos mit dem Stromverbrauch umgehen. Währenddessen ist in der dritten Welt oft nicht mal eine Handvoll Holz vorhanden, um eine dünne Suppe warm machen zu können. Bei allem Verständnis für die Ängste um die Risiken der Atomkraft, wir setzen hier die Prioritäten falsch. Nicht wenige Geängstigte lamentieren über Dinge, die sie in ihrem Kern und mit ihren vielfältigen Wechselwirkungen im Gesamtzusammenhang nicht betrachten wollen oder gar nicht verstanden haben. Am ausgeprägtesten ist das leider in Deutschland.

Manche deutsche Dauerbesorgte sollten sich das Volk der Piraha (nicht zu verwechseln mit den Raubfischen, den Piranhas) zum Beispiel nehmen. Die Pirahas haben ihre Hütten im Amazonasgebiet und leben glücklich und zufrieden nur im Konkreten. Dort spricht nie jemand über etwas, was er nicht selbst gesehen oder erlebt hat. Bei uns in Deutschland hingegen lebt die gesamte Widerstandsgesellschaft davon, dass irgendwann mal irgendwer vor irgendwas Angst gehabt hat, dies in eine akademisch klingende Analyse verpackte (oder hat verpacken lassen) und dann weithin verbreitete. Plötzlich haben dann auch viele andere Menschen die gleichen Ängste vor denselben Erscheinungen.

Ein Umweltaktivist, der in Brasilien die Abholzung des Regenwaldes gesehen hatte, sagte dazu einmal in einem Pressebericht „Ich fand nicht nur, dass die Welt erfahren müsste, was hier passiert, ich fühlte mich geradezu verpflichtet, das auch journalistisch zu verbreiten“. Er mag mit seinem Gefühl der Berufung zur Dokumentation im Prinzip Recht haben, doch gilt das nicht auch für die umgekehrte Zielrichtung, wovon auch kaum jemand etwas erfährt?

Bei uns sind übereifrige Umweltaktivisten im Begriff, mit ihrem Allerwertesten das umzuwerfen, was zuvor in Generationen von fleißigen Händen aufgebaut worden ist. Sicher ist nicht jede Fleißarbeit aus jedermanns Sicht gut, aber allemal besser als das Lamentieren und die oberflächliche Kritik von Leuten, die nur ausgewählte Teilaspekte eines Projektes randlich gestreift, aber hauptsächlich davon nur geschwätzt haben. Leider glauben viele Lamentierer nach voreingenommenem Überfliegen schon, sie könnten das Gesamtgefüge umfassend be- und verurteilen.

Das moderne Schlagwort „Global denken und lokal handeln“ verführte die meisten A44-Kritiker zu der Annahme, dass man mit der Verzögerung der hier lokal wichtigen Autobahnplanung die global vorhandenen Umweltprobleme der Welt in nennenswertem Umfange vermindern könne. Wenn Mandamo das hinterfragte, kam immer die Gegenfrage zurück, ob ihm die Umweltprobleme der Welt nicht ausreichend bewusst wären. Nur ganz wenige Menschen erfuhren, dass sie gerade Mandamo durch seine vielen Weltreisen aus erster Hand bewusst geworden sind.

Allerdings hinkt die Verknüpfung Autobahn versus Umweltschutz gewaltig. Nur leichtfertige Menschen vergleichen Äpfel mit Birnen. Darunter versuchten einige, mit Hinweisen auf spektakulären Aktionen von Greenpeace in aller Welt, sowie symbolträchtigen Aktionen der lokalen Verbände jahrzehntelang, die Autobahn zwischen Kassel und Eisenach zu verzögern. Möglichst sogar zu verhindern. Das sollte dann zur Rettung der Welt beitragen.

Anfangs wurde die Projektverzögerung in recht subtiler Weise probiert, später immer offener. Zuletzt vor Gericht. In der rückblickenden Zusammenstellung sieht man in dem Sammelsurium noch klarer, dass in den Aktionen unendlich viele widersprüchliche und nicht zu Ende gedachte Trugbilder steckten. Manche Konstrukte könnte man gut und gerne auch als Hirngespinste betrachten.

Kleine Tiere stoßen große Projekte um

Wenn der Ökologe Dr. Lütje für eine Planung in der norddeutschen Tiefebene gutachterlich darlegt, dass ein bestimmter Quadratmeter Wiese keinesfalls "überbaut" werden darf, weil dort alljährlich Karl der Käfer mit seiner holden Gattin Hochzeit feiert, könnte man dafür noch ein gewisses Verständnis aufbringen. Denn man weiß, dass dort die Straße planerisch leicht um den Gattungsplatz herum verlegt werden kann, weil nur ein paar Meter weiter im Allgemeinen dieselben Verhältnisse für den Straßenbau vorliegen. Die Trassenverschiebung würde dort nicht gleich einen langen Tunnel oder eine große Talbrücke erforderlich machen.

Völlig anders ist das aber in der bewegten hessischen Mittelgebirgslandschaft. Doch den Umweltplaner Dr. Lütje und sein Team ficht so etwas gar nicht an. Wo streng geschützte Tierarten ihre Hochzeitsbetten und Wochenstuben haben, gibt es kein Pardon. Mit Hinweis auf den sehr geringen Spielraum der dafür geschaffenen Gesetze wird eisern darauf gedrungen, dass die für Menschen wichtigen Wege in ungünstige Bereiche verschoben werden müssen, damit Tiere ihre Promenierwege und Liebeslauben in den Top-Lagen unverändert behalten können. Ist es da ein Wunder, dass sich nicht nur für Hinz und Kunz der Verdacht aufdrängt, dass es den Herren Ökologen weniger um die beiden Käfer, sondern viel mehr um ganz was anderes geht?

Nun wollen wir dem renommierten Wissenschaftler Dr. Lütje und seinen Mannen/Frauen, die zum Mikrozensus für Käfer immer extra von weither (1000 km hin und rück) anreisten, nicht unterstellen, dass sie die Nebenziele mit den Hauptzielen verwechselt haben, damit sie nicht umsonst hergekommen sind. Also das Finden von romantischen Käferpfaden vor dem Finden von halbwegs konfliktarmen Straßenkorridoren für Menschen. Aber in einigen Fällen muss es wohl doch so gewesen sein. Ein Lauschspezialist, der Osterhase, will das jedenfalls von den sich unbelauscht wähnenden Käferzählern im Walde gehört haben und hat es dem Observer erzählt. Der weiß, dass der Hase noch nie gelogen hat und ist daher geneigt, seinen Aussagen Glauben zu schenken. Der Langlöffel ist danach weggehoppelt und kann für sein Petzen nicht mehr belangt werden. Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts.

