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Mithras und die heidnische Erneuerung

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In der heidnischen Erneuerung, die man vor allem im Westen des Römischen Reiches in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts bemerken kann, hat auch Mithras seinen Platz. Während einer kurzen Phase erlebte sein Kult mit anderen vor allem in der Stadt Rom eine letzte Blüte, in den höchsten Kreisen des Senatorenstandes fassbar. Einer jener Senatoren war Rufius Caeionius Sabinus; im Jahre 377 weihte er einen Altar, auf dem er eine lange Liste von Priesterämtern aufführte, deren einzelne Posten hier nicht interessieren. In seiner Eigenschaft als Priester des Staatskultes wohnte er in der Regia auf dem Forum Romanum, dicht bei dem Tempel der Vesta: So versteht sich das Gedicht, das er auf seinem Altar einmeißeln ließ (CIMRM-01, 00522):

„Sproß uralten, erlauchten Geschlechts,pontifex, dem zusammen mit Vestas heiligem Feuer die glückliche Regia dient;

Augur zudem, Diener der dreifaltigen Diana, der hochzuverehrenden,

Vorsteher im Tempel des persischen Mithras in Babylonien,

Leiter zugleich der Mysterien des großen, heiligen Tauroboliums.“

Diese demonstrative öffentliche Verehrung so vieler traditioneller römischer Kulte war auch ein Protest der heidnischen Oberschicht der alten Hauptstadt gegen die zunehmend rigider werdende Religionspolitik der christlichen Kaiser. 382 hatte Gratian (367–383), der sich als erster Herrscher 379 geweigert hatte, den Titel des „Oberpriesters“ (pontifex maximus) anzunehmen, den berühmten Altar der Victoria aus der Kurie des Senats entfernen lassen und die staatlichen Zuschüsse zur Errichtung oder Unterhaltung von Tempeln der römischen Kulte abgeschafft. Auf diese Maßnahme reagierte der Senator Tamesius Olympius Augentius – Enkel des Senators und Vorstehers einer Mithras-Gemeinschaft, ‚Vaters der Väter‘, Nonius Victor Olympius, von dem sich zwischen 357 und 362 zahlreiche Inschriften erhalten haben (CIMRM-01, 00400–00405) – mit dem Bau eines Mithräums auf eigene Kosten; diese Baumaßnahme und den Protest ließ er in Versen verewigen (CIMRM-01, 00406):

„Einst hat Großvater Victor, dem Dienst des Himmels und der Gestirne

geweiht, königlich üppig den Phöbischen Tempel errichtet.

Ihn übertrifft an Frömmigkeit der Enkel gleichen Namens:

Eine Grotte ließ er bauen, doch Rom versagte die Hilfe.

Gutes Ziel lohnt des Frommen Aufwand; wer ist denn reicher als der,

der besonnen spart und mit den Himmlischen sein Erbe teilt?“

Um die Ziele der Führer der heidnischen Restauration zu verstehen, müssen wir ihre individuellen religiösen Vorstellungen betrachten, die in einer Reihe von Inschriften dokumentiert sind. Eines ihrer religiösen Zentren war der Mater-Magna-Tempel, in dem zahlreiche Altäre aufgestellt wurden.57 Der bekannteste Vertreter dieser Gruppe und ihr eigentliches Haupt war Vettius Agorius Praetextatus, Stadtpräfekt von Rom 367 und Prätorianerpräfekt 384. Er war unter anderem ‚Vater der Väter‘ des Mithras-Kultes; als er Ende 384 verstarb, ließ er seine Gruppe verwaist zurück. Von diesen Kreisen wurden zahlreiche alte Priesterämter des Staatskultes wiederbelebt. Die meisten der Senatoren waren tauroboliati. Sie hatten sich also dem Ritual unterzogen, durch Stierblut „wiedergeboren zu werden für die Ewigkeit“ (CIL 06, 00510). Neben dem Liber, der Isis, der Hecate oder dem Sol Invictus ist auch Mithras in die Palette jener Gottheiten aufgenommen, deren Priesterämter zu bekleiden oder in deren Mysterien eingeweiht zu sein, man sich jetzt wieder mit Stolz rühmte. Für Mithras spielt dabei seine lange stadtrömische Vergangenheit ebenso eine Rolle wie die Tatsache, dass er als eine der zahlreichen Erscheinungen des Sonnengottes angesehen wurde. Man errichtete für Mithras immer noch die alten Stiertötungs-Reliefs, man benutzte die altvertrauten Formeln, aber was von dem eigentlichen Kult oder der Kultlegende noch überkommen war, wissen wir nicht zu entscheiden. Auch dürfen die in dem ausgehenden 4. Jahrhundert zu beobachtenden Überschneidungen mit dem taurobolium nicht auf frühere Phasen übertragen werden.

Mit der Thronbesteigung des Theodosius (379–395) verschärften sich die anti-heidnischen Maßnahmen von Seiten des Staates. Mit einem Edikt von 391 wurde jeglicher heidnischer Kultdienst und sogar der Besuch der Tempel verboten (Codex Theodosianus 16, 10, 10). Das bisher späteste datierte Mithras-Relief stammt aus diesem Jahr (CIL 6, 736). Der 8. November des folgenden Jahres 392 brachte das endgültige Verbot jedweder heidnischer Kultausübung, selbst im privaten Bereich. Gerade aber hier hielten sich diese Kulte teilweise noch sehr lange.

Die neue Mithras-Verehrung innerhalb einer generellen Rückbesinnung auf traditionelle heidnische Kulte blieb nicht auf Rom beschränkt, wenngleich hier der Schwerpunkt der Aktivitäten lag. Mitglieder der Aristokratie nahmen sie aus der alten Reichshauptstadt mit. In Napoli (Italien) errichtete ein Senator zu dieser Zeit „Mithras, dem Allmächtigen“ ein Kultrelief (CIMRM-01, 00174). Der senatorische Statthalter der Provinz Numidia erbaute in Cirta (Algerien) eine „Kulthöhle mit Kultbildern und allem Schmuck“ (CIMRM-01, 00129). Und schließlich gehört das Mithras-Heiligtum von Sidon (Libanon) in diese Reihe, in dem Flavius Gerontius 389 eine Stiertötungs-Skulptur und weitere Statuen stiftete.58

Mithras

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