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KAPITEL VI

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„Hast du die Zelte dabei?“ fragte Richard Tina. „Die Zelte? Wieso denn das? Da sind doch die Hütten.“ „Ja, da hast du Recht. Aber sagtest du nicht, dass der Knochen etwas abseits der Hütten lag?“ „Ja, etwa eine Stunde Fußmarsch“, stimmte Tina ihrem Bruder zu. „Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass, sofern es noch weitere Knochen geben sollte, dies nicht unbedingt in der Nähe der Hütten liegen muss. Und da ich bei diesen frischen Nächten nicht so gerne unter freiem Himmel schlafen möchte, wären Zelte angebracht.“ „Ich habe alles dabei“, sagte Tina. „An ein Zelt habe ich tatsächlich nicht gedacht. Ich werde zwei holen.“

Zwei Arme schlangen sich von hinten um seinen Oberkörper. Er drehte sich um und sah in Kathrin`s graugrünen Augen. Strahlend blickten sie ihn an. Sie gab ihm einen langen innigen Kuss, dass er merkte, wie der Kuss mit Liebe gefüllt war. „Ich habe gerade mit Eileen gesprochen“, sagte Kathrin. „Sie ist schwanger. Endlich hat es geklappt“, lachte sie ihn an „und sie freuen sich auf uns, wenn sie zu uns stoßen können. Du musst dir also Mühe geben beim Finden“, lachte sie erneut. „Wow, das war es also, was sie mir nicht am Telefon erzählen wollte. Das ist ja riesig. Ich freue mich mit den beiden“, sagte Richard.

„Eileen wollte den anderen mitteilen, was wir entdeckt haben und sie schon mal auf eine eventuelle weitere Expedition vorbereiten“, sagte Kathrin. „Das ist gut“, erwiderte Richard. „Wir sind auch gleich fertig mit Packen, nur noch die Zelte und wir können los.

Ich würde sagen, wir fahren mit dem Auto bis zum Parkplatz am Wald. Ab da ist es noch etwa eine Strecke von anderthalb Stunden Fußmarsch. Deshalb nehmen wir nur das Nötigste mit“, sagte er zu Kathrin, die sich gar nicht auskannte. Wenn sie in Redfield waren, hatten sie nie Zeit eingeplant, um in die bergigen Wälder zu gehen. „Wenn die anderen dann nachkommen sollten, leihen wir uns bei David Brendon Quads aus. Er hat sich vor 2 Jahren drei Gefährte zugelegt. Mit denen können wir dann den Rest des Equipments mitschleppen.“ „Warum fahren wir denn nicht gleich mit den Quads“, fragte Kathrin. „Tina hatte gefragt, ob wir Merle mitnehmen können. Sie könnte uns als Spürhund eine große Hilfe sein und etwas sicherer ist es nachts vielleicht auch, wenn wir so einen großen Hund dabei haben“, sagte er. Zumindest gibt sie uns dann etwas mehr Sicherheit, dachte sich Richard den letzten Teil und sei es nur das Gefühl, dass man etwas großes Bissiges dabei hat. Wobei Merle überhaupt kein bissiges oder aggressives Verhalten an den Tag legte. Es war durchaus möglich das ihnen ein Puma oder Bär über den Weg laufen könnte, was schon einigen Menschen aus Redfield geschehen war. Sie konnte als Abschreckung dienen. „Na, jedenfalls können wir Merle nur sehr schwer auf einem Quad transportieren, und so kannst du auf dem Marsch viel besser den Weg zu den Hütten genießen“, sagte Richard. „Ja, das ist eine gute Idee“, erwiderte Kathrin.

Es war angenehm warm. Nicht zu warm, dass man ins Schwitzen geraten konnte mit all den Sachen im Rucksack auf dem Rücken. Gerade richtig temperiert würde hier der Somalier sagen, dachte Richard, als er sich den Rucksack auf den Rücken schnallte. „Jesus, Maria und Joseph“, sagte er in ächzender Weise. Das tat er manchmal, wenn er etwas Schweres zu tragen hatte. „Jesus?“ fragte ihn Tina. „Seit wann nimmst du wieder den Namen von Gottes Sohn in den Mund?“ „Nein, das war ein Versehen. Es fiel mir nur kein anderer Name ein, um mein ächzendes Geräusch unter dem schweren Rucksack zu ersticken.“ Seit dem Unfalltod seiner Eltern hatte sich Richard von allem Glauben losgesagt und war im Laufe der Jahre ein bekennender Atheist geworden. Dieses ließ er auch jeden anderen spüren. Nur bei seiner Schwester war er etwas vorsichtiger, da sie durch den Unfall der Eltern sich eher in die Richtung Gottes gewandt hatte. Es hatte ihr Halt in einer schweren Zeit gegeben.

