Читать книгу Die Hüter des Sakraments - Manfred Arlt - Страница 6

Kapitel 4: Die Collage

Оглавление

Ich war gerade mit meinen letzten Vorbereitungen für unser heutiges Treffen fertig, als sich auch schon die Klingel meldete. Innerhalb von zehn Minuten trafen alle Mitglieder unseres Hackerclubs ein. Pünktlichkeit ist eine schöne Sache. Da waren Thomas und Carsten; die beiden waren mehr als nur gute Freunde. Sie lebten zu­sammen. Aber genauso wenig wie es sie störte, dass ich ein verkrüppeltes Bein hatte, störte es mich, dass sie ein schwules Paar waren. Außerdem waren sie hoffnungslo­se Romantiker, die nur an das Gute im Menschen und in der Welt im Allgemeinen glaubten.

Dann war da Margret, die Tochter aus gutem und rei­chem Hause. Sie würde in jeder Disco und auf jeder Par­ty die Queen abgeben. Aber das Einzige, was sie interes­sierte, waren Zahlen beziehungsweise die Mathematik. Zusätzlich war sie das schwarze Schaf der Familie.

Ja, und dann war da noch Sabine, meine heimliche Liebe. So geheim, dass sie selbst nichts davon wusste. Seit unserer ersten Begegnung war ich in sie verknallt, wurde nervös, wenn sie in der Nähe war und deprimiert, wenn sie wieder ging. Sie war ein absolutes Sprachge­nie.

Nach dem gemeinsamen Essen setzten wir uns in mein Arbeits-Wohn-Bastel-Technik-Zimmer, tauschten die neuesten Infos über Hardware und Software aus und klärten noch einmal die Regeln für unseren Wettkampf.

Jeder sollte bei youtube einen Clip einsetzen. Nichts Pornografisches, nichts Rassistisches oder Gewalttätiges. Länge ca. eine Minute, alles selbst erstellt. Der Zähler bei youtube dürfte dabei nicht manuell verändert wer­den. Startzeit sollte am nächsten Tag, 24 Uhr sein. Dann würde jeder Kontrahent einen Link zugeschickt bekom­men und auch in den weiteren nächsten zehn Stunden dürfte nichts manipuliert werden.

Aber dann! Der Sinn dieser Aktion war schließlich die Manipulation der Anzahl der Zugriffszahlen für den eigenen Clip. Nach genau zweihundertvierzig Stunden sollte das Video dann wieder gelöscht werden. Sieger würde der von uns, mit den meisten Klicks.

Über die Bedingungen waren wir uns relativ schnell einig geworden und so konnten wir uns im Anschluss auf den gemütlichen Teil des Abends konzentrieren. Was dazu führte, dass ich am nächsten Morgen nicht sagen konnte, ob mein Kopf oder mein Bein mehr schmerzte.

Als ich wieder einigermaßen klar denken konnte, nahm ich mir noch einmal mein Wettkampfvideo vor. Ich hatte ein 3D-Fraktal konstruiert, das seine Form und Far­be laufend veränderte. Dazu passend hatte ich eine Mi­schung aus sakraler Musik und mystischen Sphärenklän­gen hinterlegt. Tagelang hatte ich an dieser Collage ge­feilt, aber jetzt war ich doch ganz zufrieden. Plötzlich hatte ich noch eine Idee. Am Vortag hatte ich mir doch diesen Text von der Schöpfungsgeschichte runtergeladen. Ir­gendwie passte der Text zu der Gesamtstimmung des Vi­deos. Die Datei schien mir für einen so kurzen Text zwar deutlich zu groß, aber darüber machte ich mir in diesem Augenblick keine weiteren Gedanken. Kurzerhand ließ ich den Text langsam als Laufschrift über mein Video wandern. Nachdem ich die Geschwindigkeit angepasst hatte, war ich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Pro­beweise lud ich die Collage bei youtube hoch und wollte mir mein Meisterwerk noch einmal in Ruhe ansehen.

Dummerweise hatte ich weder eine Dose Bier, noch Zigaretten im Haus. Außerdem hatte ich mein Bein heute sehr vernachlässigt. Also, ein kleiner Spaziergang und ich hätte alles zusammen erledigt. Das Video konnte ja solange online bleiben.

Als ich nach einer guten Stunde zurückkam, war ich dann doch überrascht. Irgendjemand hatte sich das Video schon angesehen und sogar einen Kommentar hinterlas­sen. Eine Angela80 fand es irrsinnig geil. Sie überlege, ob sie das Video, oder Teile davon, als Startseite auf ihre kurz vor der Fertigstellung stehende Homepage setzen solle. Schade, da das Video ja noch nicht offiziell gestar­tet war, konnte ich ihr nicht antworten. Nachdem ich es mir selbst noch einige Male angesehen hatte und mit mir sehr zufrieden war, löschte ich es aus dem Netz und be­gann, meine Wohnung aufzuräumen. Nach gestern Abend sah es noch ziemlich chaotisch aus.


Die Hüter des Sakraments

Подняться наверх