Eine Reihe von Beispielen zeigt, dass auch kleine Sechsfüßer große Projekte umstoßen können - wenn sie gute Rechtsbeistände auf zwei Beinen haben. Zuletzt war es der Juchtenkäfer (lat. Osmoderma eremita), der für Laien eigentlich mehr wie ein gewöhnlicher Mistkäfer aussieht, der aber im Verbund mit Rebellen der Gattung Homo Sapiens durchaus so mächtig gemacht wurde, dass er beinahe das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 ermordet hätte.

Mandamo konnte in jener Zeit einem hochinteressanten Vortrag zuhören, der in einem Wiesbadener Ministerium gehalten wurde. Dort referierte der bundesweit renommierte Wissenschaftler Dr.Allwissend in einer Projektkonferenz über die herausragende Bedeutung des gemeinen Mistkäfers, lat. Geotrupes stercorarius. Der Großonkel vom o.a. Osmoderma eremita. Nach den gelehrten Ausführungen des Gelehrten gibt es von den Mistkäfern samt Verwandtschaft zwar weltweit über 500 Arten (!) und viele Abermilliarden an Individuen, aber die bedeutendsten Vorkommen befinden sich natürlich - dreimal dürfen Sie raten - genau unter der geplanten A44-Trasse in Nordhessen.

Er doziert weiter, dass der Typus Stercorarius äußerst wichtig ist für den Fortbestand der Erde, denn die kleinen Käfer räumen täglich tonnenweise vacca-cacatus weg (Bauern sagen einfach Kuhfladen dazu). Ohne die unermüdliche Landschaftspflege dieses fleißigen Geotrupes würden die Wiesen und Weiden unter zunehmend dickeren Schichten von Kuhdung ersticken. Dann fänden die Rindviecher kein Futter mehr, auch die Ruzzeschweinchen nicht und in der Folge würden Hungersnöte ausbrechen, welche die gesamte Menschheit gefährden könnten. Fazit: A44-Bau = Käferausrottung = Menschheitsmortalität (so was wie Selbstausrottung).

In der Sachsenmetropole Dresden sorgten die rührigen Anwälte der kleinen Hufeisennase (einer Fledermausart) für einen Baustop der großen Waldschlößchenbrücke. Hier haben aber die von der Verzögerung beeinträchtigten Menschen dafür gesorgt, dass das naseweise Flattertier nicht zur Katastrophe für die Infrastruktur der Stadt wird. Bei einem eigens dafür durchgeführte Bürgerentscheid votierten sie im Verhältnis 68 % zu 32 % für das Bauwerk und damit gegen Zwergnase.

Allerdings versetzte dem Projekt noch eine andere Zunft von ewig Gestrigen einen Dolchstoß. Die Denkmalschützer sprangen den Nasenschützern zur Seite, setzten eine Spezialbrille auf und sahen plötzlich eine Gefährdung der historischen Stadtansicht. Das fanden die Dresdner, die sich gerade erst aus der sozialistischen Knechtschaft befreit hatten, noch ungeheurlicher. Sie nahmen das Risiko in Kauf - und verwirkten tatsächlich die Aberkennung als Weltkulturerbe. Die tüchtigen Sachsen lassen sich nicht so leicht an der Nase herumführen.

Ein anderes nachtaktives Geschöpf, die Mopsfledermaus, verzögerte am Flughafen Hahn im Hunsrück die Verlängerung einer Startbahn um anderthalb Jahre. Solange mussten stets je zwei kleine Flugzeuge statt eines großen eingesetzt werden, um die Menschen des nahen Ballungsraumes Rhein-Main, darunter die meist grün-alternativ gepolte Lehrerschaft, wegzuschaffen. Ja und nachher auch wieder runterzuholen. Leider müssen ja die grünen Welterklärer wegen ihren Ferienterminen immer alle zugleich in die Luft gehen und brauchen daher große Kapazitäten. Auf Flughäfen und in Flugzeugen.

An einem noch viel größeren Flughafen, dem von Frankfurt, stolperten die Vorhabensträger im Auftrage von Fraport über eine Hirschkäferbrut. Zum Erstaunen sämtlicher Laien hatte sich diese Käferart in der Nähe des angeblich ach so unerträglich lauten Flughafens anscheinend so tierisch wohl gefühlt, dass sie dort sogar brütete und ihrem Nachwuchs dieselbe Umwelt freiwillig zumutete. Oder waren sie nur mal kurz im Rucksack angereist, als die Zählung ihresgleichen anstand? So wie einst Maria und Josef nach Nazareth kamen, auch nur um sich "schätzen" zu lassen (Bibelzitat). Die technischen Flughafenplaner waschen ihre Hände in Unschuld. Ihnen darf man es glauben, dass sie die Viecher nicht hergeholt, sondern nur gezeigt bekommen haben, wenn überhaupt. Die Frage bleibt, ob Käfer gegen Lärm tauber oder klüger sind als Menschen? Vielleicht setzen sie auch nur die Prioritäten anders als tierisch aufgeregte Menschen.

Seine Majestät der Wachtelkönig, stolzierte lange Zeit stolz auf den Plänen der Ostseeautobahn A20 herum. Deren Bau konnte er zwar dennoch nicht verhindern, doch versuchte er dann noch mal anderswo einen Generalangriff auf eine Autobahn, nämlich die A44 bei Hessisch Lichtenau. Auch das klappte nicht. Na ja, dort zählte seine Monarchie wirklich nicht zu den alteingesessenen Dynastien. Nach ein paar Wochen Defiliermarsch vor den wenigen, aber umso erfreuteren Vögelkartierern erhob sich der Wachtelkönig in die Lüfte, flatterte wieder von dannen und ward fortan nicht mehr gesehen.