Nachdem sie das Auto abgeschlossen hatten, gingen sie in die Richtung des Pfades, der zu den Hütten führte. Jeder hatte einen Rucksack mit Verpflegung und einigen Grabwerkzeugen dabei. Einen Fotoapparat und einen 10 l Kanister mit Diesel durfte Richard tragen. Oben bei den Hütten gab es einen Dieselgenerator, der die Hütten so einige Tage mit Strom versorgen konnte. Jeder, der Richtung Hütten ging, nahm aus Kameradschaft einen Kanister Sprit mit, egal ob er auf den Hütten übernachtete oder nicht. Es konnte also gut möglich sein, dass genügend Diesel dort oben vorhanden war. Richard erinnerte sich, dass er einmal auf dem Discoverychannel eine Dokumentation über die österreichischen Berge gesehen hatte. Dort war es für die Wanderer üblich, dem Gastwirt in den oberen gelegenen Gegenden einen Scheit Holz von unten mitzubringen.

Merle hatten sie die beiden verpackten Zelte, eines wog vielleicht 1,5 kg, auf den Rücken bzw. wie bei einem Packesel an die Seite geschnallt. So waren sie in der Lage, den somit geschaffenen Platz in den Rucksäcken zusätzlich zu nutzen. Außerdem hatten sie alle ihre Handys dabei, obwohl es schwierig war, an den Hütten Empfang zu bekommen. Aber so konnten sie vielleicht Glück mit einem der 3 Handys haben falls eine Notsituation eintreten sollte, und sie so Hilfe rufen konnten.

Es war kurz vor Mittag, als sie endlich aufbrechen konnten. Tina hatte etwas länger mit der Suche nach den Zelten verbracht. Sie hatte mal wieder das ganze Haus umgeräumt und wusste nicht mehr, wo sie sie verstaut hatte. Erst Marc, den sie anrief, konnte ihr weiterhelfen. Dieser war bereits am Morgen gegen 08:00 nach Denver aufgebrochen. Er hatte sich angeboten, ein paar Tage frei zu machen und ihnen etwas unter die Arme zu greifen, indem er den Knochen direkt bei David vorbeibringen wollte.

„Mit dem Gepäck werden wir wohl etwas länger brauchen bis wir bei den Hütten sind. Wir sollten auch ein oder zwei Pausen einlegen. Das Wetter wird wohl mitspielen. Es sieht alles sehr klar aus. Ich denke nicht, dass wir mit Regen rechnen müssen“, sagte Richard. Wobei, so genau konnte das in den Bergen niemand sagen, aber Richard kannte die Gegend. Schließlich war er als Kind und Jugendlicher viel in den Wäldern unterwegs gewesen, auch noch mit seinem Vater, der leidenschaftlicher Jäger gewesen war, später jedoch nicht mehr mit dem Gewehr sondern mit der Kamera.

Er hatte ihm schließlich auch den Umgang mit der Kamera gelehrt, an dem Richard schon sehr früh Gefallen fand. Das kam ihm bei seinen späteren Expeditionen immer wieder zugute.

Der Pfad war breit genug, so dass 3 Personen hätten nebeneinander gehen können. Kathrin und Tina waren so in Gespräche vertieft, dass Kathrin gar nicht die Gegend wahrnehmen konnte, von der Richard ihr anfangs so vorgeschwärmt hatte. Er ging mit dem Hund gemeinsam den beiden hinterher. Dann und wann drängte Merle ihren Begleiter etwas vom Weg ab. Sobald sie merkte, dass Richard etwas schneller gehen wollte, drängte sie ihn zur Seite, schlabberte an seiner Hand und ließ ihn wieder hinter sich einscheren.

Dies brachte Richard jedes Mal dazu, ein Taschentuch hervorzuholen, um den Sabber von der Hand zu wischen, während er sich vorsehen musste, nicht über Merle zu stürzen, da sie nicht beiseite wich.

War der Wald zu Beginn eigentlich noch kein Wald sondern eher ein mit einzelnen daher gewürfelten Bäumen gespickter Platz, so gingen sie nach 15 Minuten schon in dichtere Baumbewuchse. Der Pfad war sehr einfach zu gehen. Es waren keine Steine oder Pflanzen im Weg, was darauf deutete, dass der Weg von Wanderern gut besucht war.

