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d) Nachlassverwaltung
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Der Unternehmensnachfolger kann seine bürgerlich-rechtliche Haftung für Verbindlichkeiten des Erblassers durch Nachlassverwaltung auf den Nachlass beschränken, §§ 1975 ff. BGB. Die Nachlassverwaltung kann der Erbe ohne Angabe eines Grundes beantragen, wohingegen ein Gläubiger darlegen muss, dass die Befriedigung seiner Forderung aus dem Nachlass aufgrund des Verhaltens des Erben gefährdet erscheint, § 1981 BGB. Folge der Nachlassverwaltung ist, dass der Nachlass rückwirkend auf den Erbfall vom Eigenvermögen des Erben getrennt wird und der Erbe nur noch beschränkt mit dem Nachlass haftet, § 1975 BGB. Die Verwaltungsbefugnis geht auf den Nachlassverwalter über, § 1984 BGB.
Gehört zum Nachlass ein einzelkaufmännisches Unternehmen, ist mittlerweile unstreitig, dass der Nachlassverwalter dieses grundsätzlich fortführen kann.[30] Das Firmenvermögen wird als Teil des Gesamtvermögens des Erblassers ohne jede Besonderheit betrachtet. Handelt der Verwalter bei der Fortführung des Unternehmens für den Vertragspartner erkennbar als Verwalter, verpflichtet er den Nachlass, d.h. die Erben als Träger des Nachlasses. Gleichermaßen fallen die Unternehmensgewinne in den Nachlass. Veräußert der Verwalter das Unternehmen, begründet er keine Haftung der Erben nach § 27 HGB oder des Erwerbers nach § 25 HGB.[31] Die Erben müssen auch dann einer Veräußerung nicht zustimmen, wenn deren Familienname im Unternehmen enthalten ist. Der Nachlassverwalter trägt allerdings ein persönliches Regressrisiko, wenn er der Aufgabe der Unternehmensfortführung grob fahrlässig nicht gerecht wird. Keineswegs haftet er nur für die „diligentia quam in suis“.[32] Insbesondere besteht eine persönliche Haftungsgefahr des Nachlassverwalters, wenn er bei Insolvenzgefährdung des Unternehmens den Insolvenzantrag nicht rechtzeitig stellt, §§ 1985 Abs. 2 i. V. m. 1980 BGB.
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Gemäß §§ 1978, 667, 668 BGB ist der Erbe verpflichtet, den Nachlass, d.h. das Unternehmen, herauszugeben. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das vom Erben fortgeführte Unternehmen überhaupt noch Bestandteil des Nachlasses ist. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird das fortgeführte Unternehmen in das Eigenvermögen des Unternehmensnachfolgers hineinwachsen. Wann dieser Zeitpunkt erreicht ist, lässt sich nur sehr schwer bestimmen. Die Frist des § 27 Abs. 2 HGB lässt sich nicht entsprechend anwenden.[33] Lediglich wenn die Nachlassverwaltung kurz nach dem Erbfall angeordnet wird, wird man regelmäßig davon ausgehen können, dass das Unternehmen noch ein solches des Erblassers darstellt.
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Der Nachlassverwalter benötigt für die in §§ 1821, 1822, 1828–1831 BGB genannten Geschäfte die Zustimmung des Nachlassgerichts, auch wenn die Erben nicht minderjährig sind, §§ 1960, 1915, 1837, 1886, 1962 BGB. Selbst wenn alle (volljährigen) Miterben einer bestimmten Maßnahme zustimmen, hebt dies nicht die Zustimmungsbedürftigkeit durch das Nachlassgericht auf. Erst wenn alle Miterben und alle Gläubiger mit einer bestimmten Maßnahme einverstanden sind, kann das Nachlassgericht der Maßnahme nicht mehr widersprechen.[34]
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Der Nachlassverwalter hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung, § 1987 BGB. Im unternehmerischen Bereich dienen die Insolvenzverwaltergebühren als Anhaltswerte.[35] Der Nachlassverwalter hat daher Anspruch auf eine auf das Aktivvermögen bezogene Rahmengebühr von 3–5 % des Nachlasses.[36]
Sofern nicht Nachlassinsolvenz beantragt wird, endet die Nachlassverwaltung mit Zweckerreichung, §§ 1986, 1919 BGB, d.h. wenn sämtliche Gläubiger befriedigt sind bzw. alle Miterben und Gläubiger übereinstimmend die Beendigung der Nachlassverwaltung beantragen. Bei einem aktiven Unternehmen würde dieser Zweck faktisch nie erreicht werden, da ständig neue Verbindlichkeiten entstehen. Richtigerweise steht daher der Beendigung der Nachlassverwaltung über ein Unternehmen nicht entgegen, wenn noch zukünftig fällig werdende Verbindlichkeiten bestehen, sofern die Erfüllung dieser Ansprüche in Zukunft gewährleistet ist und sonstige fällige Verbindlichkeiten berichtigt sind.[37]
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Praxishinweis:
Die Erbenhaftung und die Möglichkeiten ihrer Beschränkung sind eine überaus komplexe Materie. Ein vertieftes Auseinandersetzen ist an dieser Stelle nicht geboten, da in der Praxis Erbschaften mit überschuldeten Nachlässen meist ausgeschlagen werden. Zur Problematik der Erbenhaftung kann es nur dann kommen, wenn innerhalb der knappen Ausschlagungsfrist keine Klarheit über die vermögensrechtliche Situation des Unternehmens zu erlangen ist.