Im Havelland tappten ein paar Großtrappen, schwere kaum flugtaugliche Vögel, genau da herum, wo die Deutsche Bahn eine Schienenstrecke bauen wollte. Einfach weglatschen, wegflattern oder sich wegfahren lassen, ging nicht. Die Bahn musste daraufhin unter anderem 7 m hohe Wälle auf 25 km Strecke beidseits der Strecke bauen. Ein Nebeneffekt war die Verhinderung der freien Sicht für die Bahnfahrgäste nach draußen. Damit diese sich auf der Fahrt durch den tiefen und langen Hohlweg noch länger langweilen konnten, wurde die Zuggeschwindigkeit von 250 auf 160 km/h vermindert. Die Schutzvorrichtungen kosteten übrigens 25 Mio. €, also rund eine Million Euro pro gezählter Trappe. Trotzdem waren die Viecher undankbar. Nach dem Bau wanderten sie dann doch aus. Grußlos, wie es hieß.

Und nun der leidige Kammmolch! Allüberall in Deutschland kreucht und fleucht der schleimige Kriecher mit seinen unzähligen Artgenossen herum und verschreckt jede Art von Irgendwasplanern. An der Autobahn A49 bei Homberg verlangten die Advokaten der Molche eine Linienverlegung und sie erreichten dieses Ziel auch. Hessische Straßenplaner sind stets gehorsam. Sie salutieren stets vor den Grünen und folgen deren Wünschen mit einem pflichtgemäßen Jawoll!!! Auch bei der A44 wurden diese Tiere strategisch eingesetzt und drohten zum Symbol gegen sämtliche hessischen Autobahnpläne zu werden. Denn hier hatte man für die possierlichen Tierchen zusätzliche Bauwerke geplant und die Kosten unter Kollateralschaden verbucht.

Die verschleißende Guerillataktik verärgerte den hessischen Verkehrsminister Posch. Er zog nach Berlin, um sich zu beschweren. Doch landete er versehentlich nicht beim zuständigen Finanzminister (der hätte ihm bestimmt für sein Engagement gegen die Kostenexplosion einen Orden am Bande verliehen), sondern ausgerechnet beim Bundesumweltminister, damals Herr Röttgen. Der träumte wohl schon von einem Urlaub mit einer schönen Grünen auf Jamaica, erteilte dem verdutzten Hessen eine Abfuhr und schickte ihn schnurstracks nachhause.

Ei der daus! Was steckt denn da dahinter? Zu dieser Zeit pflegten die Schwarzen schon einen Schmusekurs mit den Grünen, weil sie eventuell als potentielle Koalitionspartner gebraucht werden könnten. Oder stand vielleicht jemand aus Röttgens Verwandtschaft kurz vor dem Übertritt zu den Grünen und brauchte eine Empfehlung? Andere Spatzen pfiffen von den Dächern, dass sich der Freidemokrat Posch und der Christdemokrat Röttgen nicht besonders mögen. Die Kosten des Kleinkrieges muss leider der ohnehin schon stark gebeutelte Steuerzahler übernehmen.

Über einige Jahre hinweg war bei den Schwarzen ein schmieriges Anbiedern den Grünen gegenüber zu beobachten. Man brauchte kein Fernglas dafür. Angeblich wollte Röttgen „keinerlei Abstriche am Naturschutz“. Auf den Hinweis von Posch, dass allein für den Schutz von Kammmolchen 50 Millionen € Mehrkosten durch den Tunnelbau entstehen werden, antwortete er, dass bei „kluger Planung solche Probleme hätten vermieden werden können“. Röttgen hatte wohl nicht den geringsten Überblick über die in Hessen bereits jahrelang geführten Feldzüge. Oder er hat Berater gefragt, die entweder ebenfalls nicht informiert oder von der Gegenseite instruiert waren. Wahrscheinlich beides und dazu noch blind. Nehmen wir das so an, sonst wäre sein unqualifiziertes daherreden kaum erklärbar.

Natürlich wären bei kluger Planung die hohen Mehrkosten vermeidbar gewesen. Man hätte sogar auf sämtliche Tunnel verzichten können, bei der eingeforderten „klugen Planung“. Aber dann hätte die Linie anders gelegt werden müssen. Weiter abseits der Siedlungen und ein wenig mehr angepasst an die vorliegenden Geländeverhältnisse. Das wäre dann für die eine oder andere Tier- oder Pflanzenart nicht mehr die bestmögliche Lösung gewesen. Versucht wurde es trotzdem, aber damit war nicht jener Minimalkonsens erreichbar, ohne den nun mal in unserem Lande kein Baurecht zu bekommen ist. Die obersten Beamten in Poschs Wirtschafts- und Verkehrsministerium wissen das am besten. Für einen Umweltminister in Berlin könnte die Sache vielleicht zu hoch bzw. zu weit oder zu abwegig gewesen sein. Leider wissen die Verkehrsteilnehmer, die genervt auf der B7 im Stau stehen, von alledem gar nichts. Sie schimpfen so laut, dass es die Windschutzscheiben erschüttert. Aber alles ist vergeblich!

Unbegründete Verteuerung oder ausgleichende Gerechtigkeit?

Nach der Richtlinie zur Umweltverträglichkeitsprüfung ist jedem Entwurf eine "integrierte Planung zur Vermeidung und Verminderung der Umweltbeeinträchtigung" zugrunde zu legen. Vereinfachend gesagt, liegt dem die buchhalterische Aufrechnung von Einbußen der Natur und Kompensation zugrunde. Noch einfacher: Es geht um das alttestamentarischen Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn".

Leider ist das heute, 3000 Jahre nach dem damals glasklaren Gesetzestext längst nicht mehr so übersichtlich, wie es auf den ersten Blick aussieht. Denn es wird bei den stark befehdeten Großprojekten nicht einfach gesagt, dass für jeden durch die Autobahn bedrohten Grashalm ein neuer angesät, gehegt und gepflegt werden muss. Man kann auch nicht einen Quadratmeter Asphalt gegen einen Quadratmeter neu anzulegende Biotopfläche verrechnen. Das sähe ja viel zu sehr nach einfach aus.

Jedenfalls würden das die beamteten Naturschützer und die selbsternannten freien Umweltschützer so nicht akzeptieren. Stattdessen wird mit viel argumentativem Aufwand die Notwendigkeit des Ausgleichs von unzählig vielen Neben-, Rand- und Sonderaspekten aus den Taufbecken gehoben, beschrieben, bewertet und begründet. Große Heerscharen von beauftragten Fachbüros erkunden, erfassen, erheben das mit einem unglaublich riesigen Zeit- und Kostenaufwand.