Links und rechts säumten zum Teil riesige Nadelhölzer ihren Pfad. Tief einatmen, dachte Richard, oh wie schön das hier riecht. Er spürte eine leichte Brise mit etwas noch vorhandenem Dunst vom Morgen, dem sich der Geruch von feuchten Nadeln und Moosen beimischte. „Ach herrlich. Wie sehr habe ich das vermisst“, flüsterte er.

So gerne er in der Stadt wohnte, so sehr mochte er doch den Wald. Er holte mehrmals tief Luft, bis sich der Brustkorb nicht mehr weiter dehnen konnte, um die Luft dann langsam zwischen seinen Lippen auszuströmen. Die Frauen bemerkten dies, drehten sich um und kicherten, als sie sahen, dass Richard dabei seine Augen verschloss, um gänzlich in den Wald zu versinken.

Da bemerkte er wieder die nasse Zunge von Merle, die ihn zu seiner Verwunderung diesmal nicht abdrängte, sondern lieb neben ihm ging. Sie schien ihn als ebenbürtig eingestuft zu haben, glaubte er.

Der Wald lichtete sich, und er sah so aus wie der Teil des Waldes als sie losgegangen waren. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein. Der Aufstieg war geschafft. Der Pfad ebnete sich, und ein kleines Bächlein tauchte neben ihnen auf, welches eines der Rinnsale sein musste, das den See speiste. Der Pfad machte einen Rechtsknick, um dem Rinnsal parallel zu folgen.

Von weitem konnte man schon die Dächer der Hütten sehen, als sie aus dem Wald auf eine große Lichtung traten. Umgeben von Mischwald lag hier ein kleiner See von der Größe von vielleicht 5 Footballfeldern, der an den äußeren und hinteren Enden mit Schilf und Rohrkolben bewachsen war. Der vordere Abschnitt lag zu den Hütten hin. Er war frei von Überwucherungen, da der See auch als Badesee genutzt werden sollte und konnte. Der Strand, der wie am Meer mit Sand bedeckt war, ging seicht in den See hinein. Ein paar dickere Felsbrocken lagen an den Seiten, die vom Wasser umspült wurden. Zur Erholung hatte man einen Weg einmal um den See angelegt, so dass man von allen Seiten Zugang zum See hatte.

Sie beschlossen, sich in einer Hütte einzuquartieren. Sie hatten etwa dreieinhalb Stunden für den Aufstieg gebraucht und waren sehr langsam mit 2 längeren Pausen unterwegs gewesen. „Wir werden den restlichen Tag hier verbringen, um dann morgen in aller Frühe zum Fundort des Knochens aufzubrechen“, sagte Richard. „Du weißt doch noch die Fundstelle, Tina?“ fragte er. „Ja, ja. Ich habe alles in der Karte hier eingezeichnet“, sagte sie und reichte sie Richard herüber. „Gut“, sagte er. „Was haltet ihr von einem kleinen Bad mit anschließendem Grillfest? Ich habe etwas Leckeres zum Grillen mit eingepackt.“ „Aha, nur das Nötigste also mitnehmen“, grinste Kathrin ihrem Liebsten zu.

„Ein Bad dürfte wohl noch etwas zu kühl sein“, sagte sie. „Keineswegs“, entgegnete Richard, „der See wird etwa in der Mitte zusätzlich von einer warmen Quelle gespeist, sodass man auch im kältesten Winter baden kann.

„Ach, ist das Bad herrlich. Äh Tina, erkläre mir mal, warum Merle ständig um mich herumkreist?“ fragte Richard. „Nun, du bist so am Strampeln, das sie denken muss, dass du am Ertrinken bist. Du sollst ihren Schwanz packen. Sie wird dich dann an Land ziehen. Das funktioniert wirklich. Die Kinder aus meiner Klasse und ich hatten einen Heidenspaß, als wir das letzte Mal hier waren“, sagte Tina.

Richard wartete, bis Merle ihn wieder umrundete und auf seiner rechten Seite vorbeizog. Er streckte ihr die Hand entgegen und packte den Schwanz an der Mitte.

Es gab einen kleinen Ruck, und so konnte er sich von ihr unter gellendem Gelächter der beiden Frauen ans Ufer ziehen lassen. „War das ein Spaß“, rief er. Das konnten sich die Frauen auch nicht entgehen lassen und taten es ihm nach.

Der Tau

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