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Abtei

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Karma – Dreiundzwanzigstes Jahrhundert / genaues Jahr unbestimmt / nordamerikanische Kontinentalplatte / 4-City / Abteilung 3

Ich schlittere flach am Boden entlang. Der Beton scheuert an meiner Haut wie Schleifpapier. Ich fühle den Wind der Klingen auf meinem Gesicht die mich nur knapp verfehlen und wenige Zentimeter über meinem Körper durch die Luft schneiden. Sofort bin ich wieder auf den Beinen, um mich meinem Gegner zu stellen. Ein Roboterarm lässt die zwei gewaltigen Sensen durch den quadratischen Raum auf mich zufliegen. Ich spurte Richtung Wand und setze zu einem Sprung an, als das Metall der Messer brennend heiß an meinem Arm entlang schneidet. Funken sprühen auf und Beton zersplittert, als sie die Wand aufreißen. Ich schlage schnell einen Haken nach links. Ein großes Stück Beton fliegt mir um die Ohren. Ich täusche einen Sprung nach rechts an und springe erneut nach links. Die Rotorblätter verfehlen mich und schwirren zurück in die Raummitte. Ein neuer Versuch mich zu erwischen steht kurz bevor.

Wäre ich nur einen Moment unachtsam, würden sie mich in zwei Hälften spalten. Ich puste mir meine Haare und ein paar Schweißperlen aus dem Gesicht, bin wieder in Kampfstellung und bereit für den nächsten Angriff. Jetzt weiche ich bereits seit über einer Stunde den Angriffen der metallenen Tötungswerkzeuge aus und ich spüre, wie sich meine Kondition langsam dem Ende zuneigt. Lange stehe ich das nicht mehr durch und irgendwann werden mich die Klingen, die sich jetzt wieder wie wild gewordene Rotorblätter durch den Raum auf mich zufräsen, doch noch erledigen.

»Unterbrechung des Kampftrainings«, höre ich plötzlich Reicos Stimme im Trainingsraum widerhallen. Die Rotorblätter halten mitten in der Bewegung inne. Die kleine Minidrohne die einer Libelle zum Verwechseln ähnlichsieht und aus der Reico zu mir spricht, saust um meinen Kopf herum. Zwei Kameralinsen, die aussehen wie riesige Insektenaugen, fokussieren mich.

»Was ist los?«, frage ich etwas außer Puste in Richtung der Drohne.

»Das ist langweilig. Immer das Gleiche. Du weichst aus. Immer und immer wieder. Ich erhöhe das Tempo des Trainingsprogramms und was passiert? Du weichst einfach noch schneller und noch besser aus. Fantasielos!«, sagt Reico und die Drohne schwirrt wie eine übergroße Libelle zu den Rotorblättern, umrundet diese und kommt zurück. Sie bewegt sich nervös mal hier hin, mal dorthin.

»Darum geht es doch. Ich soll trainieren. Was soll ich denn sonst tun?«, frage ich und versuche den Bewegungen der Drohne zu folgen.

»Mach das Ding kaputt! Erledige den Roboterarm. Tu mal irgendetwas Aufregendes! Etwas Überraschendes!«, erklingt Reicos Mädchenstimme aus der kleinen Drohne.

»Aber die Roboterklingen haben mir doch nichts getan.«

»Logisch, du hüpfst ja auch immer zur Seite. So, Schluss damit.« Reicos Stimme verändert sich. Sie klingt jetzt nicht mehr wie ein genervtes Mädchen, sondern wie eine taffe Frau. »Aufhebung Bannlevel eins!«, sagt sie auf Sanskrit und die Drohne mit ihren riesigen Augen schwebt dabei direkt vor meinem Gesicht.

Augenblicklich geht ein Ruck durch meinen Körper und ein Übermaß an physischer Energie steht mir schlagartig wieder zur Verfügung. Doch da ist auch etwas anders. Etwas Unbeschreibliches das mich antreibt, ohne dass ich es verhindern kann. Was dann passiert, geht so schnell, dass es mir schwerfällt Einzelheiten wahrzunehmen. Eins steht fest. Ich spiele die Hauptrolle.

Sekunden verstreichen und ich werde mir meiner Umgebung erst wieder bewusst, als ich mich an der Betonwand hängend wiederfinde. Ich kralle mich mit Händen und Füßen fest. Benehme mich wie eine Eidechse. Mein Blick schweift durch den Trainingsraum und erfasst den schief hängenden Roboterarm, die verbogenen Klingen und die zerstörte Libelle, die mit ausgerissenen Flügeln und zertrümmerten Linsen am Boden liegt. Offensichtlich habe ich nicht nur den Gegner besiegt, sondern auch gleich die Drohne miterledigt.

Ich lasse mich von der Wand herunterfallen und lande wie eine Katze auf allen vieren. So plötzlich, wie die Energie in meinen Körper geschossen ist, so schnell fließt sie jetzt auch wieder ab. Mein Körper ist extrem erschöpft und ich kann mich gerade noch so aufrichten. Als die Schleuse zum Trainingsraum aufgeht hebe ich langsam und schwerfällig den Kopf. Ich betrachte meine abgebrochenen Fingernägel und die Schnittwunde an meinem Oberarm. Schriftzeichen leuchten plötzlich an der Schleuse auf. Sanskrit. Eine uralte Sprache, die mich entfesseln kann und deren Schriftzeichen mich auch in die Schranken verweisen können. Ahimsa, steht an der Wand geschrieben. Es bedeutet jetzt in diesem Augenblick, dass der Kampf vorbei ist. Niemand soll mehr verletzt werden. Ich bin erschöpft, befinde mich am Ende eines sieben tägigen Zyklus und benötige eine Verjüngung, um zu überleben.


Die Chroniken von 4 City - Band 2

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