Wer suchet, der findet

Wozu das führt, kann sich auch jeder Laie denken. Nahezu alle seltenen und geschützten Tier- und Pflanzenarten werden in dem eigens geschickt ausgesuchten Untersuchungsraum tatsächlich nicht nur gesucht, sondern – wen wunderts – immer auch gefunden. Dann wird in semantisch verschlungenen Worthülsen versteckt, dass es die Gutachter, natürlich allesamt große Koryphäen ihrer Zunft, für erforderlich halten, für 1 ha Inanspruchnahme 5 ha Ausgleichsflächen zu planen. Manchmal auch "nur" 1:3, aber es kam auch schon 1:6 vor. Würde hier mal ein Tiger oder Löwe ausgewildert, läge der Faktor sicher schon über 100! Das Procedere wurde hier mal stark vereinfacht dargestellt, kann aber hier nicht auf bestimmte Projekte oder Teilprojekte bezogen werden, denn die Information kommt ja bloß vom Rumpelstilzchen.

Wer die Auswüchse des Ausgleichsverfahrens nicht versteht und darum im Interesse des Steuerzahlers mal anmahnt, das doch bitte in verständlichem Deutsch zu begründen, dem wird entgegnet (wörtlich) "... dass die rhetorischen Nachfragen zwar legitim seien, die Redundanzen aber nicht geglättet werden sollen". Toll, aber das wäre seinerseits wieder zu übersetzen. Redundanzen sind weitschweifige, überladene Aussagen. Im vorliegenden Zusammenhang muss dem Schnörkelsatz schlicht und einfach nur der Inhalt zugeschrieben werden, dass man nicht gedenkt, die Unverständlichkeiten aus den Maßnahmenpaketen herauszunehmen.

Schließlich wird eine hohe Stringenz (schlüssige Verfolgung) angestrebt. Darunter verstehen die in Latein bewanderten Experten "dem Leitbild folgen, danach die Ausgleichsmaßnahmen planen und dann Monitoring betreiben". Monitoring ist die spätere Kontrolle, ob die durchgeführten Maßnahmen auch ihre geplante Wirksamkeit entfaltet haben. Zum Beispiel kann man ja vorher nicht wissen, ob die fliegenden Kobolde der Nacht auch tatsächlich die teuren Leitwände umfliegen oder überfliegen, ob die Molche wirklich durch die eigens gebauten Amphibientunnel kriechen, die Schmetterlinge auch tatsächlich über die speziell für sie gebaute Grünbrücken die Autobahn überqueren, die Rothirsche die extra für sie gebauten Wilddurchlässe nutzen.

Vielleicht meidet das Rotwild auch die Wildbrücken, weil auf der anderen Seite der schlaue Luchs auf sie lauert. Oder der Fuchs auf den Hasen, um ihm Gute Nacht zu sagen. Das ist nicht übertrieben, denn bei den Froschtunneln (Rohre unter den Straßen) haben bald die schlauen Füchse bemerkt, dass sie zur Zeit der abendlichen Froschwanderungen nur mit offenem Rachen unter den Tunnelausgängen liegen müssen. Da fallen ihnen die Frösche reihenweise von selbst hinein.

Autobahnen erfordern Brücken, hauptsächlich für Flüsse, Bäche und Wege, manchmal auch zur Überspannung von Tälern. Dieselben Bauwerke auch den Tieren anzuempfehlen, scheiterte oft. Durch einen 12 m breit geplanten Wilddurchlass bei Breitzbach darf z.B. nicht auch noch ein Feldweg hindurchgeführt werden, weil das die Hirsche stören würde. Obwohl Hirsche und Traktoren beide nur 2,5 m breit sind und sie nicht zeitgleich da durch müssen. Das Thema konnte zwar lange kontrovers diskutiert werden, war aber aus Sicht von Umweltplanern so unverhandelbar wie das Migrationsthema bei den Jamaicaverhandlungen. Bevor nun ein Abschnitt an der Empfindlichkeit von stolzen Geweihträgern oder gekrönten Froschkönigen scheiterte, musste die zusätzliche Brücke halt rein in den Plan.

Da jegliche Art von Bauwerken die Gesamtmaßnahme erheblich verteuerte, versuchten verantwortungsvolle Planer ihre Zahl und Größe möglichst klein zu halten. Steuerzahler erwarten das auch, doch was sie beim A44-Bau heute sehen müssen, entsprach nicht ihrer Erwartung. Vielmehr gewinnen sie nun den Eindruck, dass die Baukosten künstlich in die Höhe getrieben worden sind. Aber das lässt sich nicht auf Heller und Pfennig belegen. Jedem Bauwerk ist eine ausgefuchste Begründung zugewiesen worden. Wenn sie auch nicht jedermann einleuchtete. Demnach ist jede Mehrausgabe "gerechtfertigt und unabwendbar".

Fernfahrer

Eines schönen Tages fuhr ein Fernlaster aus Köln in Richtung Krakau. Dabei kam er auf der B7 östlich von Walburg (am Abzweig Hollstein) an zwei großen, A44-Brücken vorbei. Die lagen so dicht nebeneinander, dass der Beifahrer Tünnes zum Fahrer Schäl sagte "so ein Goggolorus, "hätt da nit eine gereicht"? Wir müsse dat weder bezahle". Schäl hatte aber was gelesen von der speziellen nordhessischen Verquickung zwischen Tierschutz und Geldverschwendung und wollte nun sein Wissen anbringen: "Du Jeck, dat is doch wächen de Frösch"! Doch Tünnes entgegnete "selber Jeck, de Brücke lieche so dicht nebenanner, dass de Frösch fast von einer zur anneren hinspucke könne". Aber dann dachte er "wat gehen mich die Frösch von de blinde Hesse an?", blickte auf die Uhr und rief "Helau", denn es war der 11.11.2011 um 11 Uhr 11. Die Zeit der Narren begann. Im Rheinlande. In Hessen hatten sich die Narren schon früher ausgetobt.

Was lag da vor? Derselbe Bach, die hier noch schmale Wehre, wechselte innerhalb von nur 200 m zweimal unter der A44 hindurch. Wenn man das Bächlein mit den gleichen winzig kleinen Abmessungen wie unter der direkt benachbarten B7 unterführt hätte, könnte man etwa 3 Mio. € einsparen. So denkt ein Normalbürger, der noch nie mit Umweltplanern hat ringen müssen.

Wer öfter diese beiden Baustellen passiert, mag sich wirklich fragen, warum die beiden Brücken - wenn sie denn als unverzichtbar erklärt wurden - so monumental groß sein müssen. Die Brückchen unter der B7 haben nur einen Durchflussquerschnitt von je 15 m2, während die neuen Autobahnbrücken auf je 170 m2 kommen. Man könnte die Werra drunter durch führen. Alternativ hätte man die neuen Bachunterführungen sogar noch kleiner als die alten bauen und überschütten können. Zusätzlich hätte man südlich der B7 eine Mulde für Hochwasser anlegen können. Im alten Bachbett bliebe dann nur eine immer gleichbleibende kleine Wassermenge. Genug für Fische und Wasserpflanzen.

Was sprach dagegen? Innerhalb kleiner Brücken wird es im Bach für wandernde Fische etwas dunkel. Deshalb setzte die Fischgewerkschaft zwei große Brücken durch, beide je 34 m lang und 4 bis 6 m hoch. Sie kosten zusammen rd. 4 Millionen €. Die Fischvertreter meinten, dass die deutschen Menschen ja so reich sind, dass sie auch den Fischen mal ein bißchen Luxus gönnen können.

Kontrollierte Kontrollen

Das erwähnte Leitbild ist zu großen Teilen von den Fachleuten verfasst, die später danach vorgehen wollen. Sie haben es sich quasi selbst gewidmet bzw. sich damit selbst mit restriktiven Vorgaben eingeengt und geknebelt. Wie wichtig Vorschriften sind, lässt sich anhand des folgenden Witzes darstellen: Nachdem ein Gefangener aus dem Gefängnis geflüchtet ist, schimpft der Direktor mit seinem Gefängniswärter "In Ihrer Arbeitsanweisung steht doch eindeutig drin, dass Sie alle Ausgänge scharf bewachen sollen". Der Nachtwächter rechtfertigt sich "Habe ich auch, aber der Häftling ist durch den Eingang abgehauen".

Die Umweltexperten bei den Autobahnplanungen handeln zuverlässiger. Sie schreiben ihre Anweisungen so perfekt, dass nirgends eine Spitzmaus auch nur mit dem Schwanz wedeln könnte, ohne dabei bemerkt zu werden. Alle Eventualitäten wurden im Vorhinein durchgeplant und dann mit einem superperfektionierten Monitoring nachkontrolliert.

Schön, der Zweck soll ja erfüllt werden. Aber ist der Aufwand dafür auch verhältnismäßig? Hat er sich gelohnt? Und wird die Nichterfüllung öffentlich bekannt? Nein, nein und nochmals nein! Trotz dieser Perfektionierung hält man den Planern eine fehlerhafte Planung vor. Das liegt daran, dass die Kritiker noch perfekter sind, jedenfalls im Erfinden von Schikanen. Bei denen werden nämlich - um im obigen Bild zu bleiben - nicht nur Mauselöcher, sondern auch noch kleinste Haarrisse scharf beobachtet. Und wehedem, wenn irgendein kleines Insekt übersehen wurde. Da stößt der Kritiker dann voller Begeisterung rein - und legt die Planfeststellung auf Eis. In der Folge stimmt dann kein einziger Termin mehr.

Damit die Kritiker nicht übermäßig viel Schadenfreude entwickeln können, kontrolliert die Auftragsverwaltung vor Beginn jeder Planfeststellung sehr sorgfältig jeden Baustein aller Planungsteile. Und zwar auf vielen Ebenen der Verwaltung selbst, über Checklisten von Vorgesetzten und dann abschließend oft noch von privaten Fachbüros, die zuvor an der Planung nicht beteiligt waren. Rechtlich schwierige Fachfragen werden von Juristen der eigenen Verwaltung und meist noch von externen Juristen genau unter die Lupe genommen.

All das schließt nicht die Spitzfindigkeit der kritischsten Oberkritiker aus, die in Deutschland je ein Autobahnprojekt aufs Korn genommen haben. Die nutzen zwar ein gesetzlich verbrieftes Recht, doch ist es sehr unredlich, die Planaufsteller einer nachlässigen Arbeit zu bezichtigen. Auch der Observer sagt, dass man derartiges selbst denjenigen "grünen" Planungsbeteiligten nicht unterstellen darf, deren Identifizierung mit dem Projekt manchmal etwas fragwürdig wirkte.

Schon gar nicht dürfen das Scheinbeteiligte, Halb- und Viertelbeteiligte tun, deren eigene „Beiträge“ sich im Nachhinein als kontraproduktiv (für das Projekt) erwiesen haben. Um nicht gleich zu sagen, dass sie die eigentlichen Hauptverursacher der falschen Weichenstellungen waren. Allein aus diesem Grunde ist es wichtig, die weithin unbekannten Hemmnisse öffentlich zu benennen. Dumm ist allerdings, dass nur eine Romanfigur das wirklich Notwendige sagen darf. In der Fiktion macht es nichts, wenn etwas so klingt wie bei Starwars, als ob Luke Skywalker zum Yedimeister sagt "ich traue der dunklen Seite der Macht nicht, sie will die Menschheit versklaven".

Saumseligkeit bei den Verantwortlichen?

Seit Urzeiten gibt es unerwünschte Verzögerungen bei vielen menschlichen Aktivitäten. Schon der alte Sisyphus, Held der griechischen Mythologie, beklagte sich über die Transportprobleme in den gebirgigen Gegenden von Hellas, als er einen großen Stein über einen Berg rollen wollte. Immer wenn er nach großer Kraftanstrengung glaubte, dass er mit der schweren Last nun endlich „über den Berg“ sei, kam erneut der „Stein ins Rollen“ und zwar rückwärts. Diese Geschichte lebt bis heute in geflügelten Worten weiter.

Auch im neuzeitlichen Alemania gibt es Beispiele, die nach einem ähnlichen Grundmuster ablaufen. Heute allerdings ohne Einflussnahme von Göttern, jedenfalls keinen echten. Gleichwohl erinnern die Bremsvorgänge bei der Durchsetzung vieler großer Infrastrukturprojekte oft an Sisyphus. Manchmal auch an die Echternacher Springprozession, wo jeweils nach drei Vorwärtsschritten zwei zurück gehüpft werden.

Bekanntlich sollen nach Abschaffung der Autos alle Menschen wieder Rad fahren dürfen, können, müssen. Doch sollte sich darauf niemand zu früh freuen. Auch dies hat seine Tücken. Wegen Überfüllung der Autobahnen durch Fahrräder kommen dann Tandems, Dreiräder, Tretroller und ähnliche Gefährte mit noch mehr Beifahrern wieder in Mode. Manch scheinbarer Umweltaktivist wird dann vielleicht merken, dass auch nicht wenige Pedalritter viel zu schnell zwischen den Fußgängern hindurchfegen. Außerdem dürfte es einigen unangenehm auffallen, dass Fahrräder und Tandems gar keine Motoren haben und dass sie auf längeren Strecken und besonders bergauf nur mit ziemlich großer Mühe in Bewegung gehalten werden können.

Schon öfter soll es vorgekommen sein, dass bei Tandemfahrten steil bergauf, der vordere Pedalritter schwer keuchend über das anstrengende Treten klagte, währenddessen das Gefährt trotzdem immer langsamer wurde. Darauf soll der Hintermann erklärt haben, dass er sogar ständig habe bremsen müssen, damit das Tandem nicht noch rückwärts rollt. Irgendwie erinnert das an die Planung von …. aber ach, lassen wir das.

Nun ja, die vielen Bremsmethoden in Echternach, auf dem Olymp oder zwischen der Söhre und dem Ringgau mögen zur Selbstbeschäftigung und zur Erheiterung gewisser Sportsfreunde amüsant sein, aber wo das auf Kosten des Steuerzahlers und zum Nachteil ganzer Regionen geht, sollte der Spaß eigentlich aufhören. Leider lassen sich unsere „Alt-68er“ und deren übereifrige Schüler, Kinder und Enkel als Quer- und Freidenker solche Späße nicht so einfach verbieten. Gerade solche Späße nicht, wo es vermeintlich um nichts Geringeres als die Rettung der Erde und damit der gesamten Menschheit geht. Oder geht es vielleicht nur um das Selbstbildnis der Retter?

Ob die Erlösung des Erdballs durch die Verhinderung eines bestimmten Infrastrukturprojektes in Nordosthessen wirklich erreicht werden kann, ist dabei nur eine lästige Detailfrage. Deren Klärung gehört in die Niederungen, die man den Superexperten in den mittleren Etagen mancher Behörden nicht zumuten kann. Deshalb fällt ihnen auch nicht auf, dass sie im messianischen Übereifer stets glauben, den Olymp zu erklimmen, währenddessen Leute mit gesundem Menschenverstand sehen, dass die Eiferer nur am Fuße von Maulwurfshügeln herumkrebsen.

Ungeziefer wird bekämpft

Ob es nun die außerirdischen Kakerlaken in Hollywoodfilmen sind, Ratten im Keller oder Blattläuse auf dem Gemüse im Garten. Die meisten Mitmenschen sehen sie als Schädlinge oder Ungeziefer an. Zu nichts nutze und noch dazu eklig, obwohl auch sie in der Schöpfung dasselbe Lebensrecht haben wie die Menschen, als Krone der Schöpfung. Aber als Schädlinge oder Gefährder des menschlichen Daseins werden sie bekämpft. Mit Laserkanonen, Rattengift oder Biozidspray. Schnecken werden mit Schneckenkorn bekämpft, Stubenfliegen mit giftigen Kontaktplättchen, Ameisen mit Giftpulver. Auch die alle vier Jahre in größeren Schwärmen auftretenden Maikäfer werden als Schmarotzer angesehen, wenn sie Wälder bedrohen. Sobald Menschenwerk bedroht wird, ist man schnell bei der Hand, die Krabbelviecher mit Chemie zu bekämpfen.

Aber nicht nahe der A44. Würde man in der Söhre oder auf dem Ringgau eine Art antreffen, die als selten gilt, fände man sicher ganz schnell etwas, womit man sie als schützenswert umdefinieren könnte. Wenn der Meloe cicatricosus, der Narbige Maiwurmkäfer, sonstwo auch schädlich wäre, träfe man ihn im Planungsraum der A44 an, würde er dort sofort geadelt. Er wäre dann so nützlich wie eine lila Milchkuh auf der Ringgaualm, weil man damit die Planungen an der ungeliebten Autobahn verzögern kann. Um diesem Zweck zu dienen, muss die gerade in Mode stehende Art gar nicht mal selten sein. Einen Aufstand ihrer Anwälte erreicht man ganz leicht auch mit Allerweltsarten, wie z.B. Kammmolchen, Fledermäusen oder den blauen Schmetterlingen mit dem schönen Namen Maculinea.

Es dreht sich nämlich nur scheinbar alles darum, ob eine Art selten ist und darum als bedrohte Art aufzufassen ist. Deshalb heißt die „Bedrohung“ im Juristendeutsch auch etwas anders. Zur Abgrenzung von den ungrünen Laien klingt die Erörterung dieser Umstände dann nicht mehr so profan und allgemeinverständlich. Aber seien Sie versichert liebe Leser und Landsleute, es ist im Prinzip das gleiche. Tatsächlich reichte es für die Definition „selten“ schon aus, wenn nur „die Gefahr“ bestand, dass die besondere Art nach dem Autobahnbau wahrscheinlich nicht mehr auf jedem straßennahen Quadratmeter angetroffen werden „könnte“. So ist das tatsächlich! Sie lesen das akzentuiert in diesem Roman, so stünde es aber sicher auch in jedem kompetenten Sachbuch, wenn sich jemand trauen würde, ein solches ohne Verschleierung wichtiger Tatsachen zu schreiben.

Die Umweltgesetzgebung ist knallhart. Wenn infolge einer Straßenbaumaßnahme vielleicht irgendeine Tierart von irgendeinem halben Quadratmeter vertrieben werden könnte und nachher womöglich ein wenig ungleichmäßiger über die Erde verteilt vorkäme, würde das den Tatbestand der Beeinträchtigung schon erfüllen. Was denn, Menschen gibt es auch nicht überall in gleicher Besatzdichte? Das macht nichts, Menschen stehen ja auch nicht in der roten Liste der bedrohten Arten. Aber lassen Sie uns mal über die Besiedlung der Erde nachdenken und das wieder in einem ernsthafteren Grundtenor.

Tiere nehmen sich jedes Recht selbst

Tiere sind weit egoistischer als Menschen. Nicht nur jeder Besucher von relativ unberührten Wildnissen weiß das, auch jeder, der einen ganz normalen Gemüsegarten bearbeitet, erlebt das ständig. Tiere nehmen sich, was sie erreichen können. Morgens und abends kommen Schnecken in Mengen und fressen die jungen Pflanzen ab. Im Tomatenhaus fühlen sich auch die Wespen wohl, sie bauen hier Nester und empfinden jeden, der hier nur Pflanzen gießen oder etwas ernten will, als Bedrohung. Den stechen sie ohne Skrupel. Im Hühnerstall, wo der Weizen für die Hühner angeboten wird, bedienen sich auch die Mäuse. Ganze Familienclans dieser Nager betrachten alles Erreichbare als ihren persönlichen Besitz.

Das durch den Zaun seines Geheges hindurch geschlüpfte Küken zupft das gerade aufgegangene Gemüse aus dem Beet. Es ist aber auch seinerseits gefährdet, wenn es nicht schnell genug Schutz unter den Fittichen der Glucke findet. Die goldenen Glückchen erfreuen nicht nur die Menschen, die ihnen den Lebensraum eingerichtet haben, sondern auch den Habicht, der sofort Küken oder Henne holen würde, wenn er nicht durch Netze daran gehindert würde. Und der Entenstall muss jeden Abend zu und morgens aufgemacht werden, damit nicht nächtens der Fuchs das Geflügel holt, an welches sich der Mensch so gewöhnt hat. Beim Gang in den Stall erzählen sie den menschlichen Eltern freudig schnäbelnd was sie tagsüber erlebt haben. Mit Gänsen zu reden, die einen Namen und Familienanschluss haben, ist echt drollig.

Marder versuchen nicht nur die Gänse zu verspeisen, sonden auch Kabel in Motorräumen von Autos zu zerbeißen. Sie fordern damit vermeintliche Revierrechte ein. Für die Anrichtung großer Schäden reicht als Begründung die Tatsache, dass der Mensch sein Auto mit der Duftmarke seines Haus- und Hofmarders einfach mal woanders hin gefahren und es dort gedankenlos im Revier eines fremden Marders abgestellt hat. Der dortige Marder betrachtet das als Eindringversuch und beantwortet diese Frechheit mit wütendem Verbeißen in Kabel und Schläuche, die dem Zweibeiner wichtig sind. Interessant ist allerdings, dass die Marder als Autoschädiger selbst nicht grün sind. Im Gegenteil, sie vergreifen sich auch an den Autos der Grünen.

Für alle Lebewesen gilt wohl das, was der Evangelist Matthäus im Kapitel 6 gesagt hat: Sie säen nicht und sie ernten nicht, aber unser Herr ernährt sie doch. Allerdings ist es nicht der Herr Trittin und auch nicht der Herr Özdemir, der sie freundlich versorgt. Es sind die produktiv arbeitenden Menschen, die Bauern und Gärtner, die das tun. Wofür sie dann Undank ernten.

Wilde Tiere erobern viele Lebensräume. Auch die Zentren von Großstädten, jene "Betonwüsten", die von Biologen als völlig ungeeignete Lebensräume für Wildtiere angesehen werden. In Berlin gibt es mittlerweile mehr als 20.000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten, wie der Wildtierexperte Dirk Ehlert vom Berliner Senat zu berichten weiß. Darunter befinden sich unzählige Waschbären, aber auch viele Füchse, Wildschweine, Kaninchen, Raubvögel, Silbermöwen usw.. Dass Amseln und Stare schon seit langem zu Kulturfolgern geworden sind, dürfte inzwischen bekannt sein. Inzwischen nehmen sie sogar die Klingeltöne von Handys ab und imitieren sie. Der Handybesitzer wundert sich dann, wie oft sein Handy klingelt und niemand dran ist.

Während Straßenplaner akribisch untersuchen lassen müssen, ob eine neue Straße die Befindlichkeiten von diversen Tierarten vielleicht beeinträchtigen könnte, lassen sich viele Lebewesen trotz vieler Straßen gar nicht daran hindern, in die angeblich so lebensfeindlichen Gefilde freiwillig umzusiedeln. Man sieht auch daran, dass an der Kritik gegen Straßenbauprojekte vieles sehr fragwürdig ist.

Überall nimmt sich jedes Tier den Lebensraum, der ihm gefällt und alles was es möchte. Und zwar mindestens so rücksichtslos, wie das von grünen Übermenschen den normalen Menschen vorgeworfen wird. Wer sagt den Schnecken, dass sie sich aus dem Gemüsegarten raushalten sollen, nebenan gäbe es doch genug Grasgärten? Sie fragen alle nicht danach, ob sie den Menschen schädigen. Aber der Mensch macht sich sehr wohl viele Gedanken, wie er eventuelle Schädigungen der Natur vermeiden kann. Dafür betreibt er sogar einen riesigen Aufwand. Ganz besonders gewaltig ist der bei Autobahnplanungen.

Tiere nehmen sich ohne Skrupel was sie kriegen können. Sie würden ohne weiteres auch die gesamte Menschheit ausrotten, wenn sie das könnten. In der Vergangenheit unseres Planeten kam es schon öfter vor, dass eine Tierart die andere ausrottete. Vielleicht eines Tages auch die Menschen. Versuche gab es schon einige, z.B. als Heuschreckenplagen ungeahnten Ausmasses die menschliche Ernährungsgrundlage blitzschnell auf Null zurücksetzten. Als sich die heutige Landenge von Panama aus dem Meer heraushob (nein, daran war der amerikanische Urmensch wirklich nicht schuld) zogen die Raubtiere Nordamerikas, darunter der gefährliche Säbelzahntiger, südwärts und rotteten dort u.a. die Riesenfaultiere aus.

Auch Pflanzen verhalten sich egoistisch. Manche Pflanzenarten überwuchern rücksichtslos ihre Nachbarn, wenn sie ein geeignetes Milieu vorfinden. Nicht selten erdrücken sie dabei ihre Nachbarn. Natürlich sind skrupellose Lebensformen, welcher Art auch immer, keine Vorbilder für den vernunftbegabten und zu moralischem Denken fähigen Homo Sapiens. Aber es gibt doch wohl eine Gleichberechtigung unter den Geschöpfen dieses Planeten und so darf die Frage gestellt werden, ob man die Handlungen in einer philosophischen Betrachtung nicht mal theoretisch gegenüberstellen kann, ohne gleich als Darwinist gebrandmarkt zu werden, der das Recht des Stärkeren übermäßig herausstellte.

Tierschutz ist Umweltschutz

… und umgekehrt. Das sagen jedenfalls die vielen Öko-Apostel, wenn sie gegen die großen Infrastrukturprojekte ankämpfen. Jedoch sind viele der angeblich aus Gründen des Tierschutzes formulierten Thesen gar nicht überzeugend. Auch wenn sie aus den Sprachrohren jener Ökos kommen, die zur Protestveranstaltung gleich einen Hund mitbringen und die zuhause ein paar Ställe voller anderer „Haustiere“ haben. Denn es ist oft festzustellen, dass deren Verfechter, neben der zur Schau getragenen Tierliebe, kein wirklich fundamentales Verhältnis zu Tieren haben.

Dabei wollen wir hier außen vor lassen, dass viele Tierhalter ihre Schützlinge nicht artgerecht halten. Viel mehr betrachten wir den Umstand, dass Tiere für die Fleischindustrie und Fleischhändler nur eine Ware ohne Seele sind. Sollten echte Tierfreunde nicht eine andere Haltung haben? Jeder davon könnte für sich einen Beitrag leisten, dass sich an der Verdinglichung der Tiere etwas ändert.

Besonders bei den Menschen in den städtischen Gesellschaften ist das Problem ausgeprägt. Sie reden oft und gerne vom Tierschutz, beklagen häufig die drohenden Beeinträchtigungen der Tierwelt durch den Menschen, haben aber selbst gar kein adäquates Verhältnis zu Tieren. Zum Beispiel finden fast alle gar nichts dabei, dass ihr eigener Kontakt mit Tieren am direktesten da besteht, wo dieselben auf den Tisch kommen. Geschlachtet und zubereitet zum Verspeisen. Natürlich haben die Esser vorher anderen Menschen den Auftrag gegeben, ihr Steak von all dem zu befreien, was Gewissensbisse auslösen könnte. Das sind unter anderem die Augen, damit das Kälbchen auf dem Buffet seinen Esser nicht mehr so traurig ansieht.

Beim Fleischverzehr wird das Wohlbefinden der sonst so schützenswerten Tiere bedenkenlos der Zufriedenstellung des eigenen Geschmacksempfindens untergeordnet. Bei vielen Menschen, darunter auch unzähligen Ökos, ist das Essen von Tieren sogar der einzige Kontakt zu diesen Mitgeschöpfen. Aber auf diesen eklatanten Bruch ihrer sonst wie eine Monstranz vor sich her getragenen Logikansätze wollen die Pseudotierschützer überhaupt nicht angesprochen werden.

Wie schon erwähnt, belastet die Massentierhaltung die Ökobilanz des Planeten extrem. Ausgerechnet Deutschland hat daran einen großen Anteil, obwohl hier besonders viele Menschen ihre Tierliebe auf den Wahlzetteln dokumentiert haben. Die Grünen bekommen ständig mehr Stimmen und nehmen zu wie die Schlachttiere und der allgemeine Fleischverbrauch. Wahrscheinlich liegt es daran, dass das Fleisch auch den meisten Grünen allzu gut schmeckt. Nur in Deutschland ist das Fleisch so billig, jedenfalls im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen. Ein ganzes Huhn kostet im Supermarkt weniger als ein Cappucino im Cafe nebenan.

Der globale Viehbestand verursacht über 20 % der Treibhausimmissionen, die Ackerböden werden total überdüngt, Gestank aus Gülleseen und der Gülledüngungen auf den Äckern belasten die Luft zum Atmen, Pestizide, Fungizide und Herbizide verseuchen das Grundwasser und so weiter. Für die Herstellung eines Kilogramms Fleisch werden 15 cbm Wasser verbraucht. Das erscheint gewaltig, stimmt aber, weil das alles enthält. Den gesamten Trinkwasserbedarf des Tieres, den Spülwasserbedarf in den Ställen (was früher mit der Ausmistung per Hand erfolgte) und was zur vielfachen Waschung beim Schlachten und jedes einzelnen Teilvorganges bei der Zerlegung aufzuwenden ist.

Früher durften Schweine wenigstens einmal in ihrem Leben Geburtstag feiern. Heute schwellen sie in nur 5 Monaten zur Schlachtreife heran und das in Mastbetrieben, die eher an Fabriken als an Ställe erinnern. All das wird bei uns meist unreflektiert hingenommen. Jedenfalls gibt es dazu kaum Kritik und schon gar keinen Aufschrei, weil die Gier nach Fleisch eben unersättlich ist.

Die normalen Bauern haben im Fleischkrieg schon vor langem kapituliert, sie gaben die Fleischmast auf, produzieren nur noch für den Eigenbedarf oder die Direktvermarktung. Verlierer sind aber auch die Esser der Turbomasterzeugnisse. Denn das Fleisch ist nicht nur „noch nie so billig gewesen, es war auch noch nie so minderwertig“.

Warum ist Fleisch vergleichsweise billig? Vor allem wegen der hohen Subventionen vom Staat an die Mastbetriebe und wegen der Steuervergünstigungen. Der alles beobachtende Observer beklagt, dass diese Fehlentwicklungen auch in den langen Zeiten mit grünen Regierungsbeteiligungen nie geändert worden sind. OK, man wollte seine eigene Wählerschaft nicht vergrätzen und den eigenen Essteller nicht uninteressant machen. Aber dass dies inkonsequent ist, muss immer ehrlicherweise dazu gesagt werden dürfen. Man kann das Problem auch nicht einfach auf die Fleischkonzerne schieben. Das wäre sehr unaufrichtig, denn diese liefern nur was nachgefragt wird, nämlich billigstes Fleisch in großen Massen.

Märchenstraßen

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